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Dresdner Journal : 04.08.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-08-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188208043
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18820804
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18820804
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1882
-
Monat
1882-08
- Tag 1882-08-04
-
Monat
1882-08
-
Jahr
1882
- Titel
- Dresdner Journal : 04.08.1882
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Freitag, den ä. August. ^S179 1882. ^doaoomenlsprelir l» t«ut»ek«o N-icv«: aUirlicti! . . . . !8 Llurir. ^jLUrlioU: 4 U»rk K0 ?f. Linroln« Nummern: lvks »->—rk»Id äe» <t«ut»cb«n keicdes tritt?o»t- uoä 8t«mp«lru,cUi»K buuru. lnooruteoprvioe: k°>r a«» Nnum einer xeepitltsvsn ?stitr«ils 20 ?5. vnter „8in^e»»n6t" 6i« 2eils 50 ?k. 8« l'nkeUen- unci 2iüsrv»»tr bO Xuf»cUI»x. ürsedelneu: lAFlicU mit XuennUme Usr 8onn- uvä k'eisrtL^s Xbonä» Kir äeo kol^enäsn NttMerIomMl. Inovrot^nnuaokm« »»«Mtrt»; r»tp«tg: F>. Lean«t»tettee, OomwimiooLr 6«, Dresdner ^ourrurl»; 8»wdarU - >«rlt» - Vien - l^ipiig L»»»i kr»»IcNir1 ». Z/na«^tei« <e r'oAter, I-rliu -Vt,» S»wd«i^- kr»U-l^jp«>U-kr«»kfilrt ». N.-Aüord»»: L/o«e- LerUa: /^ra/ltien iant, Sr«w«n: -8ct»/ott»,' Lr»»i»u: LtanAen'i liurrau <Lmit /^adat^-,' knuUlkart ». A : L' ^aeAee'sebs tjucbdunüluvg; SVrUU: t?. S»uuov«r: Ö. §e^ü«ier, ?»rt» LsrUn - Vr»»kt2rt ». »I StuNx»rt: Daude <e Liundnr^: ^Ick. §te»»«r. Verantwortliche Redaction: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. Nero asxvderr Lvuiut. LrpeUition äe, I>re,<ioer ^oaruulL, DrveUeo, ilviii^erstrru»« Ho. SO. Äintlichtr Theil. Dem seitherigen Pfarrer zu Waldheim vr ideal. Bolkmar Theodor Harig ist da- Pfarr« und Supenn« tendentenamt zu Großenhain übertragen worden. Nichtamtlicher Theil. Telegraphische Nachrichten. Triest, Donnerstag, 3. August. (Tel. d. DreSdn- Journ.) AIS gestern Abend der Fackelzug deS Leteranenvereins, von einer großen Volksmenge begleitet, über den Corso zog, um Erzherzog Karl Ludwig eine Ovation darzubringev, wurde auS einem Hause am Corso eine Petarde ge schleudert, welche an der Spitze deS ZugeS platzte und den Präsidenten leicht streifte. Mehrere an dere Personen wurden schwer verwundet. Die erbitterte Volksmenge zertrümmerte daS Redac- tionSschild der „Independente", die Fenster der Druckerei und der Cafö», welche die Jtaliauisfimi besuchten. Paris, Mittwoch, 2. August, AbendS. (W. T. B.) Gutem Vernehmen nach bestätigt eS sich, daß die Minister Cochery, Tirard, Mahy, Billot und Jauröguiberry ihre Portefeuilles auch in dem neu zu bildenden Geschäftsministerium behalten werden. Bezüglich neuer Mitglieder desselben ist definitiv noch nichts beschlossen. Präsident Gr^vy hat heute den Senator Duclerc in das Ehysr^ berufen und mit demselben confrrirt. (Vgl. die „Tagesglschichte") Paris, Donnerstag, 3. August. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Die Verhandlungen über die Bildung deS neuen CabinetS dauern fort. Frey- civet beharrt darauf, außerhalb jeder Combination zu bleiben. AuS Pord-Said wird heute gemeldet: LessepS protestirt gegen die Absicht der Engländer, Marinesoldaten durch den Canal zu schaffen, und hob hervor, jede KrirgSdandlung in der neutralen Zone deS Canals sei unstatthaft. London, Donnerstag, 3. August. (Tel. d. Dresdn. Journ.) General Wolseley ist gestern Nachmittag mit einer Abtheilung der Garde- cavallerie auf dem Dampfer „Calabria" nach Aegypten abgegangen. Die „TimeS" meinen, wenn der Sultan nicht die gewünschte Proclamation erlassen könne, thäte er besser daran, die Truppensevdungen zu unter lassen. Sein Prestige würde dadurch weniger leiden, alS wenn er sich in einen Conflict mit England einlirße, welcher leicht verhängnißvoll für seine Macht werden könnte. „Neuter'S Offiee" meldet: Gutem Vernehmen nach ist die Rückkehr Rußlands zur Conferenz auf beruhigende Erklärungen feiten Englands er folgt. In dem letzten russischen Rundschreiben war gesagt, daß Rußland, obwohl es kein Inter esse in Aegypten hätte, dennoch die Einladung zur Conferenz im Interesse deS europäischen Friedens angenommen habe; aber von dem Augenblicke an, wo die Action Englands außerhalb der Conferenz begann, hätte Rußlaud Ursache gehabt, sich von letzterer zurückzuziehcn. Al» der russische Bot- schaftSrath Onu diesen Entschluß Rußlands an kündigte, gab er gleichzeitig den freundschaftlichen Gesinnungen Rußlands gegenüber der Türkei Aus druck, wonach die türkischen Vertreter meinten, Rußland möge diese Freundschaft lieber durch Ver bleiben, als durch Rücktritt von der Conferenz bekräftigen. Der Zulukönig Cetewayo ist heute früh in Plymouth gelandet. Konstantinopel, Mittwoch, 2. August, Nach mittags. (W. T. B.) In der Note der Pforte zur Beantwortung der Mittheiluvg deS LordS Duffe- rin vom 30. Juli heißt eS: Was das Verlangen einer Cooperation und den Entschluß Englands, die begonnenen militärischen Ope rationen fortzu'etzen, anlange, so fei die directe und unabhängige Action einer Territorialmacht vorzuzieben. In Betreff der Erklärung England-, daß eS nach Wie derherstellung der Ordnung in Aegypten an die Mächte appelliren wolle, damit dieie Maßregeln für die Zu kunft und für eine gute Regierung in Aegypten fest« stellen, sei zu bemerken, daß die Pforte jederzeit die Mitwirkung der Mächie nachgesucht habe. Bezüglich der Proclamation, durch welche Arabi Bey für einen Rebellen erklärt werden solle, erachte die Pforte, daß eine solche Proclamation erst dann, wenn die türki schen Truppen an Ort und Stelle seien, in wnkmmer Weise erlassen werden könne. Die Pforte «eist schließ lich ihre Botschafter an, auf ein vollständiges Einver nehmen zwischen der Türkei und den Mächten hinzu wirken. Konstantinopel, Mittwoch, 2. August, AbendS. (Tel. d. Dresdn. Jomu.) Der englische Botschafter, Lord Dufferiu, übersandte der Pforte eine neue Note, iu welcher der Erlaß eiuer Pro clamation gegen Arabi Bey dringend verlangt wird, da andernfalls eine Landung der Truppen nicht stattfinden könne. Lord Dufferin sprach die Hoffnung auS, daß diese Proclamation vor An kunft oder wenigstens im Augenblicke der An kunft der Truppen erlassen würde. Morgen Abend und Freitag früh sollen mehrere Dampfer mit 1880 Mann und Kriegsmaterial nach Aegyp ten abgrhen. In der heutigen Sitzung der Conferenz nahm der italienische Botschafter, Graf Corti, den frühe ren Antrag Frankreichs, einen Collectivschutz für den Suezcanal einzurichten, wieder auf. Die Vertreter Rußlands, Oesterreich», Deutschland» und der Türkei stimmten dem Anträge sofort zu. Die Vertreter Englands und Frankreich» wünschten, erst ihren Regierungen Bericht zu erstatten. St. Petersburg, Donnerstag, 3. August. (Tel. d. DreSdn. Journ.) DaS „Journal de St. PötrrSbourg" schreibt, da» Fernbleiben Rnßland» von den letzten Conferenzfitzungen erkläre sich ein fach au» dem Mangel eines klaren und bestimm ten Programm» der Mächte, welcher die Brra- thungen unfruchtbar mache. Rußland erachte e» daher für angezeigt, eine besser desinirte Si tuation abzuwarten. Seitdem hätten sich die Mächte über die Nothwendigkeit de» Schutze» de» Suezcanal» verständigt und Rußland habe darauf den Botschaftsrats» Onu angewiesen, an den Be- rathungen dieser Krage Theil zu nehmen. Dem Vernehmen nach sei daS englische Cabivet im Be griffe, die Principien für die militärische Actiou in Aegypten festzustrllen. Da dieser Antrag eben falls zur praktischen Grundlage der Berathuugen der Conferenz dienen könne, werde Onu wahr scheinlich ermächtigt werden, daran Theil zu neh men. Die russische Regierung wirke stets auf die Erhaltung des europäischen Einvernehmens hin und wolle, daß dieses ernsthaft und thatsächlich wirksam sei. Alexandrien, Mittwoch, 2. August. (Tel. d Boh.) Die Nationalversammlung in Kairo hat beschlossen, daS Privatvermögen deS Khedive zur Bekämpfung der fremden Invasion zu verwenden. 6 Abgeordnete der Nationalversammlung be geben sich in das Hauptquartier Arabi BeyS, um dessen Kriegführung zu überwachen. Arabi Bey kündigte seinen Truppen an, daß ihm der Groß- scherif von Mekka eine geweihte Fahne übersendet habe. Dresden, 3. August. Wir wiesen in voriger Nummer bei Besprechung de» Triestiner DoppelfesteS darauf hin, daß die italie nischen Irredentisten Italien- in Circularen mit dem Stempel „6ircolo triestiuo 6»rib»Iäi, ävll' Italia irreüsntn" fortfahren, gegen die österreichisch-ungarische Monarchie zu agitlren, und heute übermittelt sogar der Telegraph aus Triest die Nachricht von einem verbrecheri schen Attentat auf einen zu Ehren deS Erzherzog- Karl Ludwig veranstalteten Festzug. In Italien dagegen stellt es sich immer klarer heraus, daß die fortwähren den Verherrlichungen Garibaldl'S keinen andern Zweck haben, als dem SocialiSmuS in die Hände zu arbeiten. Der „Bürger" Narratone hielt kürzlich vor einer zahlreichen Versammlung in Turin eine Rede, in welcher natürlich der Papst als mächtiger Gegner deS SocialiSmuS nicht geschont wurde. „Wenn ein Mal Italien," sagte Narratone, „voll heiligen Zorne- Diejenigen vertreiben wird, welche e- jetzt noch schlimmer herabwürdigen, als eS in früherer Zeit ge schah, und mit allen zusammen jenen Tyrannen im Vatikan, wenn eS ein Mal, seiner Mission eingedenk, die Nationen zur Lösung des socialen Problems führen wird: dann erst wird es Garibaldi daS ihm gebührende Denkmal errichten." Er wolle nicht von den Charla- tanen sprechen, welche wir auf Monte Citorio haben (den Abgeordneten); „die Reichen sind nur Schmarotzer, welche vom Schweiße Anderer leben. Der Stern Garrbaldt'S war der Stern der Unterdrückten. ES lebe die Freiheit!" Die „Gazzetta d'Jtalia" schrieb vor Kurzem bei Besprechung der Unruhen von Livorno: „Ueberall ist die Partei der Ordnung und der Freiheit geächtet und wird den gesetzesfeindlichen Parteien freie Hand gelassen. Die monarchischen Wappen werden noch nicht heruntergerissen; aber der Verfall der Mo narchie wird proclamirt unter Duldung und Zustim mung der Regierung, welche sie vertheidigen sollte. Wenn an einem der jetzt so beliebten Gedenktage die Fahnen der früheren Regierungen umhergetragen wür den, von der deS Papst-König» bis zu der deS (öster reichischen) Doppeladlers, und wenn hinter diesen Fah nen die Vertreter jener Regierungen in voller Uniform gingen, sie würden den Ausbrüchen der Verachtung nicht mehr zur Zielscheibe dienen, als e» nun der Fahne und den Autoritäten der constitutionellen Mo narchie in Italien widerfährt. Die Fluth steigt und wird bald Menschen und Institutionen begraben. Möge Gott un- bewahren!" Namentlich ist eS der neue WahlmoduS, auf welchen die Radikalen große Hoffnungen setzen. Dem „Hamburgischen Correspondenten" schreibt man hierüber auS Rom: Im Heerlager der Internationale, welche mit der neuen Wahl für die Deputirtenkammer einen entscheidenden Schlag gegen die bestehende Ord nung vorbereitet, beginn jetzt eine überaus eifrige, eine für die italienische Socialpoluik bedeutsame Propaganda. Die constitutionellen Parteien, von denen hier eine jede ihre eigenen Ziele verfolgt, hatten sich auf Grund eines genuesischen HandwerkercomitatSentscheideS der Illusion hingegeben, daß die Rothen sich m platoni scher Erwartung großer innerer Evolutionen jedweder Betheiligung an den Wahlen enthalten würden, und ihre Preßorgane beeilten sich, diese erfreuliche Aussicht mit höhnischer Genugthuung zu regfftriren. Dadurch bewiesen sie wieder einmal, wie wenig sie das gegne rische Terra n kennen; denn e- war von vornherein vor auszusehen, daß die radicalen Legionen bei der Wahlschlacht sicherlich nicht müssig bleiben würden. Bietet ihnen nicht der neugeschaffene WahlmoduS, der alle Symptome einer ernstlichen politischen Windhose an sich trägt, die günstigste Gelegenheit, um da» Prestige ihre- gesetzwidrigen Programm- endlich in der Praxi» zu erproben? E» steht in dieser Be ziehung mit Recht zu befürchten, daß die Verfassungs treue in Italien dadurch auf eine schlimme Probe ge stellt werden dürfte. Dergleichen Neuerungen ließen sich bei einer politisch gereiften Nation ohne irgend welche Gefahr durchführen; allein auf einem so primi tiven, vom Mazzini-muS und PatticulariSmuS ge schwängerten Terrain r>ie Italien könnte ihre Anwen dung nur zu leicht folgenschwere innere Stürme provociren. Daß wirklich Gefahr im Verzug ist, daß die monarchischen Institutionen thatsächlich vom ivthen Banner bedroht erscheinen, da» be weist der Eifer, mit welchem jetzt sämmtliche thronfreundlichen Parteien an einem Compronuß, oder besser an einer Verschmelzung arbeiten, um in geschlossenen compacten Gliedern dem gegne rischen Anpralle die Stirn bieten zu können. Nun muß man aber wissen, war eS für Italien heißt, wenn Möderau von der Farbe eine» Bonghi mit den extremen Fortschrittlern ü ln DepretiS zu lieb äugeln anfangen. Eine Aussöhnung zwischen Hund und Katze könnte nicht mehr auffallen al- die Ver quickung dieser beiden politischen Contraste, die sich von Anfang an in den Haaren gelegen Haden. Und daß eS mit diesem VerschwemmungSprogramm ernst gemeint ist, das unterliegt nach dem diesbezüglichen Gedankenaustausche zwischen den leitenden Preßorganen gar keinem Zweifel. Es ist eben die eiserne Noth- wendigkeit, die diese unerwartete Selbstverleugnung er heischt. Dem gegenüber haben nun die regierungs feindlichen Elemente, die nicht nur unter dem rothen, sondern auch unter dem particularistischen Banner kämpfen, in einem ähnlichen Loncentrationsprogramm Farbe bekannt. Der in Imola erscheinende ultraradi- cale „Avanti", ein mit reichlichen Geldmitteln arbeiten des socmlistischeL Blatt, ist eS, welcher den Moderati und den Liberalen die naive Illusion benimmt, daß seine Partei bei den Wahlen unthätig bleiben würde. In einem violenten Aufruf ersucht die Redaction, welche mit dem Strafrichter in beständigem Conflict lebt, sämmtliche unzufriedenen Elemente, sich zum Sturz von Thron und Gesellschaft bei Zeiten zu» sammenzuschließen, um so dasselbe Rccept m Anwen dung zu bringen, mit welcyem die gegnerische Presse so groß thut. Es läßt sich kaum sagen, mit welchem CyniSmuS, mit welcher Uuver chämtheit diese- rothe Programm entwickelt wird. Daß dasselbe im qanzen socialistischen Heerlager mit begeistertem Jubel aus genommen worden ist, da- ließ sich bei einiger Kennt» niß der Sachlage vorauSsehen. Indessen, e- steht außerdem eine aufrichtige Verständigung zwischen den Particularisten, den Clericalen und den Radicalen zu befürchten. Erstere geniren sich durchaus nicht, mit den modernen Umsturzaposteln zu pactiren, denn sie könnten bei einer Zertrümmerung der bestehenden Ord nung höchstens gewinnen und nicht- verlieren. Der Fall, daß die Clericalen mit den Socialisten brüder lich auf ein und demselben Altar geopfert haben, ist nicht bloS in Deutschland vorgekommen. Der Zweck heiligt die Mittel. Dos ist die Devise, welche heut zutage im politischen Parteileben leider immer mehr zur Geltung kommt. Merkwürdig und fast unbegreif lich ist die grenzenlose Geringschätzung, mit welcher die regierungsfreundliche Presse diesen socialen Krebs schaden behandelt. Man schämt sich eben, dem Aus lande gegenüber die Existenz einer „socialen Frage" einzuräumen. Erst in neuester Zeit sieht man sich da« socialistische Phantom, daS sich drohend zum Sturm lauf gegen den Thron erhebt, etwas genauer und vor- urthelt-freier an. Und das kann kaum verwundern, Feuilleton. Redigirt von Otto Banr». Mr. Timsen der Spekulant. Roman von Lonrad Fischer-Sallstein. (Fortsetzung.) „Ich muß bekennen, Herr Oberlieutenant v. Krose» witz, daß ich Sie nicht ganz verstehe." „Merkwürdig, Capitän! Sie scheinen da drüben so Manches vergessen zu haben, man sagt sich's im Offiziercorp- und spricht davon in Ihrer eignen Fa milie. Doch vielleicht macht meine Sache eine AuS- .ahme. Darf ich loSlegen?" „Gut, legen Sie loS", antwortete Franz v. Leute ritz im Tone schwermüthiger Siimmung. „Sagen Sie mir zuerst, wie Sie sich befinden? Ich hoffe. Sie befinden sich wohl?" „O, vollkommen, ich wüßte nicht, über war ich klagen sollte." Erfreut ergriff Oberlieutenant Krosewitz die Hand Franzen'». „Erwartete da» von Ihnen, bin hocherfreut, da» au» Ihrem eignen Munde zu hören; hatte Kummer wegen Ihrer Schramme, traute dem Stabsarzt nicht ganz. Hoffe mich selber wieder zu finden; hatte eine vier Jahre lange Pein, litt entsetzlich daran. Sagen Sie selbst, ist e» nicht ein Wunder, daß ich'» so wei- 1-rschleppen tonnte? Major fragte, Krosewitz, wa» ist Ihnen? — Kummer auf Ehre, Herr Major! — Ge rächter bei den Kameraden. — Compagniechef hegt Verdacht, meint, eine Schlappe auf'S Herz — Unsinn! Mußte Erklärungen obgeben, aus Ehre. O, eS ist heute noch verdammt, hielt's aber auS!" „WaS?" fragte Franz. „Daß Amerika so weit über'm Meere liegt, hätte mich beinahe Thränen gekostet, diese Thatsache! — Der Kummer um sie brachte mich beinahe um; meinte, so ein südamertkanischer Teufel könnte Sie mir Hin wegblasen. ES fuhr mir verwünscht in die Glieder, als ich in den Zeitungen la», Sie wissen ja, Herr Kamerad, daß Sie gefallen seien, pure Lügen natürlich, wie Alle», was die Kerle drucken; aber eS stand doch ein Mal da, man konnte doch immer nicht wissen. Ich war in Verzweiflung, der Teufel hole Amerika! Ich hatte mich in meinem Schmerz und in meinem Ver druß verloren; eS kostete mich viele Mühe, wieder ein Mensch zu werden." Beinahe gerührt reichte ihm Franz v. Leuteritz die Hand. „DaS nenne ich Sympathie haben, bei Gott, Sie beschämen mich, ich weiß nicht, ob ich im umgekehrten F-'lle mir einen solchen Kummer gemacht haben würde?" „Offenheit ist eine schöne Tugend, Herr Capitän v. Leuteritz," erwiderte Krosewitz mit einem Anfluge von Melancholie, wäre auch bei mir nicht der Fall gewesen, bin zu sehr Soldat, um Ihnen den Helden tod mißgönnen zu sollen; aber der Umstand, Herr Kamerad, Sie wissen ja, von wegen dem Briefe, ver salzte mir immer die Freude. Es waren schwere Stunden, auf Ehre! Möglich, daß ich zu weit ge- gangen war in «einem Schreiben; verwünscht, hätte sollen lieber die Feder an die Wand werfen — aber Sie hatten die Laune, bei der Erwiderung ein wenig zu stark aufzutragen, nein offen gestanden, ein wenig zu stark! — Ich konnte e» nicht hinunterwürgen! — Denken Sie, was ich gelitten habe. Diese stete Angst und Sorge um Sie, brachte mich herunter, und wahr lich eine kleine Abrechnung in Ruhe und Stille dürfte ich mir damit redlich verdient haben. — Wie wäre eS, Franz v. Leuteritz, wenn Sie den kleinen Stamm zum Secundanten nähmen, ich nehme mir den dicken Muralt, und wir machen al-dann die Sache in aller Freundschaft auf einem Spaziergange ab: daS wird für Sie eine heilsame Zerstreuung sein, besonder» nach Ihrer schweren Krankheit, wo Ihnen eine Erholung doch ganz gewiß angenehm sein muß, und auf Ehre, mich machen Sie alsdann wieder zu einem glücklichen Menschen, denn bei Gott, ich komme mir vor, al» ob ich gar keiner mehr wäre." An diesem Selbstbekenntnisse hatte Franz nicht» mehr zu corrigiren, er blickte ihn an und dachte dabei an Mr. Timsen und hinüber nach Amerika. „Bi» wann wünschen Sie wieder zum Menschen gemacht zu werden, Oberlieutenant v Krosewitz?" Dem Angeredeten schlug die Helle Freude au» den Augen. „Bei Gott, hier finde ich wieder unsern Franz v Leuteritz Sie haben sich äußerlich verändert, auf Ehre, aber inwendig sind Sie der Alte geblieben. Bei Gott, ich hab« r» gewußt, ich danke Ihnen, Herr Kamerad. Man weiß e» im ganzen Regiment, daß Sie eine verfluchte Klinge führen!" „Mein Arm dürfte einer solchen Strapaze noch nicht gewachsen sein, doch glaube ich, eine Pistole ohne Nachtheil für meine Gesundheit handhaben zu können." „Abgemacht! Bi» wann unternehmen wir den Spaziergang?" „Morgen in der Frühe, wenn Ihnen die Zeit an genehm sein sollte, Oberlieutenant v. Krosewitz." „Angenehm, aus Ehre, ohne Zwischenträger« natür lich, wir sind ja einig. Werde Ihnen den Lieutenant zur Stelle schaffen; Muralt erwartet mich im Casino." Frau v. Leuteritz trat eben wieder in den Garten herau», offenbar, um ihren Sohn aufzusuchen; al» sie diesen aber in Gesellschaft deS Oberlieutenant» fand, blieb sie unschlüssig auf dem Kieswege stehen. Franz, der sie zuerst entdeckte, deutete mit dem Finger auf seinen Mund, zum Zeichen, daß Ober- lieutenant Krosewitz schweigen möge. Dieser verstand ihn sofort, erhob sich, beugte sich über den Tisch hin über und flüsterte in einem wüthenden Anfalle von Zärtlichkeit dem Capitän zu: „Wenn Sie mich bei den Damen entschuldigen wollten, Herr Kamerad; ich habe noch dienstliche Angelegenheiten zu besorgen, Compagmesachen, Sie verstehen mich." Der Angeredete nickte und machte eine Bewegung mit der Hand zum Zeichen, daß ihn hier nicht» mehr festhalte. Mit freudestrahlendem Gesichte ging Krosewitz an der Dame de» Hause» vorüber, welche seinen Gruß mit einem herzlichen Lächeln erwiederte, ohne natürlich eine Ahnung zu haben, daß beide Männer soeben übereingekommen, wie und wann sie sich die Hälse brechen wollten. Al» Krosewitz gegangen war, eilte Frau v. Leute titz hinauf zu ihrem Sohne. (Fortsetzung folgt.)
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