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276 Nr. 4. „STAHL UND EISEN.“ April 1886. Es dürfte zu allgemeinem Nutzen gereichen, wenn diese Verfügung in technischen Kreisen möglichst weit bekannt würde, um junge Leute, welche sich auf dem Gebiete des Prüfungswesens Uebung verschaffen wollen, oder welche beabsichtigen, in irgend einem Zweige desselben selbständige wissenschaftliche Unter suchungen zu unternehmen, darauf aufmerksam zu machen, dafs ihnen passende Gelegenheit hierfür durch die Versuchs-Anstalt gegeben werden kann. Die An stalt ist mit Maschinen, Apparaten und sonstigen Hülfsmitteln für die Vornahme von Festigkeitsunter suchungen aller Art, von Papierprüfungen, Oelprü- fungen u. s. w. sehr vollständig ausgerüstet, so dafs die Gewähr übernommen werden kann, dafs die als Volontäre eintretenden jungen Leute bei einigem Willen etwas Tüchtiges zu lernen oder zu leisten imstande sein werden. Auf die besonderen Wünsche des Ein zelnen wird gern Rücksicht genommen werden, so weit es sich mit den amtlichen Arbeiten der Anstalt verträgt. Geübtere Personen würden unter Umständen auch zu den wissenschaftlichen Arbeiten der Anstalt herangezogen werden können. Hierdurch ersuche ich Sie ergebenst. Vorstehen des gefälligst zur Kenntnifs des Leserkreises Ihres geschätzten Blattes bringen zu wollen. Der Vorsteher der Königlichen mechanisch-technischen Versuchs-Anstalt. A. Martens. Draht und Beize. Werdohl (Westfalen), März 1886. Geehrter Herr Redacteur! In No. 3 Ihrer Zeitschrift brachten Sie einen Auszug aus meinem in Hagen gehaltenen Vortrage »Draht und Beize«, und daran anknüpfend ein Schrei ben des Herrn Geh. Rath Wedding. Nachdem mein Vortrag nunmehr in der Zeitschrift des Vereins deut scher Ingenieure seinem Wortlaut nach veröffentlicht worden, und derselbe somit Jedermann zugänglich ist, mufs ich Sie bitten, folgenden Bemerkungen Raum geben zu wollen. Herr Wedding glaubt, dafs mich die Resultate seiner Versuche als „zu geringfügig“ enttäuscht hätten, — das ist ein Irrthum! Geringfügig waren jene Resultate durchaus nicht, ich habe nur den Umstand bemängelt, dafs sie unter Bedingungen er zielt waren, welche mit den in der Praxis gegebenen so wenig übereinstimmen, dafs sie für die Praxis werthlos bleiben mufsten. Bei einer Zuggeschwindigkeit von 2 m per Minute mochte es wohl gelingen, ein wenige Meter langes Stück Draht, im Bleibade erwärmt, durch das Zieheisen zu ziehen, dagegen wird der Versuch bei einer Schiene Draht von beiläufig 2,2 mm Stärke und 800 b is 900 m Länge bei einer Geschwin digkeit von 50 m per Minute sicherlich nicht aus führbar sein, vorausgesetzt, dafs der Draht vor dem Eintauchen in das Bleibad bereits bis zur Grenze seiner Ziehbarkeit bearbeitet war. Gerade die Unrichtigkeit der Entdeckung des Herrn Wedding, dafs nämlich die Temperatur des geschmolzenen Bleies genüge, um den Draht so zu erweichen, dafs er wieder ziehbar wird, wollte ich beweisen. Nach meinen Zerreifsversuchen hatte die Temperatur des Bleibades einen kaum bemerkbaren Einflufs auf die absolute Festigkeit des Drahtes, während die Erwär mung auf 700—800°, welche in der Drahtzieherei an gewendet wird, die Festigkeit um fast 60% ver ringerte. Herr Wedding führt ferner , den Umstand, dafs bei meinem Ziehversuche die Löcher des Zieheisens nicht standen, auf dessen geringere Qualität, gegen über dem von ihm angewendeten Dreslerschien Zieh eisen zurück, hatte aber wohl übersehen, dafs die Löcher sich nicht erweiterten, sondern enger wurden, was wohl nicht Schuld des Zieheisens sein kann. Schliefslich mufs ich mich noch gegen die Be merkung des Herrn Geh. Rath Wedding wenden, „dafs einem Verbote gegen jedes Ablassen von Beize flüssigkeit in die wilde Fluth jetzt im Interesse der Drahtindustrie kein Bedenken mehr entgegenstellt.“ Ich glaube nicht, dafs einer der bei meinem Vor trage zugegen gewesenen Herren aus demselben diese Schlufsfolgerung gezogen hat. Jenes Verbot besteht schon lange, wird aber verständigerweise von den Behörden sehr milde gehandhabt. Wenn es auch nicht unmöglich ist, unter günstigen Bedingungen Draht ohne Beizung zu verarbeiten, wenn es für manche Sorten Stahl- und Flufseisendraht sogar wünschenswerth sein mag, das zu thun, so ist doch nicht zu übersehen, dafs dieBeizung das Ziehen des Drahtes erleichtert, indem sie die Ober haut auflockert und so gestattet, schwere Adern in gleichmäfsiger Stärke herzustellen. Ich habe nur nachweisen wollen, dafs die Drahtzieherei bereits jetzt dahin gelangt ist, weit weniger Säure zu verbrauchen, als früher, und dafs eine weitere Ver minderung durch das eigene Interesse der Fabri canten sicher herbeigeführt werden wird. Hochachtungsvoll W. Biidelcer. Die neuen für die chinesische Marine beim „Vulcan“ bestellten Panzercorvetten. Die durch die Tagespresse bekannt gewordene Bestellung der beiden für die kaiserlich chinesische Marine bei dem „Vulkan“ in Bau gegebenen Kriegsschiffe hat die Welt über den Werth der von einem gewissen Theil der englischen Presse in Um lauf gesetzten Gerüchte in einer Weise aufgeklärt, welche an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig läfst. Wie wir der »Stettiner neuen Ztg.« entnehmen, sind die beiden Schiffe theilweise durch Gürtelpanzer, theil weise durch Panzerdeck geschützte Corvetten von folgenden Dimensionen: Länge in der Wasserlinie .... 82,40 m Breite „ „ „ .... 12,— „ Tiefgang 5,10 „ Tiefe von Kielplatte bis Seite Deck 7,75 „ Deplacement ca. 2900 t. Die Schiffe werden aus Stahlplatten und Winkeln erbaut und mit Doppelboden versehen, der sich über etwa 2/a der Schiffslänge erstreckt. Für den mittleren, die Maschinen-, Kessel- und Munitionsräume einschliefsenden Theil des Schiffes ist eine Gürtel panzerung mit Panzerquerschotten angeordnet; nach vorne und hinten setzt sich daran unter Wasser ein 75 mm starkes Panzerdeck an, während der vom Gürtelpanzer geschützte Theil des Schiffes an der Oberkante desselben mit einem 40 mm starken Panzer deck bedeckt wird. Die Gürtelpanzerung reicht an den Seiten von 1,20 m unter Wasner bis 0,60 m über Wasser und besteht der Höhe nach aus einem Platten gang, dessen Dicke bis unter Wasser 242 mm beträgt, nach unten aber auf 130 mm geläpert wird. Die Panzerquerschotten werden durch 200 mm starken Panzer geschützt. Alle Panzerplatten werden nach dem Compound-System hergestellt und in üb licher Weise auf Teakholzunterlagen mittelst Panzer bolzen befestigt. Vor und hinter dem durch Panzer geschützten Theile werden zwischen dem Panzerdeck und dem Zwischendeck wasserdichte Zellen angeord net, von denen die dicht an der Aufsenhaut liegen den mit Kork gefüllt werden. Diese Zellen zusammen mit den Abtheilungen unterhalb der Panzerdecks und im Doppelboden geben im ganzen 66 wasserdichte Abtheilungen, in welche der Schiffskörper unterhalb des Zwischendecks getheilt ist.