Volltext Seite (XML)
Februar 1884. „STAHL UND EISEN.“ Nr. 2. 95 pro Jahr und Ofen übergehen würden, so ergäbe das ein mosel- und rheinabwärts zu transpor- tirendes Quantum von 1 Million Tonnen Erz.“ „Zusammengefafst würden sich demnach schätzungsweise folgende Transportquantitäten er geben : a) moselaufwärts: Koks, Kohlen, manganhaltige Eisensteine und dito Eisensorlen 1 000 000 t b) moselabwärts: Roheisen 160 000 t 1 000 000 t Exporte der Lothringer Werke an verschiedenen Fabricaten . . 100 000 t Zusammen . 2 260 000 t Die Frachtersparnifs würde sich nach den oben angenommenen Sätzen gegen Bahnfracht auf 4 210 000 • berechnen.“ „Alle diese Angaben beziehen sich nur auf die Eisenindustrie und den damit in Verbindung stehenden Bergbau; es bedarf aber keiner Be merkung, dafs auch andere Industrieen in hohem Mafse bei der Angelegenheit interessirt sind und der Mosel Frachtgüter in grofsen Mengen Zu fuhren würden, doch fehlen uns für bestimmte Angaben in dieser Beziehung die erforderlichen Unterlagen.“ Die vorstehenden Zahlen sind so sprechend, dafs die Kanalisirung der Mosel unverzögert in Angriff genommen werden müfste, wir bezweifeln aber die sofortige Bereitwilligkeit des Staates und der Volksvertretung zu einem Opfer von 15 Millionen Mark. Auch würden die Ausführungsarbeiten eine geraume Zeit beanspruchen. Unter allen Um ständen möchten wir die Kanalisirung der Mosel fest im Auge behalten und mit jeglichem Mittel anstreben, inzwischen aber nach Auswegen suchen, die uns möglichst bald in den theilweisen Genufs der Vortheile einer Benutzung der Mosel als Transportstrafse setzen können. Nach unserer Ansicht ist auf der Mosel, selbst bei den jetzigen Wasserverhältnissen, ein lebhafter Verkehr durch Einrichtung der Kettenschiffahrt zu erzielen und verweisen wir auf das naheliegende Beispiel des Neckars. Als im Jahre 1869 Heilbronn eine directe Eisenbahnverbindung mit Mannheim erhielt, war dem Verfall der Schifffahrt zwischen beiden Städten mit Sicherheit entgegenzusehen, wenn nicht der theure und zeitraubende Pferdezug durch Dampf kraft ersetzt wurde. Mittelst Raddampfer zu schleppen, ist bei dem schmalen und wenig tiefen Fahrwasser des unteren Neckars unmöglich, nur die Tauerei am Seil oder an der Kette hatte Aussicht auf Erfolg. Der Heilbronner Handlungsvorstand verfolgte deshalb mit lebhaftem Interesse die Fortschritte der Tauerei und bildete sich auf seine Anregung im Herbst 1873 ein provisorisches Comite für Einführung der Tauerei auf dem Neckar, das nach Zuziehung verschiedener Sachverstänger und nach eingehenden Untersuchungen zu dem Be schlusse kam, die Kettenschiffahrt als das für den Neckar geeignetste System einzuführen. Ein vollständig ausgerüstetes, mit Kohlen versehenes Keltenschiff benöthigte nur einen Tiefgang von 48 cm, während für ein Tauschif kaum weniger als 85 cm erforderlich war. Der hauptsächlichste Vorzug des Taues — sein egröfsere Wohlfeilheit ■— wird durch die kürzere Amortisationsfrist des Seiles, seine Werthlosigkeit nach Aufhören der Brauchbarkeit und die höheren Anschaffungskosten der Seilschiffe gegenüber von Kettenschiffen fast ganz- aufgehoben. Die Aufbringung der erforder lichen Geldmittel, die in normalen Zeiten mit Leichtigkeit hätte bewerkstelligt werden können, bot im Jahre 1874 Schwierigkeiten, denn nach den vom Publikum kurz vorher erlittenen Ver lusten herrschte gegen Actienunternehmungen das gröfste Mifstrauen. Man wandte sich deshalb mit der Bitte um Gewährung einer Zinsgarantie an die Königl. württembergische Staatsregierung, welche in richtiger Erkenntnifs des Werthes der Tauerei energisch dafür eintrat und die Gewährung einer Zinsgarantie für die Schleppschiffahrt beim Landtage beantragte. Das betreffende Gesetz ge langte im Juli 1876 zur Annahme. Im Mai 1878 erfolgte die Eröffnung der Kettenschiffahrt auf dem Neckar von Heilbronn bis zu seiner Mündung in Mannheim. Die Länge der Strecke beträgt 116 km. Die 113 km lange Kette hat eine Stärke von 1 Zoll englisch, der laufende Meter wiegt 15,5 kg, das Gesammtgewicht beträgt 1 737 900 kg und der Preis frei Mannheim 31,83 pro 100 kg. Die 4 Schlepper kosten je •6 69 000, sind 42 m lang, 6,50 m breit, die Böden bildet 8 mm starkes Fichtenholz, während die Seitenwände aus 4 mm starkem Stahlblech hergestellt sind. Der Tiefgang ist 47,5 cm mit Ausrüstung und 50 Gentner Kohlen, da jedoch meist mehr Kohlen geführt werden, auch der Holzboden durch Aufsaugen von Wasser schwerer geworden, ist der Tiefgang im gewöhnlichen Betriebe 50 — 55 cm. Jedes Schiff hat 2 Steuer, eins vorn und eins hinten, die von einer gemeinschaftlichen Steuerwelle aus bedient werden und ist der Schiffsraum durch 2 wasserdichte Schottwände in 3 Abtheilungen getheilt. Jedes Schiff ist mit 2 Dampfkesseln von je 35 qm Feuerfläche und 7 Atmosphären Dampfüberdruck ausgerüstet. Die Condensations- dampfmaschine hat zwei schiefliegende Gylinder von 32 cm Durchmesser bei 64 cm Hub. Die Bewegung der Dampfmaschine wird durch zweierlei Getriebe, eins für die Bergfahrt, das andere für die Thalfahrt, auf die Kettentrommel übertragen ; die Ucbersetzung dieser Getriebe ist so gewählt,