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kme«ron. lLchlun.) «.'kamdruci vervoUn-I „Es war ungefähr vor einem Jahre, just auch in einer nebclscuchten, lalten Novcmbernacht, als ich gegen Zwölf durch die Vogelgrcifstraße schlenderte, Lie am Petrisördcr ausmündet. Es war eine rabenschwarze, stocksinstcrc Nacht, der Sturm heulte durch die Gassen und rüttelte wie in ohnmächtiger Wut an den Dä chern der Häuser, deren mattglänzende Fenster mich wie im Tode gebrochene Augen anstarrten. Keine Men- schensccle begegnete mir, und doch hatte ich stets das Gefühl, als solge irgendein Unsichtbarer meiner Spur. Ohne daß ich es eigentlich gewollt, war ich auf der äußersten Spitze des Petrisördcrs angetommen, und die alte Elbe wälzte in wuchtigem Rhythmus ihre Wasser zu meinen Füßen dahin. Die eisernen Pontons und Kähne klirrten an ihren Ketten, und an den Kielen der Schlepper, deren Riescnleiber wie lange, schwan kende Inseln auf dem Wasser lagen, schäumte mit brau sendem Rauschen der Gischt. Hin und wieder zerriß der Wolkenschleicr, und dann leuchteten Lie Weißen Schaumkronen im Mondlicht wie die blassen Gesich ter elender, gequälter und verfolgter Menschen. Mein Blick fiel zum Dom hinüber, und deutlich erkannte ich die abgebrochene Spitze des linken Turmes, die ja 1631 mit einem Meisterschuß herabgeholt ist, durch welchen sich ein Soldat sein verwirktes Leben rettete. Ich dachte wieder an die Chronik, und auf einmal hörte ich ein leises Winseln und Huschen -neben mir. Ich schaute mich um und — taumelte im nächsten Moment schwer gegen die Brüstung. Vor mir stand ein großer, schwarzer Hund, ticfschwarz, blauschwarz, mit brennend rotem, geiserträufeludem, geöffnetem Ra chen und Augen wie lebendig gewordenes flackerndes Feuer. Er war über und über mit Straßenkot be sudelt. Ich machte eine jähe Bewegung, und als ich wieder hinsah, war der Hund — Ler Teufel — fort. Eine wahnsinnige Angst überfiel mich. Wie ein Irr sinniger stürzte ich durch die Straßen nach Hause und immer hörte ich neben mir das Winseln und Huschen. Und dieses Entsetzen fraß sich in meine Seele fest; nirgend fand ich mehr Ruhe, und nur Ler eine Ge danke verfolgte mich: „Dir ist der Teufel erschienen!" Sah ich in einen dunklen Winkel, so begegnete mir eine zähnefletschendes Maul, und rannte ich ruhelos durch Lie dunklen Gassen, so brannten ein Paar glü hende Punkte vor meinen Augen, die mich mit un heimlicher Gewalt anzogen, und denen ich folgen mußte. So ging'S Tage und Wochen; ich magerte zum Gerippe ab und war zu keiner Arbeit mehr fähig. Ta kam ich auf einen guten Gedanken. Ich ging hin und kaufte mir einen großen, schwarzen Hund, den ich fortan immer um mich hatte. Mein Befinden bes serte sich stetig, je mehr ich mich an den Anblick des Tieres, welches in seltener Treue an mir hing, ge wöhnte. Nachts lag der Hund vor meinem Bette, wäh rend ich ihn am Tage immer bei mir hatte. Bis mit einem Male etwas Furchtbares geschah. Eines Nachts wurde ich durch ein wütendes Schnau fen und das Geräusch von schleifenden, balgenden Kör pern aus dem Schlafe geschreckt. Ich horchte hin, und deutlich vernahm ich aus dem Vorzimmer das Ge räusch von krachendem, brechendem Gebein. Eisiges Ent- Der schwarze Hund. Komödie von Hanns Simon, Hagen. Dumor. Sehr einfach. Ein bekannter Redner wurde einst gefragt, nach welcher Methode er seine Reden zusammen- stclle. „Sehr einfach," sagte er. „Ich teile meine Rede in drei Teile. Im ersten Teil sage ich den Leuten, was ich ihnen sagen will, im zweiten Teil, na, da sag' ich's ihnen eben, und im dritten Teil sage ich ihnen, was ich ihnen gesagt habe. setzen durchschauerte mich, und in meiner Angst rief ich Len Namen meines treuen Hundes. Ein qualvoller Schrei antwortete mir. Dann wurde es im Vorzimmer still, und ich hörte, wie sich kratzende, huschende Schritte meinem Bette näherten. Ich blickte auf, und durch die Finsternis glühten mich zwei grüne, gleißende Lich ter an. Wahnsinnige Angst überfiel mich. O Gott, das waren ja die Augen des ich wagte nicht auszu denken. Ein kalter Luftzug blies durch das geöffnete Fenster zu mir herüber, und frierend hüllte ich mich in die Decke. Als der Morgen dann nach einer qualvollen Nacht graute, richtete ich mich im Bette empor und schaute ins Wohnzimmer. Vor Schreck trat mir der kalte Schweiß auf "die Stirn, und ich fühlte, wie mir das Blut in den Ohren brauste. Auf dem Teppich lag blutend aus tausend Wunden, zerrissen, zerfleischt zur formlosen Masse, mein, nein, ein schwarzer Hund. In demselben Augenblick fiel mein Blick auf einen zweiten schwarzen Hund, der vor meinem Bette lag und mich zähneslctschend ansah. Welches war nun mein Hund? Ich weiß es nicht, und doch wieder ganz genau. Mein Hund hatte im Schlunde vierzehn weiße Haare, und der andere war schwarz, pechschwarz, blauschwarz. Tas Vieh ging mir nicht von der Seite. Es umschlich mich wie ein Katze, und im Dunkeln glühten mich seine grünen Augen an. Ich wußte cs, das war der Hund vom Petrisörder. Ter Teufel umschlich mick! Ich war in meiner Wohnung der Sklave des Hundes, und doch wagte ich nicht, ihn abzuschafscn. Ich büßte furchtbar für ein Verbrechen, das ich in meiner Jugend an einem Mädchenherzcn beging. „Er ist jetzt noch in meiner Wohnung, haha, ich .habe ihn eingcschlossen und Lin ausgerissen. Haha!" Er schlug ein gellendes Lachen an. „Nein, nein, ich will nicht mehr unter der Gewalt dieses Satans stehen, doch was ist das?" — Er starrte wie entgeistert in eine Ecke und streckte dann wie in wahnsinniger Angst seine kralligen Hände aus. „Ta ist er — — er verfolgt mich — nein, nein — — ich will nicht — —> jetzt holt er aus zum furchtbaren Sprunge nein, nein, ich will nicht!" Er retirierte immer mehr zur Tür. Da, jetzt riß er sic auf. Mein Gott, war der Mensch wahn sinnig? Mit einem Satz sprang ich auf die Füße und griff zur Notbremse. Ta brach der Unheimliche in ein lautes Lachen aus. „Sehen Sie, mein Bester, das ist der Stofs zu meinem neuen Varicte-Sketsch „Der schwarze Hund". Ich glaube, die Sache wirkt. Unheimlich finster, dämonisch, was? Na, daß Sie sich als Fachmann täuschen ließen, sagt mir genug. Verzeihen Sic, lieber Kollege, wenn ich Ihnen einige unbequeme Minuten verursachte." Ich war zuerst wütend, verbarg aber meinen Grimm und murmelte etwas von literarischem Unwert. Der andere lachte und brannte sich eine neue Zigarre an. Und als wir just in den Halberstädtcr Bahnhof cinfuhrcn, meinte er: „Ach was, Unsinn, literarischer Wert; die Sache wirkt für den Augenblick, und ich kenne mein Publikum, — Denkspruch. kille ist etwa» Oiigineller unä wirklicher. wieviel Kille äcm Menschen innecvoknl, lo viel Leben bst er. Var öewubtstin äieler Kelek« erueckl «in gelükl in äer Seele, ärr wir nligiör nennen uns äs; unler höchster glück äzrstelit.