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während die Welt seines Schildknappen Sancho Pansa durch die Tenortuba, durch tiefe Holzbläser und die Solobratsche charakterisiert wird (2. Thema). In seiner Introduktion (Einleitung) erzählt der Komponist die Vorgeschichte der Handlung, schildert uns Eigenart und Wesen des Helden. In den folgenden 10 Variationen, die von einem nachdenklich-besinnlichen, leicht resignierenden Epilog beschlossen werden, erleben wir sehr eindringlich Don Quichottes Liehe zur „Dulcinea“, den Kampf gegen die Windmühlen und die (höchst naturialistisch) blökende Hammelherde. Eine Schar von Büßern wird von Don Quichotte für Räuber gehalten, zwei Mönche für Zauberer, er glaubt durch die Luft zu reiten, fallt ins Wasser*, es geschehen aufregende Dinge. Bis zum letzten Zweikampf mit dem „Ritter vom blanken Mond“ bleibt Don Quichotte stets der Unterlegene, der Genarrte, der sich aber nie entmutigen läßt, seine Ideen und Träume weiterhin zu verwirklichen. Während wir die Musik hören, sehen wir zugleich ein großes, farbig leuchten des Gemälde, erleben wir ein Stück Musik gewordene Weltliteratur, ein musi kalisches Meisterwerk der Jahrhundertwende, das wir auch heute, nach fast 60 Jahren, ob seiner spielerischen Eleganz und blendenden Virtuosität ehrlich bewundern. Richard Wagner (1813-1883) Ouvertüre zur Oper »Tannhäuser« Die Ouvertüre zu Richard Wagners Oper „Tannhäuser“ wird oft ungerechter weise als reine Programm-Musik bezeichnet. Franz Liszt war einer der ersten Musiker, der darauf hinwies, daß die Tannhäuser-Ouvertüre in Wirklichkeit ein „symphonisches Ganzes“ darstellt. Liszt war sogar der Meinung, daß „keine Symphonie in einer den Regeln klassischen Zuschnitts mehr entsprechenden Weise geschrieben sei und keine in der Exposition (Themenaufstellung), in der Entwicklung und proportionalen Lösung eine vollkommenere Logik besitzen kann“ als diese Ouvertüre. Er schreibt weiter: „Ihre Anordnung ist, doch eben so klar, ebenso präzise wie die der besten Vorbilder dieser Gattung.' Im Anfangsteil der Ouvertüre werden die Motive der Sündennot und Reue (ausgehend vom Inhalt der Oper) vom Gesang der Pilger umschlossen, wobei das Formsthema „a-b-a“ entsteht. Danach folgen die Motive des Venusberges, in deren Mitte das Preislied steht. Formschema: „c-d-c“. Mit dem Erscheinen der Venus wird der Mittel- und zugleich Höhepunkt erreicht (Teil „e“), dem in vollendeter symmetrischer Anordnung die Motivkomplexe „c-d-c“ und — er weitert durch eine Coda (— Schlußteil) von 16 Takten — „a-b-a folgen. In der Gesamtheit stellt dieser logisch und formal ausgeglichene Aufbau eine regel rechte Rondoform dar, ein in sich geschlossenes Kunstwerk, das — nach Franz Liszt — „als eine von der Oper unabhängiges Tonstück betrachtet werden kann.' 111/9/23 0,5 856 1801/56