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Nr. rs Mittwoch, cien 27. März t92S 24. Jahrgang Großfeuer auf der „Europa für der Minderheiten, die Bildung der politischen Einheit und die er f u Grund liegt. Infolge der eifernen Aufbauten als au«, Schiffes verbogen. Am äußeren Stadt Straßburg auf dem Platz de la Concorde anl> kam, mit der Marseillaise begrüßt. Ter deutsche Botschafter nimmt ar» keiner der offi ziellen Trauerseierlichveiten, weder an der kirchlichen Feier, noch an der Ueberführung der Leiche, noch an der Beisetzung im Jnvalidendom tetlu .Hingegen ist während der BeisetzungSseierltchkett al» Mt der Löten ehrung die Retchsflagge auf dem deutschen Botschafts gebäude auf Halbmast gesetzt worden^ keine besonderen Schäden bemerkbar. Ob und wann eS ge- lingen wird, des Feuers Herr zu «werden und ob es möglich sein wird, daS Schiff wieder herzustellen, läßt sich zur Stunde noch nicht «lagen. Um 12 Uhr mittags war bi« Lage an der Brandstätte noch unverändert. Von der Wasserfeite her stich 20 Lösch- boote in Tätigkeit, während vom Lande her aus über 20 Schlauchleitungen nach wie vor riesige Wassermassen in das Schiff geschleudert werden. Die Gefahr des Kenterns ist noch nicht behoben. Aus den Bullaugen, besonders denjenigen des Vorderschiffes, schlagen noch immer die Hellen Flammen heraus. Die Hitze im Schiff ist so gewaltig, daß di« Deck« und Rostfarben abblättern. Im Mittelschiff scheint der «größt« Gcha- den entstanden zu sein. Speisesäle und Gesellschaftsräume find in sich zusammengestürzd, eiserne Streben haben sich in der Glut völlig Verbogen. die Srisetzuag -es Markballs Zoch Lite veifetzungsfeierltchdetten für Marschall Foch haben heute vormittag um ü UHr mit einem fieters- lichen Gottesdienst in der Notes Damekirch« begonnen- Nach der Beendigung der kirchlichen Meier setzte sich de« Zug in Bewegung Unter den ausländischen Vertre tungen ist die stärkst- die englische; sie besteht außer dem Prinzen von Wales au» acht Marschällen, dem Admiral der Flotte und dem Befehlshaber de» Luftsahrtdienste». Belgien wird vertreten außer durch den Prinzen Charles durch den Kriegsminister sowie eine Abteilung belgischer Grenadiere. Italien hat den Marschall Caviglia und einen Oberstleutnant sowie eine Kompagnie Alpenjäger entsandt. Außerdem sind noch 1> Staaten vertreten; unter ihnen di« Be> Pnmo äe Nwera äenkt an Rücktritt Ministerpräsident Primo «de Rivera amtlichen Mitteilung aus, er fühle sich wei -genug, um von dem Lande und von dem König chres Vertrauens für eine neue fünfjährige Amtsperiode zu bitten. Deswegen halte er es für gut, die Vorbereitungen zur Niederlegung der Macht zu -beschleunigen, da eine Nachfolge -durch «ein überraschendes Ereignis, das die große Masi« der Bürger in «Verwirrung bringen würde, das Schlimmste für das Land wäre, das man sich denken könne. Solidaritätskundgebung des argentinischen Swdentenbundes für Li« spanischen Studenten. Der argentinische Studentenbund beschloß, «eine groß« Solidaritätskundgebung für dis spanischen Stu denten zu veranstalten. Präsident Jrigohen erließ ein Verbot gegen die Veranstaltung im Hinblick auf die freundschaftlichen Beziehungen der beiden Länder. Der Studentenbund hat daraufhin beschlossen, trotz de» Verbote» die geplante Kundgebung zu veranstalten. des Brandes und darüber, wie es möglich war, daß dieser einen so großen Umfang annehmen konnte, schwirren an der Brand stätte zahlreiche Gerüchte; so wird unter anderem vermutet, daß Brandstiftung «vorlioge. Auch -wird «die Behauptung auf gestellt, -daß di« Werft-feuerwehr «nicht sogleich die Hamburger 's" : sucht habe, den Brand zu bekämpfen. Alle diese Behaup- ntrMietbar. Die behördliche Untersuchung führt in einer halb-i g- NMiAArLs m«. Der in den frühen Morgenstunden auf dem am Aus rüstungskai der Werst von Blohm u. Voß liegenden Lloyd - dampser „Europa" ausgebrochenen Riesenbrand stellt stch als bas größte Feuer heraus, das jemals auf Dampfern im Hamburger Hafen zu verz-ichiten war. Sämtliche Hamburger Feuerwehren sind unermüdlich tätig, um den Brand zu be kämpfen, der jedoch mit unverminderter Heftigkeit fortwü-tet. Undurchdringlicher «dichter Rauch lagert über den Brandstätte. Das vermutlich im Mhlraum ausgebrochene Feuer verbreitete stch vom Vorderschiff aus im Lauf« des Vormittags auch über «das Mittel- und Hinterschiff, jedoch konnten die Flammen auf dem Hinterschiff anscheinend späterhin wieder eingedämmt werden. Gegen «l!l Uhr vormittags schlugen besonders dichte Ranck- fchwaden namentlich aus dem Vorder« und Mittelschiff und durch mehrer« Bullaugen konnte man auch di« im Inneren wütenden Flammen beobachten. Die Feuerwehr mußte sich zeitweise «darauf beschränken, das Feuer -von außenher zu -be kämpfen, jedoch -ging sie dl Uhr auch wieder zur Bekämpfung des Brandes im Inneren über. Infolge der ungeheueren, in «das Schiff geschleuderten Wassermassen erhielt dieses nach und nach starke «Schlagseite nach Steuerbord. Man hofft aber, daß die Gefahr des Ken terns beseitigt ist, «da das Schiff auf der Steuerbordseite auf steat- Infolge -der glühenden Hitze sind sowohl die Aufbauten als auch die Schottert im Inneren des verbogen. Am äußeren Schiffsrumpf selbst sind noch Feuerwehr alarmiert, sondern ver zunächst allein j, «tungen sind aber unkontrollietbar. ist mit vollem Nachdruck im Gange. Scha-enfrage beim Sran-e -er Europa* Die „B. Z." bemerkt zu der Frage, wer den Schaden -des Brandes der „Europa" zu tragen «hübe, daß der Auftraggeber, der Norddeutsche Lloyd, «das «Schiff ja noch nicht übernommen habe und die Verantwortung und der Schaden also bei «der Bauwerft von Blohm u. Voß liegen. Die aber für den Materialschaden im wesentlichen durch grün» -gen gedeckt. Immerhin sei di« mittäbare Schädigung, die sie «durch den Brand erleidet, naturgemäß außerordentlich groß. Das Schiff war zwar noch nicht fertig, aber man wird annehmen «können, daß die Maschinenanlage bereits montiert war; der Wert des fertigen Schiffes würde sich auf 50 Millionen Mark belaufen haben. Der Vorstand des Norddeutschen Lloyd entsandte sofort zwei technische Direktoren nach Hamburg, während di« übrigen Vorstandsmitglieder zu einer Sitzung züsammengetreten sind, die um die Mittagsstunde noch andauerte. nicht behandelt worden. In unterrichteten Kreisen wird auch nicht damit gerechnet, daß eine Regelung noch vor Ostern er folgt. Polnische Minäeihei'enpolitik Zal«,ki über dl« Senf« Mindrrheltenanträg« vuf dem gestern abend veranstalteten Festessen der Gesellschaft zur Erforschung internationaler Fragen hielt Minister de» Aeußeren ZaleSki eine längere po litische Rede, in der er über seine Genfer Eindrücke,- insbesondere über die Minderh-ettenanträge Dandu« randS und Dr. .Stresemann» sprach. Er führte u. a. auS: DaS Endergebnis fei gewesen, daß die Vertre ter dieser Staaten im letzten DölberbundSrat sich« allen Versuchen der Ausnutzung der Frage de» internatio nalen Minderheitenschutzes zu egoistischen und Neben zwecken energisch widersetzt hätten. Sin Teil der aus ländischen Presse werde zweifellos diesen Worten ent gegentreten und zu beweisen versuchen, daß die Be weggründe de» deutschen Anträge» einzig und aus schließlich auf die Sorge um da» Wohl der natio nalen Minderheiten, auf di« Lieb« zu den hohen Idealen des Recht», der Gerechtigkeit, de» Friedens, der Völkerverbrüderung und aus viele andere edle Ge fühle und Neigungen zurüähustlihren seien. E» sei dann aber nicht leicht, einzusehen^ weshalb die Ttaa- ten, die auf die Rolle de» Beschützer» und Anwalts der Minderheiten Anspruch erheben, den; andern nicht selbst mit gute« Beispiel vorangehend Deshalb seien nicht nur bei den Polen, Rumänen, Tschechoslowaken, Südslaven und Griechen Zweifel über die Ziele der deutschen Minderhettenaltio« entstanden. Der Ge winn der letzte« Ratstagung fei die allseitige llebev- zeugung, daß der Völkerbund nicht al» ein Instrument für andere al» im Völkerbundspakt ausdrücklich for mulierte Zwecke gebraucht werden darf, und daß die Aufgabe de» Völkerbünde» die Sicherheit und Grhal- tung der Staaten und nicht ihre Zersetzung istz ES sei ein großer Gewinn, daß nochmals auf der letzten Tagung ganz autoritativ festgestellt worden sei, daß Mer Tageblatt -.. Anzeiger für -as Erzgebirge Lag^atk Enthalten- -le amtlichen Bekanntmachungen -r- Rates -er Sta-t UN- -es Amtsgericht» Rue. p»stfiheck.K»m»r statt m. ,G» Die erst im Herbst vorigen Jahres vom Stapel gelassene .Europa", neben -seinem Schwesterschiff „Bremen" Deuffch- lands größter Dampfer, «ist einem Feuer zum Opfer gefallen. Heute früh um 3 Uhr 26 Minuten wurde von der Werst- Feuerwehr von Blohm u. Voß die Hamburger Feuerwehr wegen Feuer« auf dem Dampfer „Europa" alarmiert. Zug 2 rückte sofort au». Bereits 20 Minuten später erfolgte der Alarm Groß feuer. «Sämtliche im Augenblick zur Ver fügung stehenden Züge rückten unter Branddirektor Dr. San der aus. Die dienstfreien Mannschaften «wurden an ihre Wachen beordert. * Der vordere Teil des 46 000 Tonnen großen Schiffes brannte. Vom Lande und vom Wasser aus griffen die Weh re? an. Mehrere in der Näh« des Dampfers befindliche Fahr- wurden wegen des «starken Funkenfluges von ihren Vie italienischen Makler» Wahleigenhetten — Die südtiroler Zahle« Geschichtliche Erinnerungen Der italienische Faschismus ist um eine Episode reicher. Er hat nämlich jetzt seinen „goldenen Sonntag" hinter sich und damit eine Volksabstimmung für «die Diktatur. Won einer Wahl sprach man in Italien nicht, weil! der Duce es so wünschte. Er wollte einen Volksentscheid haben und erhielt «ihn auch. WaS vorausaeaarcaen war. ist bekannt. Die faschistische Kammer auf dem Montecittorto besteht au» 400 Abgeordneten. Die Namen dieser Männer -wurden von dem faschistischen Großrat aus einer Kandidatenliste von 1000 Namen aus-gewählt, die ihrerseits von den 13 anerkannten Syndikaten der Arbeiter, der Angestellten, «der Beamten, deS Mittelstandes und der «Unternehmer -usanrmenaestellt waren. Ebenso wie die Kandidaten festgestellt wurden, erfolgte auch die Feststellung der Wähler. Nur «wer Mitglied eines «der aner kannten 13 «Syndikate ist, also dem ständisch auf-gebauten Faschistenstaate angehört, ist wahlberechtigt. Alle anderen be sitzen ebensowenig wie «die Frauen das Wahlrecht. Die -Stimmzettel, die am Sonntag Verwendung anden, waren eigenartiger Natur. Es gab einen Stimmzettel ür „Ja" und einen für „Nein". Jeder von ihnen zeigt« auf »er Innenseite das Liktorenbündel und jeder enthielt die Frage: „Billigen Sie die vom Nationalen Großrat Les Faschismus auf gestellte Abgeordnetenliste?" Darunter stand in «großen Lettern bei den Ja-Stimmzetteln Si, d. h. Ja und bei «den Nein- Stimmzetteln No, d. «h. Nein. Der Nein-Zettel war innen weiß, während der Ja-Zettel die -Farben der italienischen Tri kolore grün-weiß-rot trug. Für all« Wahlberechtigten bestand Wahlpflicht. Wenn er «stch nicht eine Geldstrafe bis zur Höhe von 300 Liren zuziehen wollte, mußte der Italiener einen von den -beiden Stimmzetteln abgeben. «Ein eigentlicher Wahlkampf wurde nicht geführt. Er -war -auch gar nicht möglich, denn es gibt in Italien keine Parteien mehr, erst recht keine Gegenkandidaten. Der Faschis mus macht es ganz allein. Wohl aber erlebte Rom am Sonn tag vor der Wahl eine Riesenkundgebung der faschistischen Partei und das ganze Land während der letzten Woche vor der Wahl zahlreiche Reden der 90 Präfekten der einzelnen Provin zen. Selbstverständlich gab -es auch da keinerlei Widerspruch und «keine «Kritik. So etwas ist in Italien ausgeschlossen. Da gegen erklärten «sich zahlreiche kirchliche Würdenträger, Erz bischöfe und Kardinäle, für die „Wahlbeteiligung". Sie unter schoben j-edoch der «Abstimmung einen anderen Sinn, wenn «sie erklärten, daß dies« ein Volksentscheid für die Lateranverträge ist. Mussolini -dagegen wünscht einen Volksentscheid für di« Diktatur und das faschistische Regiment. Das «Ergebnis des Volksentscheids liegt jetzt in «großen „;n vor. In die Wahllisten eingetragen waren 9 650507 ersonen. Von ihnen haben 8 9 Prozent, nämlich . II? „ "" ' „ 't Ja und 136 196 mit Nein. " Aus diesen "Mitteilungen des italienischen Innen ministers ergibt «sich, daß die Wahlbeteiligung außerordentlich groß war. 'Begeistert schreibt Mussolinis Blatt „Popolo d'J t älia" : „Wie -der Duce es -gewollt, hat das italienische Volk «der Welt «gezeigt, daß Italien faschistisch und der Faschis mus italienisch ist. Der Faschismus jubelt." Aber seine Gegner in Italien sind nicht völlig ver nichtet. «Wenn auch die Wahlen in aller Ruhe vor sich gingen, so kennt doch jeder Italiener den Terror, den das faschistische Regime ausübt und «handelte danach. Es gehörte schon Mut dazu, öffentlich ein „Nein" zu wagen. Dies gilt besonders von den Deutschen in Südtirol. Am Tage vor der Wahl -brachte di« faschistische Bozener „A-lp e nz e i«t un g" auf ihrer ersten -Seite in Plakadform die Worte: „Wer eine Nein-Stimme ad- gibt oder sich der Stimmabgabe ganz enthält, ist ein Verräter und Deserteur". Trotz allen Druckes beteiligten sich kn der Pro vinz Bozen nur 80 Prozent der Wahlberechtigten an diesen mevkwüroigen Wahlen. In der Stadt Bozen brachten 371 Männer den Mut auf, mit Nein zu stimmen, in Meran S4S und in der ganzen Provinz Bozen 2609. Die Zahl der Nein-Sager in ganz Italien ist am -größten in Mailand, wo «über 83000 Wähler mit Nein stimmten und weitere 18000 ungültige Stim- men abga-bcn, indem sie «inen Ja-Zettel obgaben, aber da» Za durMncheNs hatten^ SEtag mar für den italienischen Faschismus und seinen Führer nur Sine Episode. Mussolini wird über sie hinweg seinen Weg fortsetzen. Wohin , hat das Schicksal mit einem «geheimnisvollen «Schleier r. Den geschichtlich denkenden Zeitgenossen erinnert die nmg jedoch an die Abstimmungen NapoleonSlII. Im Jahre 1658 nützte dieser gerissene Korse da» Ruhebedürfni« der Massen geschickt aus und erhielt 7 Millionen Stimmen kür seinen Kaiserthron Sei nur 250 000 Gegnern. «Am 6. Mai 1870 hatten die Franzosen sich für die Monarchie oder gegen sie mit einem glatten Ja oder Nein auszusprechen. Napoleon III. hatte inzwischen beveit» IS Jahre regiert. - Merderum Drachen