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W 285 Freitag, den 8. December. 1882. Xd»ao«weat»prvli r I» 4»ut»et>«v L«i«k«: iLbrlicti: .... 18 Llarlc. jLbrllek: 4 LV ?5. Liarelos I>iitillu>srv: 10 kk. Lll»,rd»Id 6ei «jeotickeo keictw» tritt kost- uoä 8tvwpelru»ctil»^ kium. Ivsvrateaprelsvr kür 6«u k»uw eiosr ^«spsltouea kstitrsils 20 ?s 0ot«r „Lirxssimät" 6>s 2«ilo ü0 ?k. Loi 1'»dsUei»- uuü 2iNvrvstttr üO H ^ufscbls^. DresdimÄumal. Verantwortliche Redaction: Oberredactenr Rudolf Günther in Dresden. Lrselielaeo r l'L^licb wit Xusoabwo äsr 8oan- unä koi«rt»js» Xbsv6» kür 6su kvlxsntleu 1'»^. Iv8«r»t«oi»no»l»iuo »«««»rt«: l^tprlU: F>. Lran-i«tetter, OowwissiooLr 6s» Ors»6ovr 6ourv»I»; S»mdur« >»rllll - Vt«„ I,«tp»t^ S»»»l Lr»»1»o ^r»i>kkilrt ». N.: Äaa«snstein F kvA/rr, V»rli»-Vi,o L»mkarx- kr»^ - I.»jp,ix - krsvilturl ». It.-Ilüllcd«»: Z/o«e,- L»rlt»: /nr»/i6sn6ant, Lr»m»n: L. Lc^totte,- vr««I-u: F. LtonAsn » Hurra« <Lmit L'abat/i),' Pr»nkk»rc » «.: ^««Ae^-ebs Luekbanüluo^; ÜSrllt»: O. A/Ä/rr; S»Loor«r: t>V Lc/»ü«»isr, ?»rt» SsrUll - ^r»akkurt ». H.- »tulizsrt: Haute F <7o., 8»wdurx: F-t. Ltettxr. N o r »ii» x « d « r r 8öoi«I. kxpsäitiov 6s» l)rs«6o«r 6ouro»i», I)re»6so, iivin8«r»tr»»s Ho. SO. Inserate für die Weihnachtszeit finden im „Dresdner I-urnat" die geeignetste Verbreitung. Hierbei verfäumen wir nicht, darauf aufmerksam zu machen, daß aus Anlaß des Weihnachtsfestes Handel- nnd Gewerb- treibenden bei Inseraten mit mehrmaliger Wie derholung außerordentliche Bergünstignngen ge währt werden. Dresden, im December 1882. königl. Expedition des Dresdner Journals. (Zwingerstraße Nr. 20, in der Nähe des neuen Postgebäudes.) Amtlicher Scheil. Dresden, 5. December. Se. Majestät der König haben dem Oberconsistorialrath Friedrich Heinrich Anacker in Dresden da» Ritterkreuz I. Klasse vom Verdienstorden Allergnädlgst zu verleihen geruht. Sr. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Vanquier Franz Günther in Dresden den Titel und Rang als „Commerzienrath* in der vierten Klasse der Hofrangordnung zu verleihen. Ee. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Theaterdirector, Königl. Preuß. Kammersänger Max Stägemann in Leipzig die ihm von Sr. Königl. Hoheit dem Großherzoge von Mecklenburg-Schwerin verliehene Verdienstmedaille in Gold annehme und trage. Bekanntmachung. E» wird hierdurch zur öffentlichen Kenntniß ge bracht, vaß der Lotterie-Collecteur Reinh. Seifert in Geringswalde von der Fortführung der Geschäfte der AlterSrentenbank entbunden, dagegen dem Lotterie- Lollecteur Ehregott Grünberg in Flemmingen eine Agentur dieser Bank übertragen worden ist. Dresden, den 4 December l882. Finanz-Ministerium. von Können-. Dietzel. Nichtamtlicher Theil. Telegraphische Nachrichte». Berlin, Donnerstag, 7. December, Nachmit tags. (Tel d. Dresdn. Journ.) Der Reichstag ver wies die Vorlage, betreffend die Abänderung deS Reichsbeamtengrsrtzeö, nach unerheblicher Debatte an eine Isglirdrige Commission, ebenso den Ge setzentwurf, betreffend die Abänderung deS Milt- tärpevfionSgesetzes. ES folgte darauf die Etat- berathung. Cvblenz, Donnerstag, 7. December, Mittags. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Die Rhrinhöhe ist hier unverändert, bei Mannheim ist der Rhein auf 722 em gestiegen und steigt noM fort. Auch die Mosel steigt, während der Main und Neckar fallen. Köln a. Rh., Donnerstag, 7. December. (Tel. d DieSdn. Journ.) Heute früh HS Uhr ist der Rhein bis auf 67V cw gestiegen, gestern Abend regnete eS hier, heute dagegen ist eS ziemlich heiter und windstill. Wien, Mittwoch, 6. December, AbendS. (Tel. d^ Boh.) Der Club der Bereinigten Linken de- Feuilleton. Redigirt von Otto Banck. Verschollen, aber nicht vergessen.*) Novelle von Robert Waldmüller-Duboc. Wo bi» ich? War'» ein Lraum, »er mich erschreckt? «ein, je»t ent«»»' ich mich. O bittrer Augenblick, al, lch Len Pleil «am «Vogen schnellte I Larl» Bojji. Erste» Kapitel. ES war eine jener ambrosischen Juninächte, in deren erquickendem Hauch dar Volk von Neapel sich die Worte seine» Dichter» Sannazar ousathmend und dasein»freudig in» Gedächtniß ruft: ?erro ä«l molo, eaäuto in tarra — Stück Himmel, herabqefallen aus die Erde! Da lag da» nächtlich farblose Meer in fast völliger Glätte und spiegelte Alle» wider, wa» über ihm an Sternen glänzte, flimmerte und durch die Lüste schoß. Ließ sich em Ruderschlag vernehmen, so be gleitete denselben — für den mit den Augen ihm fol genden Lauscher rin zauberischer Anblick — da» plötz lich am tropfenden Ruder, am wellenspritzenden Bug und aus der Furche, die der Kiel schnitt, silbern auf- wimmelnde Merrleuchten. Dann wuder flammte ein rothr» Feuer an einer Stelle auf, wo eben vor her noch nicht» zu sehen gewesen war, al» der schwankende Abglanz der Gestirne — da» Kien- feuer, mit dem die Fischer den Thunfisch in ihre Netze oder in den Bereich ihre» Dreizack» locken. *) Rachdruck untersag«. Abgeordnetenhauses hat nach mehrtägigen ein gehenden Debatten in der heutigen Sitzung mit Mehrheit beschlossen, daß er nicht principiell gegen den Befähigungsnachweis sei, und hat sich nahezu einstimmig für daS Eingehen in die Special- debatte über die Grwrrbrorduuvg erklärt. (Vgl. die „ Tagesgeschichte".) Im Burgthrater ereignete sich heute Vormit tag noch vor der Probe ein Unfall mit der Draht courtine. Beim Aufziehen riß eines der Draht seile, wobei auch die Aufzugmaschine Schaden litt. Bis morgen wird der Schaden reparirt sein. Dir heutige Vorstellung mußte abgesagt werden. Paris, Mittwoch, 6. December, AbendS. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer nahm heute daS Budget des Handelsministerium» an. Der Minister Tirard protrstirte gegen unaufhörlich neue Credit- forderungen und erklärte, man müsse einhalten, wenn man nicht daS Gleichgewicht der Finanzen in Frage stellen wolle. Dir Kammer nahm sodann daS Budget deS Ministeriums der öffentlichen Arbeiten an und begann mit der Berathung deS Einnahmebudgets. D»r Deputirte Marion entwickelte sein Amende ment, welche» die Eihöhung der Siener auf beweg liche» Vermögen auf 3Proc'nt behuf» Entlastung des Ackerbaues bezweckt.— Der Fijnanzminister Tirard bekämpfte daS Amendement und constatirte, daß man Entlastungen im Betrage von 150 Millionen Frc». an der Zucker- und Weinstcuer vorgenommen habe. Diese Entlastungen hätten ein Dcficit von 82 Millio nen zur Folge gehabt und seien zum Theil die Ursache der gegenwärtigen Lage. Eine neue Steuer würde drückend sein für die Inhaber der beweglichen Werthe und würden die ausländischen Werthe vertreiben. — Nach einigen Bemerkungen Deroy'S und Ribot'S wurde die weitere DiScussion auf morgen vertagt. Eine Plenarversammlung der Rechten der Deputirtenkammer beschloß, gegen daS Budget zu stimmen Loui» Blanc ist heute früh in Cannes ge storben. Haag, Mittwoch, 6. December, AbendS. (W. T. B.) In der Zweiten Kammer wurden heute von mehreren Deputirten heftige Angriffe gegen den Minister des Auswärtigen, van Rochuffen, gerichtet. Der Minister dc» Auswärtigen, van Rochussen, erklärt, über den neuen Handelsvertrag mit Frankreich seien die Verhandlungen im Gange; derselbe basire auf dcm Principe der meistbegünstigten Nation und w.rde auf 1 Jahr abgeschlossen werden. Der Vertrag werde die Form einer Convention erhalten und nicht aus ein Gesitz basirt werden, wie Frankreich ein solche» für seinen Handelsvertrag mit England angenommen habe. In der Angelegenheit wegen Borneo habe die Regie rung ihre Pflicht gethan. Der Minister bemerkt so dann bezüglich der Suezcanalfrage, das Interesse der Niederlande an dem Lruezcanal sei zu einleuchtend, al» daß man befürchten sollte, daß die Niederlande über- gangen würden, wenn ernstliche Verhandlungen in dieser Richtung staltfänden. London, Donnerstag, 7. December. (Tel. d. DreSdn. Journ.) DaS Alhambratheater in Lei- crstersquare ist gestern nach der Vorstellung gänz lich ntedergebrannt. St. Petersburg, Mittwoch, 6. December, Abends. (W. T. B ) Dem „Golos" zufolge sucht daS Ministerium die Asfignirung von SH Millio- nen Rubel noch zum Baue von 4 neuen Kriegs schiffen, von denen 2 in dem TypuS de« englischen Panzerschiffe- „JmperionS" für daS baltische Meer, die beiden anderen ähnlich dem Panzerschiff „Peter Ein wunderbar wohlthuender, von Salztheilchen erfüllter Wind kräuselte hie und da den ruhigen Spiegel und ließ dann wieder nach, um bald darauf von Neuem wie spielend daher zu streichen und über mal» zu verschwinden. Gerüche bald von Seetang und Seesternen, bald von den blühenden Orangen- und Citronenpflanzungen Sorrent» lösten einander ab oder verschmolzen sich zu Düsten halb erfrischender, halb narkotisch einschläfernder Art. Und wenn der ferne Vesuv, wie e» von Zeit zu Zeit geschah, die um seine Stirn hängende weißliche Rauchwolke durch einen Gluthschein au» der Tiefe seiner unheimlichen Esse röthlich färbte, da trug der Wind auch wohl etwa» wie schwachen Schwefelduft über den ganzen Golf herüber. Wer wildverwüstende Ausbrüche de» nimmer ganz rastenden FeuerbergeS erlebt hatte oder wem verhee rende Erdbeben je nahe gekommen waren, dem pflegten solche Schwefelhauche, wie kaum wahrnehmbar sie auch sein mochten, den Athem zu beengen. Andere, wenn sie derselben gewahr wurden, fühlten etwa- von dem prickelnden Reize, mit dem da» Auge sich an dem Auf gehen einer Feuersbrunst weidet, unbekümmert um die Sorge und da» Mitleid, welche jene Empfindung nie derhalten wollen. Aber kaum Einer um und in Neapel mochte heute sich der köstlichen Sommernacht freuen oder jener Zeichen Acht Haden, die ja in der That nur selten auf einen wirklichen Aurbruch schließen lassen. Um den ganzen Golf, der sonst von so fröhlichen Liedern tönt und der so gern von dem lauten Lachen sorglosen Dasein»aenusse» wiederhallt, herrschte die Ruhe de» Friedhof», nur von Zeit zu Zeit unterbrochen durch der Große" für da» schwarze Meer bestimmt, ge- baut werden sollen. Zur Feier deS 50jährigen Jubiläums deS russischen Generalstabes findet am 9. d. Mittag» im Gebäude de» Generalstabe» in Gegenwart de» Kaiser» Gotte»dieust, am 10 December Mittag» feierlicher Actu» und Empfang der Deputationen, Abend» 6 Uhr im Saale der Adeltversammluag Diner für Subskribenten und die Ehrengäste Statt. Konstantinopel, Mittwoch, 6. December, Abend«. (W. T. B.) Nunic Pascha ist an Stelle Edib Efendi'» zvm Kinanzminister ernannt wor den. Wie e» heißt, wird Achmet Befik Pascha nach Angora gesendet werden. Kairo, Donner»tag, 7. December, Nachmit tag», (Tel. d. DreSdn. Journ.) Mahmud Pascha, Sam ali Pascha, Fehmi Abdellal Pascha, Tulba Pascha find heute Vormittag vor rin Kriegsgericht gestellt worden und bekannten sich der Rebellion schuldig. Die Sitzung wurde darauf aufgehoben und daS Urtheil vertagt. New-Aork, Mittwoch, 6. December, AbendS. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Der VenuSdurchgang war in allen LandeStheilen sichtbar, leichte Wolken- bildungen erschwerten die wissenschaftlichen Be obachtungen. Befriedigende Resultate hatte die Universität Harward, ziemlich zufriedenstellende mit Photographien daS Observatorium in Washing ton. Dresden, 7. December. Die Unterschlagungen bei öffentlichen Kassen in Rußland, welche neuerdings eine kaum glaubhafte Höhe erreichten, müßen alle Diejenigen widerlegen, in deren Augen das große Reich fortdauernd als daS europäische Schreckgespenst erscheint. Rußland hat noch viel zu ernsthafte, seine eigene Stärkung und Organisation be zweckende Arbeit zu erledigen, ehe eS sich mit weit ausfehenden Eroberungsplänen zu tragen vermag. Alle in der letzten Zeit eingelaufenen Nachrichten zeigen, daß wir noch sehr fern von dem Zeitpunkte sind, wo die Schöpfung Peter's deS Großen so weit gediehen sein wird, um gleich anderen europäischen Staaten auf wahrhaft conservativen Grundlagen erbaut zu sein und vor Allem ein pflichttreues, zuverlässige», ehrliche«, unbestechliche» Beamtenthum »hr Eigen zu nennen. Da» Moskauer Blatt „Ssowremennyja Jiwestija* («Zeitgenössische Nachrichten-) unterzog sich vor Kurzem der Mühe, die Ziffern jener Summen zusammenzu- stellen, welche in den letzten 3 Monaten in Rußland au» den öffentlichen Kassen defraudirt oder gestohlen wurden. So unterschlugen die Herren: Melnitzki 338 643, Swiridow 553000, Safiano 400000, Ry- kow (Skopin) 12077 287, Babuschkin 18 500, Bro- mirSki 44000, Ajgustow 25000, Fakowenlo-Jakowlew 42000, Antilow 47 000, Solobownikvw 500000, Nemirowski 25000, Nowizki 150000 und MatkowSki 1000000 Rubel. Au» den einzelnen Banken und ärarischen Kassen wurden dagegen in derselben Zeit defraudirt oder gestohlen: Chersoner Bank 2064000, Wladikawkaser Bank 1710000, Kronstädter Bank 1500000, St. Petersburger Bank 45000, Jnten- danturkassen 6000000, ärarsiche Apotheken 225000, Marinekassen 60000, Simferopoler Rentei 40000, Zarizyner Stadtkasse 53000 und GerichtSdepositen- drillanten 30000 Rubel. Zusammen also 27 Mil lionen Rubel, die kleineren Defraudationen, welche sich gewiß ebenfallr auf 10 bi» 20 Millionen Rubel be laufen dürften, wie man sieht, nicht eingerechnet, und da sage man noch, daß Rußland nicht „vorgeschritten* sei! Beweisen denn diese Millionen nicht etwa den mißtönende Laute und Schreie, wie sie Menschen au»- stoßen, die nicht singen sollen und doch wollen, zum Trotz nicht nur dem Verbot, da» sie in den Banden eiserner DiSciplin hält, zum Trotz auch dem Rausch, der ihnen die Zunge lähmt und daS Bewußtsein um nebelt. Diese wüsten Rufe und Sänge kamen theils von der Seite de» Meere», theil» vom Lande; hüben wie drüben hatten sie einen fremdländischen Klang, und wer sprachkundig genug gewesen wäre, hätte sowohl englische und russische Worte und Weisen unterscheiden können, wie auch türkische, montenegrinische und arme nische. Denn alle diese Völkerschaften hatten bei der Niederwerfung der halbjährigen neapolitanischen Re publik nach Kräften mitgeholfen, und nun die unglück liche Stadt sich ihnen ergeben hatte, ihnen und den bourbonischen Truppen der sogenannten Glauben»armee de» Cardinals Ruffo, nun hielt es begreiflicher Weise nicht leicht, ihren Slegerübermuth zu zügeln; und wenn sie sich dennoch dazu verstehen mußten, die Einen, indem sie die Kriegsschiffe nicht verließen, die Anleren, indem sie in den ihnen durch die Capitulation geöffneten Castellen verblieben, so konnte ihnen doch nur verboten, nicht verwehrt werden, sich für diese Einbuße an Be wegungsfreiheit in einem tüchtigen Rausche zu ent schädigen. Fraglich genug freilich war'», ob gar Vielen der Besiegten beim Anhören dieser rohen Au-drüche der Fremden die Ohren schmerzten, wenn schon der Nea- volitaner deren» damals mit dem Titel Barbar nicht sparsam war. Die Stadt halte auch unter der Republik keine Freudentage verlebt. Und dann: als der König Ferdinand vor 6 Monaten, am 21. December 1798, höchsten Fortschritt, den man sich nur denken kann? ruft da» russische Blatt au». Einer der geriebensten Betrüger unter den oben Genannten ist Rykow, der ehemalige Director der Ekopin'schen Bank, welcher Skopin, eine Provin- zialfladt, in der unverschämtesten Weise auibeutete. lieber diesen Gauner bringt der „Rjäsan Llstok* folgende nicht uninteressante Mittyeilungen: Der Direc- tor Rykow hatte sein Augenmerk auf die städtische Verwaltung gerichtet; denn da» Stadthaupt und die Stadtverordneten hatte er zu seinen Zwecken sehr nöthig. Er mußte über sie verfügen können, und diese» war Dank der Sittenlosigkeit, wie sie in der örtlichen Ge sellschaft herrscht, bald erreicht. E» komm» ein Wahl tag, da eilen die meist Töpferarbeit verrichtenden Klein bürger Skopin» und andere Leute in die Bank und erhalten „Darlehen* von 100 bi» 1000 Rubel, je nach der Physiognomie de» Wähler». Diese wurden, wa» die Rückzahlung deS Darlehens betiifft, zwar nicht sehr pünktliche Schuldner, dem Direcior aber waren sie dadurch um so „zuverlässiger*. Andere Leute mußten durch Bier- und Branntweinspenden ge wonnen werden, dre ganz offen betrieben wurden. Er klärlich wird dadurch da» Bild, wie die halbtrunkeuen Wähler zur Wahlversammlung getrieben wurden. Bon solchen Leuten wurden Mitglieder der Stadlverordneten versammlung gewählt. Freilich gab es auch Leute, bei denen dieses Treiben Anstoß erregte; diese nannte Rykow die „Unruhigen*. Doch er halte auch für sie ein Mittel: er hatte die Macht, sie in 24 Stunden au- der Stadt zu entfernen. So verfuhr er mit einem Oberkassirer, der ihm nicht behagte, und sogar mit einem Gendarmerieoifizier. Um da» zum Bau der Nitolaiklrche erforderliche Capital zu schaffen, legte Rykow Allen, die in der Bank Geschäfte halten, eine der Größe de- Credits entsprechende Abgabe auf. Einem Schuldner, der einen fälligen Wechsel, aus 300 Rubel lautend, nicht einlöjen konnte und dle obliga torische Abgabe zum Bau der Kirche erst recht nicht zu zahlen vermochte, wurde in folgender Weise ge holfen: man gab ihm einen Wechsel, gegen dessen Vor weisung die Bank jene Summe zum Besten de» KirchenbausondS auSzahlte. Die dürftige Kleidung eine- Beamten der Bank beleidigte da» Auge Rykow'» so sehr, daß er unverzüglich seinem Schneider befahl, er solle den Betreffenden ganz neu kleiden; tue Rechnung, welche erwa 200 Rubel betrug, wurde mit dem Gelbe der Bankkasse bezahlt. Derartige Schelme wie Rykow wissen sich in kleinen Städten einen ungeheuein Einfluß zu verschaffen, die öff ntliche Meinung in ihrem Sinne auszunutzen und die stet- die Majorität bildenden Trunkenbolde und Dummen dazu zu verwenden, auf den Stadlvo, stand, wenn er nicht freiwillig mit dem Beirüger gemeinsame Sache macht, einen Druck zu äußern. Es organlsirt sich n^ch und nach eine große, ein ganze- Gemein wesen auSbeutende Diebesgesellschaft, welche e» so lange treibt, bi- die Schelmerei rn rclotanter Weise an den Tag kommt. Den neuesten Nachrichten zufolge sind denn auch die Genossen Rykow'», da- Stadthaupt Ikonnikow und dessen Vorgänger Owtschinnikow dem Gericht über geben worden. In der bald darauf abgehaltenen Stadtverordnetenversammlung wurde beschlossen, Ikonni kow seines Amte- zu entheben und vor Gericht zu stellen; alsdann wählte die Versammlung zum neuen Stadthaupt ein Mitglied de- Siadtamte-, I. W. Owtschinnikow. Es vergingen kaum 2 Tage, da mußten die Stadtverordneten wieder zu einer Ver sammlung berufen werden. Wie groß war da- Staunen, al- der Secretär ein amtliche- Schreiben verlas, laut welchem da» kürzlich gewählte Stadthaupt nebst 11 Stadtverordneten, weiche Mitglieder der mit der Re vision der Bank beauftragten Commission waren, auch dem Gerichte überwiesen werden sollten. mit seiner Familie auf einem von Nelson geführten englischen Linienschiffe nach Sicrlien geflohen war, weniger aus Furcht vor den noch fernen Franzosen, als vor den in der Residenz selbst laut und lauter werdenden neapolitanischen Jakobinern, da hatte er — so hieß eS — 20 Millionen Ducaten mit fougenommcn und in einer öffenllichen Kaffe war das Mindeste nachgeblieben — sollte man sich denn nicht zu seiner nun nahen Rückkehr graiuliren? Jakobiner und Fran zosen hitlen wahrend der 6 Monate genommen, waS sich nehmen ließ. Jetzt mußte doch wieder Geld in Umlauf kommen. Alle zwanzig Millionen konnten jo nicht schon drauf gegangen sein. So etwa war in den Kreisen der Krämer und Handwerker die Stimmung, noch mehr säst in denen der Lazzaroni. Sie hatten von Alter» her sich am besten befunden, wenn man sie sich selbst überließ. Da lagen sie am User in der Sonne oder griffen bald hier bald dort mit an, je nachdem da» Eine oder da» Andere ihrer Laune und ihrem Bedürfniß entsprach: heute Faullenzer, morgen unermüdliche Lastträger, zufrieden, wenn nicht Pest oder Blattern sie vor der Zeit in» Purgatorium entsendeten. Gab e» allgemeine Unordnung in der Stadt, so war ihnen auch da» von jeher recht gewesen. Sie plün derten dann, steckten Paläste in Brand, schlugen ver meintliche Spione todt und streckten sich wieder heitern Sinne» am User in die Sonne, nachdem die Kirche sie absolvirt oder die Polizei ihnen bedeutet hatte, man werde für die-mal, wie die Phrase lautete, durch die Finger sehen. Auch während der kurzen Dauer der Republik war ihr Verhalten ein ähnliche» gewesen, und daß e» jetzt kriegerischen Spectakel am Golf gegeben hatte, wo ihrer unersättlichen Schaulust reiche Nahrung