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von vornherein von der Ansicht ausgegangen, dafs das Gesetz unter dem Begriff „Berufs genossenschaften“ nur diejenigen Unternehmungen zusammenfassen wollte, die untereinander wirk lich auf das engste verwandt oder durch eine vollständige Interessengemeinschaft gedeckt sind, und wir haben uns gesagt: es ist von grofser Wichtigkeit, dafs das geschieht. Wenn es sich nämlich lediglich darum handeln sollte, die relativ wenigen Unfälle, die nach Ausscheidung derjenigen mit nicht mehr als dreizehn Wochen dauernder Erwerbsunfähigkeit der Industrie noch verbleiben, zu reguliren, so glaube ich nicht, dafs es nöthig wäre, so viele Worte über die ganze Angelegen heit zu verlieren. Es ist aber für mich un zweifelhaft, dafs alle die anderen socialen Auf gaben, welche von Seiten der Reiclsregierung cultivirt werden und infolge der Strömung der Zeit auch nothwendig zum Austrag gebracht werden müssen, ebenfalls den Berufsgenossen schaften werden zugewiesen werden. Wenn der Herr Referent gesagt hat, dafs es nothwendig sei, der Bildung der Berufsgenossenschaften unsere ganze Aufmerksamkeit zuzuwenden, so möchte ich Ihre Aufmerksamkeit speciell auf diesen Punkt lenken, der es nothwendig erscheinen läfst, bei einer solchen wichtigen Sache sich an eine Organisation zu halten, deren Tragweite man einigermafsen beurtheilen kann. Das kann man wohl, wenn es sich um eine Organisation für gleichartige Betriebe handelt, Sie können es aber nicht, wenn Sie sämmtliche Betriebsarten der Eisenindustrie zusammenfassen. In diesem Sinne glaube ich, dafs es zweckmäfsig ist, dafs zwischen dem Vereine deutscher Eisenindustrieller und uns eine Verständigung dahin getroffen wird, dafs wenigstens die Eisengiefserei und die Maschinen fabriken, die früher mit ihren Anträgen ge kommen sind, ohne Protest von der andern Seite in einer Genossenschaft über das ganze Reich sich zusammenschliefsen. In den von mir vorgetragenen Ausführungen liegt die Recht fertigung. Es handelt sich bei uns keineswegs um Sonderbestrebungen; der Verein der deutschen Eisengiefsereien hat, wie nochmals wiederholt werden mag, bereits am 16. Juni seinen Beschlufs gefafst, der Verein deutscher Eisen- und Stahl industrieller mit seinen verschiedenen Gruppen ist seinerzeit davon benachrichtigt worden; also um Sonderbestrebungen handelt es sich nicht. Wir würden uns Ihren Bestrebungen angeschlossen haben, wenn wir auf der letzten aufserordent- lichen Generalversammlung, in der Herr General sekretär Dr. Rentzsch auf unsere Bitte die Freundlichkeit hatte, dieselben Motive, wie heute der Herr Referent, darzulegen, uns hätten über zeugen können, dafs wir uns auf einem Irrwege befinden. Aber wir sind bei der Ueberzeugung verblieben, dafs es am richtigsten ist, eine be sondere Genossenschaft über das ganze Reich anzustreben, deren Leistungsfähigkeit im übrigen nicht bezweifelt werden kann und die mit aller Ruhe in eine Jahrhunderte lange Zukunft hinein schauen darf, um diejenigen socialen Aufgaben zu erfüllen, die das Unfallversicherungsgesetz und die demnächstige Gesetzgebung des Reiches der Industrie noch auferlegen werden. (Bravo 1) Herr W. Funclce-R&^m: Meine Herren! Ich trete nicht vor Sie als Grofsindustrieller, sondern als der Vertreter der kleinen Eisenindustrie. M. H.! ich möchte an dasjenige anknüpfen, was der Herr Vorredner eben gesagt hat, es sollten hier keine Sonderinteressen ins Spiel kommen. Wenn ich die Interessen der kleinen Eisen- und Metall- industrieen, die im Verhältnifs zu der Grofsin- dustrie nicht so bedeutend an Kapital, aber wohl an Arbeiterzahl sind, hier vertrete, dann glaube ich nicht nur fern von Sonderinteressen zu sein, sondern im Gegentheil die Interessen auch der anderen Industrieen wahrzunehmen. M. H.! In Uebereinstimmung mit dem Vorredner erachte ich es für unzweckmäfsig, die Eisenindustrie und die Fabrication in einer Genossenschaft zu ver binden, ich gehe sogar einen Schritt weiter und sage: ich betrachte eine solche grofse Ver bindung als die Wurzel grofser Mifshelligkeiten und Unzuträglichkeiten. Je kleiner die Vereini gungen gebildet werden, desto gröfsere Früchte werden sie tragen, nicht allein mit Rücksicht auf die Arbeitgeber, sondern auch mit Rücksicht auf die Arbeiter selbst. Wenn von Herrn Bueck hervorgehoben worden ist, dafs wir uns voll ständig im Rahmen des Gesetzes zu bewegen hätten, dafs davon abzuweichen nur leeres Stroh gedroschen sei, so theile ich diesen Standpunkt nicht, ebensowenig denjenigen des Herrn Vor sitzenden des Reichsversicherungsamts, der da gesagt haben soll, es solle das Gesetz Jahr hunderte überdauern; im Gegentheil, ich bin überzeugt, dafs gerade dieses Gesetz, welches in vielen Paragraphen die geschäftlich unpraktischen Parlamentarier kennzeichnet, im Laufe der Zeit ganz bedeutenden Wandlungen unterworfen sein wird. (Bravo 1) M. H.! Seit meiner Jugend an erkenne ich nicht den Buchstaben, sondern den Geist einer Sache, und ich betrachte es als ein Glück, dafs wir an der Spitze des Reiches noch einen Mann haben, der auch auf diesem Stand punkt steht, nämlich den grofsen Reichskanzler Bismarck. Ich habe mich mit dem Unfall versicherungsgesetz schon längere Zeit beschäftigt, schon zu der Zeit, wo mein Associe und Neffe Herr Springmann zum Volkswirthschaftsrath mit aufgefordert wurde. Derselbe hat schon damals in Berlin hervorgehoben, dafs es nach seiner Beurtheilung durchaus unrichtig sei, die ein zelnen Industriezweige über das Reich zu einer Genossenschaft zusammenzufassen, sondern es sei viel richtiger, in kleineren Bezirken die ver schiedenen Branchen zusammenzunehmen, denn