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Holzkohle und Koks im Hochofen. In der vorhergehenden Nummer dieser Zeit schrift bestreitet Herr van Vloten die Richtigkeit meiner Vermuthung betreffs des Werthes der beiden Brennstoffe im Hochofen. Es sei mir gestattet, folgendes zu erwidern: Es ist kein Zweifel vorhanden, dafs man so wohl im Koks- als Holzkohlenofen in der Zeit einheit gleich grofse Mengen Brennstoff ver brennen kann, wenn man in jedem Falle die zureichende Windmenge entsprechend geprefst und erwärmt hineinbläst. Die weitere An nahme jedoch, dafs man mit denselben Brenn stoffmengen dieselben Mengen Roheisen erzeugen soll, kann man nicht gelten lassen, denn bis heute war das noch nicht der Fall und soll ja eben erst bewiesen werden. van Vloten sagt nämlich, es werde im gleichen Raume mit derselben Brennstoffmenge das gleiche Wärmequantum entwickelt, somit in beiden Fällen das gleiche Quantum Gas, Eisen, Schlacke u. s. w. erwärmt — es mufs somit die Temperatur dieselbe sein. - Das hätte wohl seine Richtigkeit, aber man hat bisher eben noch nicht gleiche Brenn stoffmengen im gleichen Raume verarbeitet. Infolge der vorderhand nicht zu umgehenden physikalischen Eigenschaften der beiden Brenn stoffe wird eben in der Raumeinheit des Koks hochofens, auch beim flottesten Betriebe nicht dieselbe Wärme per Zeit entwickelt werden können , da dort die Bedingungen dafür nicht vorhanden sind. Die gröfste Flächenwirkung und Reactions- fähigkeit unter den Brennstoffen sind der Holz kohle denn doch nicht abzuleugnen. Um diesen Eigenschaften, welche der Holzkohle einen so gewaltigen Vorsprung vor dem Koks einräumen, gleichzukommen, müssen bei der Verbrennung des Koks Windverhältnisse zur Anwendung ge langen, wie man sie bisher noch nicht ange wendet hat. Es wird deshalb behufs Ent wicklung gleicher Mengen Zeitwärme im Kokshochofen immer ein gröfserer Raum hierfür in Anspruch genommen werden müssen, d. h. der Focus der Kokshochofendüse wird für gleiche Leistung unter allen Umständen ein gröfseres Volum annehmen als derjenige des Holzkohlenofens. Es wird sonach nicht die Bedingung erfüllt „gleiche Zeitwärme im gleichen Raume“. Mit der Gröfse des Verbrennungsraumes wächst auch folgerichtig der Wärmebedarf, die Temperatur wird sinken und zur Aufrecht haltung derselben ein Gleichgewicht zwischen Möller und Brennstoff hergestellt, d. h. in diesem Falle ein Mehr an Koks verwendet werden müssen. van Vloten nimmt bei seiner Rechnung wohl einen gleichen Verbrennungsraum an, aber er bestimmt seine Gröfse nur dadurch, dafs er den Gestelldurchmesser angiebt. Die blofse Annahme des Gestelldurchmessers oder Querschnittes für den Arbeitsraum eines Hochofens ist insofern eine irrthümliche Voraus setzung, als das Volumen des Verbrennungsraumes keineswegs an diese Mafse gebunden ist, und es wird je nachUmständen eben sehr verschie den sein. Wie hoch beispielsweise der Verbrennungsraum der Kokshochöfen hinaufreicht, das bezeugen die so rasch abbrennenden Rasten dieser Oefen und alle Anstrengungen, die man behufs Erhaltung dieses Ofentheiles macht. Bei den Holzkohlenöfen ist das nicht der Fall und ich werde mir erlauben, zum Schlüsse auf diesen Gegenstand des Näheren zurückzu kommen. van Vloten ist der Ansicht, dafs der Brenn stoffunterschied beider Betriebsarten nicht im Verbrennungsraume, sondern im Reductionsraume begründet sei, dafs die Gasreduction beim Holzkohlenbetriebe eindringlicher vor sich gehe. — Es ist nicht recht ersichtlich, weshalb das der Fall sein sollte. — Die Factoren, welche die Reduction der Erzeinheit durch Gas im Hochofen beeinflussen, sind: Qualität, Menge, Geschwin digkeit, Temperatur der Gase und die Zeit. Die Gasqualität kann als gleich voraus gesetzt werden und habe ich das vielfach be stätigt gefunden. * Die Gasgeschwindigkeit im Kokshoch ofen ist allerdings bedeutender, wenn auch nicht so grofs, wie sie van Vloten seiner Zeit be rechnet hat,** wobei er sowohl die Stückgröfse der Holzkohle tief unterschätzt, wie auch die Porenräume beider Brennstoffe — als Durch- zugskanäle für das Gas — in Rechnung bringt, was denn doch nicht angeht. van Vloten fand damals das Verhältnifs der Ge schwindigkeiten Holzkohle zu Koks wie 5 : 8. Ich habe dieses Verhältnifs bei meinen Studien oft und oft gerechnet auf Grund der ver- läfslichsten Zahlen und unter Voraussetzung gleicher Gasmengen nie höher gefunden als 1 : 1,3. Gasmenge und Ofenquerschnitt ändern natür lich diese Geschwindigkeit nach Belieben. * »Untersuchungen über die Brennbarkeit der Hochofengase« von E. Belani. »Oesterr. Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen« Jahrgang 1876. ** »Stahl und Eisen« Nr. 1, 1886, Seite 44.