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334 Nr. 5. „STAHL UND EISEN.“ Mai 1886. Stellung dem Unternehmer seitens des Bestellers eine schriftliche Bescheinigung über den Befund auszu stellen, oder auf Verlangen eines der beiden Contra- henten eine beiderseits zu unterschreibende Verhand- "lung aufzunehmen. Mit der Beseitigung der etwa vorgefundenen Mängel hat der Unternehmer sofort zu beginnen. Auf Verlangen des Unternehmers erfolgt die Un tersuchung im Anschlufs an die Vollendungsarbeiten der Aufstellung. Von dem in Aussicht stehenden Vollendungstage ist der Besteller bez. dessen Stellvertreter vorher in Kenntnifs zu setzen. B) P ro b e b e 1 as tu n gen. Die Constructionen können auf Kosten des Be stellers Probebelastungen unterworfen werden, welche wie folgt auszuführen sind: 1. Bei Eisenbahnbrücken. Jedes Geleise der Brücke ist mit einem Zuge zu belasten, welcher den bei der Berechnung gemachten Annahmen möglichst entspricht. Dieser Zug ist in zweckentsprechender Stellung auf die Brücke zu brin gen und einige Zeit auf derselben stehen zu lassen, wobei die Durchbiegung der Hauptträger als Differenz der Senkungen der Trägermitte und der Trägerstütz punkte sich ergiebt. Nach Entlastung ist die blei bende Setzung festzustellen und die elastische Durch biegung zu berechnen. Ferner ist die Brücke von demselben Zuge mit der gröfsten für die betreffende Eisenbahn zulässigen Geschwindigkeit zu befahren, und sind hierbei, wie vorhin, die elastischen und die bleibenden Durch biegungen der Hauptträger, sowie (soweit möglich) die Seitenschwankungen der letzteren zu bestimmen. Bei continuirlichen Trägern müssen die un günstigsten Combinationen der Belastungen einzelner Oeffnungen berücksichtigt werden. 2. Bei Strafsenbrücken. a) Eine ruhende, gleichförmige, der statischen Berechnung entsprechende Belastung ist, von einem Ende der Brücke beginnend, auf die Fahrbahn und die Fufswege zu bringen und einige Zeit darauf zu belassen. Die Durchbiegung der Hauptträger ist zu messen und hierauf die Brücke zu entlasten, wonach die bleibende Durchbiegung ermittelt wird. b) Ein Lastwagen-Zug, welcher den bei dem Entwürfe der Construction gemachten Annahmen ent spricht, ist zuerst im Schritt auf die Brücke zu fahren und sodann einige Zeit auf derselben zu be lassen. In beiden Fällen ist die elastische und die blei bende Durchbiegung wie oben zu bestimmen. c) Das beliebig schnelle Fahren von Fuhrwerken und das Marschiren von Menschen im Takte auf der Brücke ist bei den Proben nicht ausgeschlossen, mufs jedoch, wenn beabsichtigt, in den besonderen Be dingungen vorgesehen sein. Bei continuirlichen Trägern ist die ungünstigste Combination der Belastungen der einzelnen Oeffnun- . gen zu berücksichtigen. 3. Bei Hochbauten. Die hierfür gültigen Vorschriften sind in den besonderen Lieferungsbedingungen festzustellen. G. Ergebnisse der Probebelastung. Eine geringe bleibende Durchbiegung der Ge- sammtconstruction nach Entfernung der ersten Pro belast soll nicht der fehlerhaften Ausführung zuge schrieben werden, wenn hierbei eine Deformation einzelner Constructionstheile (Verbiegen der Vertica- len, Trennung an den Verbindungsstellen, Ausweichen der gedrückten Theile und Aehnliches) nicht nach gewiesen werden kann. Doch darf eine fernere blei bende Durchbiegung bei anderweiten Versuchen nicht wahrgenommen werden. Uebersteigt die gemessene elastische Durchbie gung die rechnerisch bestimmte, so berechtigt dies den Besteller nur in dem Falle zur Zurückweisung der gelieferten Construction oder eines Theiles der selben, wenn er imstande ist, den Nachweis zu führen, dafs die gröfsere elastische Durchbiegung in Mängeln der Ausführung oder des Materials ihren Grund hat. Bei Beurtheilung der Probebelastungs-Ergebnisse ist auf Temperaturdifferenzen, sowie auf die un- gleichmäfsige Erwärmung durch die Sonne Rücksicht zu nehmen. Alle Mängel, welche bei der Probebelastung an der Eisenconstruction sich herausstellen und welche auf Fehler in der Ausführung oder im Materiale zu rückzuführen sind, hat der Unternehmer innerhalb einer angemessenen, vom Besteller festzusetzenden Frist auf seine Kosten zu beseitigen, widrigenfalls dem Besteller das Recht zusteht, die erforderlichen Aenderungen durch einen Andern, auf Kosten des Unternehmers, ausführen zu lassen. § 10. Abrechnung. Die Abrechnung erfolgt, wenn nicht Pauschal summe vereinbart ist, nach dem Gewichte. Zu die sem Zwecke sollen sämmtliche Constructionstheile gewogen werden. Ist dies nicht durchführbar, so ist von den gleichen Constructionstheilen eine vom Be steller anzugebende und vom Unternehmer als ge nügend anerkannte Anzahl zu verwiegen. Die hier nach ermittelten Stückgewichte sind der Berechnung des Gesammtgewichtes zu Grunde zu legen. Alle Verwiegungen sollen in Gegenwart eines Beamten des Bestellers oder, mit Einverständnifs des Be stellers, durch einen öffentlichen, zur Ausstellung von Waagescheinen berechtigten Beamten geschehen. Hierbei wird jedoch nur ein Mehrgewicht bis 3 % bei Schweifseisen, bez. bis 5 % bei Gufseisen, gegenüber dem berechneten Gesammtgewichte be zahlt. Mindergewicht wird nicht mit bezahlt. Constructionstheile mit einem Mehrgewichte über 5 % bei Schweifseisen, bez. 10 % bei Gufsejsen, oder einem Mindergewichte über 2 % gegen das berech nete Gewicht können zurückgewiesen werden. Die Abnahme und Abrechnung der Arbeiten, so wie die Zahlungen finden innerhalb der im Vertrage festzusetzenden Fristen statt. § 11. Garantiepflicht. Für alle Schäden und Mängel, welche an dem Bauwerke infolge schlechten Materials oder fehler hafter Ausführung der Eisenconstruction entstehen, bleibt der Unternehmer bis zum Ablaufe eines Jahres nach stattgehabter Abnahme haftbar. § 12. Schlufsbestimmung. Sollte der Unternehmer gegen eine der vor stehenden Normalbedingungen Einwendungen erheben wollen, so hat er diese schon bei Abgabe seiner Offerte vorzubringen.