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— Die dritte außerordentliche Evangelisch-lutherische Landersynode wurde am Donnerstag geschlossen. Ka»e«z. In der Nacht zu Mittwoch brach in Ober steina in dem Zimmermann Haaseschen Grundstück, Wohn haus mit eingebauter Scheune, Feuer au«, da» die Ge bäude in Asche legte. Die im Echeuneneinbau wohnenden betagten Eltern de« Besitzers vermochten sich nicht zu retten und fanden den Tod in den Flammen. Wie verlautet, soll der Brand durch Fahrlässigkeit in der Wohnung der alten Leute ausgebrochen sein. Leipzig. Einem amtlichen Bericht über das Hoch wasser in Leipzig ist zu entnehmen, daß als höchster Wasserstand 5l Zentimeter über dem bisher bekannten höchsten Wasserstand konstatiert wurde. Da nun in dem seit alters her durch Hochwasser bedrohten tiefliegenden Gelände der näheren westlichen Umgebung die Sicherungs dämme nur 40 Zentimeter hoch über dem bekannten höchsten Wasserstand erbaut worden sind, so mutzte natür lich eine Ueberslutung der Dämme eintreten, durch die sogar ein Teil des in der Westvorstadt gelegenen König- Albert-Parks, auf dessen Terrain seinerzeit die sächsisch- thüringische Gewerbeausstellung veranstaltet worden war, unter Wasser gesetzt wurde. In einer Anzahl Stratzen im Stadtteil Schleutzig konnte der Berkehr nur mittels Kähnen aufrechterhalten werden. Da mehrere alte Häuser «inzustürzen drohten, mutzten sie von den Bewohnern ge räumt werden. Das Tiefbauamt tritt dafür ein, datz die Dämme, die speziell die sonst ganz harmlose Rödel be grenzen, erhöht werden, um die tiefer liegenden Stadtteile im Westen zu schützen. Diese Maßregel wird notwendig sein, unabhängig von der Frage der Durchführung der schon seit Jahren projektierten allgemeinen Flußregulierung, deren Ausführung freilich unausbleiblich ist, jedoch einen Kostenaufwand von mehr als 5 Mitl. M. und eine Bau zett von zwei bis drei Jahren erfordern wird. Markneukirchen. Drei weibliche Schmuggler, holz sammelnde Frauen aus Erlbach, wurden im November v. I. durch zwei Grenzbeamte kontreband gemacht und aus der Tiefe ihrer mit Reisigholz bepackten Körbe wurde ein vollständiges „Rauchwarenlager" zutage gefördert; es bestand aus 750 Päckchen Rauchtabak, 2l/2 Kilogramm Schnupftabak und 1000 Stück Zigaretten. Am Mittwoch fand nun in dieser Sache Hauptverhandlung vor dem hiesigen Schöffengerichte statt. Die unverehelichte Auguste Geipel, welche die grötzte Tabakmenge gepascht hatte, er hielt 6 Wochen, die beiden Ehefrauen Bertha Stark und Wilhelmine Kreil je 4 Wochen Gefängnis zudiktiert. Hierzu kommen noch je 425 Mark Geldstrafe und die er heblichen Gerichtskosten, und zuguterletzt sind vom öster reichischen Staate die geschmuggelten Waren mit Beschlag belegt worden. Wollen oie Frauen ihr „Eigentum" wieder haben, so müssen sie den Kaufpreis nochmals entrichten und (was gleich von vornherein hätte geschehen sollen!) die Waren vor dem lleberschreiten der Grenze verzollen. Tagesgeschichte. Berlin. In der Finanzkommission des Reichstages wurde die Erbschaftssteuervorlage unter Ablehnung aller Parteianträge unverändert angenommen. Berlin. Gelegentlich des englischen Königsbesuchs wurden die Rappen des Galawagens der Kaiserin und der Königin von England beim Einzug durch die schmetternden Fanfaren unruhig. Als sie die Schlotzbrücke passierten, scheute das Sattelpferd infolge des heftigen Ge schützdonners und sprang zur Seite. Das Handpferd wurde dadurch zum Stürzen gebracht und ritz das Sattel pferd mit nieder. Ein bcreitgehaltener Ersatzwagen nahm die Fürstlichen Damen auf. Als die Tiere wieder aufge sprungen waren, wurden sie durch einen neuen Schutz er schreckt, rissen sich los und jagten davon. Bei dem Be mühen, sie aufzuhalten, wurde ein Gefreiter aus dem Sattel gerissen und verletzt, jedoch nicht ernstlich. Gleiwitz, ll. Febr. Die älteste Bewohnerin Deutsch lands, die Witwe Josepha Schahör, ist im Alter von 109 Jahren hier gestorben. Italien. Die Regierung hat die Deputierten- kammer aufgelöst Das ist kein Kampfakt gegen etwaige regierungsfeindliche Kammerbeschlüsse, sondern entspricht der Sitte des Landes, die Mandatsdauer der Kammer nicht bis zu Ende abznwarten, sondern mit der Auflösung und den Neuwahlen, die bereits den 7. und 14. März er folgen, dann vorzugehen, wenn sich der Regierung beste Aussichten für einen erfolgreichen Wahlkampf bieten. Das scheint jetzt der Fall. Der Friede der Welt ist gesichert, die türkisch-österreichische Verständigung nahm den irreden- tistischen Scharfmachern gegen Oesterreich den Wind aus den Segeln. Um die italienischen Finanzen ists gut be stellt, und die gemeinsame Fürsorge für Messina hat nationale Empfindungen ausgelöst, die den revolutionären Klassenkämpfern ihre Hetzereien sehr erschweren werden. Bereinigte Staaten. Der von Taft gutgeheitzene Plan für die Befestigung des Panamakanals erfordert eine Ausgabe von 51/2 Millionen Dollar. Chefingenieur Goethals erwägt jetzt den Plan, den Kanalbau auch nachts weiterzuführen, um ihn in vier Jahren zu beendigen. — Roosevelt lieh dem Kongreß eine Spezialbotschast zugehen, in der er den sofortigen Erlab eines Gesetzes, betreffend die Ausstattung sämtlicher Ozeanpassagierdampfer mit draht loser Telegraphie, empfahl. Santiago de Chile. Der bei dem Brande der deutschen Gesandtschaft verkohlt aufgefundene Leichnam wurde bisher für den des Kanzlisten Beckert gehalten, well die Leich die Kleidungsstücke Beckerts anhatte. Eine nochmalige Untersuchung der Leiche ergab indessen, datz dem Gebisse nach der Ermordete nicht mit Beckert identisch ist. Vielmehr ist dieser Ermordete der chilenische Diener der deutschen Gesandtschaft. Danach liegt der Verdacht einer fürchterlichen, durch Beckert begangenen Tat vor. Beckert hat erst den chilenischen Kanzlisten ermordet, dann di« Kasse beraubt, darauf dem Ermordeten seine, Beckerts, Kleidung angezogen und endlich anscheinend selbst den Brand angestiftet. Wie die Deutsche Kabelgrammgesell- schäft zuverlässig hört, hat mit Rücksicht auf diesen Vor- gang die deutsche Regierung der chilenischen Regierung eine dauernde Unterstützung der Hinterbliebenen des auf so schauderhafte Weise ermordeten Gesandtschaftsdieners anbieten lassen. Asien. Englands Vordringen in Hinterindien hat schon wieder einen Schritt vorwärts zu verzeichnen. Wie das Reutersche Bureau erfährt, haben England und Siam ein Uebereinkommen geschlossen, wonach Siam die Staaten Kelantan, Trengganu und Kedah an England abtritt. Dieses gewährt dafür Siam gewisse Konzessionen, wahr scheinlich solche kommerzieller Natur. Meistens tauscht der andere Teil für solche Landabtretungen keine „gewissen", sondern sehr ungewisse ideelle Konzessionen ein, deren Wert sich im Laufe der Zeit immer weiter vermindert. Vermischtes. " Meiningen. In dem Hause eines Spediteurs, das durch die Ueberschwemmung unter Wasser gesetzt wurde, lagerten etwa 30 Zentner Calcium-Carbid. Das nasse Element kam mit dem Carbid in Berührung und die sich infolgedessen entwickelnden Dämpfe fingen Feuer. Die ganze Nachbarschaft geriet in große Aufregung, als nicht nur mächtige schwarze Rauchwolken mit weithin sichtbarer Flamme aufstiegen, sondern auch nach einiger Zeit eine Erplosion erfolgte. Die Feuerwehr, bis an den Leib im Wasser, beseitigte die Gefahr. ' Geographie schwach! Wie gedankenlos die Groß- stadtpresse, die sich überall dem Publikum in der Provinz fast mit Gewalt aufdrängt, redigiert wird, beweist eine Notiz in einem täglich erscheinenden Blatte aus der Stadt der sächsischen Intelligenz, aus Leipzig, worin zu lesen steht: In Dresden wurde die Jnterimsbrücke heute früh 11 Uhr für den Verkehr völlig gesperrt. Da das Muldeneis (!) noch zu erwarten ist, wird mit dem Einsturz der Jnterimsbrücke gerechnet. Wo mag nach Ansicht des Leipziger Blattes die Mulde in die Elbe münden? * Die Hauswirte als Massenmörder. Eine seltsame Szene spielte sich am Sonnabend in Des Moines, Iowa, vor dem Richter ab. Im Gerichtssaal erschien Mrs. Fisher, eine wohlhabende Dame, ein jüngst adoptiertes kleines Kindchen auf dem Arme, und klagte die Hauswirte des Rassenmordes an, weil sie Familien mit Kindern nicht mehr aufnehmen und ihr jetzt sogar die Adop tion eines kleinen Kindes unmöglich machten. Der Richter blickte nachdenklich auf das blauäugige Baby, schüttelte dann den Kopf und sagte, es gäbe keine Be- stimmung, die die Hauswirte zwinge, Kinder in ihren Häusern zu dulden. Mrs. Fishers Antwort war kurz und drastisch; ohne weiteres setzte sie das Kind auf den Richter tisch und eilte davon, ehe man sie aufhalten konnte. Der ehrwürdige Richter war verblüfft und fassungslos; schließ- lich nahm er das Kind und erklärte, er würde es be halten, bis er eine Familie fände, deren Hauswirt kein Rassenmörder sei und die Adoption durch keine Kündigung verhindere . . . * Der Klapperstorch im Luruszug. Die Reisenden und das Personal des Luruszuges Berlin Ostende waren dieser Tage nicht wenig erstaunt, als sich hinter Herbesthal bei einer Dame, die von Petersburg nach Brüssel fuhr, der Klapperstorch einstellte. Von Verviers aus wurde bei der Station Lüttich telegraphisch ein Arzt erbeten, der dort denn auch einstieg und schon bei der Durchfahrt von Ans melden konnte, datz der jüngste billettlose Reisende des Zuges ein frisches Knäblein sei. Die Freude im Zuge über dies ungewöhnliche Ereignis war allgemein. Simson. Eines Künstlers Werdegang. Von Mar Kempner-Hochstädt. (8. Fortsetzung.) Es war in diesem Momente gleichsam ein ge wisser Aberglaube, der ihn trieb, als wenn das hiesige Resultat das Resultat in jenem wichtigeren Kampfe um seine Liebe beeinflussen konnte. Als de Gongora den jungen Mann vor sich er blickte, den er wie die meisten der hier Anwesenden von dem Salon Ewalds her kannte, spielte ein mali- tiöses Lächeln blitzartig um seine Mundwinkel. Doch gleich darauf hielt er die Bank so gleichgültig und ruhig wie bisher. Ferdinand setzte kleinere Beträge und verlor fast jedesmal. Dadurch gereizt, machte er es wie die meisten Gelegenheitsspieler, er geriet immer mehr in Erregung und setzte höher. Das Glück schien ihm nicht hold zu sein; ,da trat plötzlich ein bemerkenswerter Zwischenfall ein. Es standen im ganzen mehr als dreiszigtausend Mark. In seinem Eifer deckte de Gongora seine Karten zu schneit auf und beraubte dadurch den jungen Künstler der Möglichkeit, eine Karte hinzuzukaufen. Nun hatte dieser aber sechs Karten und hätte tat sächlich nicht gekauft, also verloren, da die Bankhalter sieben hatten. Aber der Fehler war eben gemacht, und ohne mit der Wimper zu zucken — nur die Hand zuckte in leiser Vibration — schob de Gongora Ferdinand die dreiszigtauscnd Mark zu. Doch dieser schob das Geld ruhig zurück. „Ich wollte nicht mehr kaufen," meinte er. „Das hat hierbei nichts zu sagen," entgegnete Sennor Alfonso kühl, „ich habe den Fehler gemacht und musz die Folgen tragen." „Das tut mir l«id," entgegnete Ferdinand, und man merkte seiner Stimme die Erregung an, „auf solche Gewinne verzichte ich." Der Professor, der seinen Schüler sich so angeregt unterhalten sah, hatte sich schon längst aus dem Staube gemacht, nachdem er ihm noch die freundliche Warnung erteilt hatte, nicht zu hoch zu setzen. Doch die anderen Herren suchten den merkwürdigen Streit auf gütliche Art zu schlichten, indem sie Ferdinand klarzumachen versuchten, dass er sich im Unrecht be fände und das Geld nehmen müsse. Doch der junge Bildhauer blieb starrköpfig. Den ersten und noch dazu so bedeutenden Gewinn, den er den ganzen Abend über erlangt hatte, sollte er einer Unvorsichtigkeit seines Nebenbuhlers ver danken? Es kam ihm fast wie ein Gnadengeschenk vor, und sein ganzer Stolz bäumte sich dagegen auf. Da tönte Alfonsos Stimme schneidend durch den Saal: „Leute, die nichts vom Spielkomment verstehen, sollten ihre Hand lieber vom Spiele lassen." „Sie verstehen vielleicht zuviel davon," kam pfeil geschwind Ferdinands Entgegnung. Er wußte selbst nicht, wieso er sich zu dieser zwei deutigen Wendung hatte hinreihen lassen; gleichsam instinktiv beherrschte ihn ein Gefühl des Misstrauens gegen jenen dunklen Kavalier, der so nonchalant mit der einen Hand diese grohe Summe ihm hinschob, während die andere das Dreifache deckte, das er am heutigen Abend bereits seinen Partnern abgenommen hatte. „Was meinen Sie damit?" fragte eisig der Sennor. Was sollte der Künstler hierauf erwidern? Seine Mutmaßungen standen doch auf zu schwachen Füßen, er hätte sich mit ihrer Kundgebung hier nur lächerlich und unmöglich gemacht. Die Ueberlegung siegte. „Ich nehme das Geld auf keinen Fall!" lenkte er ab. „Jetzt handelt es sich nicht mehr um das Geld, sondern um Ihre Aeuherung. Falls Sie sich nicht so fort näher ausdrücken, erkläre ich Sie hiermit für einen Verleumder und Feigling, mein Herr!" Ferdinand war bei dieser Beschimpfung kreideweiß geworden und hätte sich sofort auf diesen Verhaßten gestürzt, wenn nicht die Anwesenden sofort dazwischen gesprungen wären. Dieses Renkontre konnte nach dem Ehrenkodex dieser Kreise nur ein Duell zur Folge haben. Obgleich Ferdinand ein Gegner dieser Anschauungen war und noch niemals dem Waffensport gehuldigt hatte, so sah er doch ein, daß er in diesem schweren Falle, falls er nicht auch sein ganzes Renommee als Künstler aufs Spiel setzen wollte, seinen Prinzipien Valet sagen müsse, und so erklärte er sich mit den Ausführungen zweier Klubmitglieder völlig einver standen, die sich ihm als Kartellträger und Sekundanten anboten und versprachen, die ganze Angelegenheit ins reine zu bringen. Es war ihm im Grunde lieb, seinem Feinde mit der Waffe in der Hand gegenübertreten zu können; hatte ihm doch die glühende Liebe zu dieser Sirene längst den Maßstab für das geraubt, was wahrhaft gut und edel ist, und in diesem Falle kam ihm auch noch die Moral des Kreises, in dem er sich bewegte, völlia entaeaen. (Fortsetzung folgt.) IoMarten mit Aufdruck von allerhand Mitteilungen in jeder gewünschten Art, auch in Kopierdruck, fertigt in sauberster Ausführung Buchdruckerei Carl Iehne, Dippoldiswalde. Letzte Nachrichten. Dresden, l2. Febr. Se. Majestät der König, der gestern Abend das Kgl. Schauspielhaus besucht hatte, hat in der vergangenen Nacht wiederum gut geschlafen. Der Heilungsprozeß der verletzten Hand nimmt einen normalen Verlauf. Heute vormittag nahm er Minister-Vorträge ent gegen. Nachmittags findet Familientasel statt, an der die Prinzen und Prinzessinnen des königlichen Hauses, sowie die Frau Erzherzogin Maria Josepha von Oesterreich teil nehmen werden. Ein amtliches Bulletin ist heute nicht ausgegeben worden. Berlin. Der Besuch des Königs von England in Potsdam, der von gestern auf heute wegen einer Erkäl tung oes Königs verschoben worden war, ist der großen Kälte wegen wieder abgesagt worden. Berlin. Die zwischen Stuttgart und Heilbronn dieser Jahr stattfindenden Kaisermanöver werden die größten sein, die bisher in Deutschland stattgefunden. Fast l/4 der ganzen deutschen Armee sowie das bayrische Militärkontin- gent rechts des Rheins nimmt daran teil. Mailand. Auch in Genua und an der Riviera herrscht starker Schneefall, wie er seit Jahren nicht erlebt worden ist. In Genua mußte der Straßenbahnverkehr eingestellt werden. Die Höhe der Schneedecke beträgt fast 60 cm. Washington. Der Bericht der Ingenieure, die kürz lich im Auftrage der Regierung den Panama-Kanal be suchten, ist erschienen. In dem Bericht wird die Fort setzung der Arbeiten befürwortet. Santiago de Chile. (Meldung der Agence Havas.) Es ist nunmehr einwandfrei festgestellt worden, daß der in der deutschen Gesandtschaft aufgefundene Leichnam der des chilenischen Pförtners Ejekiel Papail ist. Die öffent liche Meinung beschuldigt Beckert des Mordes und der Brandstiftung. Er soll es getan haben, um dadurch da» Fehlen einer Summe von 25 000 Piastern zu verdecken, die aus der Kasse der Gesandtschast verschwunden ist. Santiago de Chile. (Meldung der Agence Havas) Der deutsche Gesandtschaftssekretär Beckert ist in Chillian verhaftet worden.