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1^82 seit- eine Herausforderung beabsichtigte, und findet, daß die .Patrioten* zwar einem „edeln Elan* gehorcht, aber voreilig, unüberlegt und ungestüm gehan- handelt hätten. — Auch der .Figaro* wendet sich soeben mit anerkennenSwerther Energie gegen die ein fältige Spionenfurcht und Deutschenhetze, mit der man die Pariser die sehr wenig edle Rolle von auf den Deutschen dressirten .Pointer»* spielen lasse. Alle- da» sei lächerlich. Die 150 Deutschen de» Turnverein» wollten und thäten nicht» in Pari», al» Geschäfte machen, sich amusiren und französisch lernen, und daran könne man sie nicht verhindern. Die Franzosen sollten viel mehr e» den Deutschen nachmachen und ihre Söhne 1k Jahre nach Deutschland schicken, bevor sie sie mit siebenjährigen Studien verdummten; da» sei besser, al» von den Dächern herab über den .preußischen Spion* zu schreien. ES kann nicht verschwiegen werden, daß da- Thun der Gambettlsten innerhalb der Bevölkerung der fran zösischen Städte einen gewissen Widerhall findet. Es hat sich unserer Nachbarn wieder jene unglückselige Rauflust bemächtigt, welche schon ost genug üble Früchte für sie getragen hat und gegen welche die Stimme der Vernunft, wie sie sich in den oben erwähnten Artikeln von Blättern verschiedenster Richtung vernehmen läßt, nur schwer etwa» au»zurichten vermag. Es giebt sich dieses durch die entschieden krakehlsüchtige Richtung, welche das französische VcreinSleben angenommen hat und worüber eine Pariser Correspondenz der „Bossischen Zeitung* eingehend berichtet, zu erkennen. In Paris bestehen Vereine mit dem ausschließlichen Zwecke der Fechtkunstpflege, die „I-u ückurtiats", „1>s8 vrais 6au- lois", „l^u Usvanobv" u. s. w. heißen. Ungefähr alle haben einen Punkt in den Statuten, der die Zulassung von Deutschen, oft auch Deutsch - Oesterreichern und Deutich-Schweizern verbietet. Man hat neuestens die bekannten Schulbataillone geschaffen, in welchen die Jungen im Alter von 10 Jahren soldatisch gedrillt werden. Der Hang zum Theatralischen, von dem die Franzosen nun einmal nicht lassen können, hat ihnen auch bei dieser Institution wiederholt Possen gespielt und zu Erscheinungen geführt, die über die ganze Ein richtung einen leichten Schein von Lächerlichkeit ver breiten. Man hat beim jüngsten Nationalfest ein Schulbataillon durch die Straßen von Paris paradiren sehen können, das von einem 10jährigen Jungen in authentischer Generalsuniform zu Pferde angeführt und von einer etwa 9 jährigen Marketenderin in der traditionellen kecken Tracht und mit dem über gehängten roth w.iß-blau gestrichenen SchnapSfäßchen am Lederrirmen begleitet wurde. Aber diese Affenkomödie verhindert nicht, daß das jahrelange Einexerciren der Schuljugend dieselbe sehr ernst für den spätern Mili tärdienst vorbereite und aus ihr beinahe fertige Sol daten mache, noch ehe sie da» Recrutenalter erreicht hat. Wenn in den Knaben der kriegerische Sinn für die Schulbataillone lebendig erhalten wird, so wird er in den Erwachsenen durch Schießstätten gepflegt, die seit Kurzem in allen Städten sehr zahlreich entstehen. Die Behörden begünstigen die betreffende Bewegung auf jede Weise. Die Communen geben das nöthige Terrain her, die Kriegsverwaltung commandirt Ab richter ab, stellt die Gewehre, liefert unentgeltlich eine gewisse Anzahl von Patronen, Private stiften Preise für Wettschießen, der Zutritt zu den Schießständen wird den Bürgern aus jede Weise erleichtert, am We sentlichsten durch die Unentgeltlichkeit aller Uebungen, und nur der Ausländer bleibt von der Theilnahme an den letzteren konsequent ausgeschlossen. Dieselbe Stim mung, welche die Stadtbevötkerung massenhaft in die Turnhallen, auf die Fechtböden, an die Schießstände führt, klingt auch in der neuesten Kunst und Literatur der Franzosen wieder. Die Soldatenbilder de Neu ville'» und Detaille'S werden bewundert, fabelhast theuer bezahlt und von einer ganzen Schaar talentvoller junger Maler nachgeahmt. Den 1881er Salonpreis erhielt ein Bild von Bertrand, .Patrie* betitelt, das einen melodramatischen .Kürassier von Reichshofen* darstellt, welcher die Fahne Frankreichs an seine todeswunde Brust drückte, und die Ehrenmedaille des jüngsten, 1882er Salons wurde einem haarsträubend erbärm lichen Bilde des Schemenmalers PuviS de Ehavanne zuerkannt, da- er „kro Katrin luäus", .Kampfspiel fürs Vaterland* nannte und das eine Anzahl nackter Männer zeigte, die sich im Speerwerfen und Bogen schießen üben. Die .Soldatenlieder*, .Neuen Sol datenlieder" und.Trompetenklänge* von Deroulsde, die vom ersten bis zum letzten VerS blos ein Thema variiren: den Aufruf zum Rachekrieg gegen Deutsch land, werden stärker gekauft, als irgend ein anderes Buch, da» seit 1870 erschienen ist, stärker selbst al- .Nana* und .Pot-BouilleI* Die erstgenannte Ge- dichtsammtlung hält bei der 120. Auflage, die zweite ist von der 100. nicht entfernt. Ein Mitarbeiter deS .National* Raoul Frary, hat ein Buch geschrieben, betitelt „l,o peril national" (die nationale Gefahr), da» in jedem Eapitel vor der Verweichlichung warnt und die Stärkung de» kriegerischen Sinne», die fleißige Handhabung aller Waffen, die Erwerbung soldatischer Tugenden und Tüchtigkeit predigt. Die Akademie hat dieses Buch preisgekrönt, wie sie wenige Jahre vorher die .Soldatenlieder* von Paul Deroulöde mit einem ansehnlichen Preise ausgezeichnet hat. Zwischen all diesen Erscheinungen besteht ein Zusammenhang. Er verräth bei der großstädtischen Bevölkerung eine Seelen stimmung, welche mit de>-jeni >en de» preußischen Volke- von Jena bi» zum Aufruf .An mein Volk* eine ge wisse Aehnlichkeit hat. ES darf übrigens diesen Symptomen gegenüber nicht unerwähnt bleiben, daß eS lediglich die städtische und zwar namentlich die hauptstädtische Bevölkerung fft, in welcher dieser Geist der Rauflust sich kundgieb». Die Landbevölkerung will Frieden um jeden Preis, und insbesondere die Bewohner derjenigen Departements, welche unter den Schrecken deS letzten Krieges gelitten, denken nicht daran, Revancheideen zu hegen. Man kann nicht voraussehen, welche Richtung in Frankreich die Oberhand behält. Sollte aber die große Masse der Franzosen so toll und verkehrt sein und den Lockun gen Gambetta's Folge leisten, so können wir auch diejer Eventualität mit Ruhe entgegensehen. Ein solches wahnwitziges Thun könnte weder mit d.n Freiheits kriegen des deutschen Volkes, dem Ergebmß langen französischen Druckes, in Vergleich gezogen werden, noch möchten die Kämpfer, die daS neue Frankreich gegen uns entsenden würde, mit jenen zähen, nervigen, von Vaterlandsliebe und unerschütterlichem Gottver trauen beseelten deutschen Kriegern der Jahre 18l3 und 1814 eine Aehnlichkeit besitzen. WaS heute in Paris sich regt, ist jene tolle Händeljucht der verweich lichten, sittenverderbten Bevölkerung einer Großstadt, die ihr völliges Siechthum empfindend, zu einer gründ lichen Regeneration nicht mehr die Kraft besitzt, die aber zuweilen im Sinnentaumel mit der entnervten Hand bramarbasirend zum Schwert greift. Lagesgeschichte. * Berlin, 30. August. Auf dem Tempelhofer Felde östlich der Chaussee fand heute, Vormittags 11 Uhr, trotz ungünstiger Witt-rung, die diesjährige große Herbstparade vor Sr. Majestät dem Kaiser Statt. Infolge deS gestern gemeldeten Unfalls de» Generals Grafen Brandenburg II. und der dadurch nothwendig gewordenen Verschiebung der Commando- stellen erhielt der Commandeur de« Gardehusaren- regiments Oberst v. Krosigk den Befehl über die 2. Cavalleriebrigade, so daß Prinz Wilhelm das Husarcnregiment commandiren mußte. München, 29. August. (N. C.) In der heutigen Sitzung deS Magistrats erklärte der 1. Bürg-r- meister vr. v. Erhard, daß er sich hinsichtlich deS Be schlusses des Gemeindecollegiums, gegen hie in der Angelegenheit des Schulrathes Or. Rohmeder ergan gene Entschließung der Kreisregierung Beschwerden zu den beiden StaatSmmisterien de» Innern und zum VerwaltungSgerichtShofe zu erheben, nicht auf den Standpunkt dieses Collegiums stellen könne, und des halb eine Antragstellung unterlasse, daß er jedoch als Referent, damit der Termin zur Beschwerdesührung nicht unbenützt verstreiche, die Frage stelle: ob im Srnne des Gemeindecollegiums die Beschwerde erhoben werden solle. Diese Frage wurde von der Majorität sofort bejaht; dagegen stimmten außer den Bürger meistern noch die RechtSräthe Steinhäuser und Sicken berger. — In Augsburg ist heute der Comman deur deS 1. bayrischen Armeecorps, Generallieutenant Frhr. v. Horn, gelegentlich einer Jnspicirung der 3. Brigade mit dem Pferde gestürzt und Hot einen Rippen bruch erlitten. —Wien, 30. August. Se. Majestät der Kaiser wird die Reise nach Triest am 8. September antreten und zunächst in Klagenfurt einen 2tägigen Aufenthalt nehmen. Der Ministerpräsident Graf Taaffe wird den Monarchen nach Triest begleiten. Ebenso wird wäh rend des Aufenthaltes des Kaisers in Triest der zur Zeit in Ostende weilende ungarische Ministerpräsident v. Tisza dort eintreffen. — Tas Kronprinzenpaar, welches sich am 10. September nach Breslau begiebt, um über Einladung deS Deutschen Kaiser- den Herbst manövern in Schlesien beizuwohnen, wird ebenso wie Ihre Majestät die Kaiserin erst am 16. September in Triest beziehungsweise Miramar anlangen. — Gestern Abend hat hier eine Arbeiterversamm lung stattgefunden, in welcher eine Kundgebung der Socialisten anläßlich der Enthüllungen über da- Raubattentat an dem Schuhmacher Merstal- linger beschlossen werden sollte. Die Versammlung nahm jedoch (wie bereit- telegraphisch ausführlich ge meldet wurde) einen derart tumuliuarischen Verlauf, daß dieselbe von dem anwesenden RegierungSvertreter geschlossen werden müße, noch ehe eS zu einem posi tiven Beschlusse kam. Infolge dessen will die gemäßigte Arbeiterpartei morgen neuerdings eine Versammlung abhalten, während die radicale Partei ein besondere» Meeting zu veranstalten gedenkt, um auch ihrerseits über ihre Stellungnahme gegenüber den anläßlich der Affaire Merstallinger Verhasteten schlüssig zu werden. Prag, 30. August. Der von den Blättern in jüngster Zett mehrfach erwähnte, an die Direktionen der Mittelschule» ergangene landeLschulräthliche Erlaß, betreffend das Verbot de» Verkehrs von Mit- telichülern mu Verbindungsstudenten, Hal, nach einer Mittheilung der heutigen „Politik" folgenden Wort laut: »Aus Anlaß der mehrfach io früherer und wieder in neuester Zett gemachten Wahrnehmungen, wie verderblich es für Muielichüler ist, mit BerbendungSstudenlen der Hoch- ichulen zu verkehren, wird die Direction beauftragt, den Schülern der unterstehenden Lehranstalt den Umgang mit BerolndungSMdenten der Hochschulen sowohl in der Schul zeit, als wahrend der Ferien strengstens zu verbieten. Prag, am b. August i88L." — Als weitere» Verbot ist jene» zu registriren, wo durch das von jungtschechlscher Seile für dcn 3. Sep tember nach Nienburg (bei Podiebrad) einderufene Meeting untersagt wird. In dieser Volksversamm lung sollte der PrüfungSerlaß für die tschechische Uni versität zur Verhandlung gelangen; der Bezirkshaupt, mann von Podiebrad erklärt jedoch in dem Meetmgs- verbote, daß die Berathung über den gedachten Prü- sungSerlaß als eine Auflehnung und Demonstration gegen eine Verordnung der Regierung angesehen werden müsse und nur zur Beunruhigung der Gemüther führen könne. — DaS kaiserliche Patent, wodurch der böh mische Landtag zu seiner diesjährigen Session em« berufen wird, wird demnächst veröffentlicht werden. Was die auf den 25. September anberaumlen Land- tagsergänzungswahlcn aus der Gruppe de- nichtfidei- commifsarlschen Großgrundbesitzes betrifft, fo sähe man eS im tschechischen Lager sehr gern, wenn die konservative Partei sich nicht von der Wahl fernhalten, fondern elnmüthlg an derfrlben theilnehmen würde, weil, wie man glaubt, in diesem Falle ihr Sieg gesichert wäre. Nebstbei wird jetzt von tschechischer Seite neuer dings sür die schleunige Auflösung deS böhmischen Landtags mit größter Entschiedenheit plaidirt, da die bisherige deutsche, verfassungstreue Majorität de» Land tags ein ungeheurer Anachronismus fei. Die heutige „Politik* sagt: „Es muß Sache der Autonomlsten sein, den Landtagen eine entsprechende Bedeutung zurückzu- erobern und dafür Sorge zu tragen, daß die Zusam mensetzung der einzelnen Landtage den faktischen Ver hältnissen der betreffenden Länder entspreche." Daß nach erfolgter Auflösung in dem neugewählten Land tage die Verfassungspartei nicht mehr die Majorität haben, d. h. daß die Vertreter deS Großgrundbesitze» dann der konservativen Partei angehören würden, be zweifelt dermalen im tschechischen Lager kaum Je mand. — AuS Teplitz meldet man da» in ver gangener Nacht erfolgte Ableben des Bürgermeister» Karl Uherr, welcher nahezu 26 Jahre dem dortigen Stadtrathe angehörte, wovon er 19 Jahre an der Spitze der GefchäftSleitung stand und diesen Ehren posten in einer den Interessen de» Curorte» fördern den und ehrenvollen Weise vertrat. St. Petersburg, 30. August. (TeO Die Königin von Griechenland ist gestern nach Wiesbaden abge- reift. — In Sedastopol fand gestern die Einweih ung des Grabdenkmal» der im Krimkriege ge fallenen Italiener Statt. Die dasige Garnison gab die üblichen Geschütz- und Gewehrsalven ab; später fand ein zu Ehren der italienischen Deputation von dem Osfiziercorp» veranstaltetes Diner Statt. Zur ägyptischen Frage. AuS Konstantinopel vom 29. August telegra- phirt man der „Köln. Ztg.": Seit gestern Abend ist eine plötzliche Wendung eingetreten. Die Pforte nimmt die Militärübereinkunft mit einigen leichten Abänderungen, welche Lord DuffRiA »<I rskrsockum genommen, an. Die wahrscheinliche Veranlassung zu diesem Umschwung bildet die Niederlage Arabi'S vom 24. und 25. d. ES bleibt indessen fraglich, ob die englische Regierung die erwähnten unbedeutenden Ab änderungen nicht benutzen wird, um die Verhandlungen neuerdings zu verschleppen. (Der „Agence HavaS* telegraphirt man au» Konstantinopel vom 30. August: Nachdem Lord Dufferin die letzten Instructionen be züglich der Militärconvention erhalten, begab sich der selbe auf die hohe Pforte, woselbst er 2 Stunden ver weilte und wo er die Verhandlungen wieder ausge nommen zu haben scheint. Lord Dufferin dürste die Convention zunächst dlo» haben paraphiren wollen, die Pforte aber gegen eine provisorische Unterzeichnun Einwendungen erhoben haben.) — Wa» den Ober befehl über die türkischen Truppen, welche nach Aegypten gehen soll, betrifft, so nennt man jetzt Osman Pascha, statt wie bisher Mukhtar Pascha. — Die Frage betreffs der von den Engländern angekausten Maulthiere verschärft sich wieder etwas durch neue Zwischenfälle. Der Sultan hat neuerding» Schwierig keiten erhoben,einerseits wegen der Maulthiertreiber, dann wegen der nöthigen Sättel. Infolge dessen wächst die Erregung der Engländer. (Bei dem Ver höre der seiten der türkischen Polizei verhafteten Esel- und Ochsentreiber österreichisch-unga rischer Nationalität hat, wie der „Polit. Corr.* aus Konstantinopel am 28. August berichtet wird, ein Beamter des Dragomanate» der k. u. k. Botschaft intervenirt. Derselbe begehrte in energischer Weise die sofortige Freilassung der Jnhaftirten, ohne jedoch m seiner Intervention über den jeden österreichisch-unga rischen Unterthan gewährten Schutz hinauSzugehen.) Die Entmuthigung der am Donnerstag und Frei tag am Süßwassercanale geschlagenen Aegypter scheint doch nicht so groß gewesen zu sein, al» im englischen Lager angenommen wurde, denn sie gingen schon am 28. August wieder, und zwar unter ArablBey» Ober leitung, bei Kass ass in zum Angriffe vor und bestan den ein sehr heftige» Gefecht, in welchem sie zwar zu rückgeschlagen wurden, ober doch auch den Engländern bedeutend größere Verluste beibrachten, als diese bei irgend einem der bisherigen Zusammenstöße erlitten. Sie haben die Uebermacht an Truppen- und Ge schützzahl für sich und haben dieselbe auch hier zur Geltung zu bringen gewußt, wie sie e» die ganze Zelt her vor Alexandrien thun. Auch die erste Nachricht von dem neuen Treffen bei Kassafin, stellt sich in einem wichtigen Punkte als übertrieben heraus. Die Aegypter sind zwar nach lebhaftem Kampfe zurückgeschlagen worden, haben große Verluste erlitten und ihre Munition zurücklasfen müssen, aber sie haben nicht, wie anfänglich und zwar überein stimmend, von den verschiedensten Seiten mitgetheilt wurde, ihre 11 Kanonen verloren. E» ist ihnen im Gegentheil gelungen, im Dunkel der Nacht ihre Ge schütze in Sicherheit zu bringen. Der Angriff ist von den Aegyptern begonnen worden. Die» beweist, daß die in einer officiellen Depesche Wolseley'» enthaltene Behauptung, es seien am 24. und 25. August weit größere Erfolge erzielt worden, als anfänglich ver- muthet, und der Feind fei derart geschlagen, „daß er mit Zurücklassung seiner Waffen und Ausrüstung gegen Zagazig geflohen sei", aus Uebertreibung beruhte. Die vorliegenden Berichte über die Stellung de« britischen Heeres ergeben, daß die verhältnißmäßig kleine Armee auf einen zu großen Raum vertheilt ist. Bon J»mailia bi» Kassassin ist etwa- mehr al» 5 deutsche Meilen. Möglich daß die Verproviantirung die dünne Auf stellung bedingt. Die Wasserversorgung wenigsten» muß, wenn eS sich bestätigt, daß die Araber bei Mahsame die Leichen der Gefallenen in den Canal geworfen und dadurch da» Wasser verpestet haben, mit großen Schwierigkeiten verknüpft sein. Die langgestreckte Stellung der Engländer mag Arabi auch den Entschluß eingegeben haben, auch auf dem südlichen Kriegsschauplätze zur Offensive überzugehen. General Wolseley telegraphirt au» Kustassin Folgen de»: Am 28. August (Montag) Abend» wurde General Graham von 11 Kanonen und 8 Bataillonen ange griffen. Unsere Truppen benahmen sich vorzüglich und brachten dem Feinde schwere Verluste bei. Erst hatte Graham nur 5 Kanonen und 2k Bataillone, dann ein kleines Detachement Cavallerie und berittene In fanterie. Al» er jedoch durch ein andere» Bataillon verstärkt wurde, griff er den Feind in der Front an, während die erste Cavalleriebrigade unter Sir Baker Russell'S Führung demselben in die Flanke fiel und eine große Anzahl Aegypter medersäbelte. Die La- vergesse sonst so leicht nichts — ein Document muß noch da sein: der letzte BriesI* Er gmg hastig nach seinen Schränken und stöberte eine kurze Weile i« einem der Fächer — dann hellten sich seine Züge auf. „So, so, mein Herr Neffe, ganz lo» bist Du noch nicht von dem Banne, in dem ich Dich hieltl* Er zog ein Blatt hervor, betrachtete es sich und that e» an eine andere Stelle seines Archivs. — Dann ging er hinunter, um in der Gesellschaft wieder die Pflichten de» WirtHS zu übernehmen und eS Allen, die e» sehen wollten, zu zeigen, daß der alte Holm, der gesuchteste und zugleich auch wieder gesürchtetste Anwalt der ganzen Stadt, eS sich wohl einsallen lassen dürfte, bei Gelegenheit einmal einen Prunk zu ent wickeln, der vielleicht über die Mittel eines jeden seiner Gäste hinausging. Weniger jedoch lag dcm Hausherrn daran, zugleich die Stimmung hervorzurufen, in der die letzteren eS sich so recht hätten wohl sein lassen mögen. Da eS aber einmal bekannt war, daß von Gemüthlichkeit überhaupt nichts in seinem eigenen Wesen lag, so durfte man sich auch heute nicht wundern, daß er doS Behagen, welche- er selbst nicht fühlte, auch bei seiner Gesellschaft nicht zu fördern strebte und in keiner andern Weise an der Unterhaltung Theil nahm, al-daß er von Zeit zu Zeit eine scharfe Bemerkung in die selbe bineinwarf, oder auch einen kaustischen Witz, der sich nicht immer sorgfältig davor hütete, einen gewissen leisen Zweisel an dem guten Namcn dritter Personen aufkomuun zu lasten und eS wohl rechtfer tigen durfte, daß einer der Anwesen en seinen Nach bar ein Mal zuflüsterte: „Ich glaube, unser Wirth hält die Sündenregister der halben Stadt — was sage ich: des halben Landes bei sich aufgefpeichert!" (Fortsetzung folgt.) Alte» und neue» Maß in Frankreich. (Schluß zu Rr. ros.) Ganz vortrefflich haben sich dagegen die Pariser Arbeiter mit dem Liter befreundet, nämlich wenn das selbe voll des von ihnen vorgezogenen dicken (künstlich verdickten) Weines ist. Ein halbes Liter habe ich da gegen nie anders wie cbopio« (Schoppen) bezeichnen hören. Wcnn zu einem solchen daS Geld nicht aus- reicht, wird ein 6vwi sstivr, halber Schoppen verlangt; der Durst freilich reicht gewöhnlich für da« ganze Liter auS. Auch kommt daS oinyuiäms, Fünftel deS LiterS, als nicht unbeliebtes Maß vor, wenn eine Gesellschaft am Schanktische steht, und einer nach dem andern seine tournö« (Neusüllung der Gläser) zum besten giebt. Das Zehntel dagegen verstößt gegen alle Sitte und ehrsame Trir.kgewohnheit; denn eS ist viel zu klein. Um sich jedoch gütlich zu thun, greift jeder anständige Franzose zur nationalen boutvillo (Flasche), welche nach altem Maße ungefähr die eines ordentlichen Trinkers würdige Menge zu fassen vermag, nämlich zwei Drittel eine- Liters. Jedes bessere Gewächs wird auf Flaschen gezogen und gelagert, um noch weiter an Güte und Geschmack zuzunehmen. Die Flasche vertritt daher nicht nur da- alte Maß, sondern auch da« gediegenere alte Gewächs. Es ist stet- nur der gewöhnlichste Wein, oft von recht tweifelhafter Ab stammung, welcher aus dem Schanktisch mit dem Liter ausgemessen wird, weshalb die entsprechenden zinner nen Maße dort immer der Reihe nach aufgepflanzt stehen. Auf dem Schanktisch hat der Kneipwirth stets ein gesüllte», krugförmigeS, weitbauchiges, hölzerne- Henkel- gefäß zur Hand, um die verlangten halben, ganzen u. s. w. Liter ausmessen zu können. Es ist der broe, wiederum ein altes Maß, welches man auf 20 I zu gestutzt hat. Die 31 Pariser Milchgroßhändler, von denen während der Gründerzeit sich 26 zu einer Actien- gefellschaft vereinigt haben, liefern ihren Kunden nur broe« und pintes. Der broe hält 10 Pinte«, diese also 2 I. Natürlich ist eS die Bequemlichkeit beim Rechnen sowohl als bei der Unterbringung der Milch, welche diese BerkaufSeinheiten beibehalten ließ. Ein Hektoliter Milch würde gar sonderbar klingen und auch gar nicht zu handhaben sein. Dagegen ist der blecherne broe ein sehr bequeme», handbareS Gefäß. Als Gewicht ist da» Kilogramm, für die Meisten nur durch daS äemi Kilogramms bekannt. Da daS Pfund verboten ist, so bezeichnet der Händler auf einem kleinen Locktäfelchen die Preise stet» pur 6vmi kilo- gramw«. Zu dem Käufer jedoch spricht er nur von Pfunden. Es fällt auch Niemandem ein, ander» al» nach Pfunden, halben und Viertelpfunden zu kaufen. Für da» Pfund reicht der G>wichtstein au», aber da» halbe Pfund erfordert deren 2 oder selbst 3, daS Viertelpfund stets 3 Gewichte. Und trotzdem beharrt Jedermann auf der alten Viertheilung des Pfunde», somit aus dem unsern Gelehrten so gründlich verhaßten Duodecimalsystem. Es giebt nur ein Mittel, die Zehntheilung streng durchzuführen, nämlich da» Monopol. Rauchtabak kostet in Pari- jetzt 5 FrcS. da» Pfund, also genau einen Centime das Gramm. Da ist die Rechnung um so leichter, als die Regierungsfabriken Päckchen von 500 und 200 g anfertigen, die also 5 oder 2 Frc». kosten. Cigarren läßt die Regierung nur zu 8, 10, 25, 30 und 50 Cent, da- Stück verkaufen. Tabak ist kein so alte», ich möchte sagen eingewachseneS Be- dürfniß, wie Brot, Fleisch und Wein; deshalb läßt sich eine solche künstliche Ausmessung und Zutheilung leichter durchführen. Essen und Trinken, Kleidung und Wohnung stehen in engem Berhältniß zum mensch lichen Körper; deshalb schließen sich Maß und Gewicht eng an dessen Verhältnisse an. Bei dem Tabak kann die« nie der Fall sein. Für gebrannte Weine und Getränke besteht eben falls keine hergebrachte VerkaufSeinheit. Sie sind, ganz wie der Tabak, neuern Ursprunges und durchaus kein unbestreitbares, wirkliches Bedürfniß. Sie werden daher in Fässern jeder Größe versandt und verkauft. Bei dem Bier Haden die Franzosen die Maßeinheiten Deutschlands mehr oder weniger angenommen, von wo sie gegenwärtig jedenfalls den besten, wo nicht den größten Theil des Biere» beziehen, welche» sie trinken. Die Pariser Bäcker liefern meist ein-, zwei- und besonder» vierpfündige Brode, daneben aber doch auch noch Drei- und SechSpfÜnder. Diese Gattungen herr schen dagegen in mehreren Provinzen vor. Von Kilo grammen weiß auch hier Niemand etwa». Die be- treffenden Gewichtsteine befinden sich zwar auf dem Tisch, und der Käufer verfehlt nie, sich den au-gesuch ten Laib vorwiegen zu lasten, wobei der Bäcker da» Fehler.de zulegt. Die Beilage -um Brode ist dahrx