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Dresdner Journal : 05.10.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-10-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188210055
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18821005
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18821005
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1882
-
Monat
1882-10
- Tag 1882-10-05
-
Monat
1882-10
-
Jahr
1882
- Titel
- Dresdner Journal : 05.10.1882
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M232. sboaQ««vatt»prol»r Iw ckoalied«» L«i«d»: ?LkrIictl: . ... IS Sti»rll. ^M>rUob: 4 8»rlc SO kk. Liorelo« Huwworu: 10 kt. L»»»»rk»Id «I«. 6«ut»cllsn k«iebs» tritt ko»t- «oä Ltempelrux-tilLg trutru. Iox«rLtei>pr«lsvr kitt 6«n k»um eiosr ^e»p»It«nvo ?stitrsil« 20 kf. Ovtor „Lio^s»»nät" äis 2sitv 50 ?k. Lei 1^d»^öQ- uvä AiKsrnsatr SO Lreebvlaeu r UtLliob wit XusvLdwv ä«r 8onn- unä keisrtax» ^booä» kür 6«Q kol^vuäsll Donnerstag, den 5 October. 1882. Dres-nerImmal. Ill»»r»t«i>»an»dlu« »»«^krt»r I^tpii,: ^>. Lranei«trttrr, Oowwi«iooLr äs» I)rv»6o«r ^ourv»I»; S«»dorU >«rIt» -Vt«ll L»»«l >r«,I»a ^r»Lkttsrt ». A.: //aeurnÄ«»» ct ^OAtrr, «»rUL-Vt»» «»wdor^- 1^»U-l^ipiiU kr»Lktart ». H. - Uüncd-Q - ^»6 Afc>«e - >«rliü: /nvaiieirneiarst, Sr»w»llt Lc/«1otte, Lr„I»u: I. ütaoiArn', L^rra« <Lm,t ?r»Qkkrrrt ». » : L ^argrr^k« ttuokbiuiäluo^; vvrltu: Mütter; S»»»or«r! 6. 8c,',ü«i«r, k»rt, LirUo - Vr»QLtnrr ». ».- St»tt^«rt: Lau-e«« 0o., Lomldurx: ^Ici. Lt«n«r. Verantwortliche Redaction: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. 8 v r » » s x v d v r r Lüoiel. Lipväitiov 6s« vre«6oer ^oonutt», Drv»6eo, 2vivj;«r»triu»« 80. 20. Nichtamtlicher Theil. Uedersicht: Telegraphische Nachrichten. Zritungsschau. rageS-eschichte. Ernennungen, Versetzungen rc. im öffeutl. Dirustr. Dresdner Nachrichten. Provivzialnachrichten. Ttatistik und Bolkswirthschaft. Lotteriegewinnliste vom 3. October. Feuilleton. Tageskalender. Inserate. Beilage. Eruenullvgeu, Versetzungen rc. im öffeutl. Dienke. Ttatistik und Lolkswirthscdaft. Eingesandtes. Inserate. Telegraphische Witterungsberichte. Börseunachrichteu. Telegraphische Nachrichten. Innsbruck, Dienstag, 3. Oktober, Abends. (Torr.-Bur.) Auf Grund von Berathuugen mit dem Landesausschuß und dem Landeshauptmann von Südtirol regelt ein Erlaß deS Statthalters die Ermitteln«- deS Schadens und die einzulei- trnde HilfSaction auS StaatShilfsmitteln. Preß bürg, Mittwoch, 4. October. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Eia Erlaß des Ministers des Innern TiSza verhängt daS Standrecht ans 1 Monat über daS Preßdurger Comitat und ernennt den Obergespan Grafen Stefan ESzterhazy zum außerordeutltchen Commissar für daS ganze Preß- burger Comitatsgrbiet. London, Mittwoch, 4. Oktober. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Gladstone kam gestern von Havardeu zu. rück. Bei Beantwortung einer ihm überreichten Adresse rühmte der Premier die Haltung der bri tischen Armee in Aegypten, welche daS Land von einer militärischen Tyrannei befreit habe, unter wel cher kein Laud gedeihen könne. Er hoffe, Aegyp ten gelange bald wieder zu Glück und Wohlstand. St. Petersburg,Mittwoch,4.Oktober. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Der „Regierungs-Anzeiger" ver öffentlicht einen Erlaß deS Kaisers, durch welchen die zum Tode verurtheilteu politischen Verbrecher Nagorny und JeweSjrw zu Zwangsarbeit in den Bergwerken auf unbestimmte Zeit begnadigt worden find, außerdem bei zwei anderen politischen Ver brechern die Zeit der Zwangsarbeit herabgesetzt worden ist. Konstantinopel, Mittwoch, 4. Oktober. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Der Zwischenfall mit den aus Aegypten zurückgrkehrtea Arbeitern ist im Sinne deS von der Pforte vorgeschlageuru Cvmpromiffes erledigt. Dresden, 4. Oktober. Nachdem in Paris die Anarchisten und die socia- listische.» Revolutionäre bereits seit einiger Zeit in heftiger Fehde mit einander liegen und selbst Louise Michel, die „große Bürgerin", viel an ihrer Autorität eingebüßt hat, ist neuerdings auch auf dem franzö sischen socialistischen Arbeitercongreß zu Saint» Etienne eine Spaltung eingetreten, indem die Dele- gilt n von Paris, Lyon, Bordeaux, Montlu^on, An- gomi-me, Calais u. s. w. denselben verlassen haben, Feuilleton. Redigitt von Otto Banck. Wandlungen. Novelle von F. L. Reimar. (Fortsetzung.) Anna jedoch lächelte kaum; sie streckte nur noch einmal die Hand nach der seinigen auS und sagte mit Wärme: „DaS darf nimmer sein, daß wir un» fremd wür den I Ich will eS nie wieder vergessen, wie ich Sie nennen soll; dafür versprechen Sie mir nur, Karl, daß Sie stets so gut gegen mich bleiben wollen, wie Sie e» sind; ich habe ja außer Philipp Niemand in der Welt, der eigentlich nach mir fragt.' Der kleine Mann that, al« sei ihm etwas in die Aehle gerathen und dort stecken geblieben und al» müsse er schlucken, um eS los zu werden; dann aber rief er lustig: „Schade doch, Anna, daß wir nicht in der alten Zeit zur Welt gekommen sind und daß Ihr Vater lein hoher Herr, ein König oder so etwa« gewesen ist — denn damals gebrauchte man Menschen wie mich zum Dienste der Vornehmen und nannte sie Narren. Solche Narren aber waren gar nicht zu verachten, denn wenn e» darauf ankam, ließen sie sich für ihre Gebieter — und nun gar erst für ihre Gebieterinnen I — todtschlagen, und diese wieder hielten sie Werth al» — nun ja, al» ein» der besten Stücke ihre» Eigen - thum»! Daruui aber noch einmal: Schade, daß wir um in Roanne den Longreß der „einzig wahren Ar beiterpartei' zu veranstalten. Der Eongreß in Saint- Etienne, welcher nach der Aeußerung eine» radikalen französischen Journal» alle Sorten von Revolutionären umfaßt, ist bereit» da» Product einer Spaltung inner» halb der socialistischen Partei Frankreichs, die sich auf einem im Jahre 1880 in Havre abgehaltenen Con- greß vollzogen hat. Den Veranstaltern de» gegen wärtigen Congresse» ging man in Havre nicht weit genug, und sie trennten sich deshalb von Denen, welche ihnen schon als „Bourgeois' erschienen, weil sie wirk» lich nützliche Fragen studiren und diScutiren und sich auf ausführbare Reformen beschränken wollten. Nun ist in Saint-Etienne abermals der Krieg auSgebrochen, und eS ha» sich eine Spaltung zwischen den Marxisten und den Förderalisten vollzogen. Daß infolge diefer Spaltung die anarchistische Propaganda nachlassen sollte, ist kaum anzunrhmen, wenn auch momentan ihre ActionSkraft vermindert sein mag; in dem wichtigsten Punkte deS socalistischen Programms, in dem Hasse gegen alles Bestehende und gegen alle Besitzenden, herrscht volle Uebereinstimmung. An der Spitze der Marxisten steht JuleS GueSde, der Leiter deS Pariser Blattes „Egalitä', welcher eine die gewaltthätige Re volution verkündende Resolution durchgesetzt hatte, und summt seiner Gruppe vom Congreß ausgeschlossen wurde, worauf der Exodus nach Roanne stattfand. Als Urfache der Veruneinigung wurde angegeben, daß GueSde und seine Anhänger gegen die Partei revoltirt und die Beschlüsse früherer Congresse miß achtet hätten. Thatsache ist, daß GueSde und fein Anhang die unternehmendste und gefährlichste Gruppe der Socialisten bilden. Damit waren jedoch m Saint- Etienne unter den Zurückgebliebenen Ruhe und Ein- t»cht keineswegs hergestellt; vielmehr melden die jüng sten Berichte von neuen wilden und tumultuanschen Scenen. DaS aus Bürgern und Arbeitern bestehende zahlreiche Publicum, welche», der öffentlichen Einladung folgend, den Debatten am 1. d. M. beiwohnte, prote- stirte lebhaft gegen die von den Delegirteu ausgestellten Behauptungen und Lehren, und al» die zuhörenden Gäste von den Mitgliedern de» CongresseS beschimpft wurden, entstand ein gewaltiges Handgemenge. Der Crntralpoliieicommissar und der Polizeiinspector, die dem Kampfe Einhalt thun wollten, wurden zu Boden geworfen und geschlagen. Der Congreß ist nun auf polizeiliche Anordnung geschlossen worden. Der Gegen- congreß in Roanne verlief auch nicht ganz glatt, ob wohl er nur etwa 15 Delegirte zählte, da einige Mei nungsverschiedenheiten durch HinauSwerfen der Dissi denten geregelt wurden, doch ließ die Bevölkerung und die Polizei die siegreiche Mehrheit ruhig (?) forttagen. DaS „Journal deS DäbatS' meint zu dem Vorfall von Samt-Etienne: „Bis jetzt hatten sich die Redner auf diesen angeblichen Ajsisen der französischen Ar beiter darauf beschränkt, sich gegenseitig mit der äußersten Heftigkeit der Sprache zu excommuniciren; aber die Zuschauer hatten nicht für gut befunden, Pariei in den Meinungsverschiedenheiten zu er greifen. Jetzt will auch daS Publicum an den Kämpfen zwischen Collectivisten und Anarchisten theil- nehmen; heftiger Streit brach zw schen den Delegirten und Besuchern auS, und bald wurde daS Kampsgewühl allgemein. Der Centralcommissar und der Sicherheit»- inspector suchten vergeben», sich dazwischen zu legen und den Kamps zu beenden; sie wurden zu Boden ge- worfen und von den Ruhestörern ziemlich schwer miß handelt. So lange die socialisti chen Kundgebungen sich auf einen lärmenden Au»tau ch von Bannflüchen zwischen rivalisirenden Secten be chränken, begreifen wir leicht, daß die Behörden nicht» thun, um ein Schauspiel zu verhindern, welche», wenn e» nicht allzu lange dauert, seine heitere Seite hat. Die Versamm- lung»freiheit hat kaum noch Grenzen im Gesetz und ein paar Hundert Jahre zu spät leben und daß Sie keine Prinzessin geworden sind; ich glaube wahrhaftig, ich hätte einen ganz prächtigen Narren abgegtbenl' Ueber seine Worte mußte nun auch Anna lachen. „O Karl, da» Alle» ist nichtnvthig; die guteLaune wissen Sie einem immer zu erhalten — Sie brauchen dazu keine Narrenkappe aufzusetzen und ich brauche keine Prinzessin zu sein!' Er zuckie ein Wenig mit den hohen Schultern und trat dann an den Tisch, vor welchem sie eben noch gesessen hatte. In derselben Secunde schon hatte er erblickt, wa» auf demselben lag. „Was ist Da»?' fragte er verwundert, indem er ein» der Blätter, die sie beschrieben hatte, emporhob. „Schreibübungen, Anna, und von Ihnen selbst? Wa» gab Ihnen die Idee ein, Ihre Hand, die ja gar nicht schlecht ist, plötzlich noch verbessern zu wollen? Oder nein, ganz zu verändern, denn die» sieht ja gar nicht auS, gl» hätten Sie eS geschrieben, und hätte ich Sie nicht noch bei der Arbeit gefunden, würde ich r» mir auch von Niemandem wei» machen lassen!' „O, ich dachte nur — meine Schrift ist doch im Grunde recht häßlich', stotterte Anna, „uud da wollte ich versuchen —' sie stockte wieder. Warum erröthete sie nun plötzlich so heiß und weshalb erschien ihr DaS, wa» sie vorhin gethan, al» Etwa», dessen sie sich zu schämen hatte und da» sie kaum gestehen durfte? Der kleine Mann warf nur einen einzigen schnellen Blick auf sie und sagte dann, während er seine Augcn wieder auf den Tisch richtete: „Ah so — ich sehe r» jetzt, Eie wollen nur Ihren Ramen nach dem Recept copircn, da» danebrn liegt, gar keine mehr in der Praxi»; auch sind die Socia listen nicht die einzige Partei, welche die Straflosigkeit der neuen Gesetzgebung reichlich dazu benutzt, die Staat»gewalten offen anzugreifen. Aber wenn die Meeting» sich in Arenen de» Faustkampfe- verwandeln, so ist e» ewe Pflicht für die Behörde, so schnell al» möglich einzuschreiten und der Unordnung ein Ende zu machen. Noch weniger darf die Regierung un- thätig bleiben, wenn sie sieht, daß ihre Organe grau sam mißhandelt werden. Es ist zu hoffen, daß die gemeldeten Thatsachen Anlaß zu einer ernsten Enquäte geben und daß die Gewattthäigkeiten, deren Opfer die beiden Beamten geworden sind, eine energische und rasche gerichtliche Bestrafung finden werden.' Dagegen ist der opportunistische „TempS' im Interesse deS herrschenden Regime», dem durch die inneren Streitigkeiten in dem gegnerischen Lager für den Augenblick etwa» Luft gemacht wird, mit dem Verlaufe de» Eongresfe» fehr zufrieden. „Die Repu blik', fo schreibt er, „hat Glück. Die Besessenen, welche sie jeden Morgen und jeden Abend bedrohen, arbeiten und wirken oft besser für den Nutzen der Republik, al» diese eS selbst thun könnte. Jüngst war eS der BonapartirmuS, welcher un» das Schauspiel wilder Zuckungen seiner Ohnmacht gewährte; heute sind e» die collectivistisch-revolutionären Secten, welche vor Aller Augen ihre Narrheit zeigen, die nur ihrer Ohn- macht gleichkommt. Wir begreifen, daß die wahren Arbeiter sich mit Widerwillen und zuweilen mit Zorn von diesen Seiltänzern deS SocialiSmuS abwenden, für welche die ernsten Fragen der Arbeit und der Noth nicht» sind, al» ein Text zu Declamationen und ein Mittel, um eine Rolle zu spielen.' Geichzeitig mit dem so stürmisch verlaufenen Col- lectivistencongreß tagten in Saint-Etienne auch die Delegirten der Fachvereine (sogenannten Syndikats kammern) der Bergleute Frankreich- und namentlich deS Loiregebiete-. Die Fachvereine sind da- gemäßig tere Element der französischen Arbeiterbewegung und haben Fühlung sowohl mit den parlamentarischen Par teien, namentlich den vorgeschritteneren, als auch durch die Vermittelung deS im Ministerium des Innern be- stehenden, von Barberet, einem ehemaligen Redacteur de» „Rappel', geleiteten Bureau für Arbeiterangelegen» heilen, mit der Regierung. 9 Deputirle der Departe ment» Rhone, Loire und Saünr-et-Lo»re, darunter auch Boysset, der Vicepräsident der Deputtrtenkammer, wohnten der öffentlichen Versammlung bei, welche die Bergarbeiter, nachdem sie dem Socialistencongreß nicht beigetreten waren, zur Berathung ihrer Interessen ver anstaltet hatten. Die etwa 1000 Mann starke Ver sammlung wählte Boysset zum Vorsitzenden und zeigte anfänglich große Mäßigung. Rondel, der Secletär deS Bergarbeitervereins der Loire, fetzte auseinander, daß er und seine Lollegen nicht die ganze Welt ver bessern, sondern nur praktische und durchführbare Ver besserungen ihrer Lage erreichen wollten. Ihre Forde rungen, die bereits den Direktoren und den Abgeordneten vorgelegt worden seien, beträfen: 1) Centralisirung der AlterLverforgungS- undJnvalidenkassen;2) eine gesetzliche Beschränkung der unterirdischen Arbeitszeit auf 8 Stun den; 3) die Mitwirkung von Delegirten der Bergleute neben den Mlnenaufsehern bei der (polizeilichen) Üeber- wachung der Minen und Feststellung der Urfachen der Unglücksfälle. Redner führte aus, daß letztere Reform die UnglückLfälle um 50 Procent vermindern würde, da die Berginspectoren theil- ihre Pflicht nur ober flächlich erfüllten, theilS von den Dirrctoren beeinflußt würden. Die folgenden Redner tadelten theilweife in heftigem Tone, daß die radikalen Abgeordneten noch nicht» für ihre Wähler, die Bergarbeiter, gethan hätten; man werde e» sie aber schon einmal büßen lassen. Der Ton der Versammlung wurde mehr und mehr ein socialistisch angehauchter, und zum Schluß, als der und wo er wirklich schön geschrieben steht!' — Herr Doctor v. Gerstein hat eS wohl für Sie aufgesetzt — er war also heute bei Ihnen? — Ja? Nun e» ist gut, daß er wieder nach Ihnen sah — ein Bißchen ärztliche Aufsicht haben Sie noch nöthig. — Lassen Sie mich noch ein Mal schauen', fuhr er fort, indem er da» kleine Blatt, auf welche- Hermann seine Verordnung geschrieben hatte, emporhielt, „ja richtig, Eisrn sollen Sie nehmen! — Sie merken eS wohl, Anna, daß ich ern Bißchen von einem Gelehrten an mir habe, denn ich verstehe gleich, wa- Ferrum heißt', schaltete er lächelnd ein: „nun, eS mag ja gut sein und Ihre Wangen wieder etwas röther machen; ich meine aber, eS helfen auch noch andere Dinge zur Munterkeit. — Wäre nur gerade jetzt Sommer, so wüßte ich wohl, was Ihnen gut thäte: ich brächte Sie zu meiner Schwester, die auf der hübschen grünen Insel im Flusse wohnt und dort mit ihrem Mann eine Milchwirthschaft hat, die sollte mir Sie in die Pflege nehmen! Aber leider schreiben wir jetzt Januar — darum müssen wir schon auf etwas Anderes sinnen! — Ach, da fällt mir ein: Wollen Sie gleich heute Abend einmal in» Theater gehen? Er wird ein lustige» Stück gegeben, bei dem man sich Thränen lachen kann, und für einen anständigen Platz will ich schon sorgen!' „O nein, nein — ich danke Ihnen!' wehrte sie seinen Eifer ab. „Ich bin gar keine Freundin vom Lomödienspiel, verstehe e» auch wohl nicht recht; — dann aber fühle ich mich wirklich noch zu angegriffen, um schon wieder auigehen zu können ' Er schlug sich vor den Kops. „Daran hätte ich denken sollen! Nun aber — wa» sangen wir denn nun an? Im Hause also müssen wir Vorsitzende ein Hoch auf die Republik au-brachte, rief einer der Arbeiter: „Die radikale und sociale Re publik!' Tagesgeschichte. * Berlin, 3. October. ES darf nunmehr, wie ein Berichterstatter der „Nat.-Ztg.' schreibt, al» fest stehend erachtet werden, daß der Plan Er. Majestät de» Kaiser», im Herbste Aufenthalt in Wiesbaden zu nehmen, aufgegebrn ist. Der Kaiser kehrt von Baden Baden direct nach Berlin zurück und wird wie in den früheren Jahren nur in den letzten Tagen diese» Monat» einer Einladung zu den Jagden de» Großherzog» von Mecklenburg-Schwerin folgen. Im November will sich der Kaiser dann an den die»- settigen Hofjagden in den Provinzen Schlesien, Bran denburg und Sachfen bethnlige«. — Die„N. Pr. Ztg.' versichert, daß an eine frühe Berufung de» preußischen Landtag» nicht zu denken sei. Es gelte al» fest stehend, daß der Reichstag Ende November, also zu dem im Sommer bestimmten Termine, der Landtag Mitte Januar zusammentreten werde. — Wie au» Leipzig gemeldet wird, ist in dem vor dem Reich»- gerichte anhängigen Proceß gegen Prof. Mommsen die auf heute anberaumt gewesene Verhandlung vertagt worden. München, 3. October. (A. Ztg.) DaS General- comit« des landwirthfchastlichen Verein« in Bayern hat in einer unter Beiziehung seiner außerordentlichen Mitglieder heute Vormittag abgehaltenen Plenarsitzung den ReichSrath Grafen Ludwig v. Lerchenfeld- Köfering an Stelle deS verstorbenen Frhrn. v. Riet- Hammer zu seinem ersten Vorstände gewählt. Derselbe hat sich zur Annahme der Wahl bereit erklärt. * Wien, 3. October. Der niederösterreichisch« Landtag bewilligte in seiner heutigen Sitzung ein stimmig für die durch Hochwasser zu Grunde gerich teten Anwesen in Tirol und Kärnthen einen Unter- stützungSbeitrag von 5000 Fl. Eine von der Regie rung emgebrachte Gesetzvorlage, betreffend die Bau anlagen bei neuen Theatern, die Einrichtung und den Betrieb der Theater überhaupt und den behördlichen Jnspection-dienst, sowie die Controle der Sicherheits- Vorkehrungen in denselben, wurde aus Vorschlag deS LandmarjchallS dem BauauLjchusse zur Vorberalhung zugewiesen. Dem ersten Paragraphen dieses Gesetze» zufolge dürfen neue Theater nur derart erbaut werden, daß sie nach allen Setten freistehcn und wenigsten» 15 m von Nachbarobjecten, fowie Nachbargrcnzen ent fernt sind. Für Theater, welche keinen größern FassungSraum, als für 600 Besucher bieten, wird aus nahmsweise gestattet, daß da» Theatergebäude mit der rückwärtigen Bühnenseite an Nachbargebäude oder Nachbargrenzen angebaut werden darf. Die übrigen Bestimmungen de» Gesetzentwurfes entsprechen durch- wegS den von der Commission zur Berathung der Sicherheitimaßregeln in Theatern gefaßten Beschlüsfen. — In Triest herrscht Meinungsverschiedenheit hin sichtlich der Explosion auf dem „Gallegiante'. ES erheben sich viele Stimmen, welche in der Explo sion daS Resultat eines neuen verbrecherischen Atten tates erblicken. Die Polizeidirection veröffentlicht da gegen im „Tr. Tgbl.' eine Erklärung, laut welcher daS Unglück durch Sprengung eine- Mörsers geschah, welcher unvorsichtig bedient wurde. Die Berichtigung lautet: „Der Koffer, welcher FeuerweikSkörper enthielt, wurde im Auftrage deS Kunstfeuerwerkers Ottino durchfdie Arbeiter Larlo Azazza und Giufeppe Conione mit an deren Kisten zugleich an Bord der „Galleggiante' ge bracht. Der Arbeiter Conione lud über Auftrag deS Cavaliere Ottino den Mörser mit einer Petarde und zündete auf dessen Geheiß die Lunte an. Beide be fanden sich in nächster Nähe des Mörser». Dieser Zerstreuung suchen', fuhr er fort, „mögen Sie Musik hören?' sagte er, sie verschmitzt und zugleich freundlich anblickend. „Musik?' gab sie fragend zurück. Er nickte. „Ja, Anna, Sie meinten neulich, daß Sie e» gern haben würden, wenn ich Ihnen einmal auf der Geige vorspielte, und nun will ich nur gestehen, ich habe sie heute mitgebracht; wenn Sir eS daher wollen, fo hole ich sie herein!' „O bitte, bitte!' rief sie au». „Wie fchön da» von Ihnen ist, Karl!' Er war fchon an der Thür und kehrte gleich darauf mit einem Kasten zurück, den er vorsichtig ausfchloß, um auS ihm sein Instrument, so sorgsam wie eine Mutter ihr Kind, in die Arme zu nehmen. Eine kleine Weile erst stimmte er und sagte dann: „Nun merken Sie wohl auf, und wenn Sie recht mit mir zufrieden sind, so — ja, so lachen Sie!' — Damit setzte er den Bogen an. Hätte ein Kenner dem Spiele de« keinen Manne» gelauscht, er würde vielleicht darauf gewettet haben, einen anerkannten Meister zu hören, mit solcher Lieb lichkeit quollen die Töne unter seiner Hand hervor, so weich und kräftig zugleich war sein Strich, so be zaubernd der Ausdruck, den er in die einfache Melodie, welche er gewählt hatte, zu legen wußte. — Anna'« Ohr hatte erst wenig Musik gehört, sie vermochte da» Spiel al» eine Kunstleistung nicht zu beurtheilen; daß da-selbe aber auch auf sie seine Wirkung nicht ver- sehlte, da» zeigte der glänzend« und zugleich feuchte Blick ihre» Auge», da» leise Zucken um die ha>b ge-
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