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W 207. Mittwoch, den 6. September. 1882. Ldoaaemeotopret» r I» ss»»,«» L,»<iek,o Lnin^n ^Lbrticbr.... 18 ilurk. ^^Lbrtietl: 1 Uürti bO?t. Liorelo« tluwwsro: 10 kk La—rk»Id 6e« 6«otockeo Rsictle» tritt kost- ullti 8t«wpel»u»ctil»g t»iL»u. loeorotenpreloor I^ür 6«n k»um smsr ^enpLltevsn ?stitrsil» 20 ?k. tl»t«r ,,Lio^e»»oät" äi« 2«ils 88 kk. L«i ToboU«»- uoä 2i8»rui»t« -0 Auleclrl»^. Lroedelaeu: ^L^Ueii mit Xll»v»l»u>« 6sr 8oun- un6 k'eiort»^» Absoä» kür ü«o kol^sväsa 1^. ZresdnerIMmal. Verantwortliche Redaction: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. Ill««r»1«a»na»kmo »««wLvtsr l.«ix»jg: ^r. Lranektetter, OomwiioiovLr äs» Dresäner äoura»!»; 8»mdur^ L«rlla - Vi«v l,»tp»i^ L»»»l Lr»»I»u I'rLolltvrt ». N.: //aaeispieärrn <e ^vA/sr, >«rlm -V>«L L»md»rx ?r»x -I.»ip»j^ -kr»v>lkort ». N - Nüncksu: kiuä A/u««e- S-rUll: /„vakiäepräant, Srsmoa: Lc/i/otte,' Lr«»I»u: /. ^ta-iAk^'» Lursou A(aöat/t),' kr^oirkort » U : L'. TacAei^sods NvctikLnäluox; VSrliti: Atü/tev,- S»oo»v«r: <7. 8ek>ü«ä«r,' ?--ii Norit»-Iroolrtiltt ». N StuUU»ri: T-auöe <L 6o., «»wdarx i ^4<k. §te»»er. llvrouexvder: Lüoiul Lrpeäition äs» Drs^äosr äouro»!», I)r«»äeo, 2«ill8er»tr»»»« tio. 28. Amtlicher Theil. St. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Grmeindevorstand« Schober in Starrdach da» allgemeine Ehrenzeichen zu verleihen. Gr. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der in den Ruhestand versetzte Oberschaffner Friedrich Wilhelm Meißner in Leipzig die ihm von Er. Hoheit dem Herzog von Sachien- Altenburg verliehene goldene Verdienst - Medaille de» Herzoglich Sachsen Eruestiuischen Hausorden» annehme und trage. I - " Nichtamtlicher Theil. Uebersicht: Telegraphische Nachrichten. Zeitungsschan. (Voltaire.) Tagesgrschichte. (Dreien. Berlin. Metz. München. Weimar. Wien. Prag. Buda-Pest. Pari». Gla-gow. St. Petersburg. Konstantinopel.) Zur ägyptischen Krage. Dresdner Nacdrildteu. Lotteriegewinnliste vom 4. September. Feuilleton. Tageskalender. Beilage. Betriebsergebniffe der köntgl. Staat»eisenbahnev. (KohlentranSport.) Dresdner Nachrichten. Proyiuzialuachrichten. (Leipzig. Trimmitschau. Glau chau. Zittau.) Telegraphische Nachrichten. Berlin, Dienstag, 5. September, Nachmit tags. (Tel. d. DreSd. Journ.) Der Kaiser ist, von dem Kronprinzen, der Kronprinzessin, dem Prinzen Friedrich Karl und dem Prinzen Albrecht begleitet, Nachmittags UL Uhr mit großem Ge folge nach Breslau abgereist. Madrid, Montag, 4. September, Abends. (W T. B.) Nach au» Manilla eingraangenen Nachrichten von gestern waren bis dahin 347 Ein geboren« und 1 Europäer au der Cholera ge storben. London, Dienstag, 5. September. (Tel. d. DreSdn. Jourm) Wie di« „Limrs" erfahren, wir« dir britisch« Regierung im Besitz« eines Brief wechsels zwischen Arabi Bey uud de« Sultan, durch welchen deren heimliche» Eivverständniß vollständig bestätigt werde. Konstantinopel, Montag, 4. September, Abend». (W. T. B.) Lord Dufferin theilte gestern de« Sultan mit, er sei durch die eiugegaugenen Instructionen ermächtigt, der Lauduug vou Lvvv bis 3000 Maun türkischer Trappen in Port-Said »uzustimmen. Zu« Befehlshaber dieser Truppe» soll Derwisch Pascha und zum Generalstabschef des Letzter» Baker Pascha ervaaat werde». Ja river anderweiten Covfereaz Said Pascha» mit dem griechische» Gesandten Kondnriotis über die Grevzstrritigkeit erklärte sich die Pforte ge neigt, alle streitigen Grevzpunkte mit Ausnahme de» Gebietes am Zeuossee au Griechenland abzu- trrteu. Wie e» heißt, hätte Oesterreich in Athen neue uud ernstliche Vorstellungen gegen jeden Versuch Griechenlands, den Friede» zu stören, erhobru. Konstantiuopel» Dienstag, S. September. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Zwischen der Pforte uud England ist nunmehr über die Ausschiffung der türkische» Truppen in Port-Said uud über die Feuilleton. Rrdigitt von Ott» Ba««». Der Oheim. Rovellt von F. L. Reimar. (Fortsetzung.) Mitternacht war bereit» nahe, al» Dora ihr Ziel erreicht hatte, und mit klopfendem Herzen betrat sie da» Hau« ihre» Onkel». »Gottlob, daß Sie da sind, gnädige Frau!" sagte der Nein», verwachsene Schreiber, welcher ihr zuerst entgegen kam, erleichtert. »E» ist doch nicht schlimmer geworden?' fragte sie ängstlich, indem sie ihm die Hand reichte. »O nern, da» schon nicht,' entgegnete er ihr, »ater e» steht doch nicht gut; — wiederholen dürste sich der Anfall nicht, sagen die Aerzte.' »Wa» ist'» denn nur mit ihm?' erkundigte sie sich besorgt weiter. »Je nun, e» ist — r» heißt — die Herren nann ten e» Schlagfluß l' sagte der kleine Schreiber zaghaft. Dora tratt erschrocken einen Schritt zurück. »Sagen Sie e» mir nur gleich, daß er tobt ist!' »O nein, nein doch,' rief Weber betheuernd, »so arg ist'» nicht — tauge nicht! Er ist freilich gelähmt — di« rechte Seite zumal kann er nicht bewegen nnd zwischendurch ist'» auch, al» sei hier' — er deutete »ach der Stirn — »nicht Alle» so ganz in Ordnung; aber dann spricht er doch wieder so Kar, wie in seinen guten Tagen, und dazu so, daß e» einem Freud« Proklamation, wtlche Arabi Bey für «iaen Re- b«ll«u erklärt, Einverständviß erzielt. Dresden, 5. September. Die Au»schreitungen der Anarchisten in Frank reich sind noch nicht bewältigt. Vielmehr scheine» die Vorgänge in Montceau-le»-Mine» nur da» Sig nal zu einer Reihe von Unruhen, zu einem Äuerrilla- kriege de» Anarchismus gegen die Gesellschaft gewesen zu sein. Neue Unruhen fanden, wie der Telegraph gestern meldete, in Montluyon bei Tommentry im Departement Allier Statt. 8 Kreuze wurden dort niedergeworfen: eine Thatsache, welche das betreffende Telegramm de» »Wolff'schen Bureau»' leider uner wähnt ließ. L» läßt sich nach Allem, wa» bisher geschehen, voraussehen, daß neue Skandale dieser Art an die Vorgänge in Montluyon sich reihen werden. In dem Saale Graffard der Rue-de-la-Rosiere zu Paris wurde vor Kurzem seiten der „^«uoeoov nnnr- obiote" eine Versammlung veranstaltet, um eine Be lobung der Aufständischen von Montceau-leS-MlneS auszusprechen. Diese neue Gruppe, welche die bereit» erschreckende Anzahl der revolutionären Kreise unter dem Proletariat von Pari» vermehrt, hat folgende» GlaubenSbekenntniß ausgestellt: ,Wir haben geglaubt, daß die Bildung einer Gruppe von jungen Anarchisten für die revolutionäre Partei noth- wendig sei, und darum haben wir die Berbindung der „^eunsees anaroüittts" gegründet; denn in der Lhat werden die jungen Anarchisten täglich zahlreicher, nicht nur in Pari» sondern auch in der Provinz und im Aurlande. Unsere Gruppe wird sich mit den jungen Anarchisten aller Länder in Berbindung setzen, und wir werden un» unter einander verständigen, um sür die sociale Re volution ein gute» Werk zu verrichten Unser Titel ist hin reichend deutlich. Er zeigt sehr klar, datz unser Ideal die Freiheit ist, aber die Freiheit ohne Beschränkung. Da aber unsere Gruppe eine Gruppe von Jünglingen ist, werden wir un» besonders vamit beschädigen, unter den Jünglingen Propaganda zu machen.' In jener Versammlung setzte der »Bürger' Gau tier auseinander, daß der Aufstand von Montceau- le» MineS der erste revolutionäre Emhieb in den Bau der Bourgeoisie sei und die Morgenrölhe der Revanche des Proletariats bezeichne. Louise Michel hat die Auf ständischen begrüßt und erklärt, daß au» der Provinz da» Signal der »großen Jacqurrie' auSgrhen werde. Im Saale Graffard waren mehr al- 2000 Arbeiter versammelt, um einen Protest gegen die Regierung zu erheben, die Truppen nach Montceau gesandt hat. Zu vor hatten sie die rothe Fahne aufgesteckl und accla- mirt. Der »Bürger' Paul Lafarge hat auch den Präsidenten der Republik nicht verschont. Er sagte, die Aufständischen von Montceau seien einem hohen Vorbilde gesolgt: »Unter LouiS Philippe wurde da» erzbischöfliche PalaiS in Pari» geplündert und ver wüstet. Der SchulfuchS, welcher im Elysve sitzt und sich Jule» Grsvy nennt (toller Beifall), dieser alte Geizhals, welcher sich mästet und in einem National palaste täglich runder wird, war damals bei den Plün derern. Und im Namen dieser Bestie schickt man Truppen nach Montceau, um unsere Brüder zu er schießen!' (Dreifacher Beifall.) Zum Schluffe wurde auf den Antrag de» »Bürger-' Jule» HueSde folgen der, die Vernichtung der Kreuze und Kapellen procla-- mirende Antrag einstimmig zum Beschluß erhoben: ,J» Erwägung, daß die Gewaltlhaten gegen Steine und Holzklötze, welche Veranlassung gegeben haben zum Ein- lchreiten der Gewalt und zu zahlreichen Verhaftungen, ver anlaßt worden sind durch »ewaltthätigkeiten gegen Personen, so lag der Fall legitimer Bertheidigung vor sür Diejenigen, welche man mit dem Ramen Jtonoklasten brandmarken wollte; in Erwägung andererseit», daß diese Zerstörung von sogenannten religiösen Emblemen, au» welcher die herrschen den Bourgeois den entrüsteten Arbeitern ein Verbrechen machen wollen, wiederholt und rm Großen durch die Vour- geoi» selbst au-geübt wurden, Herrn Jule» Grövy eingeschlossen, und namentlich unter LouiS Phi- machen könnte, denn der Anfang und da» Ende ist immer: die junge gnädige Frau müßte kommen, und ob sie noch nicht da wäre.' »Darf ich ihn gleich sehen?' fragte Dora »Ich will mich erkundigen', sagte Weber, »so vor sichtig ich kann Er soll nämlich nicht erregt werden, und darum geht Niemand bei ihm au» und ein, al» der Doctor und unsere Haushälterin, die ihn pflegt. Fremde will er nicht sehen, nicht einmal die Diakonisse; er fürchtet immer, man wolle ihn auShorchen, wegen der vielen Dinge, die er doch ja von Anderen weiß.' »Aber von mir weiß er eS, daß mich nach keinem Geheimniß verlangt, darum bitte, gehen Sie jetzt!' drängle Dora. Die Antwort, welche sie einige Minuten später empfing, war, daß Herr Holm in Schlaf gekommen sei, und da sie also noch nicht zu ihm gehen durfte, richtete sie sich vorläufig in dem Zimmer ein, welche» sie zuerst betreten, und da» sie einst ihr eigene» ge nannt hatte. Einst! — Unglücklich war sie damal» nicht g« wesen — gedachte sie doch de» köstlichen Gute» ihrer Mädchenzeit, der heitern Sorglosigkeit, welche jene Tage erfüllt hatte! und dabei war ihr, al» habe sie in den Monaten, die seitdem vergangen waren, die Erfahrungen so vieler Jahre in sich ausgenommen. Aber hätte sie darum zurückkehren mögen, in die frühere Zeit und die frühere Umgebung? o, nimmer und nimmermehr, und erst recht nicht seit dem einen Mo ment, welcher ein neue» und köstliche» Licht an ihrem Leben»himmel hatte aufgehen lasten. Eine Weile wiegte sie sich in diesen Betrachtungen, und dann auch leiteten dieselben sie sanft hinüber in den Schlaf, der sie, während sie ihre ermüdeten Glieder auf dem Sofa lippe bei der Verwüstung de» erzbischöflichen Pa laste», welche« ihnen alle» Recht zu protestiren nimmt und schon im Vorau» die Uttheile casfirt, weicht sie ihrer soge nannten Justiz zu erlassen besohlen haben — belobt die Versammlung im Saale Graffard die Maßregeln, wtlche die Arbeiter in Saüne-et-Loire angewandt haben, und brand markt die Regierung»bourgeoisie und die Presse, welche sich zu Mitschuldigen der clericalen Canaillen gemacht haben.' Der »Voltaire' giebt über die verschiedenen Gruppen, in welche die socialdemokratische bez. anar chistische Partei m Frankreich zerfällt, folgende Auf schlüsse: Die erste collectivistische Gruppe, welche am 18. November 1877 die »Egaltts' gründete, hatte zu ihrem Führer Jule» GueSde, eine etwa» wunderliche Natur, sehr intelligent und thätig, aber mystisch und positiv zugleich und durch Krankheit und Noth ver bittert. Seine Hauptmitarbeiter waren Gabriel De Ville, ein sehr sanftmüthiger Lharakter, der geistreiche P. Gerbier, der sich inzwischen au» diesem Kreise zu- rückgezogen hat, E. Massard, früherer Redacteur der ^vroito-äs-I'llomru«", und der arme l)r. Tesar de Päpe, dem kürzlich in Brüssel ein so tragische» Aben teuer begegnet ist, endlich noch Victor Marouck, John LabuSquiäre, Paul Lagarde, ein Schwiegersohn Karl Marx', und namentlich Benoit Malon, einer der ehe maligen Gründer der »Internationale'. Neben der »Egalits' erschien 1880 unter der Leitung derselben Männer die „Emancipatlon'. Der »Proletaire', Organ der Arbeiterpartei, vertrat eine andere Gruppe, welche später die „Union kecksrntivs äu osntr«' in» Leben rief. Der »Citoyen', der »Bengeur*, Organ der revolutionären Lommunalisten, und bl» vor Kurzem die »Bataille', dienen wiederum der collectlvistischen Partei. Die Anarchisten, deren Hauptredner Emile Gautrer und deren Organisator A. Ens ist, besaßen anfänglich ein kleine» Wochenblatt, die „Revolution aoeialv"; jetzt haben sie nur noch Blätter in der Provinz, in Lyon und Narbonne. Anarchisten und Eollectivisten hassen einander gründlich; besonder» ist der begabte Emile Gautier, der einen bessern Weg hätte einschlagen sollen, da» Stichblatt der Eollectivisten. Die Unterabtheilungen gehen in» Unendliche: Fourieristen, Mutualisten, Evo lutionisten, revolutionäre Tollectivisten mit anarchistischer Tendenz, Lolinsianer, autoritäre Tommunisten, Blan- quisten und Neo-Blanquisten; die Liste ist noch lange nicht vollständig. Die „^Hinnes sooiLlists-republi- «aio»", welche den Standpunkt der »Justice' vertritt u^d von Franci» Jourde, Eh. Longuet und S. Pichon gegründet worden ist, wird von den Eollectivisten und Anarchisten für eine Art von BourgeoiSinftitut an gesehen und hat auch wegen ihrer relativ gemäßigten Haltung nur wenig Einfluß. Die Anarchisten wirken besonders im lateinischen Viertel, wo sie Fractionen mit pomphaften Titeln bilden, wie: »Die revolutio nären Makler', »Eercle der socialen Revolution', »Allianz der socialistisch - revolutionären Gruppen' rc. E» giebt aber auch einen Verein der collectlvistischen Maler, und e» ist den Eollectivisten auch geglückt, sich einiger SyndikatSkammern zu bemächtigen, wie die Schuhmacher, die Gerber, die Tischler und die Ma schinenbauer. Die Köche sind Positivisten, die Bäcker und Sattler praktische Socialisten. Au» diesem Berichte ergiebt sich die Vielgestaltig keit und Autbreitung der anarchistischen Gruppen, deren Schamlosigkeit täglich wächst. Frankreich treibt, so scheint e», auf» Neue den SchrcckenStagen der Com mune entgegen, wenn nicht bald eine energische Hand dem Treiben jener »die Morgenrölhe einer Revanche des Proletariat»' erwartenden Wahnwitzigen ein Ende macht. Tagesgerichte. Dresden, 5. September. Se. Majestät der König hat Sich heute früh zur Abhaltung von Jagden nach ruhen ließ, für einige Stunden umfing. — Die Nacht war größtentheil» vergangen, al» ihr der Bescheid ge bracht wurde, daß der Onkel erwacht und auf ihre Anwesenheit vorbereitet sei. Wenn sie auch nicht durch seine Krankheit zur Vor sicht bestimmt worden wäre, so würde sie sich doch keine lauten Gefühlsäußerungen erlaubt haben, da sie wußte, daß er kein Freund derselben war. Sie be gnügte sich, an sein Lager zu treten, um sich über ihn zu beugen, und so leise that sie eS, daß er ihre Nähe nicht einmal sofort bemerkte. »Ich bin zu Dir gekommen, lieber Onkel!' sagte sie mit freundlicher Stimme. Er öffnete die halbgeschlossenen Lider, und etwa- wie ein Lächeln glttt über seine Züge. »ES ward Zeil!' sagte er dabei. »ES war nicht früher möglich', entgegnete sie sanft. »Ich reiste wirklich noch in der nämlichen Stunde, die mir die unglückliche Nachricht brachte.' Ein flüchtiger Ausdruck von Unmuth hätte ihr sagen können, daß sie ihn mißverstanden hatte, doch wandte er kein weitere» Wort an die Erklärung. »Laß jetzt Niemand herein', sagte er nur nach einer momentanen Pause, »auch die Aerzte nicht — sie wollen mir weiß machen, daß ich noch leben könne! HokuSpoku»! Hab' ihn satt und die Welt dazu. Wa» ist'» mit ihr? Flitterkram, Tand nach außen — im Innern Unredlichkeit — Falschheit — Sumpf!' Sie konnte die Worte nicht anhören, sie legte ihre Hand weich auf die seine und sagte bittend: »Vergiß e» nicht, lieber Onkel: e» giebt auch viel echte- Gold auf unserer Erde!' »Haha, glaubst Du da»?' rief er. »Wirst auch Schandau begeben und gedenkt am Donner-tag den 7. d. MtS. in da» Hoflager nach Pillnitz zurückzukehren. * Berlin, 4. September. Die Mittheiluiig hie siger Blätter, daß Se Majestät der Kaiser gestern beim Besteigen de» Wagen» auSgeglitten und hinge fallen sei und auf den Babelsberg h,naufgetragen hätte werden müssen, wird der »N. A. Z.' als unwahr be zeichnet. Se. Majestät der Kaiser erfreut sich vielmehr des besten Wohlbefinden». In Breslau ist die Stadt anläßlich der morgen erfolgenden Ankunft Sr. Majestät bereit- auf das Festlichste geschmückt; namentlich zeich nen sich der Bahnhofsplatz und die vin triumptlnlis, durch welche Se. Majestät mit den kronprinzlicheu Herrschaften und den fürstlichen Gästen morgen Abend seinen Einzug in die Stadt halten wird, durch ihre prachtvolle Decoration aus. Se. Majestät der Kaiser wird, einem Telegramm der »Nat.-Ztg.' zu folge, in Breslau durch den Generalgouverneur von Polen, General AlbedinSky, namens des Kaiser» Alexan der Hl. begrüßt werden- General AlbedinSky trifft heute Abend:n Breslau ein; er erhält den Major v. Rosen von den westpreußischen Kürassieren zum Ehrendienst. Groß- sürst Wladimir und Erzherzog Salvator werden mor gen Vormittag, der Kronprinz und dl« Kronprinzessin von Oesterreich nächsten Sonntag Abend erwartet. — Ueber den Ihre Majestät die Kaiserin betroffenen Unfall und dessen Folgen wird der »Rordd. Allg. Ztg.' von glaubwürdiger Seite mitgetheilt, daß, al» die durch Anwendung geeigneter Mittel anfangs ge minderten Schmerzen, welche besonders von der linken Hüfte auSgehen, allmählich wieder stetig zunahmen, die Eonsultation eines SpecialarzteS für wünschenS- werth erachtet werden mußte. Auf Verlaugen der Kaiserin wulde Prof. Madelung, früher iu Bonn, jetzt in Rostock, von dort berufen. Derselbe hielt nach ge nauer Untersuchung die Anwendung eines GypSver- bandeS für unvermeidlich, um die Heilung der durch den Fall gezerrten und gedehnten Muskeln und Seh nen herbeizuführen. Gleich nach Anlegung dieses Verbände» hatte die Kaiserin noch gesteigerte Schmerzen zu leiden, doch sind diese seitdem in der Abnahme be griffen, und erscheint der HeilungSproceß al» ein nor maler. Abgesehen von dem durch die unbewegliche Lage hervorgerufenen großen Unbehagen ist da» Allge meinbefinden der Kaiserin durchaus befriedigend und giebt zu Besorgnissen keinen Anlaß. Außer dem Leib arzt l)r. Velten wird aus Wunsch Sr. Majestät deS Kaisers auch vr. Timann zur ärztlichen Pflege bei Ihrer Majestät auf Schloß Babelsberg zurück bleiben. — Der Rückkehr Sr. königl. Hoheit de» Prinzen Karl von WilhelmShöhe hierher wird zum Sonnabend dieser Woche entgegengesehen. Sollte indessen daS Wetter warm und regenfrei klei den; so daß hierdurch dem erlauchten Patienten Spa- zierfahrten in dem weiten Park von WilhelmShöhe noch weiterhin ermöglicht würden, so erfährt die Rückkehr deS Prinzen nach Berlin einen Aufschub. Alle Dispositionen bleiben vom Wetter um so mehr abhängig, weil WilhelmShöhe nur auf den Sommer aufenthalt angelegt ist; die Temperatur im Schlosse »st um 2 Grad kälter, als in der Stadt Kassel. Hier in Berlin sind zum Empfange Sr. königl. Hohett alle Vorbereitungen getroffen. — Ueber den schon tele graphisch gemeldeten, am vergangenen Freitag Sr. königl. Hoheit den Prinzen Albrecht im Braun schweigischen nach Beendigung der Manöver beim Ritt von RemmUngen nach Wolfenbüttel betroffenen Unfall gehen der »N. Pr. Ztg.' nähere Mittheilungen zu. Se. königl. Hoheit beabsichtigte nach Beendigung deS Manövers der 39. Jnfanteriebrigade wieder nach Wol fenbüttel zurückzukehren, um von dort über Hannover nach Verden zu reisen, wo morgen und an den folgen den Tagen die Manöver der 19. Division stattfinden. Da die Uebung erst gegen Mittag einen vorläufigen noch klug werden! — früh genug! Mußt nur noch viel lernen, was Dir weh thut, armes Ding!' „Vielleicht, entgegnete sie; »manches aber hab' ich auch schon gelernt, Onkel, seit ich fortging. ES war nicht leicht, aber eS mochte mir gut sein; wenigstens weiß ich jetzt, daß man manchmal eine Binde vor den Augen hat, ohne daß man eS denkt.' »Weißt Du daS?' sagte er hastig, »nun, dann lerne nur noch mehr — immer mehr, wenn'S Dir auch erst sauer wird! Ich hab's auch so gemacht, und da rum durfte ich zuletzt lachen, denn nun war ich klüger al- Andere, und über den Kitzel, sie in meiner Hand zu haben, ging nichts, sage ich Dir — nicht»! An ihren Schwächen, Kind, muß man die Menschen halten, an ihren Schwächen!' Sie schüttelte mit einem ernsten Lächeln den Kopf. »Die Lehre ist nicht für mich, Onkel! Ich habe keine andere Klugheit und keine andere Macht, al» die mir die Liebe giebt. Ein eigenthümlich dunkler Bl ck trat in seine Augen. »Die Liebe!' wiederholte er ihr Wort. »Sieh, Kind, einst wußte ich auch von ihr — das ist lange her, lange — aber e» machte doch, daß ich e» sofort bemerkte, al» Du De n Herz verlorst, und daß ich mir'» sagte: e» bringt'« ihr Niemand wieder al» der Eine! — Und warum solltest Du nicht glücklich sein? Ich war ja da — ich war die Vorsehung für Dich! Ihn hatte ich in meiner Hand, haha, ihn auch — ihn so gut wie hundert Andere, durch meine Klug heit!' Trotzdem Dora sich sagte, daß seine Gedanken sich zu verwirren begannen, fühlte sie sich doch von einem peinlichen Empfinden ergriffen. ^Fortsetzung folgt.)