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Dresdner Journal : 22.12.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-12-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188212229
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18821222
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18821222
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1882
-
Monat
1882-12
- Tag 1882-12-22
-
Monat
1882-12
-
Jahr
1882
- Titel
- Dresdner Journal : 22.12.1882
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sammlung beschloß, unter gewissen Einschränkungen und Vorbehalten die Zulassung der Einfuhr von Rindvieh au« Oesterreich zum Zwecke der im Jahre 1883 in Hamburg stattfindcnden internationalen landwirth. schastlichen Thierau«stellung. Mehrere Eingaben von Privaten, betreffend den BeredelungSverkehr nach dem Bremischen Freihafengebiet mit Bietern und Bohlen, Zolltarifirung von parsümirter Seife, Zoll- tarificung seidener Bänder mit baumwollenen Fäden, Zolltarifirung von Dari, Rückvergütung de- Zoll» für Margarin bei der Ausfuhr von Kunstbutter, wurden ablehnend beschieden. Schließlich faßte die Versamm lung Beschluß über die geschäftliche Behandlung meh- rerer neu eingegangenen Eingaben. — Die vereinigten Ausschüsse der BuudeSrathS für Zoll- und Steuer- wejen und für Rechnungswesen, sowie der Ausschuß für Handel und Verkehr hielten heute Sitzungen. — Wie osficiöS verlautet, ist zwischen dem französischen Bevollmächtigten, dem Ministerialdirektor Jagerschundt, und den deutschen Behörden, für welche geh. Oberpost- rath Or. Dambach als Sachverständiger funairte, eine vorläufige Vereinbarung wegen Abschlusse» einer Literarconvention zwischen dem deutschen Reiche und Frankreich getroffen worden. Die Ver« einbarung wird nunmehr von dem französischen Unter händler seiner Regierung »orgelegt, und Anfang Fe- bruar kehrt Hr. Jagerschundt voraussichtlich hierher zurück, um den Vertrag in fester Form abzuschließen. — Die dem Abgeordnetenhause gestern zugegangenen BerwaltungSgesetzentwürfe bestehen aus 1) dem Entwürfe eines Gesetze» zur Abänderung des Gesetzes über die Organisation der allgemeinen Lande-verwal- tung vom 26. Juli 1880, 2) dem Entwürfe eines Gesetze- zur Abänderung de- Gesetze-, betreffend die Verfassung der VerwaltungSgerichte und da- Vermal- ... ... 3. Juli 1875 . tungSstrertverfahrrn, vom 1880 ^) dem Entwürfe eine- Gesetze- über die Zuständigkeit der Verwaltung-- und Verwaltungsgerichtsbehörden. DaS letztere, welche- bestimmt ist, da- Gesetz vom 26. Juli 1876 zu ersetzen, besteht allein au- 166 Paragraphen, auch die übrigen Entwürfe haben einen großen Um fang, und die Begründung füllt ein Heft von 73 Folioseiten. München, 19. December. (L. Ztg.) Se. königl. Hoheit der Herzog v. Genua, der erlauchte Bräu- tigam Ihrer königü Hoheit der Prinzessin Isabella von Bayern, empfing gestern Nachmittag in der ita lienischen Gesandtschaft hier die Aufwartung der Herren de» großen Dienste- Sr. Majestät de- Königs, und zwar die obersten Hoschargen, den Generalcapitän rc. von der Leibgarde der Hartschiere, sowie die General» und Flügeladjutanten de- König-. Schwerin, 20. December. (Tel.) Der Land tag in Malchin ist heute geschlossen worden. * Wien, 20. December. Die officielle Einladung der englischen Regierung zu der im Monat Januar zu London abzuhaltenden Donauconferenz ist jetzt hier überreicht. Wie da- „Frdbl." hört, ist die Ein ladung ausschließlich an die Signatarmächte des Ber liner FriedenSvertrageS gerichtet worden. Die Frage, ob auch Rumänien mit Rücksicht auf seinen mittler weile ersolgten Eintritt in die europäische Donau commission der Eonferenz zuzuziehen sei, ist späterer Entscheidung Vorbehalten. — Die Staatsanwaltschaft hat nunmehr in der Affaire Merstallinger die Anklageschrift eingebracht. Es sind 29 Personen, darunter 2 Frauen, angeklagt. Bezüglich sämmtlichcr männlichen Angeklagten lautet die Anklage auf Hoch- verrath, gegen 10 derselben außerdem noch aus da» Verbrechen deS Raubes. Die beiden Frauen sind de» Verbrechen» der Theilnahme am Raube beschuldigt. Vorgestern wurde den sämmtlichen Beschuldigten die Anklageschrift publicirt, und eS haben mehrere der selben den Einspruch angemeldet. Die Verhandlung in dieser Angelegenheit soll im Februar deS nächsten Jahre» stattfinden und 14 Tage in Anspruch nehmen. — In dem zu Innsbruck verhandelten Processe gegen den Baron William Pawel-Rammingen (über welchen wir unter der Rubrik „Vermischte»" den Sachverhalt mitgetheilt haben) wurde gestern das Urtheil gefällt. Das Verdict der Geschworenen lau- tete einstimmig: schuldig. Der Staat-anwalt stellte den Antrag, der Gerichtshof möge den Adelsverlust au-sprcchen. DaS Urtheil lautete auf 7 Jahre mit Fasten verschärften Kerker- und Adelsverlust. Der Bertheidiger meldete die Nichtigkeitsbeschwerde an. Ein Umstand aus der Voruntersuchung, der bei der Ver handlung nur flüchtig berührt wurde, verleiht diesem Processe völkerrechtliche Bedeutung. Wie wir der „N. fr. Pr." entnehmen, liegen den Acten de» Processe« Documente bei, die von einem diplomatischen Zwischen falle handeln, welcher sich au» Anlaß de- Ansuchen« um Vernehmung zweier Würdenträger de» Vati kan» ergab. Der Sachverhalt wird aus folgendem Erlasse det Innsbrucker OderlandeSgericht» an das dortige Lande-gericht, ddo. 28. August, klar. Derselbe lautet: .Da» hohe 1k.Justizministerium hat mit Erlaß vom 2b. d, Zahl lS,778, Folgende- dekanntgegeben: .Laut einer Mit- »heilung de- k. und k. Botschafter» am königl. italienischen Hose hat da» Lande»- al« Strafgericht in Innsbruck sich an deu königl. italienischen Appellhof in Rom mit dem Ersuchen gewendet, dir Einvernehmung de« Tardinalftaal-secrelür-Jaco bini und des Generalprüsecten der Propaganda, Cardinal Si meoni, in der bei jenem k. k. Gerichte anhängigen Stras- sache wider Baron Pawel Rammingen zu veranlasse». Der römische Appellhos io Rom, der Schwierigkeiten bewußt, welche sich dem Vollzüge einer solchen Amtshandlung entgegen- stelleu, hat diesem Ansuchen jedoch nicht entsprochen, vielmehr wurde durch Intervention des dortigen auswärtigen Amte» und unserer Boischasl am königl. italienischen Hose die An gelegenheit in der Art geordnet, daß der k. und k. Geschäfts- träger beim heiligen Stuhle — der Botschafter besand sich zur Zeit nicht in Rom — deu genannten Eardinälen die ein- gesendeten Fragepunkte schriftlich mittheilte und sich vorbrhielt, dir schriftliche Beantwortung derselben nach erfolgter Legali- sirung der Unterschriften dem Innsbrucker Strafgerichte blrect zukommen zu lassen. Es wird Sache diese» Gerichtes sein, zu beurtheilen, inwiefern es mit Rücksicht auf die Bestimmungen der Strasproceßordnung von den in dieser Art eingeholten Zeugenaussagen Gebrauch machen kann. Hiervon wird da- Landesgericht zur weitern Versügung in Kenntniß gesetzt.' Mlt Rücksicht auf diesen Vorgang stellte der Ver- theidiger vr. Porzer beim Innsbrucker LandeSgerichte den Antrag, die genannten Zeugen vor dem päpstlichen Gerichtshöfe vernehmen zu lassen, der inzwischen aus Anlaß der Klage des Bauunternehmers Martinucci gegen den Papst, respektive dessen Majordomus con- stltuirt worden war; der Vertheldiger motlvlrte dies Begehren mit der Nothwendigkett, die beiten Aussagen auch formell als unanfechtbar zu gestalten. Die Schwierigkeü wurde jedoch dadurch beigelegt, daß die StaatSanwaltfchast erklärte, aus dem erwähnten for mellen Grunde keine Einwendung gegen die schriftlich abgegebenen AuSfagen zu erheben. Die „N. fr. Pr." fügt hinzu, daß dieser Präcedenzfall das Justizministe rium veranlaßt hat, an sämmtliche Gerichte die Weisung ergehen zu lassen, dieselben mögen bei künftigen etwaigen gleichen Anlässen sich an die österreichische Botschaft beim Vatikan und nicht an die italienischen Gerichte wenden. — Wie der Telegraph aus Triest meldet, sand heute Morgen die Hinrichtung des Attentäters Wilhelm Oberdank im Casernenhofe Statt. Die Executlon wurde durch den Wiener Scharfrichter Willenbacher vollzogen. Der verbrecherische Versuch, den Oberdank am 16. September unternommen hatte, zur Zeit, als der Kaiser, die Kaiserin und da- kronprinzliche Paar in Triest zum Besuche der Ausstellung weilten, ist noch Jedermann erinnerlich. Der Gendarmerie von Ronchi gelang eS, in einem WlithShause 2 Männer zu eruiren, welche Orsinibomben bei Udine über die Grenze nach Oesterreich geschafft hatten. Wilhelm Oberdank war eS, welcher auf den Gendarmen, der ihn verhaften wollte, mit einem Revolver schoß. Der Gendarm wurde nur leicht verwundet, der Attentäter wurde festgenommen und zum Gerichte nach Monsol- cone gebracht. Er war auch beschuldigt, am 2. August während deS Fackelzuges die Bombe, welche mehrere Personen tödtete und verwundete, in die Menschen masse aus dem Eorso geworfen zu haben, und über dies ist er der Desertion angeklagt gewesen und des MordversuchS an den Gendarmen Tomasoni. DaS Militärgericht verurtheilte Oberdank wegen Hochver- rath-, Mordversuch und Desertion zum Tode durch den Strang. Wie bei der Publikation de» Uctheils, welche gestern Vormittag erfolgt ist, hat sich der Ber- urlheilte auch bei der Vollstreckung desselben ruhig und gefaßt benommen. Buda-Pest, 20. Dember. (Tel.) In der heutigen Sitzung deS Abgeordnetenhaufes wurde das Budget- gesetz für 1883 mit großer Mehrheit angenommen. Der Abg. Helfy hatte namen» der Unabhängigkeits partei erklärt, er habe zur Regierung kein Vertrauen und lehne die Vorlage ab. Namens der gemäßigten Opposition gab der Abg. Desider Szilagyi gleichfalls eine die Vorlage ablehnende Erklärung ab. Sodann richtete Gabriel Ugron, von der äußersten Linken, eine Interpellation an den Ministerpräsidenten v. TiSza, welche die auswärtige Lage betrifft. Ugron sagt, daß seit Kurzem in der europäischen Presse 2 wichtig« Fragen besprochen werben, welche sowohl die öffent liche Meinung, als auch die Börsen berühren und sogar einen CourSsturz der Staatspapiere zur Folge hatten. Diese beiden Fragen sind die Krieg-Vorbereitungen in Rußland und da» deutsch-österreichlsch-ungarisch« Bündniß. E- ist eigenthümlich, daß derartige hochwichtige politische Dinge, welche die Bevöl kerung im höchsten Grade beschäftigen, aber auch in ganz Europa Interesse erwecken, nicht im Parlament zuerst zur Kennlniß gebracht wurden, daß im Gegentheil alle dir-bezüg- züglichen Meldungen bi-lang nur im Wege der Presse bekannt wurden; r- erscheint heute nothwendig, dies» Nachrichten ent weder zu rectisiciren, oder zu bestätigen Wenn dieselben rich tig sind, müssen wir e» wissen; sind dieselben aber unwahr, dann müssen sie energisch dementirt werden, obgleich e- zum Mindesten seltsam erscheint, daß bi-her Aehnliche- von Seiten der Regierung nicht geschehen ist. Interpellant richtet folgende Fragen an die Regierung: „Was ist Wahres daran, daß zwischen der Monarchie einerseits und Deutschland andererseitt ein Bündniß geschloffen wurde, und ist der Ministerpräsident geneigt, über da-selbe Ausklärungen zu ertheilen, aus wie viele Jahre da-selbe ge schlossen wurde und ob e« für all» oder nur für gewisse Eventualitäten laute'? Besitzt der Ministerpräsident Krnnt- niß von kriegerischen Vorbereitungen an der nördlichen Grenze der Monarchie, und sind Vorkehrungen getroffen, denselben unter allen Umständen wirksam zu begegnen?" Ministerpräsident v. TiSza: Obgleich ich aus eine derartige Interpellation momentan nicht in Bezug auf jeden Punkt antworten kann, will ich dennoch, weil der Interpellant sicy aus die allgemeine Beunruhigung berief, welche auch die geschäftlichen Bilanzen beeinflusse, erklären, daß die erwähnten Zeitungsnachrichten theil« vollkommen unbegründet, theil-über trieben sind und daß heute der Frieden Europa» durchaus nicht gefährdet ist. (Zustimmung.) Ugron ist mit dieser Antwort nicht zufrieden und sagt, daß der Ministerpräsident, wenn er nichts habe sagen wollen, die» nicht bester hätte thun können. (Heiterkeit link» ) Der Ministerpräsident erklärt einen Theil der Gerüchte für falsch, den andern für übertrieben; ist am Ende die Nachricht vom Bündniß falsch und die Meldung von den Krieg-vorbereitungen nur übertrieben ? (Beisall links ) DaS Parlament muß Aus klärung über derartige einschneidende Fragen haben; ob der Vertrag mit Deutschland bloS ein Desensivvertrag oder mehr ist, auch muß man mit Rußland im Reinen sein; wenn der Minister erklärt, die KriegSuachrichten seien übertrieben, möge er auch sagen, inwiesern und wie viel Wahrheit in ihnen ist. (Beisall links.) Die Börsen sind deprimirt und die öffentliche Meinung ist alarmirt. ES wäre Pflicht deS Ministers, daS Land zu beruhigen. In der Antwort des Minister- liege aber leine Beruhigung; deshalb nehme er die Antwort nicht zur Kenntniß. (Beisall links, Bewegung recht-.) Der Ministerpräsident v TiSza replicirt, er habe die Unmöglichkeit einer improvisirlen Antwort aus eine der artige Interpellation bereits hervorgehoben und gleichzeitig be merkt, daß er blvr zur Beruhigung der, wie der Interpellant jagte, alarmirten geschäftlichen Kreise seine obige Antwort ab gab. Wenn dieselbe zu unbestimmt schien, so sormulire er dieselbe dahin, daß ihm gegenwärtig nichts bekannt sei, wa» die bisherigen Friedenshoffnungen vermindere. DaS von ihm gebrauchte Wort .heute" bedeute durchaus nicht, daß heute nicht, aber morgen ja. Er wisse, daß, wie der Interpellant erklärte, bei gewissen Eventualitäten ganz Ungarn in einem Lager sei. (Lebhaster Beisall) Ugron erklärt, daß er nach dieser Erklärung des Minister präsidenten befriedigt sei. Pari-, 19. Decrmber. In der Deputir- tenkammer richtete heute de la Bassettdre an den Minister des Innern die Frage, wa- er zu thun ge denke, um die überhandnehmenden Kirchendiebstähle zu verhindern. In der Versailler Diöcefe allem feien binnen 3 Wochen nicht weniger als 8 Kirchen geplün dert worden. Das fei ein trauriges Zeichen der socia len Lage. Alle diese Diebstähle blieben unbestraft und fänden unter den Augen der Regierung Statt. In der Diöcefe von Nantes hätten infolge dessen die Bauern beschlossen, ihre Kirchen selbst zu überwachen. Redner fragt, ob der Minister dem zustimme, daß so die Bevölkerung sich selbst durch ein Lynch system Recht zu schaffen suche? FallidreS, Minister deS Innern und der Culte, antwortet, diese Frage hätte an den Justizminister gerichtet werden sollen. Ob etwa Hr. de la Bassetidre glaube, die Regierung sei an den Diebstählen mit schuldig? (Heiterkeit link-, Lärm recht». Herzog v. Larochefoucauld: „Ja wohll Sir beschützen die Spitzbuben I* Der Unterbrecher zieht, vom Präsidenten aufgesordert, diese unparlamen tarische Aeußerung mit den Worten zurück: „Mein Gedanke ist mir entschlüpft." (Heiterkeit.) Der Mi nister erinnert daran, daß in den Kirchen unter allen Regierungen gestohlen wurde; von 1826 bi» 1830 war dre Durchschnittsziffer dieser Diebstähle 42, von 1876 bis 1880 hingegen nur 22. Man solle die Kirchendiebe den Gendarmen überlassen und nicht eine politische Frage daraus machen. (Beifalls links.) Nach einer kurzen Erwiderung des Fragestellers war der Zwischenfall geschloffen. Paris, 20. December. (Tel.) Im Senat sagte Leon Say über daS außerordentliche Budget, die Ar beiten seien ursprünglich auf 4H Milliarden festge- stellt und fpäter aus 8 Milliarden ausgedehnt wor den; er halte eS für da» beste Mittel, dieselben fort zusetzen, aber mit den Eisenbahngcsellschaften zu unter handeln. Redner betonte die Nothwendigkeit, die schwebende Schuld zu verringern. Senator CheSne- long, von der Rechten, kritisirt die Finanzpolitik der rief Angelina und riß ihr Kind mit Heftigkeit auS den Händen der Amme, wie um e» weit von sich zu schleudern; „wohin damit? Großvater, rathet mir! So kann, so darf eS ja doch nicht leben I Und die heilige Kirche hat Recht, ich seh' e» ein, sie hat Recht I Mein Beichtvater ist die Bravheit selbst; ich hab' ihn auf den Knien beschworen, er möge mir und der armen Ereatur ein so arge» Leid nicht anthun, und mit Thränen in den Augen hat er mir geantwortet: so wahr er selig zu werden hoffe, hier gebe e» keine Hilfe I" Auf diese heftigen SchmerzenSauSbrüche, die dem besang, nen Gesichtskreise der kaum erst den Kinder jahren entwachsenen jungen Mutter entsprachen, waren andere gefolgt, die dem Vater deS Kindes galten, und der alte FranceSco, wie auch der Genefende hatten Mühe gehabt, die vor Erregung halb Unzurechnungsfähige nur insoweit zu beruhigen, daß sie nicht auch da» Andenken ihres unglücklichen Vormundes verunglimpfte; „denn wie konnte er zugeben," rief sie, „daß ein simp ler Podesta mich und Belcoeur einsegnetel Ist da zu v rantworten, Großvater? Mein Beichtvater sagt: keinem Neapolitaner wird dergleichen im Himmel ver ziehen werden könnenI Keinem! Keinem einzigen!" So war da- erste Wiedersehen verlaufen. Al- einige Wochen fpäter der alte Earaccioli mit Enkelin und Enkelkind nach Lapri übersiedelte, hatte Angelina darauf bestanden, der Großvater solle den jetzt fast wieder Hrrgestellten zu seiner vollständigem Genesung nach Eapri mitnehmen. Und al- der alte FranceSco — schon der Übeln Nachrede wegen — nicht gleich darauf eingeaangen war, da hatte sie gemeint: gerade deshalb müsse der Fremd« mit nach Eapri hinüber. Dort sei man allen Leuten bi- jetzt noch fremd und Niemand werde ander- glauben, al- daß der Patient ihr Mann fei; so sei man über da» Schlimmste hin weg. „Wer weiß denn aber überhaupt, Großvater, was werden kann?" hatte sie erröthend hinzugefügt; „ich wüßte nicht, was ich dem armen, guten Menschen versagen könnte, wenn er mir und meinem Kinde zu einem ehrlichen Namen verhelfen wollte; nicht daß mir der Name Earaccioli, Großvater, zu schlecht wäre, aber Du weißt schon, wie ich's meine." Auf Anacapri, dem hochgelegenen Städtchen, be- gann denn mit Henry'S Aufnahme in da- eben von den Earaccioli'» erstandene Hau» diejenige Periode, welche jenen ersten, in das bis vor Kurzem so har monisch verlaufene Leben deS jungen Manne- gekom menen Zwiespalt — seinen Bruch mit Nelson — nach anderer beite hin auf das Verworrenste vertiefen sollte. In welcher Lage befand er sich? Zunächst in einer von seiner ganzen Vergangenheit völlig losge lösten. Quasi ernst gemeinte Erkundigungen, welche der alte Earaccioli auf Angelina'- Betrieb nach dem Verbleiben deS Baronet« Suckling sowohl bei den Be hörden Neapel-, wie bei der britischen Gesandtschaft angestellt hatte, waren übereinstimmend dahin beant wortet worden, daß der Baronet um- Leben gekommen sei. — Seine Braut, an die zu schreiben anfangs Henry'- monatelange Bewußtlosigkeit und dann ein Gefühl unklarer Befangenheit Henry verhindert hatten, konnte über ihn nicht- Andere- in Erfahrung gebracht haben; fonst, meinte er, hätte sie auch wohl Mittel und Wege au-findig gemacht, zu ihm zu gelangen. Daß sie, wenn ihre Liebe eine folche war, die vor keinem Hinderniß zurückfchreckt, Himmel und Erde in Be wegung setzen würde, um ihn todt oder lebendig ausfindig zu machen, war lange Zeit der Gedanke gewesen, mit dem er täglich im Lazareth erwachte, in krankhafter Erregung von dem Glauben erfüllt: die echte Liebe verleihe dem davon durchleuchteten Wesen eine Art hellsehenden JnstinctS, wie ein solcher den Zugvogel befähigt, auf taufende von Meilen das Wäldchen und in diesem da» Gebüsch wieder zu finden, wo er im vorigen Jahre sein Nest baute. Ueber dem Warten auf diese Feuerprobe ihres Gefühls begann er sich mit dem letztern selbst kritisch analysirend zu beschäftigen. Und während er, auf diesen Abweg gerathen, sich zwar eingestand, daß er UebermenschlicheS von Harriet'» liebendem Spürsinn verlangt und darüber sich eigener, kaum nachzuholender Säumniß schuldig gemacht habe, ließ er sich doch gleichzeitig bei dem Gedanken an ihre methooistischen Gewöhnungen von einem Gefühl der Entfremdung anfrösteln und gelangte auf diesem Wege zu der Frage, ob er wirklich e» verantworten dürfe, auch sie in jene mit ihm selbst vorgegangene Umstimmung hineinzuziehen und ihr dadurch einen ihr möglicher Weise unentbehrlichen Leben-Halt zu rauben? DaS erste „Parfifal"-Festspiel. Von Schmidt.Wrißtnsel».*) Es sind nicht die Wege nach Bayreuth, die noch- malS zu wandeln ich dem geneigten Leser zumuthe, *) Drr Verfass»» »«rösftntlichie di»s»- inter»ffaut» Sitten bild au« d»r Vergangenheit dr» drutjchen Städteleb«n» in der .« All,. Zt,.' Regierung. — Da- Ministerium wird vor den Ferien den Kammern eine Eredktforderung für die Expe ditionen nach Tonkin und dem Eongolande vor- legen — Laut einem in den Journalen veröffentlich ten Schreiben der Kaiserin Eugenie schenkt dieselbe der Stadt Marseille da« Schloß, welche« die Stadt ehemals Napoleon 111. zum Geschenk gemacht, welche- die Stadt aber inzwischen wieder an sich nehmen wollte. In dem Briefe heißt eS, da die Gerichte da» Recht der Kaiserin anerkannt hätten, so glaube sie jetzt in dem Geiste de» Kaiser» und de- kaiserlichen Prinzen zu handeln, indem sie der Stadt Mar seille diese» Geschenk mache. — Die Berichte über da- Befinden Gambetta'S lassen hoffen, daß der selbe bald völlig wiederhergestellt sein wird. — Ja dem Proceß gegen Bontoux und Feder wur den die beiden Angeklagten heute zu je 5 Jahren Ge fängniß, 3000 Frc». Geldbuße und gemeinschaftlich in die Kosten verurtheilt, und zwar wegen falscher Angaben in den Generalversammlungen, wegen Ver heimlichungen in den Rechnungen durch fingirte Schrift stücke, wegen Börsenoperationen mit den Fonds der Gesellschaft, wegen Errichtung eine» fictiven Börsen marktes zum betrügerischen Treiben der Course. — Der „Temps" meldet aus Kairo, daß der französische Fi- nanzcontroleur Brodif gestern seine Functionen als Controleur, welche er thatsächlich leit 1 Monat nieder gelegt, wieder ausgenommen habe. Rom, 19. December. Man telegraphirt der „N. fr. Pr.": Auch die heutige Sitzung der Deputirten- kammer verlief mit wenigen Ausnahmen ruhig, fast akademisch. Es sprachen wetur Minghetti, noch De- pretis über den Deputirteneid. Ersterer ist gar nicht als Redner eingeschrieben. Von hervorragenden Mit gliedern sprachen Cairoli, Bovio, Bertani, Alle gegen, nur Pierantoni sür ein die Gesetzbestimmungen auch auf Senatoren auidehnendeS Amendement. Eairoli fagi«, die Art, wie da» Gesetz e-ngebracht wor den, drffen Form und Inhalt verletzen die loyalen Gefühle des Volke«. DaS Gesetz sei nicht nur überflüssig, sondern un< zweckmäßig und schädlich; e- verwirre die Parteien, scheide die Kammer in zwei große, jedoch incohärente Theile, und so komme e», daß Jene, welche das Gesetz votirrn werden, unzu frieden seien, und selbst die neuen Freunde deS Ministerium» sich brüsten, sie würden zur Zeit ihrer Herrschaft nie einen solchen Entwurf versaßt haben, man schlage dadurch in die Verfassung eine Bresche Und die» sei ein gefährlicher Präce- denzfall; e» sei nicht politisch, einem Gesetze zuzustimmen, wel» u,e» die Kräfte einer Minorität überschätzt, und darum werde auch er offen und rückhaltlos dagegen votiren. Bovio philosophirt über den Lharakter det politischen Eide- und sagt, nur höchst civilisirte Nationen könnten über den Eid debattiren; denn nur da, wo die Dogmen an Einfluß verloren, leuchte e» ein, daß der politische Lid unzulässig sei. Wie immer die Debatte au-gehen möge, sie zeige, daß in Ita lien die alten Borurlheile der menschlichen Gesellschaft zu weichen beginnen. Bertani'S Rede war insofern wichtig, als er in kräf tigster Form seine unwandelbare Treue sür den König und die Institutionen betonte. Zu End« der Sitzung nahm Losta dak Wort und gab zu einem Zwischensall Anlaß. Er sagte, der Eid sei sür Jene, die daran glauben, nützlich, für dce Radikalen überflüssig, da sie sich demselben nur fügen, um auf gesetzliche Art Umwälzungen herbeiz»sühren. Präsident: Ehrenwerther Losta, ich kann solche spitz findige Distinctionen unmöglich zugeden, Eid ist Eid. Niemand ist berechtigt, die Bedeutung derselben noch eigenem Ermessen zu mindern oder zu erhöhen. Zum Schluffe der Sitzung gelangte ein Gegeneni- wurf zur Vertheilung, welcher von Bertani und un gefähr 30 anderen Deputaten der äußersten Linken unterzeichnet ist und die Abschaffung de» Deputirten- eide« beantragt. Da» gänzliche Fernhalten der Rechten von der Debatte macht einen immer be- fremdendern Eindruck, und e» wird immer klarer, daß die Tonfervativen Depreti« in eine Sackgasfe zu treiben gedenken. St. Petersburg, 15. December. Man schreibt der „Wien. Ztg.": Anfang deS vorigen Monats hat Se. Majestät der Kaiser befohlen, dem kaiserlichen Titel die Worte „Herr von Turkestan" und dem Reichswappen den Schild von Turkestan hinzuzufügen. Zum Wappenbilde wurde das Einhorn gewählt, also daS Wappen der asiatischen Präfektur de- römischen Reiches, welche- zugleich mit dem Reiter (jetzt heil. Georg) und dem Doppeladler als Züchen der auf Sofia Paläolog übergegangenen Erbschaft des byzan tinischen Thrones von ihrem Gemahl dem Großfürsten Iwan III. Wafsiljewitfch ausgenommen wurde. Bei dieser Gelegenheit wurde der vollständige Titel deS Kaisers publicirt (Gesetzsammlung vom 15. November), aber in allen fremden Zeitungen durchaus falsch über setzt. Die „Jndopendance belge" machte sogar den Kaiser zu einem „Fürsten der Samojeden!" Ganz unsinnig ist die llebersetzung: „Kaiser aller Reusfen". sondern die von Magdeburg, und eS scheint auch auf sie nicht die Sonne unserer Tage, sondern die des schönsten Mittelalters. Man schrieb da» Jahr deS Heil» 1279. Die Bürgerschaft der festen erzbischöf lichen Stadt Magdeburg hatte nach langer Fehde mit ihren dynastischen Feinden den Sieg behauptet und den schlimmsten darunter, den Markgrafen Otto von Brandenburg, mit 300 Gewappneten gefangen. Um diese» glorreiche Ereigniß würdig zu feiern, follte eine- jener ritterlichen und poetischen Spiele, wie sie in der Blüthezeit de» Minnesangtreiben- stark in Mode ge kommen waren, zu öffentlicher Darstellung gelangen. In solchen Schauspielen drückte da» selbstbewußte und zu Freiheiten und Macht gelangte deutsche Stadtvolk, da- der Ritterbürger wie der Waffen tragenden Hand werker, gern auch sein geistige- Aufsteigen au-. Sange-lust durchdrang da- bürgerliche Leben hinter den düsteren Mauern und erheiterte da» Dafein eine» arbeit-frohen, hartgewöhnten, immer der Nothwehr gewärtigen Gefchlecht». Der Minnesang war Volk«- thümlich geworden; Dichtungen wie Wolfram v. Eschen bach'- „Parsifal" zumal waren bei Rittern und Bür gern wohl gekannt und hatten die Sagen der alten Heldenzeit, in der die germanischen Recken noch nähern Umgang» mit den Göttern sich erfreuten, im Volk«- geiste wieder belebt. Die eigentlichen Unternehmer und Patrone de» be schlossenen Magdeburger Siege-- und Freudenfeste« waren die „Kunstofler", die reicheren und rathS- fähigen Bürger, welche mit der Lanze und in voller Rüstung zu Roß sich in den Kampf stellten. Da« Wort stammte au» dem ältesten Lehn»wesen, vom oome» »t»lruli, dem Schutzgrafen, und sowohl der vornehme
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