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Der Apparat besteht aus einem fixen schwedischen Ofen, dessen Düsen aber nicht am Boden in das Eisenbad blasen, sondern dasselbe in der Mitte treffen und nach Bedarf durch Thonpfropfen geschlossen werden können. Die Windpressung soll nur 41/2 Pfund betragen, das Ghargengewicht 750 bis 1250 Kilo, die Erzeugungsfähigkeit 50 Chargen pro Tag. Der Procefs hat eine charakteristische Verschiedenheit vom Bessemer- Procefs in eisenreicher Endschlacke, die auch zur Vermehrung des Eisenabbrandes beiträgt. Nähere Details wird Herr von Ehrenwerth in kurzem veröffentlichen. Nach Beendigung der Vorträge begab sich die Versammlung auf den Ausstellungsplatz. Die Aus stellung selber besteht aus einer elektrotechnischen, industriellen und culturhistorischen und ist in dem Bürgerschulgebäude, der grofsartigen »Villa Werndl« und verschiedenen Pavillons unterge bracht. Die elektrische Ausstellung ist zumeist als eine Reclame im grofsen Stil für die Fabri- cate der Waffenfabrik anzusehen, die sich bei dem Fehlen aller Gewehrbestellungen auf die Fabrication von Dynamomaschinen und Beleuch tungsvorrichtungen geworfen hat. Die vorzüglich eingerichteten Werkstätten für die Erzeugung der Dynamomaschinen, der Bogenlampen und Glüh lichter sind ebenfalls Ausstellungsobjecte. Die elektrische Kraftübertragung tritt leider gegen die Beleuchtung in den Hintergrund, indem nur ei nige Holzbearbeitungsmaschinen und Drahtfeinzüge mit elektrischem Motor arbeiten und man auch hierbei über den Nutzeffect, die Kosten etc. nichts erfährt. Sehr splendid ist dagegen die Beleuch tung nicht nur des Ausstellungsplatzes, sondern auch des städtischen Hauptplatzes und des Steier- thales mit ca. 900 Glühlichtern und 210 Bogen lampen verschiedener Systeme, alle durch Tur binen und Schuckertsche Dynamomaschinen be trieben, die ein selten ruhiges, von allen nervösen Zuckungen vollkommen freies Licht liefern. Von Dampfmotoren ist eine sehr compendiöse, sauber gearbeitete Zweicylindermaschine der Maschinen fabrik Andritz bei Graz zu erwähnen', die mit 550 Touren eine Schuckertsche Dynamomaschine direct antreibt und mit derselben 3 Bogenlampen, einen grofsen Reflector und 70 Glühlichter speist. Die übrige Ausstellung ist sehr gefällig arrangirt, bietet aber nichts besonders Neues; sehr sauber sind die Schülerarbeiten der Fachschulen in Steyr, Ebensee, Hallstadt, die von einer ebenso strengen Methode als natürlichen Begabung der Lernenden Zeugnifs ablegen. Der Dienstag-Vormittag gehörte wieder dem Geschäft, und wurde zunächst unter dem Prä sidium des Hofraths Jarolimek das österreichische Comit für den nächsten Montanistentag gewählt, wogegen die Ungarn sich die Wahl und den Anschlufs noch vorbehalten zu müssen erklärten. Die Vorträge litten etwas unter der vorgerückten Zeit, die keine eingehenden Discussionen gestat tete, so sehr auch der Inhalt einzelner, namentlich der Vorträge des Herrn Löwenthal über das Gewerbegesetz und des Herrn Bleichsteiner über die Zukunft der österreichischen Eisen industrie, zu Entgegnungen gereizt hätte. Nach einem durch eine Reihe Toaste ge würzten Festessen fand am Nachmittag, leider durch Regen gestört, die Besichtigung der Waffen- fabrik und der anderen von der Wasserkraft der Steier betriebenen Etablissements statt. Die grofsartigen, vorzüglich eingerichteten Gewehr werkstätten, für eine Leistungsfähigkeit von 8 bis 10 000 Infanteriegewehren pro Woche berechnet, stehen leider gröfstentheils still, nichtsdesto weniger erregten sie durch die ingeniöse Aus nützung der Wasserkraft und die splendiden Ein richtungen zum Wohl der Arbeiter allgemeine Verwunderung. Auch die übrigen Industrieen der Stadt Steyr, Wagenbau, Keramik, Bürsten- und Drahtfabrication neben der hier seit Jahr hunderten heimischen Eisenverfeinerung, stehen auf der Höhe der Zeit, und ist zu hoffen, dafs der Einflufs der Fachschulen auch die etwas ver nachlässigte Erzeugung feinster und bester Qua litäten Schneidwaaren wieder in Aufnahme bringen wird. Das andauernd schlechte Wetter vertrieb einen Theil der Gäste schon mit den Abend zügen in die Heimath, die zurückbleibenden ver einte ein Festcommers im Gasino bis in die vorgerücktesten Nachtstunden.