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Dresdner Journal : 03.11.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-11-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188211031
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18821103
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18821103
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1882
-
Monat
1882-11
- Tag 1882-11-03
-
Monat
1882-11
-
Jahr
1882
- Titel
- Dresdner Journal : 03.11.1882
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174 dessen gegen den Landrath v. Bennigsen und den Redakteur der .Nordischen Presse- in Lübeck, Fr hrn. v. Rutenberg, einen Preßproceß an, weicher mit der Berurtheilung beider Angeklagten zu einer mehr monatigen Freiheitsstrafe durch da» Landgericht in Lübeck feine Erledigung fand. Diese Strafe ist dem nächst durch den Senat der Stadt Lübeck im Gnaden wege in eine Geldstrafe umgewandelt worden, während anderweitige in Aussicht stehende Beleidigungsklagen des Kammerrath- Berling durch eine gütliche Verein barung der Parteien beigelegt wurden. In dieser Zeit hochgradiger Aufregung, die infolge des Erscheinens der Schmähschrift namentlich in der Stadt Lauenburg, woselbst der Kammerrath Berling viele Freunde und politische Anhänger zählte, noch erheblich vermehrt war, erschien nun der Landrath v. Bennigien persön lich in der Stadt Lauenburg, um die Wahlhandlung daselbst nach seiner Angabe zu übernehmen. Und der kurze Aufenthalt in dieser Stadt ist eS nun, der ihn und den Bürgermeister dieser Stadt, Hoch berg,- heute aus die Anklagebank gebracht hat. Beide sind angeklagt, am 27. October vor. I., dem Tage der ReichSrathSwahl, den Kaufmann Schlichtesten, einen Führer der Liberalen, widerrecht lich verhaftet und erst am späten Abend wieder freigelasfen zu haben. Die von Schlichteisen bean tragte Strafverfolgung der beiden Beamten wurde von der Staatsanwaltschaft abgelehnt; erst das OberlandeS- gericht zu Kiel veranlaßte gegen die beiden Beamten die Anklage auf Grund der tztz 341, 239, 47 deS Strafgesetzbuchs. Hr. v Bennigsen-Fürder gab in der heutigen Verhandlung an, er fei von Schlichtesten durch wiederholtes AuSspucken beleidigt worden und Hobe denselben deshalb festnehmen lassen; Hochberg erkläite, er habe die fernere Haft angeordnet, weil bei Schlichs eisen excessive Ausschreitungen zu befürchten gewesen seien. Die zahlreichen Belastung»- und Entlastungs zeugen gaben von der infolge der Flugblattes nament lich in der Stadt Lauenburg herrschenden Aufregung und Erbitterung gegen den Landrath ein anschauliches Bild, gehen im Uebrigen darin auseinander, ob die Veranlassung zu der Arretirung Schlichteisen'S, das AuSspucken, mit der Absicht zu beleidigen geschehen fei oder nicht. Nach etwa 1 stündiger Berathung de» Ge richtshöfe» wurde das Urtheil dahin verkündet, daß die Angeklagten des ihnen in der Anklage zur Last gelegten Vergehens nicht schuldig seien und daß die Kosten de- Verfahren- der Staat-kaffe oufzubürden seien. Bei diesem Urtheil ging der Gerichtshof von der Erwägung aus, daß ein Mal die Beleidigung de» Schlichtesten durch da» AuSspucken und Psuirusen nicht erwiesen sei und daß andererseits die Jnhastirung des selben eine objektiv rechtswidrige gewesen sei, da alle im Gesetze vorgesehenen Bedingungen sür eine solche Verhaftung, Fluchtverdacht, CollusionSgesahr u. s. w. nicht gegeben gewesen feien. E« fehle indessen an der subjektiven Widerrechtlichkeit, da den An geklagten mit Rücksicht auf die näher erörterten Umstände darin Glauben beizumessen sei, daß sie auS Unkenntniß sich zu der ihnen zur Last gelegten Hand lung sür berechtigt angesehen hätten. WaS aber die Kostenfrage anlange, so hätten die Kosten nicht dem Nebenkläger auferlegt werden können, weil er an und für sich zu seiner Denunciatwn berechtigt gewesen und erst die Verhandlung in dem heutigen Termin darge- than habe, daß trotz der objektiven Rechtswidrigkeit die Angeklagten, wegen fehlenden äolus, eine Strafe nicht treffen könne. * München, 1. November. Die «Münch. Corr.* meldet nachstehende militärische Personalverän derungen: DaS Abschiedsgesuch deS LhefS de- Jn- genicmcorp- und Inspekteur- der Festungen General- lieutenantS v. Buz ist genehmigt, demselben der Cha rakter al- General der Infanterie verliehen und der selbe mit Pension zur Disposition gestellt, der Com- mandeur der Fußartilleriebngade Generalmajor v. FrieS zum Chef de- Jngenieurcorp» und Inspekteur der Festungen, der Generalmajor v. Heinleth zum Lommandeur der 4. Division ernannt und Beide zu Generallieutenants befördert, der Lommandeur der 2. Jnfanteriebrigade Generalmajor v. Heckel zum Ge nerallieutenant befördert worden. — In den Einlauf de- königl. Landgerichts München! ist nunmehr die Klage der von dem Advocaten Heinrich v. Fischer dahier ver tretenen Livilliste Sr. Majestät de- Königs gegen den bayerschen FiScuS auf Anerkennung der Bau pflicht feiten deS letzter» bezüglich des königl. Residenz- und de- Hoftheater- gelangt. ES handelt sich hier um die Uebernahme derjenigen Bauvornahmen im königl. Hof- und Nationaltheater, welche vom Magi strate al- Feuerpolizeibehörde angeordnet wurden, zu deren Bestreitung dann der LultuSminlster ein Postulat von 2200V M. an die Kammer der Abgeordneien brachte, da» jedoch mit der Motwirung abgelehnt wurde, daß eine Baupflicht de» Staate» nicht bestehe. Bp Weimar, 1. November. Se. königl. Hoheit der Großherzog wird in den ersten Tagen der näch sten Woche au- dem südlichen Frankreich hier wieder eintreffen. Bald danach, ebenfalls im Laufe der näch sten Woche, wird auch die Frau Großherzogin hier erwartet. Nach den heute aus HeinrichSau eingegange nen Nachrichten erholt sich die hohe Frau von ihrer Krankheit in erfreulichster Weife, o daß die Abreste von dort bereit» in das Auge gefaßt werden kann. — Die Synode beschäftigte sich in ihren letzten öffent lichen Sitzungen mit der Berathung von Petitionen de- Predigerverein» im Wennarischen Kreise. Nament lich eine, die sich auf das Verhältniß der Geistlichen zur Schule und ihre Stellung al» Ort-fchulaufseher bezog, gab Veranlassung zu einer Debatte von größerer Bedeutung, insofern, als durch den Chef de- CultuS- departementS, Geh. Rath Or. Stichling, die Klagen über die ungenügende Stellung, die die Geistlichen al» Ort-fchulaufseher einnähmen, zurückgewiesen wurden. Geh Rath Oe. Stichling machte geltend, daß das durch die neue Gesetzgebung geschaffene Verhältniß der Geist lichen zur Schule >m Allgemeinen ein ersprnßlrcheS und wohlthäiige- fei und die Geistlichen nicht durch kleinliche Empfindlichkeiten sich adschi ecken lasten Mlen, ihre wichtige Stellung zur Schule sestzuhalten; die Re gierung werde aus ihrem Standpunkte bestehen bleiben. Ich habe berichtigend zu bemerken, daß in der Synode nicht die Herstellung eines Lehrstuhls für Heiden mission, sondern nur die Einfügung eine- Lollegs über diese Materie in die Zahl der Vorlesungen der Jenai- fchen Hochschule beantragt worden war. Die Sy node ist übrigens über diesen Antrag zur Tagesord nung übergegangen. Darmstadt, 3l. October. (K. Ztg.) Der Groß herzog ist mit dem Erbgroßherzog und der Prinzessin Alice heute au- England wieder eingetroffen. —5. Wien, l November. Die Erklärungen, welche der Minister des Aeußern, Graf Kalnoky, in der gestrigen NachmittagSsitzung deS ungarischen Dele gationsausschusses für auswärtige Angelegenheit abge geben hat, bilden heute da- hervorrahendste Thema der politischen DiScussion. Man findet, daß Graf Kalnoky, trotz feiner fonstigen diplomatischen Zuge knöpftheit, die Anfragen der ungarischen Delegieren ziemlich erschöpfend beantwortet und ein klare- Bild jener Verhältnisse entworfen hat, welche derzeit da» österreichisch-ungarische Cabinet in erster Reihe be schäftigen. WaS die Beziehungen zu Italien betrifft, fo wußte man wohl, daß dieselben, trotz deS bisher unterbliebenen Gegenbesuche» de- Kaisers am italre- nischen Hoflager, keine Trübung erfahren haben. Nichtsdestoweniger hat eS Befriedigung hervorgerufen, daß der leitende Minister diese Thatsache ausdrücklich bestätigt und gleichzeitig erklärt hat, daß e- weder per sönliche, noch sachliche, sondern ausschließlich örtliche Verhältnisse waren, welche den Monarchen bisher ver hindert haben, den Besuch des italienischen Königs- paareS zu erwidern. WaS ferner die in der Schwebe befindliche Frage, betreffend die Auslieferung der in die bekannte Bombenschmuggelaffaire verwickelten Trie- stiner, anbelangt, fo darf nicht übersehen werden, daß eS sich hier um keine diplomatische, sondern um eine streng juridische Frage handelt, die eben nur vom Rechtsstandpunkte behandelt und gelöst werden kann. Nachdem das erstrichterliche Urtheil gegen die in der erwähnten Affaire Bezichtigten dem Appell hofe in Venedig unterbreitet worden ist, so muß zu nächst der Spruch dieses Tribunals abgewartet wer den, ehe weitere Schritte bezüglich der AuSlieftrung unternommen werden können. Betreffs unserer Be- ziehungen zu Montenegro hat Graf Kalnoky gleich falls die Sachlage unumwunden dargelegt. Fürst Nikolaus war und ist bestrebt, feinen internationalen Verpflichtungen gegenüber Oesterreich gerecht zu wer den. Wenn ihm dies nicht immer so gelungen ist, wie von österreichischer Seite gewünscht werden mußte, dann sind daran Verhälinisse Schuld, dkren Beseiti gung nicht in der Macht deS Fürsten lag. DaS kleine, kaum haibcultivirte Montenegro darf eben nicht mit einem sich vollkommen geordneter Rechtsverhältnisse er freuenden Staatswesen verglichen werden; die dortige Bevölkerung ist kaum noch über die ersten Begriffe von Mein und Dein hinaus, man kann ihr also auch nicht zumuthen, das nöihige Verständniß sür die Pflich ten deS Völkerrechts zu besitzen. Oesterreich wird nun selber dasür sorgen, daß die Unterstützung allfälliger insurreclioneller Bewegungen in der Herzegowina fetten der montenegrinischen Bevölkerung aushöre, indem e» läng» der ganzen montenegrmüchen Grenze besestigte Blockhäuser (Kula») errichtet, deren Besatzungen den Söhnen der schwarzen Berge im Nolhsalle den Stand punkt hinlänglich klar machen werden. Triest, 31. October. (Pr.) Neuerlich wurden 3 nach dem Bombenattentate verhaftete Personen: Johann Markovic, Eugen Salvator und Angelo Do- naggio, auf freien Fuß gefetzt, nachdem die Staat»- anwaltfchast die Klage zurückzog. Donaggio wurde wegen Uedertretung de- WaffenpatenlS zu einer Arrest strafe verurtheilt, wogegen er recurrirte. Pari», 31. October Der heutige Minister- rath genehmigte nach langer Debatte und nicht ohne Widerstreben den Budgetentwurf Tirard's, den der selbe am nächsten Montag vor dem Bndge1au»schuß begründen wird. Da die Budgetfrage voraussichtlich lebhafte Erörterungen Hervorrufen wird, fo ist eS von Interesse, den Unterschied zwischen dem Tirard'schen und dem Say'schen Finanzplan in seinen Einzelheiten in- Auge zu fassen. Say wollte die von ihm in» außerordentliche Budget pro 1883 eingeschriebenen 488 Millionen Eisenbahn-, Canal-, Fluß- und Hrfenbauten bestretten, ohne zu einer neuen Ausgabe 3 amorti- sirbarer Rente gezwungen zu sein. Zu diesem Zweck schlug er vor, 40 Millionen der Pnvatmdustne mit telst Conceffionen zu überlassen, 190 Millionen sür die Vorjahre bewillig en aber nicht verwendete Crevite in Anspruch zu nehmen und endlich 258 Millionen ZinS- garantien, welcye die Bahnen dem Staate schulden und deren Rückzahlung erst m einer Reihe von Jahren fällig ist, schon im nächsten Jahre zu erheben, wovon 207 von der Orleansbahn, welche zur Aufbringung dieser Summe den gleichen Betrag staatlich garan- lirter Obligationen und Bons auSgeben sollte, rückzahlbar in denselben Terminen, in welchen sta tutengemäß die Rückzahlung der ZinSgarantien an den Staat zu erfolgen hätte. Tirard ändert nun an der von feinem Vorgänger geplanten Reguli- rung nur einen rein formellen Punkt: anstatt daß der Staat die BahnenbonS unter feiner Bürgschaft auS geben läßt und den Betrag zu seinen öffentlichen Arbeiten verwendet, soll er im Laufe des EtatSjahres 1883 diese Bon- nach Maßgabe seine- Bedarfs direkt auf feinen Namen auSgeben und deren Rückzahlung mit den von den Bahnen ihm schuldigen ZinSgarantte- erstattungen decken. Der wirkliche Bedarf ist nämlich keineswegs >m Vorau» mit Sicherheit festzustellen, wie man schon daraus sieht, daß in den Vorjahren für 190 Millionen Arbeiten, zu deren Ausführung die Regierung von den Kammern autorisirt war, unaus geführt geblieben sind, und auch im laufenden Jahre werden von 559 Millionen, welche das Parlament für Bahn- und Wasserbauten ausgesetzt hat, nur ca. 460, also rund 100 Millionen weniger zur Ausführung ge langen. ES genügt eben nicht, daß das Geld da fei, man muß auch die Studien und Vorarbeiten fertig haben, über die nöthige Zahl von Ingenieuren und Arbeitern verfügen rc., was nicht immer rechtzeitig der Fall ist. Tirard'S Vorschlag erscheint unter diesen Umständen vortheilhaft sür den Staat, insofern derselbe keine Zugeständnisse des letztern an die Bahngesell- schäften, insbesondere kernen Verzicht auf die sofortige Ausübung des BerstaatlichungSrechtS nothwendig macht, während, dem Say'schen Project umgekehrt vorgeworfen wird, eS habe die Mitwirkung der Gesellschaften über flüssiger Weise in Anspruch genommen, um ihnen eine Gegenleistung in dem Verzicht auf die sofortige Ver staatlichung, die sie fürchten, anbieten zu können. Rom, 1.November. (Tel.) Die «Opinione* schreibt: Die Wahlen zeigen, daß das Land gewillt ist, die Regierung zu unterstützen, durch welche die öffentliche Ordnung garantirt wird. DaS Land wünscht die Einigung der monarchlschen liberalen Kräfte, welche auch wir wünschen; die Rechte kehrt in derselben Stärke, wie nach den Wahlen von 1880 in die Kammer zu rück. — Die «Riforma* sagt, die Wahlen seien au» dem Wunsche hervorgegangen, die Freiheit mit der Ordnung zu vereinigen. — Der «Popolo Romano* meint, die neue Kammer werde in ihrer Zusammen setzung, was die numerische Stärke der Parteien an gehe, wenig von der vorigen abweichen, wohl aber werde sie eine verschiedene Physiognomie ausweisen. Die Kammer werde im Stande sein, eine homogene Mehrheit zu bilden, welche eine feste Regierung sichere. — Dem «Diritto* zufolge gewinnen die Radikalen nur etwa 10 Sitze in der Kammer. Dieselbe Be rechnung macht auch der «Popolo Romano*. Belgrad, 31. Octobrr. Die« Pr. * erhält telegraphisch von ihrem hiesigen Correspondenten folgende authentische Darstellung der neuesten Ministerkrisi»: Weder vor noch nach dem Attentate waren Aussichten sür eine Ministerkrisi- vorhanden. E» bestanden weder zwischen den einzelnen Mitgliedern deS Cabinet», noch zwischen diesem und dem König irgend welche Meinung-Ver schiedenheiten. Der König sprach vielmehr wiederholt dre Hoffnung au-, daß weder die Untersuchung de» Attentat- übereilt, noch irgend eine Maßregel einge führt werden soll, wie solche unter dem Regime Ristic üblich waren. Gerade seit dem Attentat waren Mi nister täglich zu Hosdiner- geladen. Mittlerweile be gannen Ristic und sein Anhang die beunruhigendsten Gerüchte über da- Attentat und die Regierung in der ganzen Stadt zu verbreiten. Der König berief, um diesem Treiben ein Ende zu machen, Ristic und M - lojkovic zu sich, appellirte an ihren Patriotismus und forderte sie auf, die Regierung zu unterstützen, da es sich um die Ruhe de- Lande- und die Interessen de» Throne- handle. Der König fragte Beide, was sie an Stelle deS heutigen Ministeriums thun würden — worauf sie antworteten, daß vor Allem die bestehenden «Freiheiten* aufgehoben und außerordentliche Maß regeln ergriffen werden müßten. Die Reaktionären, ermuntert durch die blose Thatsache de» Empfange» ihrer Häupter bei Hofe, verbreiteten hierauf das Ge rücht in der Stadt, daß Rfftic schon sein Ministerium gebildet habe und daß bereits jene Persönlichkeiten be zeichnet seien, welche verhaftet und gehenkt werden sollen. DaS wa: am Freitag. Tag» daraus berief der König auch den altconservativen StaatSralh Zenit, um ihn um Rath zu fragen. Infolge dessen erklärte das Ministerium Pirotschanaz, daß eS bereit sei, zurück zutreten. Der König antwortete hierauf, daß er an eine Veränderung deS Ministerium- nicht denke; er wiederholte den Ministern Da-, wa» er zu den ver schiedenen Deputationen über die Rothwendigkeit, alle Elemente der Unordnung zu besiegen, gesagt hatte. Gestern war eine Deputation der Ristic'schen Fraction beim König erschienen, um demselben ihre Loyalität zu versichern. Der König sagte zur Deputation, daß ihre Gesinnung-genossen die Regierungspartei wenig sten» in der heutigen Absicht, Ruhe und Ordnung her zustellen, unterstützen sollen. Der König versicherte zugleich, daß ihn selbst Ereignisse, wie da» Attentat, nicht von einer politischen Richtung abdrängen können, welche er al» die für Serbien am meisten heilbringende ansehe. Al» den Reaktionären bekannt geworden, daß der König an die Neubildung eine- Ministeriums nicht denke, bemächtigte sich Verwirrung ihrer Gemüther. Die jüngeren Mitglieder der Partei verlangten heute von Ristic die Aufstellung eine- Programms für die innere Politik, worauf dieser antwortete: «WaS Pro gramm! Ich bin da» Programm!* Jnfol;e dessen erklärten die jüngeren Mitglieder der Partei, darunter der gewesene Unterrichtsminister Bojchkovic und der gewesene Finanzminister Wladimir Jovanovic, au- der Partei auStreten zu müssen. Konstantinopel, 1. November. (Tel.) Bezüglich deS Besuches deS englischen Botschafters beim Sultan wird noch bekannt, Lord Dufferin habe dem Sultan mittheilen lassen, daß er, zufolge Instructionen au» London, am Donnerstag nach Aegypten abreisen und bi- Weihnachten von Konstantinopel abwesend sein werde. Dufferin wurde infolge dessen ersucht, sich auf die Pforte zu begeben, wo derselbe mit dem Premier minister und dem Minister deS Auswärtigen längere Zeit conserirte. — DaS türkische Journal «Hakikat* hofft, die Pforte werde ungeachtet der möglichen Ein wendungen Frankreich- verlangen, daß die Ernennung deS neuen BeyS von Tunis rn Gemäßheit deS bis herigen Gebrauches ihrer Sanktion unterbreitet werde, denn dieser Recht-au-übung entsagen, käme einem ein fachen Verzicht gleich. Dresdner Nachrichten vom 2. November. Aus dem Polizeiberichte. An die Behörde ist heute ein am 31. vor. M. in einer Droschke zu- rückgelasfeneS Opernglas abgegeben worden. — Bor 4 — 5 Wochen ist auf der Pillnitzerstraße ein Paket Knöpfe verschiedener Sorten gefunden und gestern an die Behörde abgegeben worden. — In einer Maschinenfabrik der Wilsdruffer Vorstadt ver unglückte gestern bei dem Anlegen eines Treibriemens ein Elfendreher, indem er einen Arm- und Schlüssel beinbruch erlitt. Er wurde im Carolahause ausgenom men. — Verloren wurde vorgestern 1 mattgoldene» ovales Medaillon mit blauen Türkisen und weißen liegenheiten sah, die nicht allein seine Zeit, so viel ihm feine ärztliche Praxis überhaupt noch von dieser übrig ließ, sondern auch seine Gedanken vollständig in Anspruch nahmen. Es käme ihm vor, sagte er in diesen Tagen einmal mit einem halben Lächeln, als gehöre er gar nicht mehr sich selbst, al- sei er in eine fremde Welt mrsetzt, die W>lt der materiellen Inter essen, die feiner eigentlich durchaus fern läge. Er ge hörte sich selbst nicht mehr, nein — und doch erregte eS ihn in tiefster Seele, als seine Pflegemutter ihm in diesen Tagen mittheilte, daß Virginie um einige Tage früher als ihr Verlobter ihre Reise beendigt habe, daß sie wieder hier sei. «Ich denke, ich werde sie dann auch bald sehen*, entgegnete er. Es war das Einzige, was er in dem Augenblick zu sagen vermochte, und der Commerzien- räthin war e- fast lieb, daß er nicht mehr äußerte, daß er sie nicht fragte, wie sie Virginie gesunden, ob da» Mädchen gerade so in seinem Glück gestrahlt habe, wie andere Bräute auch, denn ganz im Ge heimen — sie wollte e» nur sich selbst kaum gestehen — hatte sie etwa» wie Enttäuschung bei der ersten Begrüßung Virginien» empfunden. Nicht al» ob die Verlobte ihre» Sohne» e» an Ehrerbietung, an Zu- Vorkommenheit hätte fehlen lassen: im Gegentheil, e- hatte eine gewisse Weichheit in ihrem Wesen gelegen, dir ihr sonst fremd war und welche ihr in Momenten etwa» Innige» gab, aber zugleich mu^te man sich auch sagen, daß sich ihr Wesen noch in anderer Be ziehung verwandelt zu haben schien; Virginie hatte nicht mehr den alten, fröhlichen, neckischen Sinn ge zeigt, sie war während der Zeit ihrer Abwesenheit merkwürdig ernst und still geworden. (Forts, folgt.) Der Comödiavt. Im Pariser «Figaro* war ein schon in unserer vorigen Nummer erwähnter Artikel von Octave Mir- beau „!.« eowväisn" erschienen. Derselbe liegt unS nicht im Wortlaute vor, und eS kann .nicht davon die Rede sein, seine etwaigen Ausschreitungen und Ver stöße gegen den gesellschaftlichen Tact gutheißen zu wollen. Wohl aber wird Jedermann der allgemeinen moralischen Tendenz jenes Artikels beistimmen müssen, denn diese ist gegen den Unfug einer Abgötterei ge richtet, welcher der Literatur und der Gesellschaft zur Unehre gereicht und als eine Zettkrankheit zu ernsten Gegenmitteln aufsordert. Die«Wien. Allg. Ztg. * widmet diesem Thema folgenden beherzigenSwerthen Artikel. Selt einigen Tagen hat Pari« wieder — wer weiß für wie lange? — einen Gesprächsstoff. Octave Mirbeau sprach die Ansicht auS, dem Schauspieler werde von der heutigen Gesellschaft weit über Gebühr gehuldigt, er verdiene nicht den ungemefsenen Weih rauch, den man ihm streue. Ja, Hr. Mirbeau geht noch weiter; er hat nicht Übel Lust, die Schauspieler in ihrer socialen Stellung auf die Stimmung ver gangener Jahrhunderte zurückzuschrauben und ihnen da- Begräbnlß in geweihter Erde zu versagen. Der Artikel an und für sich erregte schon Aufsehen genug. Nun kamen aber noch andere Umstände hinzu, um ihn zum Mittelpunkte de» allgencinen Interesses zu machen. Ein Bulletin jagte alsbald da» andere. Die Schauspieler von Pari» haben eine Versammlung ab- gehalten, um über gemeinsam vorzunehmendr Schritte zu berathrn. — Die Schauspieler wollen Hrn. Mirbeau fordern. — Hr. Mirbeau schlägt sich nicht mit ihnen. — Hr. Damals fühlt sich ganz speciell beleidigt. Der «Figaro* hat sich bei Hrn. Damals entschuldigt. — Hr. Mirbeau hat daraufhin Hrn. May nard, Lhesredacteur deS « Figaro *, gefordert... Die weite ren Nachrichten vom Kriegsschauplätze sind abzuwarten. Voraussichtlich werden in dieser Affaire etliche Tropfen Blutes verspritzt werden, aber mit den Pariser Duellen ist in der Regel die Sache nicht so ernst, wie sie auS- sieht. Die literarische Carriäre in der Semestadt, wenn sie eine vollständige sein soll, muß mit einem Dmll beginnen und mit der Wahl in die französische Akademie enden. Hr. Mirbeau, ein bomo novus in der Pariser Presse, wird nun fein obligates Duell haben; er braucht nur noch in die Akademie gewählt zu werden, um allen billigen Anforderungen zu ent sprechen . . . Für mein Theil habe ich weder Lust, mich mit einem Repräsentanten der Wiener darstellen den Künstler, noch mit dem Chefredacteur der «Wiener Allgemeinen Zeitung* zu schlagen. In aller Friedlich keit möchte ich daraus Hinweisen, daß ein Theil — allerdings nur ein Theil — deS von Hrn. Mirbeau Vorgebrachten berechtigt ist, und daß wir Wiener alle Ursache haben, darüber nachzudenken, ob nicht auch bei unS der -Ooweäieu" verhimmelt wird in unnatür licher Werse. Seitdem einmal Hrn. Blasel auS dem Orchester de» Carltheater» eoram publica ein silberner Kranz als Zeichen der allgemeinen Verehrung emporgereicht worden, staune ich über nicht»; man setze Hrn. Friese bei Lebzeiten ein Monument, und ich will mit keiner Wimper zucken, denn der Schouspielercultu» wird noch manche wunderliche Blüthe treiben, und wir Modernen thun sehr Unrecht, un» über die vormärz ¬ lichen Enthusiasten lustig zu machen, die sich in zoologischer SelbsterkenH-niß vor den Wagen einer ge feierten Sängerin spanMen. Nur in der Form hat bei uns der Schauspielercultu» sich geändert, die Sache ist dieselbe geblieben . . . Vielleicht staunt Mancher darüber, daß gerade auS Paris da» Signal zu einer Art Schauspirlerverfolgung kommt. Wer aber die Pariser kennt, der weiß nur zu wohl, wie sie bi» über den Kopf in überkommenen Vorurtheilen stecken und viel zopfiger, al» fonst eine Nation in dem Gleise bleiben, in welchem die Väter und Urväter gewandelt. Der Schauspieler gehört in Frankreich noch immer nicht zur eigentlichen guten Gesellschaft. Al» e» hieß, Got, der Doyen der Comsdie-Franyaise, werde den Orden der Ehrenlegion erhalten, erhob sich ein Sturm der Entrüstung. Bonrollen Seiten regnete e» Pro teste. Man setzte öffetMich auseinander, daß Derjenige, der auf der Bühne sich dem Gelächter de» Publicum» prei»gebe, täglich seine Individualität wechsle, sich viel leicht auch — weil e» in seiner Rolle vorgeschrieben ist — müsse ohrfeigen lasten, nicht mit dem verdienten Gelehrten, dem tapferen General eine Auszeichnung theilen könne. Got wurde endlich doch Ritter der Ehrenlegion, aber officiell nicht al» Schauspieler, son dern al» «Professor am Conservatorium*. Der Schauspieler Got hat noch immer keine französische Decoration. Da» Ritterkreuz de» österreichischen Franz-JosefS-Orden» war ihm schon viel früher ver liehen worden . . . Daß ein hoher Aristokrat eine Dame vom Theater heirathet, kommt in Frankreich weit seltener vor, al- in anderen Ländern. Der viel besprochene Artikel de« Hrn. Mirbeau also klingt der überwiegenden Majorität der Franzosen au- der Seele,
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