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Dresdner Journal : 10.10.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-10-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188210109
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18821010
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18821010
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1882
-
Monat
1882-10
- Tag 1882-10-10
-
Monat
1882-10
-
Jahr
1882
- Titel
- Dresdner Journal : 10.10.1882
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seiner Wirkung die Flaschen, in denen Flüssigkeiten zum Berkaus kommen, au». ES haben sich aber bei dem vielach vorkommenden Verkauf von Flüssigkeiten in Flaschen — so namentlich von Getränken, wie Bier, Wein, Liqueure, namentlich aber bei dem die ärmere Bevölkerung betreffenden Verkauf von Petroleum in Flaschen, welcher augenblicklich zu einem desondern Gewerbe au-geartet ist — soviel Unzuträglichkeiten gezeigt, daß auf deSfallstge Anfragen der Reich-Ver waltung selten der Polizei und anderer Verwal tungen die Absicht angeregt ist, zu dem oben ge nannten Gesetz eine Novelle zu erlassen, welche auch die Flaschen äner Eichung nach ihrem Inhalt unter wirft. Man meint, daß dem Reichstage in der nächsten Frühjahrssession eine hierauf bezügliche Vorlage des BundeSrath» zugehen werde. — Prof. Dr. Althoff von der Straßburger Recht-- und staat-wiffenschaft- lichen Facultät, Mitglied des StaatSrathS für Elfaß- Lothringen, ha , laut der „K.Ztg.*, den Ruf erhalten, in dem preußischen LultuSministerium das Referat für UniverfitätSangelegen Helten als Nachfolger deS vor einigen Monaten verstorbenen Geh. Rath» Göppert zu übernehmen, und auch angenommen. — D»e Ernennung de» Hauptmanns vom Generalstabt Hagenow, bisher in Straßburg, zum Attachä de» deutschen Generalkon sul» in Kairo macht Aufsehen. Bisher waren Atta- chirungen von Militärs nur bei Botschaften üblich. — In der gestrigen ersten Sitzung de» neuerwählten Kreistage- für den Krei» Herzogthum Lauen burg zu Ratzeburg hatten Graf Bernstorff-Stinten- burg und v. Schrader-Bliestorf folgenden Antrag ein gebracht: »Der -rei-rab wolle beschließen, an die Häuser de» Landtage« die Petition zu richten, dem von der vormaligen Ritter- und Landschaft in ihrer letzten Sitzung vom 18. Sep tember beschlossenen Gesuch, betreffend Reorganisation der ständischen Verwaltung, keine Folge zu geben, vielmehr der aus Grund de« Artikel SS der Bersaflungsurkunde erlassenen allerhöchsten Verordnung nachträglich die verfassungsmäßige Zustimmung zu ertheilen ' Der Antrag gelangte, wie man der „N. A. Ztg.* schreibt, nicht zur Abstimmung, da er bei der Kürze der Berufsfrist nicht rechtzeitig hatte auf die TageS- ordnung gebracht werden können, begegnete jedoch ent schiedenen Sympathien, so daß auf die Annahme feiten de» nächsten Kreistage» zu rechnen sein dürfte. Stuttgart, 6. October. Der „St.-Anz. f. W.* schreibt: Eine Deputation der LandeSauSschusseS der conservativen Partei Württemberg» wurde am Sonnabend von dem Minister de» Innern v.Hölder in Audienz empfangen, um die vom Landesausschuß an da» königl. StaatSministerium eingereichte Bitte, betreffend die Beseitigung der Uebelstände des Unter- stützungSwohnsitzgesetzi», de» Freizügigkeit»- und Verehelichungsgesetze» demselben noch beson der» zu empfehlen. Mit Hinweisung auf die An sichten, welche er seiner Zeit al» ReichStagSabgeord- veter bezüglich de» UnterstützungSwohnsitzgesetzeS aus gesprochen und vertreten habe, erklärte der Minister eine Revision diese- Gesetze- im Sinne der in der Petition ausgesprochenen Grundgedanken für dringend wünschenSwerth. Er erkannte an, daß die mit dem Gesetz verbundenen Uebelstände immer mehr hervor träten und zum Bewußtsein kämen. Andererseits sei die Schwierigkeit einer Abhilfe bei der Verschiedenheit der Verhältnisse und Anschauungen bezüglich dieser Frage in den verschiedenen Theilen Deutschland- nicht zu verkennen. Diese Schwierigkeit sei auch bei den Verhandlungen im Reichstag hervorgetreten. Unter diesen Umständen müsse eine Vermittelung und billige Ausgleichung, durch welche den hauptsächlichsten Miß ständen abgeholfen würde, gesucht und angestrebt wer den. Bezüglich de- zweiten Theils der Bitte um Vergrößerung der Landarmenbezirke sprach sich der Minister dahin au», daß gewichtige Gründe für diesen Antrag sprächen. ES werde aber schwierig sein, diesen Gegenstand außer Zusammenhang mit der längst in Aussicht genommenen Verwaltungsorganisation zum Abschlusse zu bringen. Indessen werde er die diesfalls ausgesprochenen Wünsche und deren Ausführbarkeit einer ernsten und allseitigen Prüfung zu unterziehen nicht unterlassen. Angesichts dieser günstigen Aufnahme der eingereichten Bitte dürfte eS nun zunächst Sache der betheiligten Kreise, insbesondere der Gemeinde- und Bezirksvertretungen sein, durch Geltendmachung ihrer Erfahrungen und Anschauungen diese wichtigen Fragen bis zu ihrer befriedigenden Lösung in Be wegung zu erhalten. Darmstadt, 7. October. (Köln. Ztg.) Heute wurde die erste Versammlung deS deutschen Vereins für Armenpflege und Wohlthätigkeit unter Vorsitz von Straßmann (Berlin), Stellvertreter Oberbürger meister v. Hack (Stuttgart) und Oberbürgermeister Ohly (Darmstadt), abgehalten. Der Ministerialrath Jaup begrüßte die Versammlung namenS der Regie rung, der Oberbürgermeister Ohly namenS der Stadt. Berthold (Berlin) spricht über die Nothwendigkert einer einheitlichen Jndividualstatistik in Armenpflege brfind- licher Personen, und die Versammlung genehmigte die vorgeschriebenen Formulare als Giundloge einer allge meinen Armenstaiistik. Heute Abend hält der deutsche Sparkassentag Sitzung. Schwerin, 7. Oktober. (H. N.) Der allgemeine Landtag ist zum 15. November nach Malchin eili ge rufen worden. Braunschweig, 6. October. (Köln. VlkSztg.) Die Grafschaft Blankenstein wurde beim AuSsterbe» der Grasen von Reinstein und Blankenburg 1599 vom Herzog Heinrich Iuliu» von Braunschweig in Besitz genommen. Die Grasen Stolberg protestirten und leiteten 1604 beimRerchLkammergericht einen Proceß ern, der aber 1644 liegen blieb. Nachdem er 237 Jahre geruht, machte >m vorigen Jahre der regierende Graf von Stolberg-Wernigerode die Klage wegen Herausgabe der Grafschaft Blankenburg beim herzogl. Landgericht anhängig. Die erste Ewilkammer de» Landgerichts hat indessen die Klage wegen Wiederauf nahme deS ProcesfeS verworfen und den Kläger in die Kosten verurteilt. Voraussichtlich wird der Pro- crß noch der weiteren Instanzen verfolgt werden. * Wien, 8. October. Ihre Majestäten der Kai ser und der König von Sachfen, Kronprinz Ru dolf, Prinz Wilhelm von Preußen und Prinz Leopold von Bayern begaben sich heute nach Schönbrunn. Vormittags hatte zu Ehren der Anwesenheit der fürst lichen Gäste im Pala,- de» Erzherzog» Karl Ludwig ein Döjeuner stattgefundess. Se. Majestät der König von Sachfen stattete heute Vormittag dem Könige von Serbien einen Besuch ab, später erschien auch der Kaiser bei Letzterm. Der König von Serbien er widerte um H2 Uhr den Besuch deS Kaisers und fuhr sodann nach Schönbi unn, um Sr. Majestät dem Könige von Sachsen einen Gegenbesuch zu machen. — Die Landtage arbeiten nunmehr mit erhöhter Rasch heit, um bis zum Schlüsse der Session das ihnen zu- gewiesene BerathungSmaterial wo möglich vollständig aufzuarbeiten. Im niederösterreichischen Landtage kam eS gestern, auf Veranlassung des Abg. Ritter v. Schönerer, zu einer improvisirten Debatte über die Judenfrage. Derselbe überreichte nämlich, da er für einen Antrag auf „Regelung der Judenfrage in N'eder- österreich* nicht die nöthige Stimmenzahl finden konnte, diesen Antrag in der Form einer Petition einiger Be wohner Wien- und der Vororte, an welcher das HauS fast einmüthig durch Uebergang zur Tagesordnung daS „parlamentarische Standrecht* vollzog. Abg vr. Weitlof stellt bezüglich dieser Petition den Dringlichkeitsantrag, daß eS von der Zuweisung derselben an den Gemeinde- und BersaffungSausschuß da» Abkommen finden möge Redner ersucht, zunächst über die Dringlichkeit des An trag» zu entscheiden, und behält sich dar Wort vor, um einen weitern Antrag aus Uebergang zur Tagesordnung zu steuen und zu motiviren. Abg Ritter v. Schönerer: Meine Herren: Ich bin durch den gestellten Antrag durchaut nicht überrascht. Um die Juden- sreundlichkei« zu documentiren, wird mau, ich weiß eS aus Er fahrung, zu den rücksichtslosesten Mitteln greisen. Meine Herren! Der Inhalt der Petition ist in keiner Weise zu be anstanden, und ich glaube, wenn die Bevölkerung den gesetz- ltchen Weg betritt, so soll man sie nicht daran hindern, die» zu thun, sondern man soll die berechtigten Wünsche wenigsten» einer Prüsung unterziehen. Wenn Sie das nicht thun, dann dars es Sie nicht Wunder nehmen wenn schließlich auch bei un« die Bevölkerung die Lösung dieser Frage in gewalt- thätiger Weise in die Hand nehmen wird. (Stürmische Oho- rufe.) Landmarschall Baron Felder: Ich bitte Len Hrn. Redner, doch zu berücksichtigen, daß solche Worte nicht in einer legiilativen Körperschaft gesprochen werden dürsen. (Zustim mung ) Abg. Ritter v. Schönerer: E» wird doch so sein! (Un ruhe.) Auf Antrag dcS Abg. Dr. Weitlof wird die er wähnte Pelition zur Verlefung gebracht. Dieselbe lautet: .Hoher Landtag deS ErzherzoglhumS Oesterreich unter der Ennsl Jene tiefgehende social-wirthschastliche Bewegung, welche unter dem Namen der Judensrage schon seit geraumer Zeit in zwei Nachbarstaaten und in der östlichen ReichShälste die vitalsten Interessen der christlichen Bevölkerung berührt und die öffentliche Aufmerksamkeit beschäftigt, gewinnt auch in den im ReichSrathe vertretenen Königreichen und Ländern von Tag zu Tag an Bedeutung. Die unterzeichneten Be wohner Wien», von der Ueberzeugung durchdrungen, daß die Regelung der Judensrage ein unabweiSliches Gebot der Rothwendigkeit ist, stellen die Bitte, der hohe Landtag wolle die Staatsregterung aujsordern, zur Regelung der Juven- blanker Silberthaler flog in den Schnee und zu den Füßen deS kleinen Läufers. „WaS trieb Sie dazu?* fragte er verwundert und etwa- mißbilligend zugleich: „der Junge fah gar nicht au», al» ob er Almofen bedürfte oder auch nur be- gehrte!* „O, ich war nur so froh* entgegnete sie, „ich mußte in dem Augenblick Jemandem eine Freude machen! — Und sehen Sie nur*, fügte sie, indem sie sich leicht umwandte, lachend hinzu, „der Jungr läuft jetzt nicht mehr, er tanzt und hält seinen Thaler in die Höhe!* „Ja, und alle seine Kameraden, die ein gleiche» Verdienst haben, ärgern sich* sagte Hermann, „und in Zukunft wird jeder warten, ob eS nicht auch für ihn Thaler regnen will!* Sicher hatte der Tadel kein scharfer sein sollen, dennoch mußte er sie getroffen haben, denn für einige Augenblicke schwieg sie; dann aber begann sie halblaut: „Richt wahr, Sie halten mich für recht thöricht?* Er neigte sich zu ihr, und hätte sie ihre Augen nicht niedergeschlagen gehabt, würde sie gesehen haben, daß seine Miene keine-wegS die eine- strengen Rich ter» war. „Unüberlegt kann man Sie bi»weilrn nennen, Virginie I* sagte er. „Nein, nein!* rief sie eifrig und schlug die Augen jetzt voll zu ihm auf, „bleiben Sie bei den Worte, da» ich wählte! Ich leide ja ost genug unter meinen Verkehrtheiten, wenn sie mir hintennach klar werden — nur im ersten Augenblick vermag ich Manche» nicht recht zu Überblicken und sage und thue daher nicht selten etwa» Andere», al» ich eigentlich will!* Es war plötzlich ein seltsamer Umschwung mit dem Mädchen vorgegangen; der kaum noch so frisch heitere Ton hatte sich in einen vollkommen ernsten verwandelt und der lachende Ausdruck ihrer Augen war nicht mehr zu erkennen. Aber auch seine Stimme klang verändert, als er jetzt die Entgegnung gab: „Ihnen fehlt nichts als ein Auge, das über Sie wacht und die Regungen Ihrer Seele besser versteht, als Sie selbst * „DaS Auge der Mutter*, sagte sie leise. „O, ich weiß da», ich habe meine Mutter zu früh ver loren!* Er schwieg einige Augenblicke, dann sagte er: „Wa» sie Ihnen nicht mehr sein kann, das ver mag vielleicht noch ein anderer Mensch Ihnen zu werden, Virginie; ein Mensch, zu dem Sie volles Vertrauen hätten, daß er Ihr Bestes und nur Ihr Bestes will, dessen Hand Sie leiten dürste — ein Freund!* „Ja, Hermann* rief sie aus, „ja, einem Freunde würde ich folgen, seine Stimme sollte nie vergeben» zu mir sprechen: ein Freund * Sie stockte — auf ihren Lippen hatte der AuSruf geschwebt: „Seien Eie mir ein solcher Freund, Hermann!*, aber sie brachte ihn nicht hervor; sie senkte nur auf» Neue die Augen vor ihm, denn eine unbeschreibliche Verwirrung war plötzlich über sie gekommen! — Von Freund schaft hatten sie mit einander geredet — da» Wort war harmlos, eS bedeutete nur eine Fortsetzung de» Verhältnisse», in welchem sie von jeher zu einander gestanden hatten — sie hätte ihn bitten dürfen, ihr Freund zu bleideu! Ihn bitten dürfen!? — vor einer Secunde noch hätte sie eS gedurft — in diesem frage in Oesterreich unverzüglich die nöthigen Maßregeln zu treffen.' Abg. vr Weit los: Ich brauche wohl nicht zu ver sichern, daß e« nicht der Inhalt dieser Petition sein kann, der mich zu meinem Anträge veranlaßt; e» entspringt derselbe vielmehr äußeren Umständen. (Ritter v. Schönerer: Hört!) Ich muß in dieser Richtung offen erklären, daß e« gerechten Unwillen erregen muß, dem nieberösterreichischen Landtage zu- zumulhen, über eine ivlche Petition in einem Momente zu be» rathen, wo in einem Rachdarlandt an der Grenze Rieder- österreich» dir Verschiedenheit der Lonseisionen oder, um mich de« in «twisten Kreisen beliebten Ausdrucke- zu bedienen, die Verschiedenheit der Racen zu empörenden Gewaltthaten geführt hat. Abgesehen von der Illustration, welche die Tendenz der Pelition durch die Bemerkungen des Abg. Ritter v. Schönerer er- sadren hat (Ruse:Sehr richtig!), muß berniedtröfterrrichtscheLi-nd- tag Alle» vermeiden, was auch nur den Schein erwecken könnte, daß er jene Agitationen unterstütz«, welche die antisemitische Be wegung in unserer Bevölkerung hineinzutragen bemüht sind. Im Lande Niederösterreich soll duich dir brrusenen Vertreter deS Volte« mit Entschiedenheit zum Ausdrucke gebracht werden, daß bei un» der Boden zu ähnlichen Aufreizungen nicht vor handen ist und daß die Lande-vertretung mit Entschiedenheit gegen solche Bestrebungen austreten wird. (Lebhafter Beifall) Es bedarf wohl auch keiner längern Ueberlegung, um sofort das Verbiet über diese Bestrebungen auSzusprechcn; sie ver dienen bezeichnet zu werden als Störung de» Hausfrieden», und für diese haben die germanischen Völker stet» eine rasche Ahndung zu finden gewußt. (Beifall) Au» diesem Grunde, bitte ich den Dringlichkeitsantrag anzunehmrn. Bel der hierauf folgenden Abstimmung wird die Dringlichkeit de» Antrag» mit allen gegen 2 Stimmen (der Abgg. Ritter v. Schönerer und Fürnkranz) an genommen. Abg. Or. Weitlos nimmt hieraus zur Begründung de» Antrages aus Uebergang zur Tagesordnung das Wort. Bor Allem gelte e», wie Redner aussührl, Zeugniß dasür abzulegen, daß das treue Festhalten an der Verfassung eine Culturmisfion des nieberösterreichischen Lolksstammes sei. Je häufiger und je drängender rückschrittliche B wcgungen heranlreten, desto energischer müsse die Abwehr ersolgen. Die Gleichberechtigung aller Staatsbürger sei wie die übrigen BersastungSrechte ein Grundpjeiler unserer staatlichen Einrichtungen; an ihm dürse nicht gerüttelt werden, wenn nicht das ganze Gebäude »n Schwanken gerathen solle. Hier liege nun ein Versuch vor, an der Gleichberechtigung der Staatsbürger zu rütteln, und der hohe Landtag möge über diesen Versuch das parlamentarische Standrecht deS Ueberganges zur Tagesordnung zur Anwendung bringen. (Ledhaster Beisall.) Bei der Abstimmung wird der Antrag auf Ueber gang zur Tagesordnung mit allen gegen die Stimmen der Abgg. Ritter v. Schönerer und Fürnkranz ange nommen. — Wie die„Pr* au»Trieft meldet, wurde gestern Wilhelm Oberdant dem Militärgerichte emge- Uefert behuf» Aburtheilung wegen Desertion undHoch- verrath». Prag, 8. October. Ihre kaiserl. und königl. Hoheiten der Kronprinz Rudolf und die Kron prinzessin Stefanie, welche heute Abend» nach 4 wöchiger Abwesenheit, während welcher Zeit da» durchlauchtigste Paar in BreSlau und Triest verweilte, dann den JagdauSflug nach Siebenbürgen und nach Eisenerz in Steiermark machte, nach Prag zurückgekehrt sind, begeben sich übermorgen Nachmittags mit dem Prinzen Leopold und der Prinzessin Gisela von Bayern, welche am Dienstag früh hier eintreffen, nach Tel sche n. Dort werden sie zwei Tage hindurch Gäste des Grasen Franz Thun sein, in dessen Wäldern Hirschjagden abgehalten werden. Tetschen - Bodenbach trifft die umfassendsten Vorbereitungen, um die er lauchten Gäste festlich zu empfangen. — DaS vom Landtage in seiner Sitzung vom 3. d. M. einstimmig votirte Landesgesetz, betreffend die Virilstimm berechtigung der beiden Rectoren der Prager deutschen und tschechischen Universität, hat bereits gestern die allerhöchste Bestätigung erhalten; eS wird also der Rector der tschechischen Universität, Prof. Tomak, demnächst neben dem deutschen Rector, Prof, vr. Hering, im Landtage seinen Platz einnehmen. Bei dieser Gelegenheit sei erwähnt, daß von den vier Kirchensürsten, welchen die Birilstimme zusteht, auch Heuer noch keiner im Landtage erschienen ist, auch keiner derselben sein Nichterscheinen entschuldigt hat. Der frühere Bischof von Leitmerltz, vr. Frind, hatte fofort in der nächsten LandtagSfefsion, welche seiner Inthronisation gefolgt war, wenigstens auf kurze Zeit seinen Platz im Landtage eingenommen und dann sein Fernbleiben von den Landtagssitzungen durch drin gende Berufsgeschäfte entschuldigte. Der Nachfolger desselben auf dem Leitmentzer bischöflichen Stuhle, Bischof Dr. Schöbl, hat bisher den Landtag ignorirt. — Der „nationale Pranger* fungirt in der tsche chischen Presse fortwährend mit großem Hochdruck, und es thun sich in dieser H'nsicht insbesondere die „Na- rodni Listy* hervor, welche keinen Tag vergehen lassen, ohne nicht eine Reche von widerlichen Denunciationen mitunter läppischster Art zu veröffentlichen. Heute z. B. denuncirt dieses Blatt, daß ein hiesiger Blumen- Augenblick, seit sie seine Blocke mit einem so seltsamen Ausdruck auf sich ruhen fühlte, seit eS wie ein Schreck durch ihre eigene Seele gegangen war, durfte sie eS nicht mehr! „DieSchlitten haben un» eingeholt!* sagte sie mit beklommener Stimme. „Ja*, antwortete er; „unsere Fahrt war zu lang sam geworden — wollen Sie e», so sind wir dem Zuge schnell wieder voraus!* „Nein, o nein, jetzt nicht länger!* bat sie hastig. „Ich meine doch, wir sind so lange ernst gewesen, wir müssen uns jetzt wieder dem Vergnügen zuwenden! Sie wissen es ja, allzu lange darf der Fisch nicht im Trocknen bleiben!* Sie lachte bei den Worten, und wenn dies Lachen in dem Augenblick auch etwa- gezwungen klang — nach wenigen Minuten, als erst einige Rufe mit den nachfolgenden Schlitten gewechselt waren, zu denen sie selbst Veranlassung gegeben hatte, schien sie wieder völlig wohl und unbefangen zu sein, so wohl und un befangen wie der Fisch, auf den sie sich berufen hatte, in dem Elemente spielt, dem er zurückgegeben ward. Die Schlitten hatten jetzt ihr Ziel erreich», und eS gab ein fröhliche- Gewirr, als sich nun die bunte Ge sellschaft zusammenfand, um der Geselligkeit, die denn doch den Hauptkern deS ganzen Unternehmen- bilden sollte, ihr volles Recht werden zu lassen. Mäntel und Pelze waren rasch abgestreift und da mit begab sich Alle- in den gefällig geschmückten Saal de» Kaffeehauses, wo nach eingenommener Erquickung ein Tanz stattfinden sollte. Hermann hatte seiner Dame die schuldigen Cava- lier»dienste geleistet, und wie jeder Herr seine erwählte Händler ein Bouquet im Schaufenster seine» Laden» ausgestellt habe, da» größtrntheil» au- Kornblumen zusammengesetzt sei, und giebt demselben den leicht ver ständlichen Wink, er möge diese» Experiment nicht noch mal» wiederholen. Ein andere» tschechische» Blatt de- nuncirl die hiesigen ersten Hotelier», daß sie in ihren Etablissement» noch immer keine tschechische Bedienung eingeführt haben und dergleichen mehr. Bi» in das innerste Privatleben greifen diese Denunciationen hinein, die übrigen» auch Tschechen nicht verschonen, wenn die selben etwa ihre Kinder in deutsche Schulen schicken, wenn sie in deutschen Gesellschaftskreisen sich bewegen u. s. w. Buda-Pest, 8. October. (Tel.) Da» amtliche Blatt veröffentlicht ein kaiserl. Handschreiben, durch welches der Gras Gedern Raday juu. unter Ver leihung der Geheimrathswürde zum Minister für Lan- deSvertheidigung ernannt wird. Der StaatSsecretär in diesem Ministerium, Generalmajor Frhr. v. Fejer- vary, erhielt da» Comthurkreuz de» StefanSorden». — Der „Egy-.terteS* meldet: Der nach Nyiregy- haza entsendete Staatsanwalt Hava» und der Vice- ftaatsanwalt Szerenyi sind mit den ge ammten Acten der TiSza-Eszlarer Affaire am 7. d. MtS. hier eingetroffen. Es handelt sich darum, im Emvernrhm.u mit der Oberstaatsanwaltschaft auf Grund der Acten einen fchrlftlichen Antrag entweder auf die Versetzung in den Anklagestand der Beschuldigten, oder auf Einstellung der Untersuchung oder auch, wa» sehr wahrscheinlich, aus Ergänzung der Strafuntersuchung auszuarbeiten. — Zu den Preßburger Judencrawallen schreibt man der „Schles. Ztg.* au» Buda-Pest: VorurtheilSfreie Leute, weiche auS Preßburg gekommen sind, versichern, daß dort der Antisemitismus aller dings starke Wurzel geschlagen hat, wolle man aber der Wahrheit auf die Spur kommen, dann klammere man sich nicht an Simonyi und seine Artikel im „Westungarischen Grenzboten*; die Grundbücher, die Amtsblätter, die Gerichte und die Nachforschung noch den Ursachen deS RuinS von Bauers- und Gewerbs leuten in der Stadt und im ganzen Comitate dürften den Preßburger Antisemitismus vollständig ausklären. Das hört man zwar in gewissen Kreisen nicht gern, eS ist aber gleichwohl wahr. Paris, 7. October. Der heute verstorbene Viceadmiral und Senator Pothuau war 1815 ge boren, nahm als Seecapitän am Bombardement von Odessa und an der Belagerung von Sebastopol Theil und wurde 1864 Contreadmiral. Im Kriege von 1870 commandirte er das Fort Bicötre und wurde 1871 von dem ihm befreundeten Thiers zum Ma rineminister ernannt. — Die diesseitige Regierung hat der italienischen anstatt der verlangten 3k Millionen FrcS. Entschädigungen für die von Italienern beim Bombardement von Sfax erlittenen Verluste 2150000 FrcS. angeboten. Man erwartet die Riickäußerung d.S QuirinalS. — Die Unterhandlungen zwischen Frankreich und Holland über Abschluß eines Zollvertrags sind heute im Haag wieder ausgenommen worden. — Die der „Vofftschen Zeitung* von hier telegraphirte Nachricht, „einige Pariser Blätter äußerten große Ent rüstung über die Idee der Berliner Franzosen, an dem Hause, in welchem Voltaire dort gewohnt, eine Denkiafel anzubringen* ist eine dreiste Unwahrheit. Der betreffende Eorrespondent wäre in großer Ver legenheit, wenn man ihn ersuchte, die von ihm er wähnten Blätter zu nennen. Brüssel, 4. Octoder. (Allg. Ztg.) Gestern feierte der belgische Liberalismus den 50. Jahrestag der par lamentarischen Wirksamkeit eines der hervorragendsten Gründer der belgischen Nationalität, Charles Rogier'». Zahlreiche politische Vereine, namentlich die der Be zirke Antwerpen und Tournai, welche Rogier vertreten hat und noch vertritt, ließen den Jubelgreis, an dissen Namen sich die wichtigsten Acte des belgischen StaatS« lebens knüpfen, durch Deputationen begrüß-n; die Ge meinderäche BrüsfelS und der Vorstädte überschickten ErgebenheitSadresfen, und die bescheidene Wohnung, welche seiner Zeit dem ruhmvollen StaatSmanne der dankbare Liberalismus zum Geschenke gemacht hat, war mit den Blumenkränzen angefüllt, mit welchen Körper schaften und Private ihre Verehrung zu erkennen gaben. Der König felbst hatte Tags zuvor dem Jubilar seine Glückwünsche persönlich überbracht. Bern, 7.October. In Bezug auf die militärischen Werbungen für Aegypten schreibt der„Bund*: Wie wir von zuverlässiger Seite vernehmen, ist bereits auch in Bern eine Filiale de- Werbebureau» in Genf, an dessen Spitze in Genf eine in moralischer Beziehung Begleiterin in den Saal fühlte, so trat auch er zu Virginie, bot ihr seinen Arm und sagte: „Noch gehören Sie zu mir, Virginie — so lange, bis ich anderen Ansprüchen weichen muß!* „Warum und vor wem müssen Sie daS?* fragte sie rasch. Er lächelte. „Fragen Sie da-, wenn der erste Herr kommt, der einen Tanz von Ihnen begehrt!* (Freisetzung folgt.) Zur Uhrenindustrie. Ueber den gegenwärtigen Stand der Uhrenindustrie in der Schweiz läßt sich der letzte Jahresbericht deS schweizerischen Handel-- und Jndustrieverein- also ver nehmen: „Während Jahrhunderte hat der Herstellung von Uhren vorwiegend der Charakter der Kunst innege wohnt. Seit 25 bis 30 Jahren aber hat sich durch Einführung deS mechanischen Betrieb- mit wachsender Beschleunigung ihre Umwandlung in eine eigentliche „Fabrikation* vollzogen. Die Fabriken, in welchen vermittelst der ausgedehntesten ArbeitStheilung die aanze Uhr, mit Ausnahme weniger Bestandtheile, ver fertigt wird, find zahlreich, und sozusagen täglich ge sellen sich ihnen neue hinzu. Diese Umwandlung hat sich im Allgemeinen weniger in den alten Uhren- districten, als in den neueren vollzogen, voran im berner Jura und in Biel. Der Lauton Neuenburg nimmt weniger Theil daran, wogegen sich dort, na mentlich in Chaux-de-FondS, immer mehr ein centra- lisirender Handel, ein Weltmarkt für Uhren, auSbildrt.
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