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Dresdner Journal : 03.06.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-06-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188206033
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18820603
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18820603
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1882
-
Monat
1882-06
- Tag 1882-06-03
-
Monat
1882-06
-
Jahr
1882
- Titel
- Dresdner Journal : 03.06.1882
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OI26 Sonnabend, den 3. Juni. 1882. Xdoovvmko1»prv1,r Iw UILI» ö«ut,Lk«o s«ivk«: ^Lkrlick: .... 18 U»rlc. ^MUrlieU: 4 ^l»ric KO ?k. Lin/sln« Hummer»: 10 kk. La«,rluUd >Ie» <Ieut»ct>e» UsivUs« tritt?»8t- unä 8towpeIru»etilLts bloru. InserLleo^i-else« ?k!r 6s» Itmim einer xespiiltsne» petitroile 20 ?f. vntsr ,.Li»^e«»n6t" 6is 2sils KO Lei ladelleu- u»6 Littsros^tr SO 1b ^ukieUIi^. krsekelne» r litj-Iieb mit ^UKnsbmv 6sr 8onn- u»6 keiertaxa ^bv»6» für 6e» tol^en6s» 1»^. NrrMerÄmmal. Verantwortliche Redaction: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. I»»er»teosa»»km« »u»Hrürt»r I^ixiiz: H. LranctÄettrr, t!owmi»»io»Lr 6e« Dresdner 6our»»I»; S»wdar^ I«rU» -Vt«o - l^tpriz k"r»illlkrt ». >l f/aa«e»i«trin ^UA/rr, N«rli»-Vi«ll »»wdurss- ?r»8-l.«ip»>^ rr»llkkllrt ». It. Hüocdi»: L«rUa: /nruti<te,i<ia»t,- Nr«moa: L'Lc/iiotte, vr»»t»a: /. L'tanAr«'» Lurrau L'abat^),' kr*»2k»rt » II : L ^aeAer'soke IjucbtmnUIunß; vörUt»: (r AfMer,' S»»»ovr: 6. §c-ü««ker,' ?»ri« LsrU» - ?r»llickort ». A- Stutl^i^rt: Daitbe «t 6o., SLwdurx: ^16. Lteiner. Ilvrnusxvdvrr Lüoiel- krpeäition 6es I>res6oer 6our»»I«, Oresäeo, ^«in^erstr^sss tto. 20. Ämtlichrr Llieil. Aekmintmachung, die Anmeldung ^zu dem an der Königlichen Turnlehrer-Bildungsanstalt zu Dresden abzu haltenden Lehrcursus zur Ausbildung von Turn lehrern betreffend. An der Königlichen Turnlehrer - Bildungianstalt beginnt am 19. Juni o. der diesjährige Cursu» zur Ausbildung von Turnlehrern. Gesuche um Zulassung zu demselben sind unter Beifügung deS GeburtS- oder Taufscheines, eines ärztlichen Zeugnisses, eine» amtlichen Zeugnisses über sittliche Führung, eines selbstgefertigten Lebenslaufes, sowie der Zeugnisse über genossene wissenschaftliche bez. turnerische Vorbildung bei dem unterzeichneten Ministerium bis zum 15. Juni einzureicheu. Dresden, am 30. Mai 1882. Ministerium des Cultus und öffentlichen Unterrichts. v. Gerber. Fdlr^ Nichtamtlicher Theil. uebersicht: Telegraphische Nachrichten. ZeitungSschau. TageSgeschichte. (Dresden. Berlin. Magdeburg. Kiel. Wien. Buda-Pest. Paris. Bern. London. Kairo. New-Jork.) Dresdner Nachrichten. Statistik und LolkSwirtbschaft. EingesandteS. Beilage. Ernennungen, Versetzungen rc. im öffentl. Dienste. Ueber Bronzegießrrei. Provinzialnachrichten. (Limbach Sayda. Meißen. Pirna.) Telegraphische Nachrichten. München, Freitag, 2. Juni. (Tel. d. DreSdn. Journ.) DaS heute vom Landgerichte I zu München publicirte Urtheil in dem Socialistenprocesse lautet gegen 1 Angeklagten auf 8 Monate, gegen 2 auf 5^ Monate und gegen die übrigen 15 auf 5 Mo nate Grfängniß unter der Anrechnung der Unter suchungshaft. Den Erkenntnißgründen zufolge gewann der Gerichtshof die Ueberzeugung, daß sämmtliche Angeklagte Mitglieder einer hiesigen Docialistenorgavisatton seien» welche laut vorge fundenen, von der Wera Saffulitsch und Peter Lawrow unterzeichneten Sammellisten mit den Nihilisten in Verbindung ständen. Wien, Donnerstag, 1. Juni. (Tel. d. Boh.) Die „N. Fr. Pr." meldet: TiSza ist heute von Pest nach Wien gereist, um der morgen stattfinden- den Ministerconferenz über die Lösung der Frage der Besetzung deS gemeinsamen Kinaazminister- postens deizuwohnen. Kallav stellte eine Reihe von Bedingungen auf, unter denen er bereit ist, den Posten zu übernehmen. Dieselben dürften acceptirt werden. Rom, Donnerstag, 1. Juni. (W. T. B.) In einem weitern Schreiben an die „Riforma" hält Feuilleton. Redigirt von Otto Banck. Verstoßen.*) Novelle von S. v. d. Horst. E» war ein junges, vielleicht zwanzigjähriges Mädchen, daS allein zwischen den Schienensträngen stand und ziemlich hilflos von einer Seite zur andern sah. Rechts und links dehnten sich tiefliegende sma ragdgrüne Wiesen, im Hintergründe schimmerten die Thürme der kleinen Stadt, und Wald und Feld hiel ten da» ganze anmuthige Bild wie mit einem einzigen Rahmen umspannt. Hohe altersgraue Dächer fingen in versteckten Erkerfenstern die Sonnenstrahlen und warfen sie glitzernd und goldsprühend wieder hinaus in die sommerliche Welt; um den Klrchthurm spielten im Blau die Schwalben, und von den Bergen klang daS Singen der Hirtenbuben — eS war einer jener Sommerabende, die wir in unserer Erinnerung dank bar zu verzeichnen pflegen; jeder Athemzug, jeder Blick auf die Schönheit ringS umher gleichsam eine Botschaft deS Glücks. DaS junge Mädchen näherte sich einem Beamten und fragte zirmlick hastig, ob aus der Stadt kein Wagen gekommen sei, um eine Dame in daS Rectorat zu bringen. Ihr ganzes Wesen hatte etwa» Kalte», um uicht zu sagen Hochmüthige», sie trug die kleine lederne Tasche, al» sei da» Spielzeug eine höchst ") Unbcrechügttr Nachdruck verbot«* Crispi daS Dementi, welches er der von dem „Voltaire" über die Unterredung zwischen ihm und einem Correspondenten dieses BlatteS in Luzern veröffentlichten Version bereits gegeben hat, mit Entschiedenheit aufrecht. London» Donnerstag» 1. Juni. (W. T. B.) Ja der heutigen Sitzung deS Unterhauses äußerte der UnterstaatSsecretär deS auswärtigen AmteS» Dilke» sich über die Verhandlungen der Mächte in Angelegenheit der ägyptischen Krise. UnterstaatSsecretär Dilke erklärte, Frankreich habe vorgeschlagen, die Großmächte und die Pforte eiuzu- laden, in eine Conferenz zu willigen, die die Lage Aegypten» diScutirt. England gab seine Einwilligung zu der Conferenz, die in Konstantinopel zusammen treten soll. Die Basis für die Berathungen ist: Aus rechthaltung der Rechte deS Souveräns und des Khe- dive, sowie der internationalen Engagements und der unter diesen bestehenden Arrangements, Wahrung der durch Fermans des Sultans gesicherten Fieiheiien, zu sammen mit einer weisen Entwickelung der ägyptischen Institutionen und Entscheidung über die zur Herstel lung der Ordnung nöthigen Maßregeln. Die Regie rung glaube, daß die Conferenz keine Verzögerung verursachen, sondern daS schnellste Mittel zur Herstel lung der Ordnung sein werde. Zum Schutze des SnezcanalS seien Maßregeln ergriffen; ein englisches und ein französisches Kriegsschiff seien an jedem End punkte stationirt. England habe beim Sultan an geregt, daß eS wünschenSwerth sei, die türkische Flagge in den ägyptischen Gewässern zu heben und daß ein türkisches Kriegsschiff einen türkischen Commissar nach Aegypten bringe. Der Schriftwechsel b»S zum 7. Ja nuar werde heute vorgelegt und die Regierung werde sofort bei Frankreich anfragen, ob dieses in die Vor legung deS Schriftwechsels bis heute willige. Die seiner Zeit abgegebene Erklärung völligen Einver nehmens mit Frankreich sei damals vollkommen corrrct gewesen; seitdem seien Umstände eingetreten, die, wie aus den vorzulegenden Schriftstücken hervorgehe, ob schon Englands Ansichten sich in keiner Weife ge ändert, einen Einfluß andern OrtS gehabt Haven dürften; heute aber habe die Regierung von dem Minister Freycinet die Versicherung empfangen, daß die Ansichten der französischen Regierung mit denjenigen übereinstimmen, mit denen wir die Conferenz beschicken. — Gladstone hält eS für das Weiseste, in Ueberem- stimmung mit den anderen Mächten die zu ergreifen den Maßregeln zu erwägen. Die gemeinsame Aufgabe Englands und Frankreichs fei die Initiative für die Vorschläge auf der Conferenz. Jetzt sei eine Mit- theilung derselben unthunlich. Die Conferenz ver ursache keinen Verzug, weil vom Orte der Zusammen kunft die vom Sultan zu ergreifenden Maßregeln aus gehen müßten. Der Hauptzweck der nach Aegypten gesandten Kriegsschiffe sei der Schutz von Personen und Eigenthum; eS seien keine Truppen gelandet und sei auch deren Landung unwahrscheinlich, wenn nicht eine unmittelbare Gefahr vorhanden sei. Eine Landung könnte die politische Situation verwickeln; wenn dieselbe aber zum Schutze von Personen nothwendig, werde die selbe erfolgen. In Betreff der Stellung deS Khedive besage ein Telegramm, daß Arabi Bey die MaSke gänzlich ab geworfen habe und von der vorgeblichen Absetzung deS Khedive ausgehend, werde er wahrscheinlich Halim Pascha als Khedive proclamiren. Aber die Regierung erachte sich verpflichtet, den jetzigen Khedive zu unter stützen. Dee europäische Einmischung — er sage euro- päiiche, um sie von einer türkischen zu unterscheiden — würde, heiße eS, den Fanatismus deS Volke« ansachen, dieselbe sei daher nur nach reiflicher Erwägung thun- lich. Gladstone glaubt, die Per on deS Khedive sei nicht in Gefahr. — Auf eine Anfrage Labouchere's lästige Bürde; ihre Bewegungen, ihre ganze Art und Weise zeigten die elegante verwöhnte Dame der großen Welt. „Ist eS noch weit bis Hollmgen?" setzte sie hinzu. Der Mann griff an seine Mütze. „Ein Wagen?" wiederholte er gedehnt. „DaS glaube ich nicht. A giebt nur zwei in der Stadt. Aber warum auch? 20 Minuten Weges sind bald zurückgelegt." „Aber da sehe ich den Jungen deS Gärtners mit einem Karren", rief er plötzlich. „Heda, Du — komm' einmal her. Sollst Du wohl den Koffer dieser Dame in daS Kloster bringen, Nikolaus?" Der Bursche nickte. „Die Frau Rectorin schickt mich, Fräulein", sagte er. „Und der Herr Rector wäre auch selbst zum Bahnhof gekommen, wenn er nicht gerade eine lateinifche Stunde zu geben hätte. — Den beiden Strohköpfen de» reichen Müllers", setzte er erläuternd, mit wegweisender Seberde hinzu, „die lernen'S all' ihr Lebtage nicht." Der Koffer mit den vielen Zoll- und Frachtzetteln wurde auf den Karren gehoben, und der Führer des selben lenkte dem AuSgangSthore zu. „London", laS er laut, während die junge Dame, ihre Schleppe auf- raffend, tapfer neben ihm über den sehr naturwüch sigen Pfad dahinschritt. „So gräßlich weit kommen Sie her, Fräulein? Von den Engländern, die täg lich Pudding essen, und Alle so ein Bischen —, na, Sle wissen schon I sind? Sie mochten wohl dort nicht mehr leben?" Die junge Dame lächelte, obgleich ein Seufzer ihre Brust heimlich durchbebte. „Rein, mein guter Nikolaus, ich mochte dort nicht mehr leben", antwortete sie gütig „Aber nun erzähle mir von Hollingen, von antwortet Dilke, der Gerüchte von einer directen oder indirekten Unterstützung Arabi'S durch die Pforte sei in den Consularberichten Erwähnung geschehen; daraus aber sei nicht zu schließen, daß diese Gerüchte corrrct seien. Da« Hau« setzte hierauf die Einzrlberathung der irischen ZwangSbill fort. Im Oberbause antwortete auf eine Anfrage SaliSbury'S bezüglich AegyptenS der Earl Gran ville, der Zustand daselbst sei ein sehr bedenklicher ungeachtet der Entschlossenheit und deS MutheS deS Khedive. Arabi Bey sei ckv kucto Herrscher. Die Mächte hätten dem Sultan den Rath ge geben, den Khedive zu unterstützen und die An klagen der Minister gegen denselben zurückzu- weisen, sowie die drei an der Spitze der mili tärischen Bewegung stehenden Offiziere nach Kon stantinopel zu berufen. Dieser Rath sei nicht nur von Frankreich, sondern ausdrücklich auch von allen anderen Mächten unterstützt worden. Salis bury kritifirt diese Erklärung und bemerkt, waS auch immer dir Entscheidung der Conferenz bringen werde, die Ehre der Regierung sei darauf verpfändet, daß Arabi Bey aus Aegypten entfernt und seine Coüegen in daS Innere de« Landes ver bannt werden. St. Petersburg, Freitag, 2. Juni. (Tel. d. DreSdn. Journ.) DaS „Journal de St. P^terS- bourg" erklärt, der von Frankreich auSgegangene Vorschlag einer Botschafterconferenz in Konstan tinopel werde, wenn er von den Mächten ange nommen würde, gewiß keinem Widerstande feiten Rußland« begegnen. Dieser Vorschlag entspreche den Ansichten deS kaiserlichen Cabinets und seinem historischen Programme, da die Conferenz die Be festigung de« europäischen Concrrtr« einschließe, welche bei jeder den Orient berührenden Frage iu Anwendung gebracht werden müsse. Moskau, Donnerstag, 1. Juni. (W. T. B.) Heute Nachmittag ^2 Uhr hat die Eröffnung der Ausstellung stattgefunden. Derselben wohnten der Großfürst Wladimir, der Herzog v. Leuchten- berg, der KriegSminister und der Minister deS Innern bei. Der Metropolit Makary hielt dir Liturgie ab, worauf der Generalgouverneur Fürst Dolgorukow die Eröffnung«- und Begrüßungs ansprache an den Großfürsten Wladimir hielt. Das Orchester unter brr Leitung Rubinstein'S spielte eine eigens hierzu componirte Aestouverture. Der darauf folgenden Besichtigung der Ausstel lung schloß sich ein Dejeuner an, bei welchem ein Toast auf den Kaiser auSgrbracht wurde. Konstantinopel, Freitag, 2. Juni. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Wir eS heißt, soll NuSret Pascha, der Adjutant de« SultanS, als türkischer Com- miffar nach Aegypten gehen. Kairo, Donnerstag, 1. Juni, NachtS. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Einer Meldung von „Reuter'« Office" zufolge erhielt der Khedive eine Depesche seines Agenten in Konstantinopel, in welcher dieser anzeigt, daß der türkische Commissar, ohne die Botschafterconferenz abzuwarten, morgen Mittag nach Kairo abreisen werde. Chicago, Donnerstag, 1. Juni, AbendS. (Tel. d. Dreedn. Journ.) Gegen 1200 strikendr Arbeiter der Eisenhütten griffen heute einen Eisen- bahnzug an, in dem sich mehrere Arbeiter, welche sich dem Strike nicht anschließen wollten, befan den. Dir Strikendrn rissen die Arbeiter aus dem Zuge, mißhandelten sie und feuerten mehrere Pi- stolenschüffe ab. Der Richter de« AppellhofeS von Illinois wurde tödtlich verwundet. Dir selbst, von Allem in der Stadt. Ach, dieser schöne See! werden wir ganz an seinen Usern dohingehen?" Der Junge nickte. „Ist der Klostersee", sagte er stolz, „und läuft lnS an den Park de» alten Fuchs baueS. Hinter der großen Allee kommt daS Wasser, mitten darinnen liegt die Felsklippe — sehen Sie es wohl?" Links vom Wege, tiefer als dieser, grün umsäumt, lag m träger Ruhe ein Wasserbecken, dessen jenseitige User hohe Waldstrecken umgrenzten. Mächtige alte Elchen rauichien über den Köpfen der beiden Wände rer, rechts weideten zahllose braune Ziegen an jäh ab- sallenden Bergwänden. Der Regen hatte tiefe Rin nen auS dem Erdreich gewaschen, hier und da hing ein gewaltiger Stamm schräg in die Straße hinein, die Hälfte seiner Wurzeläste bloßgelegt, Tausenden von Singvögeln im dichten Laube Quartier gebend, gleich sam gebeugt vom Alter und doch so lebenskräftig, daß noch Generationen unter seinem Schatten erstehen und wieder begraben werden konnten. DaS Sonnenlicht umspielte vergebens die grüne Blätterdecke, eS gelang ihm nur an seltenen Punkten, den Durchbl ck zu er zwingen, desto Heller aber funkelte eS jetzt wieder auf den vielfachen Erkern und Thürmchen deS großen Häusercomplexe», welchen der Bohnbeamte das Kloster, und der Gärtnersjunge schlankweg den alten Fuchs bau genannt hatte. Die junge Dame deutele mit der Rechten über den See. „Befindet sich in jenem großen Gebäude da» Rectorat, mein lieber Nikolaus?" Der Bursche pfiff halblaut „Da» und noch manches andere, Fräulein. ES ,st ein Mönchskloster gewesen, uralt, riesengroß, mit Kellern, um ein Regi- DreSdeu, 2. Juni. ES wurde gestern an dieser Stelle deS unheilvollen Einflusses gedacht, den Gambetta anläßlich der aus wärtigen Politik in Frankreich zu äußern beginnt. Während das Ministerium de Freycinet möglichst da nach strebt, innerhalb des europäischen Loncert» zu verbleiben und den allgemeinen Friedensinteressen Rech nung zu tragen sucht, bemüht sich Gambetta persönlich, sowie durch sein Organ, die „Republique franyaise", die öffentliche Meinung zu erregen und die Stellung deS französischen Ministeriums zu erschüttern. Sein Organ geht sogar neuerdings so weit, de Freycinet als „unfähig" zu bezeichnen, und will au» dessen Po litik schwere Folgen für die äußere Machtstellung Frankreichs erwachsen sehen. Gambetta hat eine ge hässige, zum äußersten feindselige Agitation gegen daS Cabinet begonnen und emblödet sich nicht, an die ge wöhnlichsten Leidenschaften, an jenen hohlen, verbrauch ten französischen Chauvinismus zu appelliren, welchen Ehrgeizige in Frankreich von jeher mit Erfolg »nrie- fen. Man wird die Kundgebungen der „Republique" heute um fo mehr mit Aufmerksamkeit verfolgen, als Gambetta und sein Anhang erst vor Kur zem anläßlich der Finanzreformen Löon Say'S einen jedoch durch daS Vertrauensvotum der Kammer vereitelten Streich gegen das Ministerium versuchten. Man wird daher jenes Votum, durch welches der Be stand deS Ministeriums aufrecht erhalten wurde, um so mehr zu schätzen wissen und den Wunsch hegen, daß das gegenwärtige Cabinet sich so lange wie möglich nn Amte erhalte. Namentlich ein Leitartikel de» Gam- betla'schen Organs zeigt nur zu deutlich, was wir von dem Dictator von Tours zu erwarten haben. Er ist geradezu ein non plus ultra von Ueberhebung und erlaubt sich dessen Verfasser heute, 12 Jahre nach den Ereignissen des Jahres 1870, Frankreich als die allein maßgebende Macht in Europa hinzustellen. ES heißt beispielsweise m dem fraglichen Artikel: Man kann die Wichtigkeit der nationalen Sicherheit in der ägyp tischen UnabhängigkeitSfrage nicht hoch genug an schlagen, denn eS ist unser Werk, welches wir uns mit allen Gefahren im Kriege 1870 trotz unserer vereiu- zelten Stellung erworben haben, indem wir dem ganzen verbündeten Europa unfern Willen auf» erlegten. Aegypten »st unser Bollwerk im Mittelmeer gegen die Fluthen des muselmännischco Fanatismus, und wir können nur dann den Frieden in Algier auf recht erhallen, wenn Aegypten von einem unabhängigen Herrscher regiert wird. England und Frankreich haben mi Nilthale dieselben und gleich wichtigen Inter, ssen, welche durch die finanzielle Controle geschützt werden. Aber jedes dieser beiden Länder hat außerdem noch sehr bedeutende Sonderinterrssen, ohne daß diese In teressen sich gegenüberständen. In den Augen Eng lands ist Aegypten vor allen Dingen der directe Weg nach Indien, dessen Sicherheit für England die Haupt sache ist. Wenn auch die Unabhängigkeit Aegyptens mit der Sicherheit des Weges nach Indien vollkommen Hand in Hand geht, so gehört die erstere doch nicht unbedingt dazu, denn England hat sich mit allen Mitteln vorgesehen, um die Sicherheit obigen See weges zu erhalten, und braucht keineswegs die Lan» düng türkischer Truppen in Damiette oder in Alexan drien zu fürchten. Für Frankreich aber ist im Gegen- theil, wir wiederholen es, die Unabhängigkeit deS Vicekönigs eine Lebensfrage. Infolge dessen, wenn diese be.den östlichen Mächte Hand m Hand gehen müssen (und die Finanzcontrole muß beiden gleich mäßig am Herzen liegen), so hat jede dieser beiden Mächte alsdann da» Recht, von seinem Verbündeten zu verlangen» daß er keine Sonderinteressen verfolge. Lord Gianville wird natürlicher Weise sofort seine Unterstützung dem Hrn. v. Freycinet versagen, wenn ment Soldaten darin zu verstecken, ach und mit einer Kirche, wo eS einem ganz kalt über den Rücken herab- lausen kann. Bilder in Lebensgröße, der Tod und der Teusel, die Weisen aus dem Morgenlande, bunte, blaue und blutrothe Fensterscheiben, alle» Mögliche. Freilich» jetzt läßt die Militärverwaltung Heu darin lagern", setzte er seufzend hinzu. „Der Sprechsaal dient als Lazareth für die Typhuskranken." Die junge Dame sah aus. „Für die Typhus» kranken?" wiederholte sie. „Ja. Wir haben m der Stadt die schlimme Seuche. Fürchten Sie sich sehr, Fräulein? — Der Herr Rector hat schon gesagt, daß eS eigentlich eine Sünde sei, Jemand ungewarnt hierher kommen zu lassen, aber —" Ein sonderbares Lächeln umspielte die Lippen der Fremden. „Beruhige Dich, Nikolaus", versetzte sie, „ich weiß nichts von Furcht. Die Kranken liegen also in demselben Hause, daS der Rector bewohnt?" „Hm, — ich möchte eS wahrhaftig nicht behaupten. DaS ist ein Häuserklumpen, eine kleine Stadt für sich, hat seine zwanzig oder dreißig Thüren und einen mittleren großen Hof, da turnen jetzt de» Rector» Schüler. Der Sprechsaal liegt ganz vorn an der Straße, wir werden ihn gar nicht zu Gesicht be kommen." Eine Häuserreihe, erst vielfach unterbrochen, dann immer enger schließend, nahm jetzt die Stelle der Allee, da» blaue Wasser verlor sich hinter Gärten und im beginnenden Schatten des Abend» hielt Nikolau» vor einer Thür, die, modrrn und zierlich, in eine graue, aus Felsen erbaute Wand hiueingesügt worden war. Ebenso unpassend, so wunderlich schauten auch
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