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Dresdner Journal : 29.07.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-07-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188207291
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18820729
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18820729
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1882
-
Monat
1882-07
- Tag 1882-07-29
-
Monat
1882-07
-
Jahr
1882
- Titel
- Dresdner Journal : 29.07.1882
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1M es unser Loos geworden ist, die Herstellung der Ord» vung zu übernehmen, kann Niemand unser Recht be streiten, die künftigen Abmachungen für die Regierung Aegyptens zu controliren. Die ägyptischen Verwickelungen nehmen die Thätig- keit der Regierungen, der Diplomatie, der Parlamente in wachsendem Maße in Anspruch. Einem Telegramm aus Alexandrien zufolge hat Arabi Bey die Pro klamation des Khedive mit einem in Kairo veröffent lichten Schreiben beantwortet, worin er erklärt, vaß der Khedive unter den Befehlen der Engländer handle und daß die Armee da» Land gegen eine englische Invasion b>» auf» Aeußerste vertheidigen werde. — Wie e» ferner heißt, hätte Arabi Bey in einem an den Sultan gerichteten Schreiben die Hoffnung aus gesprochen, daß das Gerücht von der zu erwartenden Ankunft türkischer Truppen sich nicht bewahrheiten werde, weil er sonst genöthigt sein würde, denselben bewaffneten Widerstand entgegenzusetzen. — Die eng lische und die eingeborene Polizei in Alexandrien sind bemüht, mit Hilfe eingeborener Arbeiter die voller Trümmer liegenden Straßen wiederherzustellen. Die Zahl der wieder aufgemachten Läden und Restaurants nimmt zu. In dem von Eingeborenen bewohnten Quartiere von Alexandrien fand am 27. d. früh eine größere Feuersbrunst Statt, die da» Werk von Brand stiftern zu sein scheint. — Der Tvrrespoi.dent der „Times* meldet, die angebliche Plünderung des KhedivepalasteS durch englische Soldaten sei in einer für diese entlastenden Weise aufgeklärt worden. Da gegen meldet der „Standard* von vielen grnbenDlS- ciplinarvergehen, fowie auch Plünderung feiten der englischen Truppen. — Am 26. d. früh ist ein ägyp tische» Schiff nach Abukir abgegangen, um die Gar nison aufzunehmen, welche ihre Loyalität gegen den Khedive erklärt haben soll, und um dort die Geschütze zu vernageln. Die Garnison besteht, wie ein Tele gramm der „Pr.* versichert, au» 2000 Mann. Neueren Meldungen zufolge ist der zur Abholung der Garnison von Abukir abgegangene Dampfer ohne Truppen nach Alexandrien zurückgekommen, weil die selben nicht nach Alexandrien kommen wollen. Ein au» Alexandrien vom 27. Juli datirtes Originaltele gramm de» „Hamb. Corr.* meldet hierüber: Der ägyptische Dampfer „Charkieh" wurde gestern mit 1 englischen und 1 ägyptischen Obersten nach Abukir ge schickt, um die Uebergabe des dortigen Forts zu ver langen. Die Besatzung lehnte dies ab und weigerte sich auch, die Proklamation des Khedive entgegenzu nehmen. Während der betreffenden Verhandlungen langte ein Eisenbahnzug mit Truppen aus Arabi'» Lager im Fort an. AuS Alexandrien vom 27. Juli 1 Uhr Nachmittag- telegraphirt man „ Reuter'- Office*: Admiral Seymour signalisirt soeben: Arabi zum Angriff vorrückend; Alles alarmirt. Die Fort- bei Abukir wahrscheinlich angegriffen. — 4000 Livilisten von den Nilwerken sind an den Lauf- gräbenarbeiten in Kafr-ed-Auar beschäftigt. Im letztgenannten Orte haben die Rebellen 3 VertheidigungL- linien gebildet, die sich von der Eisenbahn bis zum Canale ausdehnen. Die zweite befindet sich 20 m hinter der ersten, und die dritte 50 m hinter der zweiten. Arabi Bey soll 1 Bataillon Infanterie, 1 Batterie und 2 Schwadronen Cavallerie in Bereit schaft halten, um irgend einer Vorwärtsbewegung der Engländer Einhalt zu thun. Wie verlautet, beabsich tigen die Engländer dar Fort Mukbebe bei Mex zu besetzen, welches die Straße an der Küste des Ma- riutseeS beherrscht, auf welcher Patrouillen Arabi Bey» bemerkt worden waren. In den feindlichen Linien wurde am 27. d. Morgens eine gewisse Bewegung wahrgenommen. Im Hinblicke auf die in der englischen Presse, speciell im „Standard* geäußerten Besorgnisse, daß Arabi Bey durch eine Ableitung des Nils Unter ägypten überschwemmen und dadurch den Vor marsch der englischen Truppen aufhalten könnte, geht der „Polit. Corr.* von einem ausgezeichneten Kenner der ägyptischen Verhältnisse eine Zuschrift zu, in wel cher diese Besorgniß als eine absolut unbegründete er klärt wird, da die Straßen von Port-Said und J-- mailia, Salikieh und Malarieh nach Kairo durch eine Jnundirung nicht abgeschnitten werden können. WaS den Weg von Alexandrien nach Kairo betrifft, so brauchte die Armee nur die Route im Süden von Damanhur einzuschlagen, wo das Terrain zu hoch liegt, als daß eS durch den Nil überschwemmt werden könnte. Au- Alexandrien wird „Reuter'S Office* un- term 24. d. gemeldet: 2 Jnspectoren des Katasters, welche Augenzeugen der Mordscenen in Tantah und Mihallah gewesen, wurden heute von dem Jn- telligenzbureau verhört. Der Inspektor in Tantah be kundete: „Ich war aus der Eisenbahnstation am 11. Juli, al- amtlich angezeigt wurde, daß 7 englische Kriegsschiffe durch da« Feuer der Fort- von Alexan drien in den Grund gebohrt worden seien. Am fol genden Tage kamen große Pöbelmassen aus Alexan drien mit Beute beladen an. Sie gaben da» Signal zu dem Massacre, welches am 13. Juli um 8 Uhr Morgens begann. Gegen Mittag zählte ich nicht weniger als 85 Leichen, die in Gruppen von 3 oder 4 vorübergetragen wurden. Jedem Zuge gingen Weiber voran, welche Stangen trugen, an die menschliche Arme und Beine gebunden waren. Dann folgten andere Weiber, welche jauchzten, al- ob eine Hochzeit gefeiert würde, und die Leichen umringten, welche an den Beinen mit Stricken entlang geschleift wurden, bis sie in Stücke fielen. Der Pöbel schlug die Leichen mit Knütteln, b.S sie flach waren, fing die Eingeweide mit Stöcken auf und schleuderte sie gegen die von Europäern bewohnten Häuser. Die Leichen waren vorher beraubt worden. Ein Polizeiinspector eignete sich da- Geld und die Werthsachen an. Um die übrige Beute rauften sich die Soldaten und der Pöbel. Um 5 Uhr Nachmittags kam Achmed Bey Minishovi mit 20 Beduinen in Tantah an und begab sich nach dem Judenquartiere, rettete die Bewohner desselben und führte sie nach einem Dorfe. Wir wur den durch den Scheik des Dorfes Schobra gerettet, der in unser Haus kam und uns als eingeborne Wächter mit Stöcken in der Hand verkleidete und nach seinem Dorfe brachte. Er stellte uns unter den Schutz don Minishovi Bey, der uns in einen Eisenbahnzug setzte, wo wir uns den Flüchtlingen die Mlhalla und El- Kebir verließen, zugesellten.* Der Jnspector deS Ka tasters im letzterwähnten Orte erzählt, daß der Nach- mittagSzug am 13. Juli eine große Menge lärmenden Gesindels au- Alexandrien brachte, die sich nach dem Gebäude begab, wo 7 Beamte des Kataster- mit ihren Familien wohnten. Vier waren abwesend, aber die drei anderen tödten viele der Angreifer, bi- der Pöbel das HauS von hinten betrat und sie ermordete. Ihre Lei chen wurden mit Petroleum begossen und verbrannt. Die Abwesenden wurden durch einige eingeborene Weiber gerettet. Der Gouverneur deS Districts kam bald darauf an, befreite die Familien der ermordeten Beamten und geleitete sie unter den Flüchen deS an wesenden Pöbels nach seinem Harem. Später tödtete der Pöbel 12 Griechen in canmbalischer Weise. Die Eingeweide eines derselben wurden an dem Schwänze eines Hundes befestigt und mit Petroleum begossen, welches unter dem Jauchzen der Frauen und Kinder angezündet wurde. Die Angriffe deS Pöbels wurden 8 Mal zurückgeschlagen, bis zwei DorfscherifS an kamen, und mit dem Beistände ihrer Leute wurde der Pöbel zerstreut. Ernennungen, Versetzungen rc. im öffentlichen Dienste. Im Geschäftsbereiche des evangelisch-lutheri schen Landetconfistorium» sind oder werden dem nächst folgende Stellen erledigt: da- Pfarramt zu Ottendorf (Pirna), Collator: die Gutsherrschaft da selbst; da- Pfarramt zu Großgrabe (Oberlausitz), Collator: die Gutsherrschaft daselbst; das Pfarramt zu Niederschöna (Freiberg), Collator: die Gut-Herrschaft daselbst; das Piarramt zu Erdmannsdorf (Chemnitz), Collator: die Gut-Herrschaft daselbst; da» Pfarramt zu Ruppersdorf (Borna), Collator: die Gutsherrschaft daselbst; da- Diakonat zu Göda (Radeberg), Collator: da» evangelisch-lutherische LandeSconsistorium; das Pfarr amt zu Wildenfel» (Zw ckau), Collator: Se.Erlaucht Graf zu SolmS-Wildensel». Dagegen wurden angestellt, beziehentlich be fördert: Gustav Werner, PredigtamtScandidat, al» Pfarrer zu Cofelitz (Großenhain); Karl Johann Otto Scheer, DiakonuS zu Zschopau, als Pfarrer zu Klin genthal (Oelsnitz); Gustav Adolf Leonhardt, Pfarrer zu Fischbach al- Pfarrer zu Rothschönberg (Meißen); Ernst Oswald Leberecht Kauffer, Pfarrer zu Tauben heim, al» Pfarrer zu Schweta (Oschatz); Otto Johanne» Uebigau, PredigtamtScandidat, als Pfarrer zu Grün hainichen mit Filial Borstendorf (Marienberg). Dresdner Nachrichten vom 28. Juli. — Wie das Comits für das König Johann- Denkmal bekannt macht, wird der Entwurf des Hrn. Professor vr. Johanne- Schilling für da- auf dem Theaterplatze zu Dresden zu errichtende Denkmal von morgen an bi» auf Weitere» täglich von 11 Uhr Vor mittag» bi» 6 Uhr Nachmittag» im Festsaale der Kreuz- schule am Georgplatze bei freiem Eintritt ausgestellt sein. Da die bisher für da» Denkmat gefammelte Summe nur etwa zwei Drittheile der Kosten eine» nach dem ausgestellten Entwürfe auSzuführenden Denk mals deckt, so erläßt da» Comit« an Alle, welche an der, de» König» Johann wie de» Lande» würdigen Ausführung deS Denkmals Interesse nehmen, die er neute Bitte, ihre Beiträge, die sie bis jetzt zurückge halten haben, geneigtest zu leisten. (Vgl. die Inserate.) AuS dem Polizeiberichte. Auf der Sofien- straße wurde vorgestern Nachmittag von einem Wagen, dessen Führer bisher nicht ermittelt werden konnte, ein 7 Jahre alter Knabe überfahren. Das Kind war an der Stirn und an einem Fuße, anscheinend nicht erheblich, verletzt. — Im Residenztheater gehen morgen (Sonn abend) zum Benefiz für die beliebte Possensoubrette Frl. Lina Bendel vier einactige Possen und Schwänke zum ersten Mal in Scene. provinzialnachrichten. Penig, 26. Juli. (Leipz. Tgbl.) Am vorgestrigen Tage setzte in Wolken bürg ein im 5. Jchre stehen der Knabe, während er mit der im gleichen Alter stehenden Tochter des GastwirthS R. spielte, die Klei dung deS Mädchens unttelst eines Streichholzes in Brand. Alsbald stand das Kind in Flammen und erlitt so schwere Verletzungen, daß eS am gestrigen Tage verstarb. Schneeberg, 26. Juli. (Erzgeb. VlkSfr.) Ein höchst betrübender UnglückSsall hat sich am gestrigen Abend in hiesiger Stadt ereignet. Da» ungefähr 4 Jahre alte Töchterchen der Schuhmachergesellen Albert hierselbst, ein munteres Kind, wollte mit einem Becher au» einem nicht völlig verdeckten Wasserbottich Wasser schöpfen; da da» Kind nicht hinaufreichen konnte, klet terte eS am Bassin empor, verlor aber dabei das Gleichgewicht und stürzte kopfüber in da» Wasser. DaS arme Kind fand sofort seinen Tod; alle schleunigst angestellten Wiederbelebungsversuche erwiesen sich leider als vergebliche. Reichenbach, 27. Juli. (R. Wbl.) Ein bekla- gen»wertheS Vorkommniß ereignete sich am vergangenen Sonntag im Gasthof zu Schönbrunn, wohin eine hiesige Gesellschaft an jenem Tage einen Ausflug unternommen und dort getanzt hatte. Im harmlosen B-rlauf dieser Festlichkeit kommt Abends eine zweite Gesellschaft, auf der Heimkehr begriffen, vor dem Gast haus an, tritt ein und versucht e», an dem Vergnügen deS ersterwähnten Vereins theilzunehmen, wobei man indeß auf Widersprüche stieß, die leider bald zu ernstem Streit führten. Dabei hatte ein im Gasthof bediensteter Knecht, in dem Bestreben, die Ordnung wiederherzu- stellen, daS Unglück, die Zielscheibe emeS traurigen Messerhelden zu werden, der ihm daS gezogene Taschenmesser 2 Mal in den Körper stieß. Der be- dauernSwerthe Mann liegt schwer verletzt danieder. Vermischtes. * Aus Tetschen vom 27. d. meldet die „Boh.*: DaS Wolkenbruchgcbiet erstreckt sich von Slraußnitz bi» FranzenSthal im Umkreise. Durch die Wasser massen wurde ungeheurer Schaden angerichtet. Felder und Wiesen sind total ausgewaschen und mit Stein- gerölle bedeckt, Straßen und Wege zerrissen. Die Polzen hatte eine Höhe wie kaum beim Frühjahrhoch wasser und drang durch Fenster und Thüren in die Häuser. In Politz ist der Bahndamm eingestürzt, der Güterverkehr der böhmischen Nordbahn eingestellt. Am Wiederausbau wird Tag und Nacht gearbeitet. * In Warnemünde ist in der Nacht zum Diens tag da- neue Hotel, der „Hamburger Hof*, früher „Kaiserhof*, abgebrannt. Die „Rostocker Zeitung* be richtet über den Brand wie folgt: „Der „Hamburger Hof* brenntl* Durch diesen SchreckenSruf wurden heute (Dien-tag) Nacht die Badegäste und Einwohner Warnemünde« aus ihrem Schlummer gestört, und leider bewies der stark geröthete Horizont, daß in der Nähe der Anlagen ein großes Feuer wüthen mußte. Der Brand ist in den oberen Räumen de» Hotels entstanden und hat von dort aus mit solcher rapiden Schnelligkeit um sich gegriffen, daß da» stattliche Ge bäude bald in Hellen Flammen stand. In dem „Ham burger Hof* hatten zahlreiche Badegäste Logis ge nommen; manche, ja wohl die meisten derselben, konnten sich nur in fluchtartiger Eile unter Zurücklassung ihrer Habe au» dem brennenden Gebäude retten. Glück licher Weise ist ein Verlust von Menschenleben nicht zu beklagen. Dagegen konnte an ein Retten de» In ventar» kaum gedacht werden, denn bald glich da» Innere de» Hotels einem hin- und herwogenden Flammenmeer, während aus den Fenstern und dem Thurme die feurige Lohe hoch zum Nachthimmel hin ausschlug. Anfangs schien eS, als ob das im „Ham burger Hof* wüthende Feuer auch die angrenzenden Gebäude ergreifen würbe. Wäre dies geschehen, dann hätte wohl der Brand einen Umfang angenommen, der aller Berechnung spottet. Um der drohenden Gefahr vorzubeugen, erschien eS deshalb geboten, von Rostock Hilfe zu requiriren. In Rostock langte die Nachricht von dem Feuer Dienstag NachtS gegen 3 Uhr an, und eS wurden sofort zwei Spritzen nach Warnemünde gesandt. Dank den energischen Bemühungen und der aufopfernden Thätigkeit der Rostocker Feuerwehr und der Warnemünder gelang eS auch, daS Feuer auf feinen Herd zu beschränken. Als wir Morgen» die Brandstelle besuchten, gewährte diesebe einen überaus traurigen Anblick. Am Saume der Anlagen hatte man die kärglichen Reste de- geretteten Inventars ge lagert. Von dem Hauptbau des „Hamburger Hofs* ragen nur noch die kahlen Mauern in die Luft, all dem Innern de- Hotel- steigen fortwährend weiße Dampswolken auf, und noch immer waren die Spritzen in Thätigkeit, um die hier und dort hervorzüngelnden Flammen zu löschen. Nach Mlttheilungen der „G. Z* ist ein Kellner, welcher von einer herabstürzenden Treppe getroffen wurde, an den Folgen der erlittenen Verletzungen gestorben. * Die neueste „Metzer Ztg.* schreibt: Der Auf merksamkeit der Eisenbahnbeamten einer in der Nähe von Metz gelegenen deutschen Grenzstation ist es zu verdanken, daß die Gesundheit von vielleicht vielen Menschen nicht gefährdet worden ist, und dürfte der nachstehende Fall vielleicht auch andere Stationen zu einer besonderen Aufmerksamkeit veranlassen. Ein au» Frankreich eingetroffener Waggon Roggen wurde um geladen. In dem leer gewordenen französischen Wagen bemerkte man am Boden eine dicke Schicht Staub. Ein Arbeiter, darauf tretend, glitt aus, wa- den Auf- sichtSbeamten veranlaßte, die Masse näher zu besehen. Ein penetranter Geruch entströmte der Masse, und die strengen Bestimmungen betreffs der Reinigung der Wagen veranlaßten diesen Beamten, den Stationtvor- stcher herbeizuholen. Eine unter daS Mikroskop ge brachte Quantität setzte Letztern in nicht geringe- Er staunen, denn anstatt de» vermeintlichen Staube» wimmelten Tausende kleiner Thierchen unter dem Glase. Vor Sachverständige gebracht, wurde da- Vorhanden sein der Kornmilbe constatirt, welche für gesundes Ge treide ansteckend sind und, wenn der inficirte Roggen vermahlen wird, ein ekelhaftes Mehl liefere. Die er forderlichen Maßregeln zur Verhütung alles dessen sind nun getroffen worden. * AuS Oedenburg vom 26. d. wird der „Wien. Allg. Ztg.* gemeldet: Laut einer aus Oberwarth (Co- nntat Elsenburg) hierher gelangten Meldung entlud sich dort vorgestern ein fürchterliches Ungewitter, da» nicht nur an den Feldfrüchten und Obstbäumen sehr beträchtlichen Schaden angerichtet, sondern auch ein Menschenleben zum Opfer gefordert hat. Ein Bauer au» Wolfau trieb seine Ochsen vom Felde herein und wurde auf dem Wege vom Blitze erschlagen, während sein Weib und seine Schwiegermutter vom Feuerschein geblendet wurden und bi» heute da» Augenlicht nicht wieder erlangt haben. * Am 23. d. geriethen, wie bereit» kurz erwähnt, in Dombovar die bei dem Baue der Ofen-Fünfkirch- ner Eisenbahn beschäftigten kroatischen Arbeiter mit den dort ansässigen Arbeitern wegen der Löhnung in Streit, der seinen vorläufigen Abschluß damit fand, daß die Kroaten, von ihrem Führer aufgemuntert, die Einheimischen durchprügelten. Al» die Arbeiter Abend» eine Unterhaltung arrangirten, hetzte der erwähnte Führer seine Leute wieder auf, sie fielen über die Cantine her, demolirten dieselbe, verwundeten den Wirth und viele Arbeiter. Diese läuteten an der Sta- tionSglocke Sturm, der die Ortsbewohner herbefführte. Diese fielen bewaffnet über die Kroaten her, weil auch daS Gerücht verbreitet war, daß diese die Stadt an zünden wollen. Nun flohen 8 Kroaten in einen Stall, dieser gerieth in Brand, und die Kroaten fanden darin den Flammentod. Im Walde wurden noch 6 und in einem MaiSfelde weitere 5 Kroaten tobt aufgefunden. Von den Einheimischen sind Viele schwer verletzt. Der Stuhlrichter ist au- Tamasi eingetroffen, um die Unter suchung zu leiten. Die Rädelsführer der Kroaten wurden verhaftet. Alarmsignale geben, wonach sich jeder waffenfähige Mann dieses Stamme» sofort bei ihm einfinden mußte, und binnen einer Stunde waren Alle versammelt und die Berathung begann. Nachdem zwei Stunden hin und her gestritten war, erklärte Pailialef, welcher sich mit den Angesehensten seine- Stamme» heimlich be- rathen, auch mich um einen Rath gebeten hatte, daß sein Stamm mit der chilenischen Regierung in freund- schoftlichem Verkehr lebe und sich nicht an einem Kriege gegen dieselbe betheiligen wolle. Die Abgesandten, entrüstet über diesen Bescheid, verließen un» sofort unter Drohungen und schwammen wieder über den Fluß zurück. Bi» spät in die Nacht dauerte da» Trinkgelage, worauf Pailialef nach seinem Lager getragen wurde, ich aber kehrte mit Railef und meinen Leuten nach Hause zurück, ohne die arme Gefangene auch nur einen Augenblick gesehen zu haben. Schon früh am nächsten Morgen holte mich der chilenische Schmied ab, um mir heimlich eine Erzader zu zeigen, welche er entdeckt hatte. E» war ein mäch^ tiger Gang, der viel metallische Substanzen enthielt; ich schlug mir einige Stufen heraus, und ergaben die selben nach oberflächlicher Untersuchung etwas Silber. Am Nachmittag zog ich mit meinen Leuten bei Pailialef ein, wa» mir sehr erwünscht war, indem ich nun sichere Aussicht hatte, die Gefangene zu treffen und mich mit ihr über ihre Rettung berathschlagen zu können. Da e» mich interesfirte, den aufgefundenen Erz- aang zu bearbeiten, zeigte ich Pailialef meinen Erz fund, und nachdem ich ihm da» Versprechen gegeben hitte, ihn am Gewinn Theil nehmen zu lassen, lieh er sofort die Angesehensten seines Stammes zum Trink gelage rinladen, um mir die Erlaubniß zum Erzbauen von denselben zu verschaffen. Diese erschienen bald. Al» Pailialef zu meinen Gunsten gesprochen und ich ihnen durch meinen Dolmetscher den für sie in Aus sicht stehenden Vortheil auseinander gesetzt, sie auch mit Papiercigarren und bunten Kopftüchern beschenkt hatte, erklärten sie nach langem Hin- und Herstreiten endlich sich einverstanden. Gereizt durch meine Ver sprechungen verlangten sie nun aber, daß ich schon am nächsten Tage arbeite und Silber schaffe, und e» kostete mir Mühe, sie zu belehren, daß ich erst nach Valdivia reisen müsse, um die nöthigen Werkzeuge zu besorgen. Bl- spät am Abend wurde fortgetrunken. Obgleich ich mir große Mühe gegeben hatte, die Gefangene zu entdecken, war dies auch heute vergeblich. Der nächste Tag war ein schöner Herbsttag, und als ich am Morgen mit meinem Diener von der Jagd zurückzekehrt, wo ich einen Flamingo geschossen, mit dessen Abziehen ich beschäftigt war, ertönte das be kannte Trompetensignal, daß sich wieder ein Besuch nähere. Bald darauf kam ein Kazike mit einigen seiner Leute angesprengt und nahm nach den unver meidlichen BegrüßungSceremonien neben uns Platz. Ich hatte seit meinen Reisen im Araukaner-Gebiet wahrlich schon sehr wilde und durch Malereien ent stellte Physiognomien gesehen, gestehe aber, daß mir nie ein Indianer einen so unangenehmen Eindruck ge macht hatte, wie dieser. Ich erfuhr bald, daß er ein mächtiger und grausamer Häuptling aus Allipeen sei, dessen Bruder kürzlich gestorben war. Da, wie ich früher erwähnte, unter diesen Wilden der Aberglaube herrschte, daß ein Main nur infolge hohen Alter» oder durch Gewalt sterben könne und, wenn Jemand einer Krankheit erlag, vergiftet fein müsse, hatte dieser Kazike da» Orakel von Boroa befragt, welche» ihm zwei junge Mädchen seine» Stamme» angegeben, die dem Verstorbenen Gift beigebracht hätten. Infolge diese» unfehlbaren Spruche» hatte er einige Tage vor- her da» eine der unschuldigen Mädchen unter furcht baren Qualen lebendig verbrennen lasten und kam nun, damit man ihm die Andere, welche sich hierher ge flüchtet hatte, ausliefere, um sie ebenfall» den Flam mentod sterben zu lassen. Pailialef, viel zu gebildet, um an da» Orakel zu glauben, zugleich aber die Feindschaft und Rache diese» Häuptlings fürchtend, sandte sofort einige seiner Leute aus, daS Mädchen zu suchen, um seinem Gaste zu willfahren. Heimlich gab er diesen jedoch den Auf trag, daS Mädchen anzuweisen, so schnell als möglich zu fliehen, und daß man die Flucht desselben dem Häuptling dann in entgegengesetzter Richtung angeben solle. Auf diese Art konnte daS arme Mädchen ge rettet werden, und ich freute mich sehr über die Mensch lichkeit Pailialef». Leider schöpfte aber der wilde Häuptling Verdacht und befahl dem einen seiner Be gleiter, der die Entflohene gut kannte, untzureiten. Hierdurch schwand alle meine Hoffnung, und ich er wartete in der größten Aufregung und Ängst, daß man diese Unglückliche bald bringen und ich am nächsten Tage Zeuge der grausamen Hinrichtung derselben, ohne ihr helfen zu können, sein würde. Während dieser Zeit trank Pailialef seinem Gast, welcher nicht wie andere Kaziken mich freundlich be grüßt hatte, sondern mich stets mit einem durchbohren den finstern Blick betrachtete, stark zu. Da er au» Allipeen war und mir die Indianer von Boipire wie Quitrulef versprochen hatten, bis zu meiner Rückkehr von diesem gefürchteten Stamm die Erlaubniß zu er wirken, die Ruinen und den Paß von V:llarica zu erforschen und die Goldgruben zu bearbeiten, lag mir natürlich sehr viel daran, feine Freundschaft zu gewin nen. War ja dann für mich Hoffnung vorhanden, unter seinem Schutz dahin gelangen zu können. Ich überreichte ihm einige werthvolle Geschenke, und ge wöhnt, daß solche stets mit großem Danke angenommen wurden, war ich nicht wenig erstaunt, al» dieser Wilde sie mit großer Verachtung zurückwie» und mir in gro bem Tone zuschrie, daß er mächtig und reich genug sei, wenn ihm etwas gefalle, eS mit Gewalt zu neh men oder e» von mir zu kaufen. Da Pailialef nach dieser Scene fürchtete, daß dieser Häuptling nach Ge- nuß von mehr Schnaps, und wenn daS Mädchen nicht gebracht werde, mir Gefahr bringen könne, so bedeu- tete er mich, daß ich mich mit meinen Leuten nach meinem Zimmer zurückziehen möge, war ich denn auch sofort ausführte. Schon war e» finster, und ich hatte mich zur Ruhe begeben, al» die nach dem Mädchen gesandten Indianer zurückkehrten. Mein Herz schlug mächtig, und in der größten Spannung und Sorge für da» arme Wesen sprang ich au» dem Hause, war abe^ herz lich froh, al» ich erfuhr, daß die Unglückliche bereit» am Morgen nach christlichem Gebiet geflohen war. (Fortsetzung folgt.)
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