Volltext Seite (XML)
230 Nr. 4. STAHL UND EISEN.“ April 1886. welches letztere neben Puddelstahl aber auch noch Cementstahl und Feinblech lieferte. 1858 brachte ich noch zwischen Ostern und Pfingsten auf dem Werke von Englerth & Günzer bei Eschweiler, obwohl ich etwa 3 Wochen auf die Ankunft von Roheisen warten und Oefen umbauen mufste, vier Puddelöfen auf Erzeugung von Bandagenstahl in Gang, womit meine Thätig- keit in der Stahlfabrication in Rheinland-West falen ihren Absehlufs fand; doch machte ich 1858 bis Frühjahr 1860 noch zu Stefanau in Mähren und auf den Werken der k. k. österr. Staalseisenbahn in Resicza Puddelstahl für Schie nen, Bandagen, Federn u. s. w. und errichtete auch dort eine Räderfabrik. Während die gröfseren Werke in Rheinland- Westfalen sich nach und nach auf Erzeugung von Schienen und Bandagen aus Puddelstahl verlegt hatten, lieferten die kleineren Werke na mentlich neben dem sogenannten Milanostahl Qualitätsstahl an die Raffinirwerke, die Breite- hämmer und Gufsstahlwerke, sowie Sackhauer und Kutschfederstahl, für welchen der Puddel stahl äufserst brauchbar ist. Der jetzige Eisenbahndirector, Herr Gierscher, damals Maschinenmeister bei der Köln-Mindener Bahn, welchem ich von Hagen aus Puddelfeder- stahl für Locomotiven zum Versuche zugeschickt hatte, bescheinigte nach einer sechsmonatigen Probezeit, er habe an einer Seite der Locorno- tive Federn aus diesem, und auf der andern solche aus Kruppschem Gufsstahle verwendet und keinen Unterschied in dem Verhalten der selben gefunden, so dafs er annehmen müsse, dafs die Federn von gleicher Qualität seien. Mit der gröfseren Ausbreitung der Bessemer- stahl-Fabrication wurde nun aber nicht allein die Anfertigung der Schienen und Bandagen aus Puddelstahl untergraben , sondern überhaupt der Puddelstahlfabrication ein bedeutender Ab bruch gethan. Der Puddelstahl hat indessen so vortreffliche Eigenschaften, dafs er, wenn auch in sehr beschränktem Mafse, neben dem Bes semer- und Thomasstahle noch immer bestehen bleiben wird. So wird denn auch heute noch eine beträchtliche Anzahl von Puddelöfen auf Qualitätsstahl betrieben. Wenn ich in diesem Artikel nach Ansicht des einen oder andern der geehrten Leser dieser Zeitschrift etwas zu breit geworden bin, so bitte ich, das gütigst mit dem grofsen Antheile ent schuldigen zu wollen, den ich an der s. Z. so interessanten uhd keineswegs unwichtigen Fabri- cation nahm. Ist doch auch mit ihr überhaupt erst Klarheit in das Puddelverfahren gekommen. II. Fehland. Neue colorimetrische Schwefelprobe für Eisen. Von J. Wiborgh, Lehrer der Hütten- und Probirkunde an der Kgl. Bergakademie zu Stockholm. (Hierzu Blatt XIV.) Princip der Methode. Man löst das Eisen vollständig in verdünnter Schwefel- oder Salzsäure auf und läfst die sich dabei entwickeln den Gase: Wasserstoff, Kohlenwasserstoff und Schwefelwasserstoff, durch ein Stück Zeug durch- streichen, das mit einem Metallsalz getränkt ist, aus dem sich durch die Einwirkung des Schwe felwasserstoffs ein Schwefelmetall bildet, welches dem Zeuge Farbe giebt. Die Stärke der Färbung giebt dann den Schwefelgehalt des Eisens an. Hierbei gehe ich von der Annahme aus, dafs eine gegebene Fläche durch eine bestimmte Menge Schwefel stets gleich stark gefärbt wird. Aber um aus zwei Eisen, deren Schwefelgehalt ein verschiedener ist, eine gleich grofse Menge Schwefel erhalten zu können, müssen offenbar die abge wogenen Eisenmengen den Schwefelgehalten um gekehrt proportional sein. Giebt daher ein Gewicht von einem Eisen mit einem Schwefelgehalt s dieselbe Farbe wie ein Gewicht w 1 von einem andern Eisen, dessen Schwefelgehalt s 1 ist, so mufs w s = w 1 s 1 und wenn s 1 der Schwefelgehalt ist, der gesucht wird, , w s s 1 = — w Hat man also ein Eisen (Normaleisen), dessen Schwefelgehalt genau gekannt ist, so kann man sich durch verschiedene Abwägungen des selben eine Farbenreihe verschaffen, in welcher man das Product w s für jede Farbe kennt; Diese Farbenreihe bildet dann eine Scala, mit deren Hülfe der unbekannte Schwefelgehalt s 1 in einem andern Eisen sich bestimmen läfst, wenn man das für dasselbe bekannte Product w s mit dem Gewicht des zur Probe angewendeten Eisens dividirt.