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Dresdner Journal : 16.12.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-12-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188212167
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18821216
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18821216
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1882
-
Monat
1882-12
- Tag 1882-12-16
-
Monat
1882-12
-
Jahr
1882
- Titel
- Dresdner Journal : 16.12.1882
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O2S2. Sonnabend, den 16. December. 1882. ^doaaswsolsprel» r 1» ssiu«» ä,ot,ek«» L»i«L»: ILbrliebr.... 18 Llsrk. ^Mu-Uob- L KO ?t. ^»uumsr». 10?L L»»»«rL»Id äe» dsotseksa ksicbs» tritt kost- uod 3t»mpsl»u»eld»^ tüa»u. lossratvoprelser kLr d«v k»um «iasr ^e,p»It«ueo kotitrsils 20 kk. Dotor „kXn^sisndt" dis 2oil« btt ks. Loi ladsttsa- uod Li^srosotr bO Fu5,Ltd»b- LrsobeiaeL r Tti^licb mit XusoLlims dsr 8ooo- uod keisrto^o Fbsod» klr 6en külgeudsu Fsz. DresdnerIomMl. Inssratsoaooadw« »os^krtsr L«tp^: F>. Lra«d»tetter, Lomwissiookr 6« Dresdner douroals; L»»durU Lerlla-Vt»» - L»»«l >r»,1»o-rr»nt1vrt a. ».: «aasenst«» <O kvA/er, LsrUo -wiso Lomdor^- kr»8 - l-sipiis - ke-o^luet », ». »üocdso: /tu-t A/E«,' Nsrito: /ivaiiliendant,' Nrsm«» ^Lc^iotte,' Lr,»!»»: F Ltao-en's Loreao <Lmit /cadat/«-,' kr»okk!irt » tl : L TaeAer'soks ttuckboudlun^; SdrUr»: v. ASÄier; L»ooov,r: O. §e/iü«Äer, Nset, L,rltn - ?r»»ktvrt ». H.- ItLtt^srt: Lao-e F 6o., L»oldor^: Fd. Lt«»»«r. Verantwortliche Redaction: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. Herr, vixedorr Lüoisl. krpedition do, Dresdner louroal», Dresden, ^vio^erstrssso ^o. SO. Inserate für die Weihnachtszeit finden im „Dresdner Aournat^^ die geeignetste Verbreitung. Hierbei versäumen wir nicht, darauf aufmerksam zu machen, daß aus Anlaß des Weihnachtsfestes Handel- und Gewerb- treibeudea bei Inseraten mit mehrmaliger Wie derholung außerordentliche Kergünstiguage« ge währt werden. Dresden, im December 1882. Lömgl. Expedition -es Dresdner Journals. (Zwingerstraße Nr. 20, in der Nähe des neuen Postgebäudes.) Ämtlicher Theil. Dre-den, 13. December. Se. Majestät der König haben dem Obersten t I» suit« de» 4. Infanterie- Regiment» Nr. 103 und Eisenbahn-Linien-Commissar Baumgarten die Erlaubniß zur Anlegung de» dem selben verliehenen Königlich Preußischen Kronen-Orden» II. Klasse Ällergnädigst zu rrtheilen geruht. Dresden, 11. December. Se. Majestät der Köni- haben dem Pfarrer I.12. tbsol. Carl Gottlieb Rös/ ler in Gersdorf da» Ritterkreuz I. Clasfe vom Al- brechtSorden Ällergnädigst zu verleihen geruht. Nichtamtlicher Theil. Telegraphische Nachrichte». Berlin,^ 15. December, Mittags. (Tel. d. Dreödn. Journ.) Im Abgeordnetenhause wurde daS bisherige Präsidium durch Acclamation wieder- gewählt. Le»"der ersten Berathung deS Gesetz entwurfs'über die Licenzsteuer hebt der Finanzminister Scholz hervor, e» sei die dringende Rothwendigkeit der Entlastung der unteren Klassensteuerstbsen nachgewiesen. Hinter den jetzt vor- ges hlagenen Steuern stecke durchaus nicht da» Tabak»- mvuopol; e» handle sich nur um eine Eonsumsteuer zur Deckung de» durch die beantragte theilweise Klassen- fteuerbeseitigung entstehenden AuSsallS, wobei die Zustän digkeit des Reich» nicht im Mindesten beeinträchtigt werde. Die Regierung werde von einer Reform der indirecten Steuern in Preußen abstehen, so lange da» indirecte Steuersystem im Reiche nicht abgeschlossen sei und auch in Preußen die noihwendigen indirecten Steuern nicht eingesührt seien. Die angestrebte Steuerpolitik werde dahin sühren, daß die Matricularbeiträge immer größere Matriculardividenden für die Einzelstaaten werden. Die Forderung dieser Politik sei eine nationale Politik. Paris, Donnerstag, 14. December, Abends. (W. D. B) Ja der heutigen Sitzung der Depu- tirtenkammer wurde die Berathung deS außer ordentlichen Budgets fortgesetzt. Der Deputirte Germain, Director de» Credit- Lyonnais, hält die Finanzlage für crne günstige und befürwortet die Eonvertirung, sowie die Fortsetzung der großen Albeiten. — Baron Soubeyran meint, die Auffassungen Germain'S seien allzu optimistische; die Uebertreibung in den Ausgaben werde zu einer Krisi« sühren, wenn man nicht anhalte, denn die Kräfte der Landes seien richt unerschöpflich. Soubeyran hält eine Reduktion der Ziffer für die öffentlichen Arbeiten sür schlechterdings nothwendig, damit eine Krisis in Bezug auf die Arbeitslöhne und eine Krisis in Bezug auf den Credit vermieden werde. Soubeyran wies zugleich auf die ungünstigen Ergebnisse der Ver waltung der StaatSbahnen hin, erklärte auch die der- malige Amortisirung für unzureichend und schloß da ¬ mit, daß eine Anleihe unvermeidlich fei, wenn mit der Ausführung der öffentlichen Arbeiten nicht angehalten werde. — Der Finan,Minister Tirard constatirte, daß die Amortisirung im Jahre 1882 104 Millonen betragen habe und daß dieselbe während der letzten 12 Jahre sich auf mehr al- 2 Milliarden belaufe. — Nachdem noch Allain-Targä (Finanzminister in dem Gambetta'jchen Ministerium) sich für die Eonvertirung auSgesprvchen und mehrfache Angriffe gegen die großen Eisenbahngesellschaften gerichtet hatte, wurde die General» diScusston geschlossen. Der Senat wird nächste» DienStag mit der Berathung deS Budgets beginnen. Lor dem Asfisenhof von Riom nahm heute der Procrß gegen dir wegen der Vorgänge in Mont- ceau-lrS mineS Verhafteten seinen Anfang. Die Verhandlung wird mehrere Tage dauern, da 139 Zeugen zu derselben vorgeladen find. Rom, Donnerstag, 14. December, AbendS. (W. T. B) In der Deputirtenkammer überreichte heute der Minister deS Auswärtigen, Mancini, daS Grünbuch über die ägyptische Frage. Zu der Lorberathung der Regierungsvor lage, wonach jeder Deputirte, welcher den Eid verweigert oder innerhalb einer Krist von 2 Mo- nateu vom Tage der Wahlverificirung an den Eid nicht ableistet, seines Mandates verlustig sein soll, ist von den Bureaur der Deputirtevkammer heute eine Commission gewählt worden. Sämmtliche Mitglieder der Commission find der Regierung-- Vorlage zugrnrigt. (Vgl. die Rubrik „ZeitungS- schau.") Die „Agenzia Stefani" meldet, England werde unverzüglich dir officiellen Einladungen zur Theilnahme au einer Covferenz ergehen lassen, welche alle mit der Donauschissfahrt zusammen- hängenden Kragen regeln solle; dir Eonfrrenz wrrde wahrschrialich im Januar k. I. ihrru Anfang nehme». Dresden, 15. December. ES ist virlfach als ein weise- Bestreben drr Gesetz gebung angesehen worden, auch der Stimme der Mi noritäten Gehör zu verleihen und denselben einen ihrem Maße entsprechenden Einfluß einzuräumen, und man wird diese» Bestreben billig finden, sobald die An sprache der Minoritäten nicht maßlose sind. Leider ist diese» heute vielfach der Fall. Um die Empfin dungen von 400000 Israeliten zu schonen, beleidigt man in Frankreich da» religiöse Gefühl von 40 Millionen Christen dadurch, daß man die Symbole de» ChristenthumS von den Friedhöfen, au» den Schulen und den GerichtSsälen entfernt. Um daS Ge wissen einiger Atheisten nicht zu belasten, haben in dem gläubigen Spanien die Dcvuttrten Moret und Becerra in den CorteS den Antrag auf Abschaffung deS ParlamentSrideS gestellt, und auffallen muß e», daß der Minister Sagasta sich zu einer Modifi kation der Eidesformel, bei welcher nur die „feierliche Erklärung der Treue zu den bestehenden Institutionen" beibehalten weiden soll, bereit erklärte. Die gleiche Frage taucht in Italien auf, wo die Eidesformel allerdings keine religiöse ist und ihre Ablehnung somit nicht den Ausdruck eine» religiösen Dissenses, sondern die Verweigerung deS Versprechens bedeutet, der Ver fassung und den Gesetzen treu sein zu wollen. Bekanntlich hat der zu der extremen Umsturzpartei gehörige Abg. Falleroni im italienischen Parlamente die Eidesleistung verweigert, was zu den Ergebniß führte, daß der Präsi dent der Deputirtenkammer ihn aufforderte, den Sitzungssaal zu verlassen. Als Falleroni, analog seinem Gesinnungsgenossen im englischen Parlament, Mr. Bradlaugh, erklärte, er werdej nur der Gewalt weichen, lieh ihn der Präsident de» Hause» durch die Quästoren abführen. Man sand dieses Verfahren ge recht und billig; denn die Mehrheit der Abgeordneten sagte sich, da» Gesetz ist für den Einen wie für den Andern; e» schreibt die Eide»l.istung vor, also muß auch Falleront diesen Eid leisten, oder er muß auf den Sitz im Parlament verzichten. Fallrroni feldst scheint sich auch nicht mehr al- Volksvertreter ange sehen zu haben; denn er begab sich nach der Schweiz, um einer Verhaftung zu entgehen, da ihm vor feiner Wahl wegen Majestät-beleidigung eine 6monatige Gefängnißstrafe zueikannt worden war. Hätte er sich in Italien sicher gefühlt, fo wäre ferne Reife, besser gesagt „Flucht", nach der Schweiz übe»flüssig ge wesen. Neuerdings ist die Frage wieder in dem italie nischen Parlament aufgetaucht. und beobachtete in die- fem Falle der zur linken Seite deS CabinetS gehörige Justlzminister Zanardelli ein sehr befremdliches Ver halten. Ein Professor deS Strafrecht- in Palermo, der Deputirte Curcio, hatte bezüglich der Eidesleistung einen von den 9 Usfizien de« Hause- zur Lesung zu gelassenen Gesetzentwurf eingebracht, über welchen am 7. d. verhandelt wurde. Der Kern des Gesetzentwurfes Cuccia'S war eine declarirende Modlficirung der Ge schäftsordnung bezüglich deS VersassungSeideS, welche darauf hlnauSlies, daß jeder Deputirte, drr binnen 1 Jahre nach feiner Wahl, au- waS immer für Grün den, den VersassungSeid, wie ihn die StaatSverfossung im Art. 49 vorschreibt, nicht leistet, seine» Mandat» al-Abgeoidneter von selbst verlustig wird. Zu diesem Anträge nahm der Justizminister Zanardelli eine höchst bedenkliche Stellung. Er forderte die Kammer auf, gar nicht in die DiScussion einzutreten, sondern den Antrag einfach abzulehnen, weil die Regierung den selben nicht annehmen könne. Die Frage der Eides leistung der Deputaten sei eine sehr schwierige, die noch nicht genug studirt sei. Erst wenn er (der Mi nister) eingehende Studien über dieselbe gemacht Haden werde, könne er sich darüber ein Urtheil bilden, ob überhaupt ein declarirende- Gesetz wünschenSwerth sei. Vielleicht würde er, fall- diese Noihwendigkeit erwiesen Würde, dann einen darauf bezüglichen Gesetzentwurf einbringen. Bon einem Minister, der selbst den Ver- fassungSeid al- Deputirter geleistet und der obendrein al» Justizminister persönlich sämmtlichen Senatoren den VersassungSeid vor dem König in der Eröffnungs sitzung des Parlaments abzunehmen die Pflicht hat und denselben thatsächlich am 22. November auch ab nahm, daS Geständniß zu hören, daß er den auf den Eid bezüglichen Verfassungsartikel nicht hinreichend studirt habe, um dessen AuSsührung sür die Deputaten als bindend zu betrachten, da» ist für einen monar chischen Minister ein höchst bedenkliches Zugeständniß an die Umsturzpartei. Dieser Zugeständniß wird übrigen- als ein neuer Beweis daiür angesehen, daß die notorischen Sympathien Zanardelli'» für die republikanische Fraction kein leerer Wahn sind. Ein Rückschlag gegen die Aeußerungen de» Minister» konnte unter solchen Umständen nicht auLbleiben. Die Jurisprudenz der Kammer hat in ihrer Geschichte Präcedenzfälle verzeichnet, in denen sich da» Hau» er mächtigt gefühlt hat, diejenigen Wahlbezirke von De- putirten für vacant zu erklären, welche, wie z. B. der clericale Gras Crotti 1867, nicht einmal den Eid ver weigerten, sondern nur einen Zusatz bezüglich ihres religiösen Gewissen» machen wollten. Der jetzige Mi nister deS Aeußern, Mancini, war eS damals haupt sächlich, welcher in glänzender Weise die Th siS ver- theidigte, daß eS unmöglich „Deputirte in Disponibi lität" geben könne und daß jeder Abgeordnete, welcher den Eid verweigere, dadurch von selbst aushöre, Depu tirter zu fein. Dieser Auffassung treu, ergriff dann auch nach der Rede Zanardelll'S der Deputirte Pieran- toni (Schwiegersohn de» jetzigen Minister» Mancini) da» Wort, um den Antrag auf Vacanteiklärnng de» Wahlbezirk» Macerata, den Fallerom ve, tritt, in aller Form zu stellen. Infolge diese- Antrag- zog der Deputirte Cuccia feinen mildern Vorschlag zurück. Der Piäsident Farini verwie- den Antrag Pierantom'» vorläufig an die Usfizien, welche bereit» beschlossen, denselben zur Lesung und Begründung IM Hause zu- zulassen. Bi- jetzt ist die Frage im Plenum noch nicht zur Verhandlung g, kommen. Wie sich nunmehr heraus- gestellt hat, war die ganze Eidesverweigerung Falle- ronl'S eine offen verabredete Herausforderung von Seite der republikanischen Partei gegen die Monarchie. Die Art der italienischen Eidesformel, welche die Treue gegen den König und die monarchische StaatS- verfassung „auf Ehre und Grwissen" fordert, bildete die Veranlassung der Opposition Fallerom'», eine» Jünger» Mazzini'S. Man fragt sich nun: wird die Kammer ihren früheren Entscheidungen der Umsturz- Partei zu Liebe untreu werden und Falleroni tiotz feiner Eidesverweigerung feierlich al» Deputirtcn an erkennen, oder wird sie, angesichlS de» maßlosen Auf- tretens einer kecken Minorität, ckem Antiag Preran- toni folgend, den von Falleroni vertretenen Wahl bezirk Macerata vacant erklären. Die Regierung hat sich umerd-ssen über eine dem Parlament gemachte Vorlage geeinigt, derzufolge jeder den Eid verwei gernde Deputirte, der den Eid nicht innerhalb einer Frist von 2 Monaten ableistet, seine- Mandat- ver lustig gehen soll. Gestern wurde, wie der Telegraph meldet, anläßlich dieser Vorlage in der Deputirien- kammer eine Commission gewählt. Sämmtliche Mit glieder der Commission find der Regierungsvorlage günstig. Die Angelegenheit ist für Italien im Augen blicke von hl her Bedeutung, da sie früher, als eS dem Ministerpräsidenten DepretiS erwünscht ist, eine Cabi- net-klisi- herbeizusühren vermag und auf'S Neue da» Cabinet nöthigen wird, der radikalen Partei unter CriSpi'S Führung, dessen „Risorma" zu Gunsten der EideSverweigerer Stellung Nimmt, entschieden gegen- überzulreten. Von manchem Organen der radikalen Presse wird sogar bereit» sehr lebhaft die Frage der gänzlichen Beseitigung deS E de» besprochen. Der „Popolo Romano", welcher bekanntlich vom Mrni- lie,Präsidenten insp.rirt wird, giebl aber zu erwägen, daß diese Agitation eine ganz ungesetzi che ist, weil damit rm Theil det StaatSgrundgesetzeS beseitigt würde. Wollte man den Rad calen folgen, so würde man auch den Art. 67 der Verfassung, welcher besagt, daß die Minister verantwortlich seien, und schließlich die ganze Verfassung beseitigen können. Tagesgeschichte. * Berlin, 14. December. Der BundeSrath trat heute zu einer Sitzung zusammen. In dieser Sitzung de» BundeSrathS wurde die Vorlage, be- tr-ffend die Erhöhung der Holzzölle, an den Ausschuß verwiesen. — Der Antrag Bremens bei dem BundeS- rathe behufs Correction des untern Weser laufs ist, wie die „Nordd. Allg. Ztg." aus sicherer Quelle erfährt, tingegangen, ohne daß eine Aeuße- rung deS ReichSichatzamlS beigesügt ist, ob da» Reich einen Beitrag, und in welcher Höhe, liefern wolle. ES ist dies, bemerkt daS erwähnte Blatt, ge wissermaßen ein Novum, da den AuSlchüsfen die Auf gabe zufallen wird, eine Vorlage in Berathung zu ziehen, ohne eine gutachtliche Aeußerung deS Reichs- kanzlerS als Basis zu haben. — Die „Nordd. Allg. Ztg." enthält folgendes Dementi: Die „Vossische Zei tung" meldet, daß „nach dem Entwurf deS beutfchen StrafvollzugSgesetzeS die körperliche Züchtigung Feuilleton. Redigirt^von Otto Banck. Verschollen, aber nicht vergessen. Novelle von Robert Waldmüller-Duboc. (Fortsetzung.) Fünftes Capitel. Aber die von dem Franzosen gefürchtete und von dem Briten bald auch selbst für kaum ganz unwahr scheinlich gehaltene Wendung trat nicht ein. Noch ehe NoailleS eine erhebliche Strecke am Strande fvltgeschlichrn war, sah er beim mißtrauischen Seit- wärtSschielen einen mit allerhand Hellen Kleidern be ladenen Knaben in unglaublicher Hast dem Kirchlein, wo Henry Suckling zurückgeblieben war, zueilen und erkannte bald an der unbeholfenen Weise, wie der kleine Schnellläufer eine seiner Taschen zuhielt, daß e» der KupsercröjuS Rafaelo selbst war. Sofort machte auch NoailleS Kehrt. E- kamen ihm jedoch sonntäglich geputzte Per sonen in den Weg, von denen bemerkt oder gar an gesprochen zu werden, ihm nicht rathsam schien, und fo gelangte er erst nach geraumer Zeit wieder in die Nähe de« Kirchlein«, von dort au« hatte Henry, in Unschlüssigkeit über Da«, >va« ihm nach Noaille«' Fort eilen noch obliegen könnte, die Spur de« Freunde« mit den Augen verfolgt. Seine Umkehr bemerkend und auch über Rafaelo'« Treue jetzt beruhigt, war Henry, sobald drr Letztere seine kleine Bürd« keuchend hinter dem Gebüsch auf den Rasen geworfen hatte, rasch ans Umkleiden gegangen, und als NoailleS end lich mit einem befriedigt lachenden „diantre! jo m» suis done trompö!" wieder oben eintraf, stand schon der zweite Lazzarone fix und fertig da. „Wir müssen jetzt ein UebrigeS thun," sagte Henry, der während deS Ankleiden- au- den treuherzigen Reden de» kleinen Burschen vollends Vertrauen zu seiner Zuverlässigkeit geschöpft hatte; „nenne dem bra ven Jungen Dem Logis, damit er meine Kleider dort ohne Aufsehen in Sicherheit bringen kann. Schreibe ihm auch für Deinen Wirth oder Deine Wirthm ein paar Zeilen aus. Die mögen den kleinen Burschen berechtigen, wenn wir in acht Tagen nicht wieder zum Vorschein kommen, sich an unserem Nachlaß schadlos zu halten. Denn jetzt will er durchaus kein Geld nehmen. Er sagt, man stehle eS ihm oder schlage ihn wohl gar deshalb todt, wenn er Nacht» in dem Palazzo der Königin Johanna schlafe. Er will selbst feinen Heiligen nicht früher wieder haben. Den, meint er, brauchten wir jetzt nöihiger al» er. Ich begreife die Logik de- kleinen CymkerS auf- Vollständigste. Er ist gegen un» durchaus rechtschaffen, aber vielleicht kaum so sehr auS Grundsatz, als aus Mutterwitz; — mich wenigstens hält er für keinen Flaufenmacher, und da die hohe Polizei ihn, wenn er un» denuncirte, doch wohl schlecht bezahlen würde, so sagt ihm sein gesun der Verstand, daß er un» helfen und un» auch wo möglich am Leben conserviren muß." Noaille» hatte die ihm abverlangten Zeilen bereit» auf ein Blatt au» Henry'» Taschenbuch geschrieben. Rafaelo begriff ohne große Mühe nach den ihm ge wordenen «nrelnander'kyungen, welche Art Papiergeld da» für ihn nicht entzifferbare Blatt darstellte und schob e», zu einer Kugel zusawmengerollt, sorgfältig unter seinen Kupserschatz. Ehe er aber der Weisung, sich nun rasch mit den Kleidern Henry'» zu entfernen, Folge leistete, sah er sich die beiden Freunde noch einmal aufmerksam von Kopf bis zu Fuß an und suchte dann im Grase an der Rückseite des alten Kirchleins umher, bi- er eine Ziegelscherbe fand. Die stieß und rieb er mit Heftig keit gegen die unebensten Stellen der Mauer und be gann nun, indem er da- hinter der Kirche stehende WeihwasservorrathSfaß zu Hilfe nahm, in der Hand eine rüthlich-braune Farbe herzustellen, die er, ohne weitere Erlaubniß zu erbitten, zum Färben der Beine und Füße deS Briten benutzte. In der That hatten mit Ausnahme der Gesichter alle von dem Lazzaronicostüm nicht bedeckten Körper theile der beiden Fremden begreiflicher Weise eine so lichte Carnation, daß die von Rafaelo inS Werk gesetzte Nachbesserung sehr nöthig war. NoailleS erbat sich denn auch als eine Gunst die nämliche Uebertünchung und sie wurde ihm, wenn auch in etwa- nachlässigerer Ausführung zu Theil. „Legen wir uns jetzt zur Vervollständigung de« von dem wockern Rafaelo Begonnenen am Strande in den Sonnenbrand," sagte NoailleS; und während Ra faelo mit vielen guten Wünschen sich mit den Kleider schätzen Henry'S nach dem Largo-di Castello auf den Weg mochte, wo NoailleS bei einer ältlichen franzö sischen Emigrirten, einer Zlmmervermietherin, sein Quartier hatte, verfügten sich die beiden Freunde an den Strand. Natürlich belehrte sie bald die allmählich ver sengend gewordene Gluth des TageSgestirn», daß der Strand nicht ohne Grund vereinsamt war. In Schweiß gebadet und mit Füßen und Beinen, die fast so heftig schmerzten, als seien sie an dem Hauch eine» Schmelz ofens verbrannt worden, zogen sie sich in den Schatten einer jener Strandbaraken zurück, wo die Thunfischer den Tag über ihr Geräth verwahren, und verbrachten die Zeit unter Gesprächen, die über die beklemmende Unsicherheit der nächsten Zukunst foithelfen sollien. NoailleS, al» sein eigener Leporello, entrollte ein lan- gcS Register der mehr oder weniger glücklich abgelau fenen Liebesabenteuer, die er, seit er seinem Fieund zuletzt begegnet war, in Kairo, in Theben, in Smyrna, in Alexandrien, im Piräu» und noch an vielen and.ren Orten bestanden haben wollte und auch wohl wttklich bestanden hotte; und im Gegensatz dazu ließ sich Henry, zu seiner eignen Verwunderung, auf eine Analyse seiner Empfindungen für Miß Harriet Spenser ein, die ihm seit 3 Monaten Verlobte, und nicht minder auf eine fo innige Schildeiung ihrer sanften, blonden, zarten, nebeldufttgen Erscheinung, daß NoailleS endlich Stein und Bein schwor: wenn Miß Harriet erst auf den Namen des Baronot Suckling höre, und wenn Lily Manor, da» künftige Lanlashirer Parkschloß de» jungen Paar», erst auf die Verpflegung von Gästen eingerichtet sei, so komme er hinüber, — er Tristan Ilario Märien duv de Noailles, mort de ma viel Aber während Beide, sich ihrer innern Unruhe schämend, in solcher Weise von der Zukunst lprachen, al» seien sie derselben sicherer al» je, schien e» wirk lich al« werde, was sie selbst vielleicht unieschickr ge nug begonnen hatten — eben da» wagha si^e Unier- nehmen, dem sie entgegengingrn — sich weit harm loser gestalten, al» sich'» anfang» angelassen hatte.
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