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392 Nr. 7. „ STAHL UND EISEN.“ Juli 1884. Heifslaufen) nach innen drückte und die Welle angriff, schlug man noch Keile dahinter. Man mufste gerade das Gegentheil thun, man mufste die oberen Partien der Lagerschalen verhindern, sich der Welle zu nähern, man mufste sie also radial von ihr abziehen. Als junger Anfänger habe ich dies an einer horizontalen Walzenzug maschine einmal geradezu mit Schrauben (vergl. Fig. .2) ausgeführt. Die Welle war 101/2" aus'Schmiedeeisen. Die Maschine war nach einer Schwungrad- Explosion neu gebaut, ging zuerst sehr schön ruhig, von der zweiten Schicht an aber nur unter unerträglichem Heifslaufen, so dafs sie nicht zu gebrauchen war. Nach Anbringung der Schrauben hörte alles Heifslaufen auf, die Maschine konnte sofort forcirt werden. Schiffsmaschinen-Constructeure haben versucht, zum Auseinanderhalten der Lagerschalen gehobelte H-förmige Stahlschienchen zu verwenden. Nach meinen Erfahrungen dürfte dieses Mittel bei schweren Wellen nicht genügen. Die Kraft, mit welcher sich die Lagerschale zusammenzieht, ist eine sehr grofse. Beispielsweise beobachtete ich an der Oberkante eines Unter lagers einer Welle von ungefähr 0,6 Durchmesser und über 1 m läng eine Partial-Einbiegung (wie in Fig. 4 skizzirt bei c). Auf eine Länge von un gefähr 0,15 hatte sich das Metall nach innen gebogen, so dafs stellen weise über 15 mm Metall fehlten. Die nach innen wirkende Kraft hatte also die relative Festigkeit, welche die Schale in horizontaler Richtung besafs, überwunden, das Metall war verrieben und die Welle gleichzeitig mit Bremssprüngen an jener Stelle besäet. Hier hatte also eine partielle Erhitzung gewaltthätig gewirkt. Ist die Erhitzung und Deformation auf der ganzen Lagerschale gleich- mäfsig thätig, so kennen Sie die Gröfse der kneifenden Kraft auch ganz gut, sie ist einfach gleich der Bruchfestigkeit der Schale bei b (Fig. 3), denn es ist sehr gewöhnlich, dafs die Schale bei b wirklich bricht. Die Abkühlung zieht die Schale nach innen, die Welle hält sie auseinander; da sie stärker ist als die Schale, mufs diese bei b brechen. Darin liegt es auch, dafs unsere neuen Maschinen mit dicken und langen Schalen uns so allgemeine Mifserfolge gebracht haben, die früher in solcher Häufigkeit nicht bekannt waren. Nicht selten sind die Fälle gewesen, wo an derselben Maschine nur die Wellenlager gelitten haben, aber nicht die Kurbelwarzenlager, welche doch unter demselben Totaldrucke, also bei ihren wesentlich kleineren Dimensionen unter einem 6- bis lOfaclien speci- fischen Drucke arbeiteten, wie jene. Das liegt stets in der Gonstruction, besonders günstig sind gewisse Pleuelköpfe, welche sich bei Schiffsmaschinen vorfinden. Das Kneifen ist ja eine Folge der Zusammenbiegung einer ungleich erhitzten Lagerschale. Geben Sie der Schale nun so viel Freiheit, dafs sie bei der Erhitzung sich aufbiegen kann, so biegt sie sich bei der nachherigen Abkühlung immer nur wieder auf das ursprüngliche Mafs zu sammen, kann also nicht kneifen. Unsere in mächtigen Frames eingeschlossenen Lager können bei Erwärmung sich nicht ausdehnen, müssen also im ungleich-erwärmten Zustande die Form annehmen, welche sie kalt haben sollen. Deshalb tritt bei Abkühlung eine Form Veränderung mit unwider stehlicher Gewalt ein. Ein anderer Versuch, das Kneifen der Lager zu vermeiden, ist das Rück greifen auf das gewöhnliche Walzenlager. Die neue Schienen-Reversir-Maschine, Fig 5. welche nach Plänen des Herrn Windsor Richards für Bilbao gebaut wird, hat derartige Lager. Diese Construction hat das eine Bedenken, dafs dabei voraus gesetzt ist, dafs mit Wasser geschmiert wird, und bei der Reversirmaschine ist doch immer wenigstens zu versuchen, ob man ohne Wasser durchkommt. Man mufs also wenigstens etwas thun, was das Oel von einer der schmalen Lager schalen bis zu der andern überleitet. Fig. 2. Herr Horn: Gestatten Sie mir ein paar Worte als Erwiderung auf die Ausführungen des Herrn Brauns und auch meines Freundes Helmholtz. Herr Brauns hat die Eisenbahnachsen erwähnt. Auch ich habe in meinem Vortrage von den Eisenbahnachsen gesprochen und gesagt, dafs bei denselben die Erscheinungen nicht eintreten, welche wir an den grofsen Maschinenachsen wahrnehmen können. Der grofse Unterschied ist der, dafs wir es in einem Falle mit kleinen Dimensionen und demgemäfs mit kurzen Blöcken zu thun haben, im andern Falle dagegen mit grofsen Dimensionen und dementsprechend ganz anderen Verhältnissen. Was ich gesagt habe, bezog sich auf die.grofsen Wellen, für die kleinen Achsen passen meine Auseinandersetzungen nur modificirt. Ich habe vorhin auch gesagt, dafs die Lagerconstruction von