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390 Nr. 7. „STAHL UND EISEN.“ Juli 1884. gütiger, weil die Riemen von vornherein absolut grade, gleich stark und überall specifisch gleich schwer sind. Gegen den Seilbetrieb mufs ich aus Gründen der Mechanik den Umstand aufführen, dafs die Seile specifisch leichter sind als Lederriemen, woraus sich die besonders im Anfang bei frisch auf gelegten Seilen nothwendige, ganz bedeutende Spannung ergiebt, die kein Vortheil für Wellen und Lager ist und Kraftverschwendung mit sich führt. Eine im Laufe von 4 Betriebsjahren erworbene Erfahrung ist von grofsem Interesse, und ich bin ermächtigt, dieselbe ohne Rückhalt mitzutheilen. Ein grofses Etablissement, welches eine grofse Antipathie gegen Riemenbetrieb hatte, aber Räder nicht anlegen wollte, hat mit 6100.46 Riemen kosten ca. 60 000 000 Kilo Walzdraht der gewöhnlichen Stärken gewalzt, das macht pro Tonne nur rund 108. Die Riemen sind nun aber nach einer so kolossalen Leistung immer noch betriebsfähig, so dafs heute nicht zu übersehen ist, wie lange sie noch dienen werden. Diese Anlage war auf dem Etablissement die erste ihrer Art; infolge der aufserordentlich günstigen Resultate sind noch zwei weitere Anlagen gleicher Art später gebaut worden.* Solche Resultate hat bis heute der Seilbetrieb noch nicht aufzuweisen. Dafs trotzdem dem Seilbetrieb heute vielfach der Vorrang eingeräumt wird, liegt wohl wesentlich an dem nicht zutreffen den Vergleich älterer Riemenanlagen mit den neueren Seilanlagen; letztere zeigen bekanntlich einen ganz hoch gegriffenen Sicherheits-Coefficienten bei zweckmäfsiger Achsen-Entfernung, wogegen gerade diese Punkte bei den älteren Riemenanlagen meist verfehlt waren. Zum' Schlufs, m. H., möchte ich auf ein Feld hindeuten, auf welchem leider ein wirklicher Fortschritt noch nicht zu verzeichnen ist, ich meine die Anwendung der Gondensation bei Reversir- maschinen, also da, wo sie so sehr wünschenswerth ist. Versuche sind ja gemacht worden, jedoch nur mit höchst mangelhaften Resultaten. Der ganze Gegenstand erscheint mir so wichtig, dafs ich ihn eines besonderen Themas für würdig halte, ihn heute nur höchst kurz würde behandeln müssen, also jetzt nicht näher darauf eingehe. Vorsitzender: Ich eröffne die Discussion über den gehörten Vortrag. Der Herr Redner hat in erster Linie über die Verschiedenheit im Verhalten der Wellen aus Eisen und Stahl, über die Vor- tbeile und Nachtheile beider, demnächst über Präcisionssteuerung und schliefslich über Riemen- und Seilbetrieb gesprochen. Es dürfte zweckmäfsig sein, jeden dieser Punkte einzeln in der Discussion zu behandeln, und bitte ich die Herren, sich zu den einzelnen Punkten in der vom Herrn Referenten angegebenen Reihenfolge zum Wort zu melden. Herr Brauns-Dortmund: Der Herr Referent hat mit vollem Recht auf die üblen Folgen auf merksam gemacht, die es hat, wenn man irgend ein flüssiges Metall, z. B. Stahl und Hartgufs, .ohne Beobachtung der nöthigen Vorsicht in eiserne Goquillen giefst. Die Gefahr, welche daraus für das Fabricatstück entsteht, ist von vornherein zuzugeben, — nur geht meiner Ansicht nach Herr Horn zu weit, wenn er in diesem Umstande lediglich die Entstehung der Risse, speciell der Langrisse, in schweren Stahlwellen sucht. Wenn dem so wäre, dann würden wir unbedingt ganz dieselben Er scheinungen, welche bisher im wesentlichen nur bei grofsen Wellen beobachtet sind, bei den Tau senden und aber Tausenden Eisenbabnachsen zu beobachten haben, bei denen solche Erscheinungen doch verhältnifsmäfsig selten vorkommen. Ich bin bezüglich der Ursachen dieser Risse entschieden anderer Ansicht; ich möchte sie fast ausschliefslich auf das Warmlaufen der Wellen und auf das dann stets von den Leuten vorgenommene plötzliche Abschrecken mit Wasser schieben, was bei schweren Wellen an Gebläsemaschinen u. s. w. viel öfter vorkommt und wobei das Warmlaufen deshalb viel verhängnifsvoller ist als bei einer dünnen Eisenbahnwelle. Wenn Sie sich den Vor gang bei solchem plötzlichen Abschrecken veranschaulichen, so werden Sie linden, dafs bei einer warm gelaufenen Eisenbahnachse eine ebenso dicke, äufsere Schicht von der Wärme durchdrungen worden ist wie bei einer schweren Schwungradachse, die vielleicht 18 Zoll Durchmesser hat. An genommen nun, dafs bei einer warm gelaufenen Eisenbahnwelle die Abschreckung mit Wasser unter sonst denselben Umständen geschieht wie bei einer schweren Schwungradwelle, so werden sehr verschiedene Folgen aus derselben Ursache entstehen. Bei dem infolge des Abschreckens erfolgenden starken Schwindens des Materials in den, den starren Kern der Achsen umlagernden Ringen wird bei der Achse von gröfserem Durchmesser ein weit stärkeres Nachgeben verlangt, als bei der dünneren Eisenbahn welle, und es mufs die Dehnung des Materials bei der dickeren Welle, wenn es halten soll, also eine aufserordentlich viel gröfsere sein als bei einer kleinen Eisenbahnachse. Diesem Umstande ist es in der Hauptsache zuzuschreiben, dafs wir Brüche bei Eisenbahnachsen verhältnifsmäfsig,selten haben, während sie bei schweren Schwungradwellen häufig vorkommen, so dafs man hie und da dazu übergegangen ist, hierfür schweifseiserne Wellen anzuwenden. * Das diesbezügliche Schreiben hat uns im Original vorgelegen und bestätigen wir aus dem Inhalt desselben die gemachten Angaben. Die Red,