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Dresdner Journal : 18.06.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-06-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188206182
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18820618
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18820618
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1882
-
Monat
1882-06
- Tag 1882-06-18
-
Monat
1882-06
-
Jahr
1882
- Titel
- Dresdner Journal : 18.06.1882
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Beilage zu V- 139 des DreÄNer JvUNtllls. Sonntag, den 18. Juni 1882. A , .iu G,. , — " V .... y Reichstagsverhandlllngtn. * Berlin, 16. Juni. In der heutigen (20.) Plenarsitzung des Reichstag- wurde zunächst der Antrag de- BundeSrathS zu den Beschlüssen deS Reichs tags über den Gesetzentwurf, die Abänderung des Zoll- tarlfgesetzeS nach kurzen Bemerkungen der Abgg. Richter (Hagen), Windthorst und Frhr. v. Minnigerode ange nommen. ES handelt sich wesentlich um die redac- tionelle Richtigstellung der materiell intendirten Be schlüsse de« Reichstags. Darauf wurde der Antrag wegen Vertagung deS Reichstag- von dem Staatssekretär de» Innern v. Bötticher begründet. Die verbündeten Regierungen hallen allerdings sehr gern gesehen, wenn außer dem Tabakmonopol wenigstens noch ein Theil der wichtigen Vorlagen erledigt worden wäre, zumal es durchaus nothwendig sei, an die praktische Lösung der socialpolitischen Ausgaben zu gehen. Gegenwärtig scheine aber eine ununter brochene Fortsetzung der Berathungen keinen Ersolg zu ver sprechen. Die Regierung beantrage deshalb mit Genehmigung des Kaisers, die Session bi» zu einem Zeitpunkte zu vertagen, wo aus eine Beschlußfähigkeit sicher zu rechnen sei. Der Schluß des Reichstags erfolge deshalb nicht, um die Arbeiten der Com missionen nicht werlhloS zu machen. Abg vr. Bamberger ist mit dem Anträge au- den vorgetragenen Gründen im Ganzen und Großen einverstanden, betont aber das Exceptionelle deS Verfahrens, und daß in diefem Falle nicht etwa, wie bei den Justizgesetzen, der Reichs tag gewissermaßen verpflichtet erscheinen könne, die Com missionsarbeiten eu dloo anzunehmen Staatssekretär deS Innern v. Bötticher entgegnet, daß die Regierung die Inangriffnahme der Arbeiten der Commis sionen in der Zwischenzeit ganz dem Vorsitzenden anheimgebe. Eine Vertagung des Reichstages auf so lange Zeit sei aller dings thatsächlich noch nicht eingelreten; aber exceptionell sei sie nicht; sondern in der Versassung ausdrücklich vorgesehen. Uebrigens habe die Regierung lediglich geglaubt, mit dem vor gelegten Anträge den Wünschen des Reichstage- zu entsprechen; treffe diese Annahme nicht zu, so liege die Sache anders; regierungsseitig sei man bereit, die Arbeiten sortzusetzen. Abg. v. Kardorff erklärt sich vollständig mit dem An träge der Regierung einverstanden. Es sei überhaupt wohl angezeigt, die Lommissionsarbeiten einer Session für die foj- gende nutzbar zu machen. Abg. Richter (Hagen) hält die Vertagung nicht genügend begründet. Er halte eS für Pflicht, bei dem ersten derartigen Falle Widerspruch zu erheben, damit nicht ein Präcedenzsall geschaffen werde Daß die Commissionen in der Zwischenzeit arbeiten, hält er gar nicht sür zulässig. Materiell blieben ja auch bei Schluß der Session die Arbeiten der Commission un verloren. Abg. 0r. Windthorst stimmt dem Anträge der Regie' rung gern zu mit Rücksicht aus die Wichtigkeit der in Frage stehenden Vorlage«. Abg. vr. LaSker ist gleichfalls mit dem Anträge einver standen; man müsse nur nicht zu groß^Erwartungen an diese» Vorgehen knüpsen und aus sicheres Zustandekommen der qu. Gesetze rechnen. Da» Recht der Fortwirkung der Commissionen während der Vertagung hält er zweisellos, wie überhaupt alle Immunitäten des Reichstag- während der Vertagung fortbe stehen blieben. Dee weiteren Ausführungen diese- Redner« veranlaßten den Staatssekretär v Bötticher, die vorgestrigen Aus führungen de» Abg Bamberger, wonach sich der Reichskanzler mit einer Corona umgeben haben solle, die ihm die Wahrheit vorenthalte, mit Nachdruck als durchaus unzutreffend zurückzu weisen Nachdem dann auch Abg. Frhr. v. Minnigerode den Antrag der Regierung als durch die Verhältnisse geboten, empfohlen, und der Abg. Bamberger auf die letzten Ausführungen deS Staatssekretärs des Innern kurz erwidert hatte, wurde der Antrag auf Vertagung deS Reichstags mit sehr großer Majorität ange nommen. Darauf begründete Abg. Grillenberger eingehend seine Interpellation, die polizeiliche Ueberwachung der socialdemokratischen Mitglieder deS Reichstage- be treffend. Staatssekretär v. Bötticher erwiderte, daß e- nicht im Auftrage der ReichSregierung geschehe, wenn die social- demokratiichen Mitglieder de» Reichstag», sowie die mit ihnen verkehrenden Personen durch geheime Agenten der Berliner Polizei überwacht werden, und daß c» ihm auch nicht bekannt sei und er eS auch nicht glaube, daß ein solcher Auftrag seiten der preußischen Regierung gegeben sei. Die weitere Frage betref fend, was die Reichsregierung zu thun gedenkt, um die Mit glieder de» Hause» gegen jene Behandlung zu schützen, so habe die Reichsregierung sich mit dieser Frage zu beschäftigen noch gar leine Veranlaffung gehabt, da ihr bezügliche Thatsachen eben nicht bekannt geworden und daher eine Untersuchung auch nicht hätte eintreten können. Er könne dem Interpellanten nur rathen, die betreffenden Persönlichkeiten einmal sestzustellen und bei der vorgesetzten Behörde Beschwerde zu führen und jo die Sache zum AuStrage zu bringen. Auf Antrag deS Abg. LaSker wird in die Besprechung der Interpellation eingetreten. Abg. Lasker spricht den Wunsch aus, daß die Reich«- regierung sich mit der preußischen Regierung in Lommunication setze, um nach Feststellung der Thatsachen die Mittel zu er wägen, um den Mißständen abzuhelfen Abg. Günther (Berlin) genügt ebenmäßig die Antwort der ReichSregierung nicht; sie sei zu dilatorisch. Es hätten auch bereits die nöthigen thatjächlichen Ermittelungen vor genommen werden sollen. JedensallS aber müsse bis nach der Vertagung in die betreffende EnquSte eingetreten und Abhilse geschaffen sein; andernfalls würden seine Freunde bezügliche Anträge einbringen. Abg. Frohme ergänzt die Mittheilungen de» Interpel lanten durch Vorführung verschiedener Einzelfälle von Belästi gungen der socialdemokratischen Parteigenossen. Da» desolate System könnte übrigen» unmöglich dem preußischen Minister de» Innern unbekannt sein. Damit ist die Interpellation erledigt. ES folgten Berichte der Wahlprüfung-commission. Die Wahl de- Abg. Hempel (3. Bromberger Wahl kreis), wobei ein Verstoß gegen tz 13 deS Wahlgesetze» und deS tz 26 deS Wahlreglements vorliegt, veranlaßt eine lange Debatte. Die Commission beantragt, die Wahl sür unqiltig zu erklären und den Reichskanzler um eine Rectification des WahlcommissarS zu er suchen. Der Grund der Anfechtung liegt darin, daß der Herr Hempel statt mit dem Herrn v. Kaczorowski mit dem Herrn v. Schenk in die engere Wahl gebracht ist. Von den Abgg. LaSker und Richter, von welchen beiden Abgeordneten Letzterer namentlich den Landrath des Bromberger Kreise-, v Oertzen, graver Wahlbeein flussung beschuldigt, wird beantragt, die Wahl de» Herrn Hempel mit der Commission für ungiltig zu er klären, aber zugleich den Reichskanzler zu ersuchen, eine engere Wahl zwischen den Herren Hempel und v. Koczorow-ki herbeizuführen. Urber letztern Antrag währte die DiScussion über eine Stunde; eS betheiligen sich daran die Abgg. Vr. Marquardsen, Richter (Hagen), v. Köller, vr. LaSker, Dirichlet, Schröder (Lippstadt), vr. Frhr. v. Heereman und Wölfel. Schließlich wird der Commission-antrag in beiden Theilen angenommen Die Wahl deS Abg. Vr. Hänel (7. Schleswig- Holstein) beantragt die Commission zu beanstanden und den Reichskanzler unter Mittheilung der Acten zu ersuchen: .über die Vorgänge bei der Wahl durch gerichtliche Ver nehmung der im Protest genannten Personen, sowie durch Einsordern behördlicher Auskunst über die Vorgänge bei der Wahl daselbst, insonderheit darüber, aus welchen Gründen die Verhaftungen der einzelnen Personen erfolgt sind, sowie darüber Beweis zu erheben, ob und zu welcher Stunde die Anordnungen der Polizeibehörden zu Kiel und Rendsburg etwa rückgängig gemacht worden sind und daS Ergebniß der Beweiserhebung mit den bezüglichen Acten dem Reichstage zugehen zu lassen." Es handelte sich bei dieser Wahl um 3 Condidaten, von denen Vr. Hänel 11088, der Socialdemokrat Heintzel in Kiel 4725 und Graf v. Reventlow 3645 Stimmen erhielt. Infolge eines Protestes wurde von der Commission constattrt, daß verschiedene Wahlzettel zu Unrecht vom Wahlvorstande für ungiltig erklärt worden seien, ferner daß die Freiheit der Wahl sowohl in Kiel als auch in Rendsburg dadurch beeinträchtigt worden sei, daß verschiedene Vertheiler von socialdemo kratischen Stimmzetteln durch die Polizei verhaftet worden und dadurch Wähler in Ausübung ihres Wahl rechts behindert worden seien. Die Polizeibehörden sollen nach Angabe des Pro testes gegen die Stimmzettelvertheiler auf Grund deS Socialistengesetzes eingeschritten sein, indem sie diesel ben sür „Vertheiler von Druckschriften socialdemokra tischen Inhalts* ansahen. Die Commission war da gegen einstimmig der Ansicht, daß Stimmzettel nicht als Druckschriften anzusehen seien. Abg. Hartmann führt aus, daß, obgleich die Commission sich einstimmig gegen den Beschluß de» Reichsgerichts, daß Stimmzettel Druckschriften seien, erklärt habe, diese Einstimmig keit nicht vorhanden gewesen wäre, wenn er, Redner, der Com mission angehört habe. Die Commissionsbeschlüsse werden einstimmig an' genommen. In Bezug auf die Wahl des Abg. Rickert (3. Danzig) hat die WahlprüfungScommission beschlossen, dieselbe für giltig zu erklären. Abg. Kayser macht geltend, daß dabei Communalbeamte ihren Einfluß in unberechtigter Weise geltend gemacht hätten. Insonderheit der Branddircctor der Stadt Danzig, der ge wissermaßen al» Arbeitgeber seinen Untergebenen gegenüber an zusehen sei. Dem widersprechen die Abgg. vr. Möller und Dirichlet, welcher Letztere au»- sührt, daß es ein wesentlicher Unterschied sei, ob man eine Sache als unmoralisch oder sür ungeeignet sür die Ungiltig- IrttSerklärung einer Wahl bezeichne. Die Fortschritt-Partei habe in der Commission gegen den GiltigkeitSantrag ge stimmt. Der CommissionSantrag wird angenommen. Abg. vr. Dohrn bringt bei dieser Gelegenheit da» Ver schwinden von Aclenstücken aus dem Zimmer der Wahlprü- fungscommission des Reichstags zur Sprache: Es sind im vorigen Jahre die Acten sür den Kreis Danzig III in surtiver Weise verschwunden, sodann später die Acten aus dem Kreise Randow-Greisenhagen (aus dem Wahlkreise des Redners); au» letztern habe er da- Material in den Acten später bei der Stettiner Regierung vorgesundeu (Hört, hörtl) Der dritte Fall betrifft die Acten über den Wahlkreis Danzig II, welche, bevor sie in die Hände der Commission gelangt, wiederum verschwunden seien. (Hört, hört!) Ich frage den Herrn Prä sidenten, was er, oder waS der Reichstag in dieser Angelegen heit zu thun beabsichtigt, da die betroffenen Abgeordneten doch gewifiermaßen ohne Legitimation hier sind. Abg. Schröter (Lippstadt) hält die Abgeordneten schon durch ihre Berufung für vollkommen legitimirt. Die Abg Frhr v Minnigerode und v. Köller halten die Interpellation sür eine rem agitatorische, sonst hätte die Wahlprüfungecommission selbst geeignete Maßregeln Vorschlägen müssen. Abg. Dirichlet macht geltend, daß die letztgenannten Acten ja noch gar nicht in den Besitz der Commission gelangt waren, eine Entscheidung daher wohl beim Präsidenten liege. Damit wird der Gegenstand verlassen. Die WahlprüfungScommission hat beantragt, die Wahl deS Abg. Lenzmann (Arnsberg) zu beanstanden und den Hrn. Reichskanzler unter Mittheilung der Wahlacten zu ersuchen, durch Erhebungen im Ver waltungswege ermitteln zu lassen, ob in dem 24. Wahlbezirke der Stadt Dortmund bei der Wahl am 27. October 1881 zu irgend einer Zeit während der Zeit von 10 Uhr Vormittags bis 6 Uhr Nachmittags, bez. bei Ermittelung des Wahlergebnisses nur 3 Mit glieder des Wahlvorstandes im Wahllocal gegenwärtig gewesen sind, und im Fall der Bejahung, ob unter diesen 3 Mitgliedern sich der Beisitzer, Gerichtsschreiber Fritz Winterkamp, befunden hat. DaS Haus beschließt demgemäß ohne Debatte. Abg v. Kleist-Retzow beantragt, nach Erledigung der aus der Tagesordnung stehenden Wahlprüsungen die Vertagung sofort eintreten zu lassen, da es der Wunsch vieler Mitglieder des Hauses sei, schon heute abzureisen. Nachdem der elsässische Abg. Winterer und Abg- Ahlhorn für eine Fortsetzung der Berathungen plaidirt haben, äußert der Abg. vr. Windthorst den Wunsch, noch den Gesetzesantrag der elsaß-lothringischen Ab geordneten, betreffend die Geschäftssprache im LandeS- ausschuß, durchberathen zu sehen, welchem Wunsche sich das Haus anschließt. Dieser Gesetzentwurf lautet: Der 8 2 de» Gesetze» vom 23. Mai 188t, betreffend die Oeffentlichkeit der Verhandlungen und die GeschästSsprache de» Landesau»schuffcs sür Elsaß-Lothringen, wird in nachstehender Weise abgeändert: .Mitgliedern des LandesauSfchusses, welche der deutschen Sprache nicht mächtig sind, ist das Vorlcsen schriftlich ans gesetzter Reden gestattet. Die letzteren müssen in deutscher Sprache abgesaßt sein. Au-nahmsweise darf der Präsident solchen Mitgliedern, welche der deutschen Sprache notorisch vollkommen unkundig sind, den Gebrauch der französischen Sprache gestatten " Abg. Winterer weist aus die große Anzahl solcher Mit glieder de» elsaß-lothringischen LandeSauSschusse» hin, die no torisch nicht im Stande sind, deutsch zu sprechen, die also ihre Meinung gar nicht zu äußern im Stande wäre, und die» schä dige wesentlich da» Interesse, welche» dieser Landr»au»Ichuß gerade zu vertreten habe. Im weitern Verlause seiner Aus führungen klagt Redner im Allgemeinen über die Härte der Bestimmungen, daß in säst allen öffentlichen Angelegenheiten die deutsche Sprache die allein gestattete sei. Dieser Zwang sördere da» Deutschlhum gar nicht; da» beweise der Umstand, daß da» Sprachverhältniß in Elsaß - Lothringen sich nach der Annexion gar nicht geändert habe. Man gestatte ja, daß amt liche Bekanntmachungen in beiden Sprachen geschehen Wenn die» dem nationalen Bewußtsein nicht entgegen ist, dann kann e» doch auch nicht verfänglich sein, wenn die Mitglieder de» Lande»au»ichusst», welche der deutschen Sprache nicht mächtig sind, ihre Reden ablesen oder in sranzösischer Sprache holten Ich gebe mich denn auch der Hoffnung hin, daß unser Antrag auf keinen Widerstand stoßen wird. Staat-secrrtär v Bötticher: Die verbündeten Regie rungen haben sich noch nicht entschlossen, der vorliegenden Frage gegenüber Stellung zu nehmen; sie werden die» erst thun, wenn der vorliegende Gesetzentwurs zur Annahme de» Hause» gelangt ist. Jndeß halte ich e» nicht für gerathen, daß jetzt schon ein Gesetzentwurs angenommen werde, der ein Gesetz umzustoßen bestimmt ist, da» noch gar nicht in Kraft getreten ist — denn daS ist doch mit dem elsaß-lothringer Sprachengesetz der Fall. In dieser Angelegenheit muß man auch die Regierung von Elsaß Lothringen hören, und diese hat sich gegen die Freiheit der Sprache erklärt. Abg. Frhr. Schenk v. Staufsenberg tritt sür die An nahme des Gesetzentwurs» ein, da die bestehenden Bestimmungen ein großer Eingriff in die Selbstbestimmung-rechte einer ge bildeten Bevölkerung seien. Ueberdies gebe e» in Lothringen große, bevölkerte Strecken, in denen deutsch sprechende Personen nur sporadisch zu finden seien. Abg. vr Windthorst plaidirt ebenfalls sür die Annahme deS GesetzentwurseS Winterer. Keine Maßregel sei so geeignet gewesen, eine Versöhnung zu verhindern, als die Bestimmungen über die Sprachen, welche in diesem Jahre in Kraft treten solle. Die Annahme des neuen Gesetzentwurfs würde dagegen die Versöhnung wesentlich fördern. Es sei ganz unnatürlich, einen allen Mann zu zwingen, sich einer Sprache zu bedienen, die er nur schlecht oder gar nicht kenne. Abg. Sonnemann tritt lebhaft für die Annahme des Gesetzentwürfe» ein und hebt namentlich die Beschränkung her vor, welche die Wahlsreiheit durch die bestehenden Bestimmungen erjahren müsse. Abg. Petersen giebt zu, daß die bestehenden Verhältnisse in Elsaß Lothringen sür viele eine gewisse Härte mit sich bräch ten; aber diese sei nicht der Art, daß sie uns veranlassen könnte, andere Unannehmlichkeiten in den Kaus zu nehmen, welche viel größer sind. Jeder würde dann im Landesausschusse französisch sprechen wollen, indem er behauptete, er sei de» Deutschen nicht vollkommen mächtig, wenn der Fall auch gerade der um gekehrte wäre. Redner bestreitet, daß es in Lothringen nicht eine genügende Anzahl von Personen gäbe, welche de» Deutschen mächtig wären und auch das Vertrauen genössen, selbst wenn man die eingewanderten Beamten ganz ausschließe. (Beifall und Zischen.) Abg. Frhr. v. Minnigerode: Frankreich habe eS mit seiner gewaltsamen Hand verstanden, Allen, welche jetzt nur französisch sprächen, die deutsche Sprache möglichst auszutreiben, früher wäre allgemein deutsch gesprochen worden. „Feste Hand im Elsasser Land, da» ist da» beste Band!" In der sich sofort daran schließenden zweiten Be- rathung deS Antrages wird derselbe ohne DiScussion mit geringer Majorität angenommen. Darauf verliest der Staatssecretär die allerhöchste Botschaft, nach wel cher der Reichstag vom 19. Juni bis zum 30. No vember vertagt wird. Der Präsident schlägt für mor gen 11 Uhr noch eine Sitzung vor, in welcher der Rest der hentigen Tagesordnung erledigt werden soll, da aber sämmtliche Abgeordneten die noch zu erledi genden Anträge zurückziehen, verkündet der Präsident, daß weder am 17. noch am 19. Juni eine Plenar sitzung stattfinden werde. Schluß der heutigen Sitzung 5 Uhr. Zur Lage in Aegypten. Das Zustandekommen der internationalen Con- ferenz über die ägyptische Frage scheint noch immer nicht außer Zweifel zu stehen, trotzdem die Westmächte die Annahme des ConserenzprojecteS leb haft befürworten und hierin von den anderen Mächten eifrig unterstützt werden. Die Pforte scheint eben mit Sicherheit darauf zu rechnen, daß über kurz oder lang ein militärisches Eingreifen im Nillande sich al» noth wendig Herausstellen werde und in diesem Falle zu nächst die Intervention türkischer Truppen angerusen würde. Dieser Ansicht scheinen auch die Ostmächte zu sern, während England und Frankreich gegen eine tür kische Intervention, vollends wenn dieselbe nicht aus drücklich aus Grund eines europäischen Mandate- er folgen würde, gewichtige Bedenken hegen. Jm Uebrigen will man bemerkt haben, daß die Einigkeit zwi'chen England und Frankreich, wenn sie überhaupt vom An fänge an bestanden hat, in letzter Zett Vieles zu wünschen übrig lasse. Frankreich besorgt von einer allfälligen Intervention türkischer Truppen in Aegypten eine Gefährdung seiner mit vielen Opfern errungenen Stellung in Tunis, während England ein Wiederauf flackern de» muhamedanischen Fanatismus in Ostindien befürchtet, falls die Krisis in Aegypten sich bis zur Pro- clamirung des „heiligen Krieges* zuspitzen sollte. AuS diesem Grunde sind die beiden Mächte blos darin einig, der Intervention der Pforte zu widerstreben, während sie in allen übrigen Punkten vielfach von einander differiren. Daß unter solchen Umständen die Lage der Europäer in Aegypten eine kritische bleibt und die Flucht derselben täglich größere Dimensionen annimmt, erscheint begreiflich. Infolge dessen hat denn auch der österreichisch-ungarische Lloyd in Triest bereits drei Schiffe nach Alexandrien beordert, welche sich dem dortigen Lloydagenten zur Verfügung zu stellen haben. Außerdem ist daS Kriegsschiff „Laudon* schon unterwegs, um im Nothfalle den österreichisch- ungarischen Staatsangehörigen als Zufluchtsort zu dienen Da auch italienische, deutsche, russische und griechische Kriegsschiffe nach Aegypten beordert wurden, dürsten in den nächsten Tagen im Hasen von Alexan drien die Flotten aller an der Orientfrage irgendwie betheiligten europäischen Mächte repräsentirt sein. An eine Ausschiffung englischer oder sranzösischer Marine truppen ist bis zur Stunde nicht gedacht worden, weil eine solche Maßregel zweifellos den Fanatismus der ägyptischen Bevölkerung auf daS Höchste aufstacheln würde. Pariser Zeitungen berichten, die Mächte hätten der Türkei eine Frist von 48 Stunden gestellt, um ihre Zustimmung zu der Lonserenz zu erklären. Dem entspricht ein der „Agence HavaS* unterm 16. Juni au- London zugegangene» Telegramm, wonach die Mächte übereingekommen wären, von der Pforte die unverzügliche Zustimmung zur Lonserenz zu verlangen. Wenn die Pforte nicht zustimmte, würde die Lon- ferenz ohne sie zusammentreten. In Alexandrien ist, wie von dort von gestern, Freitag, gemeldet wird, die Situation unverändert. 2 französische TranSportdampser und 2 Messagerie- dampfer sind nach Alexandrien unterwegs, um die französischen Auswanderer aufzunehmen. Au» Kairo wird gemeldet, daß eine große An zahl Europäer von dort abgereist ist. Die Lass», die Läden und Banken sind geschlossen. Die Polizei ver- hastete am Donner-tag einen gewissen Mahmud, einen früher» Mameluken de» verstorbenen Khedive Abba», welcher alarmirende Gerüchte verbrettete und die Fremden dadurch zur Flucht veranlassen wollte. Da» Telegraphenamt ist zeitweise geschlossen, und eS wird bekannt gegeben, daß Telegramme nur auf Gefahr de» Ausgeber» befördert werden. Der „N. fr. Pr.* wird au» Pari» gemeldet, daß der Sultan dem Khedive den Auftrag gegeben habe, nach Kairo zurückzukehren. Demselben Blatte wird aus London geschrieben: „Alle Berichte stimmen über ein, daß in Aegypten die Pamque und MassenauS- wanderung fortdauern. ES mangelt an Vertrauen, daß die Soldaten lange die Ruhe aufrechterhalten können, obwohl in osficiellen Kreisen auf da» Bestimm teste das Gegentheil behauptet wird. Nach den „Times* sind Deutschland und Oesterreich-Ungarn gegen die Absendungen von türkischen Truppen, indem sie ein neue» Gemetzel befürchten, befürworten dagegen ein Ar rangement mit Arabi, die Abdankung Tewfik's und eine Regentschaft. Ihr Lorrespondent erfährt positiv, daß Letzteres nach muselmanischen Gesetzen nicht möglich sei. Ferner wird ihrem Correspondenten berichtet, die Türkei verlange zur Ermöglichung einer Truppen absendung und Erhaltung der Ordnung in Aegypten ein neues Anlehn von England oder die Abtretung gewißer ägyptischer Einkünfte. Mit Ausnahme der strengen Parteiblätter stimmen die anderen Journale mit Marquis v. Salisbury'S gestrigen Worten über ein, die Flottendemonstration vor Alexandrien habe nur die Ohnmacht Großbritanniens demonstrirt.* Der „Voltaire* will wissen, daß nach Freitags in Paris emgegangenen diplomatischen Depeschen ein Ab kommen zwischen Deutschland, Oesterreich und Italien hinsichtlich der ägyptischen Frage aus folgen der Grundlage existire: „ N Die Türkei nimmt an der Lonserenz Theil. 2) Im Falle der Absetzung Tewfik's durch Derwisch Pascha steht der Pforte die freie Wahl seines Nachfolgers zu und die drei Mächte verpflichten sich, nicht gegen dieselbe zu protestiren. 3) Falls eme Intervention nöthig ist, soll sie nur durch türkische Truppen erfolgen. 4) Fall» die Mission Derwisch Paschas ihr Ziel erreicht, wird der Sultan sofort die Abberufung der englisch-französischen Flotte verlangen, und die drei Mächte verpflichten sich, diese Forderung zu unterstützen.* Dresdner Nachrichten vom 17. Juni. o Im Anschluß an unsern Bericht (Nr. 124 vom 1. Juni d. I.), den Pfingstverkehr auf den Dresdner Staatsbahnhöfen betr., lassen wir heute eine Gesammt- Übersicht über die Frequenz auf sämmtlichen Linien der sächsischen Staatsbahnen während der vier Pfingsttage (27., 28., 29., 30. Mai d. I.) folgen. Hiernach sind während dieser vier Tage (27., 28., 29. und 30. Mai d. I) bei sämmtlichen Stationen und Haltestellen der sächsischen StaatSbahnen 409 47S Stück Billet» verlaust worden. Nach Abzug von 936 Tour- und 2110 TageSbilletS der seit Pfingsten vorigen Jahre» neu eröffneten und in Staatsbesitz übergegangenen Stationen und Haltestellen beziffert sich die Anzahl der verlausten Billet» aus 496 480 Stück, gegen 338 933 Stück im Jahre 18«1. Die» rrgiebt mithin eine Steigerung von 17 497 Stück oder rund 4'/, mehr al» im Vorjahr. Bon den verlausten Billets waren 1881 166 622 Stück, 232 411 - 1882 Tourbillet» 166 080 Tagerbillel» 260 360 E» haben demnach die Tagesbillet- eine Zunahme von 17 939 Stück, die Tourbillets einen Rückgang von 442 erjah ren. Wa» dre einzelnen Berkausstage betrifft, so kamen aus den Psingstsonnabend: 1882. 1881. Tourbillet- . . 46 600 Stück, 60 S4S Stück, TageSbilletS . 44 668 - 47 089 zusammen 99 268 Stück, 98 032 Stück oder 7774 Stück weniger als 1881; aus den Pfingstsonntag: 1882. 1881. Tourbillet- . . 31 062 Stück, 29 941 Stück, TageSbilletS . 106 072 - 99 637 zusammen 137 134 Stück, 129 478 Stück oder 7666 Stück mehr al- 1881; aus den Pfingstmontag: Tourbillet« . . 32 809 Stück, 32 696 Stück, TageSbilletS . 68 061 - 62 874 zusammen 100 860 Stück, 96 669 Stück oder 5291 Stück mehr al» 1881; auf den Psingstdien»tag: Tourbillet»: . 46 609 Stück, 42 943 Stück, TageSbilletS: . 31 669 - 22 9ll - zusammen: 78 178 Stück, So 864 Stück, oder 12 324 Stück mehr al» 1881. Mit Ausnahme des Pfingstjonnabend», welcher eine Ab nahme von 7774 BillelS nachweist, hat durchgehends eine Stei gerung deS Verkehrs stattgefunden. Unter den 4 Tagen war oer Verkehr am Pfingstsonnabend, wie in den Vorjahren, am stärksten. Bon der gejammten Billelfrequenz kam 1882 1881. aus den Pfingstsonnabend 22 Proc., 26 Proc. - - Pfingstsonntag . 34 » 84 . - - Pfingstmontag . 25 - 24 - - - Pfingstdienstag. 19 - 17 - Unter allen Stationen verkaufte die meisten BilletS: DreSden-Altst. 1882 1881 am Pfingstsonnabend 9467 Stück 16096 Stück - Pfingstsonntag 16518 - 19191 - - Pfingstmontag 15256 - 12713 - - PfingstdienStag 9658 - 6129 - zusammen 60888 Stück 63129 Stück oder 2241 Stück weniger als 1881. Chemnitz mit St. Nikolai 1882 am Pfingstsonnabend 8124 Stück - Pfingstsonntag 10546 « - Pfingstmontag 5320 - « PfingstdienStag 4858 - zusammen 28847 Stück oder 2850 Stück mehr al« 1881. 188t 8181 Stück 7986 , 6436 . 2944 . 2649V "Stück Diesen beiden Stationen folgten in der Bedeutung summa risch für die 4 Berkehrktage au»gedrückt: 1882 1881 Leipzig (Dre«d. Bhf.) . . 17 «22 15 758, Dre»den-N. (Leip». Bhf.) . 16 191 17 018, Leipzig (Bayr. Bhf.)... 14 608 13 948, DreSden-R. (Schlef Bhf.) 10 448 10 085, Zwickau 9 693 8 212, ferner Freiberg 6 606 6 561, Pirna 4 540 4317, Bauyen 5 512 5 799, Zittau 5 477 6 168, weiß«« 4 067 3882, Potschapprl 2 275 2837.
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