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L>r- LK 2 6 oilde. Maschine nnt er Der schwarze Hund. Komödie von Hanns Simon, Hagen. (Nachdruck verboten.) Fröstelnd stand ich auf dem Perron des Magde burger Hauptbahnhoscs und wartete auf den Berlin- Aacheuer V-Zug, mittels dessen ich nach siebenstün diger Fahrt glücklich in Düsseldorf zu landen gedachte. Es war wohl schon halb eins, als endlich in der Ferne die grossen, gelben Lichter der Lokomotive durch die feuchten, schweren Nebelschwaden der kalten Nov'ember- nacht zitterten und im nächsten Augenblick der Zug mit donnerndem Getöse in die Bahnhofshalle einfuhr. Ta nur wenige Passagiere des Zuges harrten, hatte ich Muße genug, mir ein leeres Abteil zweiter Klasse zu suchen, worin ich es mir zum Schlafen bequem machen wollte. Seit acht Tagen befand ich mich näm lich aus einer Gastspielreise und hatte während dieser Zeit nur sehr wenig Ruhe gefunden. Eben zog die meines 'Abteils aufgerissen wurde und ein Herr ein stieg, dessen Gesichtszüge ich bei dem huschenden Licht scheine der Bahnhofslaternen nicht gleich zu erkennen vermochte. Es war ein mittelgroßer Mann mit ungemein leb haften Bewegungen. Nachdem er sein Gepäck ins Netz geworfen, nahm er eine höfliche Haltung an, nannte seinen Namen, den ich natürlich nicht verstand, und drückte sich dann mir schräg gegenüber in die Polster. Im Grunde war mir seine 'Anwesenheit nicht gerade willkommen. Aber das nervöse Wesen dieses Menschen erweckte mein Interesse so sehr, daß ich meinen Aerger darüber vergaß und zu ihm hinsah. In demselben Augenblick berente ich meine Neu gier, denn es starrten mich ein Paar Augen an, die, na — wenn das seine Seelensenster waren — — — Von riesiger Dimension im Umfange, leuchteten diese Augen in den: dunkwn Gesicht wie glühende Kohlen, und die Pupille war so groß, daß sich die Iris nur noch wie ein dünnes, glänzendes Goldringlein ausnahm. Da ich keinen Anlaß hatte, meine Augen zu senken, bohrten sich unsere Blicke eine Weile ineinander. Dann sah er sich scheu im Abteil um, wandte sich wieder zu mir und fragte mit seltsam schneidender Stimme: „Sind Sie ganz allein hier?" „Wenn ich Ihre Anwesenheit ausnehme, wie Sie sehen, ja," antwortete ich. Er murmelte etwas wie „Gott sei Dank" und stand auf, uni sich seines Paletots zu entledigen. Dann saß er wieder vor mir, und eine seltsame Ruhe schien über ihn gekommen zu sein. Er brannte sich sogar eine Zigare an. Eben wollte ich einschlaseu, als mich der schrille Klang seiner Stimme wieder aufschrcckte. Die Augen schienen jetzt knisternde Funken zu sprü hen, die weißen, kralligen Finger grüben sich in die Polsterung, und seinen Basiliskenblick starr auf mich heftend, fragte er: „Glauben Sie an den Teufel?" Aus dem Munde dieses Menschen erschien mir diese Frage, so unvermittelt sie auch erfolgte, gar nicht so absonderlich. „Hm," antwortet!: ich, „ob ich an den Teufel glaube — hm — ja — das heißt, ich glaube nicht an den Teufel der Gestalt, wie ihn uns die Schule — —" „.Lehrt," vollendete er. „Sehen Sie, Sie glauben auch, daß der Teufel unter uns umgeht in Gestalt irgendeiner reißenden Bestie, eines .Menschen, eines Denuspruch Ich Ich' einem jeäen lein bestreben, um euch nach meinem Sinne ru leben. einem sausten Ruck an, als die Tür (nn kaiserliches Extrafrühstück. Bei einem Besuche des Kaisers Alexander I. von Ruß land bei dem Kaiser Franz von Oesterreich in Wien war cs der Aufmerksamkeit des Zaren nicht entgangen, daß vvn der kaiserlichen Tafel vor seinen Augen wiederholt die köstlichsten Braten und Pasteten nach dem Tranchiertisch wanderten, ohne von dort wieder zurückzuk.hrcn. Eines Tages ließ sich unmittelbar vor dem Zaren ein gebratener Fasan nieder, die Geruchsnervcn mit umstrickenden Wohl- gerücheu von Trüffeln, Oliven und Aehnüchcm berührend. Es war ein so delikater königlicher Pogelbrawn, daß der Zar auf ihn sein besonderes Augenmerk richtete; aber auch hier sollte es bei der Augenweide sein Bewenden haben. Der Bogel wurde bald wieder von der Tafel fortgenommen und nach dem Tranchiertisch« getragen, ohne sich wieder blicken zu lassen. Tie köstliche Speise war und blieb vcr- essante Stadt aus. „Nein, nein, mein Herr, die Bestätigung für die Richtigkeit meiner Behauptung habe ich am eigenen Leibe erfahren. Ich selbst habe in einer schaurigen Nacht, oh, ich vergesse das in meinem Leben nicht, den schwarzen Hund dort gesehen." Im Klänge seiner Stimme schwang ein Unterton, aus dem Furcht und Entsetzen vor etwas Schrecklichem 'prach, und mit einem Male kam mir der Gedanke, daß dieser Mensch an Versolgungswahnsinn leide. Doch ich hatte keine Zeit, weiter darüber nachzudenken, denn Hub gleich wieder an. (Schluß folgt.) Intriganten, eines großen, schwarzen Hundes!" Mit fliegender Hast sprach er diese Worte, und das sug gestive gleißende Licht seiner Augen schien unter dem trockenen, schnarrenden Ton seiner Stimme zu er zittern. „Hm, eines Hundes, daß ich nicht wüßte, aber ersteres ist meine feste Ueberzcugung." „Nein, nein, mein Herr, ich werde Ihnen beweisen, daß der Teufel mit Vorliebe die Gestalt eines großen schwarzen Hundes annimmt. Was soll ich Ihnen er zählen von religiös Wahnsinnigen, denen er in dieser Gestalt erschien, bleiben wir zunächst bei einer geschicht lichen Tatsache. Kennen Sie die Chronik der Stadt Magdeburg?" Mit einer kleinen Anwandlung von Beschämung verneinte ich. „Das wußte ich, ihr Komödianten habt zu solchem Studium keine Zeit. O ja — staunen Sie nur nicht so, ich weiß, daß Sie Komödiant sind. Ihr blaues Kinn, die faltigen Züge JhreS Gesichts würden es mir schon sagen, hätte ich Sie nicht gestern abend in der Nolle des Doktor Prutt gesehen. War übrigens eine ausgezeichnete Leistung. Na, das nur so nebenher. Kommen wir auf die Chronik zurück. Da steht an einer Stelle zu lesen, daß sich der Teufel am 28. Mai 1631 am Petrisördcr, der jetzigen Dampferstation, von wo aus die Verteidigung der Stadt betrieben wurde, wiederholt in Gestalt eines großen, schwarzen Hundes gezeigt haben soll. Am 31. Mai fiel bekanntlich Magdeburg. Und noch heute soll der Teufel dort umgehen." Ich schlug ob des letzten Satzes ein kurzes Lachen an und meinte dann, daß Lie Erzählung wohl rns Reich der Fabel zu verweisen sei, es gebe wohl kaum eine andere deutsche Großstadt, Lie sich mit einem der artigen sagenhaften Nimbus umgebe, wie gerade die Siebenturmsiadt. „Denken Sie," fuhr ich fort, „au den Meßwein mit der Spinne, die Blaubeilstraße mit ihrer gruseligen Schauergeschichte," kurz, ich kramte meine ganzen geschichtlichen Kenntnisse über die inter