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Januar 1884. „STAHL UND EISEN.“ Nr. 1. 9 heutigen Ausbildung auch nur concurrenzfähig gestaltet werden kann, insonderheit nach Einführung des Thomasprocesses. Von den Reductionsmitteln wird reines Wasserstoffgas wohl schwerlich in Betracht kommen können. Wassergas, das ist Wasserstoff und Kohlenoxyd oder auch Kohlenoxyd allein würden viel leicht die Möglichkeit gewähren, in vorgedachter Weise in Anwendung zu kommen — bei reinen, phosphorfreien Erzen. Wie schon erwähnt, wird dreibasisches phosphorsaures Eisenoxydul durch Wasserstoff schon bei heller Rothgluth reducirt, und diese Temperatur müssen wir zur vollständigen Reduction der Erze doch wohl als nöthig voraussetzen. Mit Wasserstoff reducirte, phosphorhaltige Erze würden also kein phosphorfreies Eisen geben, auch wenn das Gas in reinem Zustande angewandt werden könnte. Kohlenoxyd nun reducirt dreibasisch phosphorsaures Eisenoxydul selbst bei Weifsglut nicht. Wohl aber, wie Professor Finkner ebenfalls gezeigt hat, wird diese Verbindung reducirt bei Gegen wart von erheblichen Mengen Eisenoxyd. Daher können phosphorhaltige. Erze auch durch Kohlen oxyd nicht reducirt werden zu phosphorfreiem Eisen; denn die Reduction von Eisepoxyden durch Kohlenoxyd ist stets mit einer Ablagerung mehr oder minder beträchtlicher Mengen Kohlenstoff verbunden bezw. mit einer Kohlung des Eisens, und dieser Kohlenstoff reducirt die Phosphorsäure. Ich bin deshalb der Meinung, dafs die Bestrebungen, welche dahin gehen, auf dem ange deuteten Wege die directe Eisen- und Stahlerzeugung zu ermöglichen, verlorene Mühe sind und wir mindestens alle Veranlassung haben, die gerühmtesten Verfahren dieser Art mit aller Vor sicht zu prüfen. (Der Vortrag des Herrn Hilgensfock erntet lebhaften Beifall.) Vorsitzender: Ich eröffne die Discussion über den gehörten Vortrag. (Pause.) Ich möchte zu den eben gemachten geschäftlichen Mittheilungen noch hinzufügen, dafs ich nach Erledigung des 3. Gegenstandes der Tagesordnung eine kleine Pause eintreten lassen werde. Wenn keiner der Herren sich zum Worte meldet, so würde uns erübrigen, dafs wir dem Herrn Vortragenden für die interessante und mühevolle Arbeit unsern besten Dank aussprechen. (Allge meine Zustimmung.) Ich ertheile nunmehr Herrn Nimax das Wort zum 3. Punkt der Tagesordnung: Ueber die Anlage von Kohlenwäschen. Herr Nimax-Kalk: Die Aufbereitung der Mineralien bezweckt die Trennung des Nutzbaren vom Tauben behufs Anreicherung des ersteren, um dasselbe für die späteren Processe geeigneter zu machen. Jedes Mineral tritt in der Natur auf in Begleitung oder in mehr oder weniger inniger Mischung seiner Gangart, welche seine directe nutzbare Verwertbung sehr erschwert, ja zum Theil unmöglich macht. Es ist vor Allem deshalb nothwendig, das Mineral aus seiner Gangart möglichst auszuscheiden, es anzureichern, das taube Gestein zu entfernen. Allgemein ist es nun der Fall, dafs die Gangart eines Minerals ein vollständig anderes physikalisches Verhalten zeigt, als dieses selbst, besonders aber, dafs die specifischen Gewichte beider verschieden sind. Und gerade dieser Verschiedenheit der specifischen Gewichte von Mineral und Gangart hat sich die Aufbereitungskunde bemächtigt, sie ist das grofse, breite Fundament, auf welchem sich dieser mächtige Zweig der Bergtechnik riesengrofs aufgebaut hat. Eine Erfahrung, so alt wie die Welt, lehrt, dafs durch einen horizontalen Wasserstrom mit- gerissene feste Körper sich absetzen, niederschlagen nach Mafsgabe ihres Gewichtes, und zwar in der Weise, dafs die schwersten Theile zuerst, die leichtesten zuletzt zu Boden sinken. Ein auf steigender Wasserstrom wird die schwersten Theile einer losen Gesteinsmasse zu Boden sinken lassen, leichtere wird er in der Schwebe halten, die leichtesten mit emporführen. Denken wir uns ein Gemenge von verschieden grofsen Stücken der verschiedensten Mineralien: Kohle, Schiefer, Sandsteine, Quarz, Schwefelkies, Bleiglanz, Blende, Eisenerz, u. s. w. wird in einen Wasserstrom geworfen; sämmtliche Stücke werden sich, je nach ihrem Gewichte, in kleinerer und grofserer Entfernung zu Boden schlagen und zwar bunt durcheinander, ein grofses Stück Kohle neben einem kleinen Stück Quarz und einem noch kleineren Stück Bleiglanz u. s. w., je nachdem sie gleichfällig sind; ähnlich wäre das Resultat, wenn dasselbe Gemenge in einen aufsteigenden Wasserstrom geworfen würde. Auf diese Weise wird es also nicht möglich sein, das Gemenge nach der Natur der einzelnen Mineralien zu trennen; man erreicht damit lediglich eine Classirung des Gemenges nach der „Gleichfälligkeit“. M. H., um den Begriff der „Gleichfälligkeit“ naher präcisiren zu können, mufs ich mir eine kleine Abschweifung erlauben.