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224 Nr. 4. April 1886. STAHL UND EISEN.“ konnten an diesem Zustande nichts ändern, so dafs die Absicht, den Panzer durch fortgesetzte Beschie- fsung zu breschiren, zunächst aufgegeben wurde.— Schiofsen aus den Thürmen. Nach der Beschiefsung wurden die Thürme abermals in bezug auf ihre Actionsfähigkeit geprüft und zu dem Zwecke die Geschütze wieder eingebracht. Der deutsche Thurm gab am 17. und 20. Januar 30 Salven mit 9 kg Ladung ab, wovon die beiden letzten mit höchster Elevation und Depression; der französische Thurm - 21 Salven mit 7 kg Ladung. Bei beiden Thürmen traten keinerlei Beschä digungen ein, die Scheibenbilder waren gut. Am 22. Januar fand schliefslich abermals eine Beschiefsung der Schartenplatte des deutschen Thurmes statt. Erzielt wurden 4 Treffer, von denen die 3 ersten unbedeutende Ausschleifungen bewirkten. Der 4. traf den an Stelle des Stahl rohres in die Scharte gelegten gufseisernen Rohr körper und zertrümmerte denselben. Im Innern des Thurmes fanden einige geringfügige Beschä digungen statt, welche jedoch kein Hindernifs gebildet haben würden, sofort ein neues Rohr in die Scharte zu bringen. Hierauf wurde der Versuch mit der Be schiefsung einer der Walzeisenplatten des deutschen Thurmes beendigt. Erzielt wurden in 21 Schufs 16 Treffer, welche längliche Ausschleifungen von 15 bis 25 mm Tiefe bewirkten. Risse traten nicht ein. Es ist zu bedauern, dafs die Beschiefsung dieser Platten nicht soweit fortgesetzt wurde, um einen Vergleich ihres Verhaltens mit der Compound-Platte zu ermöglichen. Fafst man die vorstehenden Resultate zusam men, so ergiebt sich, dafs das Kruppsche Artillerie- Material sich in jeder Beziehung und unbe stritten demjenigen von de Bange überlegen ge zeigt hat und ferner, dafs der deutsche, von H. Gruson in Magdeburg gelieferte Thurm während des ganzen Versuches tadellos functionirt und min destens ebenso gut geschossen hat wie der fran zösische , und dafs er imstande gewesen wäre, einem ungleich härteren Angriff siegreich zu wider stehen, während der französische Thurm so schnell breschirt worden ist, dafs dadurch der Werth des inneren Organismus, der durch die compli- cirte Anordnung und die Schwierigkeit der Ge schützauswechslung von vornherein in Frage ge stellt ist, vollständig illusorisch wird. Der deutsche Thurm hat sich somit als ein Kriegsinstrument im wahren Sinne des Wortes erwiesen, an welchem auch kleine Verbesserun gen, wie sie sich stets nach einem Versuche er geben, leicht angebracht werden können. Von der Anwendung cylindrischer Panzerun gen kann heute keine Rede mehr sein. Geschichtliches über die Puddelstahl-Fabrication. Wie bei dem Eisenfrischen in Herden zu weilen der Fall vor gekommen ist, dafs man ein ganz stahlartiges Product oder wirklichen Stahl statt Eisen ausgebracht hat, — so ist auch auf verschiedenen Puddlingswerken im Siegerlande und zu verschiedenen Zeiten Eisen erzeugt wor- den, welches von den Consumenten später als ein mehr oder weniger reiner Stahl erkannt und auch ferner begehrt wurde. Diese Stahlgewinnung war aber eine durch aus zufällige; die Puddler wufsten nicht, in welcher Weise sie gerade gearbeitet hatten, als sie Stahl statt Eisen ausgebracht hatten, und wenn es in ihrer Absicht lag, wirklich Stahl zu puddeln, erhielten sie nur schlechtgefrisclites Eisen. Es fehlte ihnen die Hauptsache, die Methode, nach welcher das Roheisen im Puddel ofen behandelt werden mufs, um in Stahl über zugehen ; dafs es aber eine solche geben müsse, liefs sich nach der zufälligen und wiederholten Erzeugung von Stahl nicht bezweifeln. Soviel mir bekannt ist, stellte der Hütten director Anton Schiegl zu Prevali in Kärnthen zuerst eine Methode auf, nach welcher Stahl (seiner Ansicht nach aus jeder Roheisensorte) im Puddelofen hergestellt werden könne, und er langte er am 4./18. November 1836 von der k. k. österreichischen Regierung ein Patent auf diese neue Art und Weise der Stahlfabrication. Das Patent, welches ich aus den betreffenden Acten auf dem polytechnischen Institute zu Wien ausgezogen habe, enthält wörtlich die nach folgende Beschreibung des Verfahrens von Schiegl, welche ich der Merkwürdigkeit wegen unverändert wiedergebe. „Bedingung ist es, dafs das Roheisen auf die schon bekannte Weise überschmolzen sein mufs und das sogenannte Feineisen erzeugt wird. Von diesem Feineisen werden nun 300 Pfd. eingesetzt und womöglich an den Seitenwänden des Herdes aufgelehnt; fängt nun das Metall in einzelnen Tropfen an niederzuschmelzen, wird es mittelst der Krücken in die Mitte des Herdes gebracht und zerschlagen, während der Operation bei offener Klappe der Ofen in stärkster Hitze, solange bis das Metall ganz gleichartig dünn flüssig geworden ist, erhalten werden mufs ; ohne diesen Umstand würde die Masse zu kochen an fangen, welches aber vermieden werden soll.