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Dresdner Journal : 18.06.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-06-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188206182
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18820618
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18820618
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1882
-
Monat
1882-06
- Tag 1882-06-18
-
Monat
1882-06
-
Jahr
1882
- Titel
- Dresdner Journal : 18.06.1882
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^139 Sonntag, den 18. Juni. L882. ^doao«M«Qt»prvt»: I» ff»»»«» 4«ut«vd«v »«ioL«: ^NNrlicUr .... 18 IL»rIl. ^^NrUcU- 4 U»rk b0 kk. Li»»«l». 10 ?k. ^»»»«rd»Id äs« dsut«cNsu U«il:Ne» tritt ko»t- uoU 8tewp«iru»l.U1»^ t>in»» In«vr»teoprel8v: kür a«» N»UM einer ^e»pi»It«osn ?etitrsil« ro kk. 6»c«r „Liv^esLnäi" 6is 2eils S0 kk. Sei 1'»d»U«L- an6 2iNsrll»»tr LO 1b ^nkscNI»^. krsekslaeo: 'kiffliel» Mit ^tu»n«tims Usr 8onn- uv<t keisrt»^» H^«nli» kür <ien kol^en^en Dresdntl Imimal. Iv8er»teo»ilo»kii>« »u»vkrt,r 1.«jp»ix: k<>. Lran^tetter, kowwi»«iollLr ä«, I>re«äoer ^our»»I»; L»wd»rff L«rll»-Vi«o l.«ip»>x L»»«I »-«»!«» »nu>ke»-1 ». » i k/aM>en^<ei»> F koA/er, Z«rii»-V>«» S»wd»i-^- I^»ff - I-«ip»lff - kr»»kkar4 ». N. ltün^k«»: kiu</ ^k»E,' L«rlm' /»ivaiickenlkant,' Krem so: Lc>»/otte, Nr,»I«»: F kureatt <Hi/ kkabatk»),' kr»»kkvrr » N.: L ^aeAer^seke k»c>>ü^nctlun^; VSrNt»: t-. .Vük/er/ L»»»ov«r: 6. §c/iuii«/er / r«i1» Lsrli» - kr»»>ltllrt ». H.- St«Uff»rl: Daube F (?o., LLiudarff: Fck. Lte»»«»'. Verantwortliche Nedactton: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. Nvr»u«xvdvrr Lüoial. Lrpeäiüoa 6e» vresäoer aourruU», Orssäsa, ^«inj^erstrL»»« Xo. SO. Ämtlicher Theil. Dresden, 16. Juni. Se. Majestät der König haben dem Secondelieutenant Grafen von Rex im Garde.Reiter Regiment die Erlaubniß zur Anlegung des demselben verliehenen Ritterkreuze- 1. Llasse de» Grobherzoglich Badenschen Orden» vom Zähringer Löwen Allergnädigst zu verleihen geruht. Nichtamtlicher Theil. Uebersicht: Telegraphische Nachrichten. Zeitungsschau. (Gr»nzboten.) Tageögrschichte. (Berlin. Kiel. Coblenz. Buda- Pest. Pari». London. St. Petersburg. Belgrad. Washington. New-Jork.) Dresdner Nachrichten. Provinzialnachrichten. (Leipzig. Grimma. Gelenau. Auerbach. Oederan.) Vermischtes. Statistik und Bolkswirthschaft. Sächsische Bäder. Keuiürton. rageskalender. Zuserate. Beilage. Reichstag-Verhandlungen. (Sitzung vom 16. Juni.) Zur ägyptischen Lage. LreSdner Nachrichten. Statistik und Bolkswirthschaft. Inserate. Telegraphische WitterungSberichte. Börsennachrichten. Telegraphische Nachrichten. Wien, Freitag, 16. Juni, Abends. (W.T B.) Der Fürst von Bulgarien stattete gestern dem Minister de» Aeußerrn, Grafen Kalnoky, und heute dem deutschen Botschafter, Prinzen Neuß, einen Besuch ab und empfing am Nachmittag deren Gegenbesuch. Am Sonntag wird der Kürst die Weiterreise nach Sofia antreten. Haag, Freitag, 16. Juni. (W. T. B.) Das Kriegsschiff „Marnix" vom holländischen Mittel- meergrschwader hat Ordre erhalten, unmittelbar nach seiner Ankunft in Malta zum Schutze der holländischen Staatsangehörigen nach Alexandrien abzugrhrn. London, Sonnabend, 17. Juni. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Die „Time-" melden auS Konstanti nopel von gestern, daß die Pforte nicht beabsich tige, Truppen nach Aegypten zu entsenden. Als neuer türkischer Commissar werde wahrscheinlich Mukhtar Pascha nach Aegypten gesandt werden. St. Petersburg, Freitag, 16. Juni. (W. T. B.) Auch daS heute au-gegebene Bulletin cou- statirt, daß daS Befinden der Kaiserin und der neugeborenen Großfürstin ein durchaus normales und befriedigendes ist. St. Petersburg, Sonnabend, 17.Juni. (Tel. d DreSdn. Journ.) Ein kaiserlicher UkaS rrnennt Vlangali zum Gehilfen deS Minister- deS Innern unter Verleihung deS Ranges alS Geh. Rath. St. Petersburg, Sonnabend, 17. Juni. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Dem „Journal de St. P^terSbourg" zufolge hat Rußland anologe Dis positionen wie die übrigen Mächte zum Schutze der Consuln und der russischen Staatsangehörigen durch Entsendung von Kriegsschiffen in die ägyp tischen Gewässer getroffen. Sollte eine Landung türkischer Truppen erforderlich sein, so würde sie unter der Controle der Mächte und für bestimmte Dauer stattfiudeu. Eine Loufrreuz sei unvermeid lich; sie müsse aber ausschließlich die ägyptischen Angelegenheiten behandeln. Dresden, 17. Juni. In einer Bierhalle wurde am vergangenen Diens tag in Wien eine reue Partei gegründet, die deutsche BolkSpartei. Neue Parteien werden gewöhnlich mit vieler Wärme empfohlen, und eS kann daher nicht überraschen, wenn die neue „bei Pilz" gegründete Partei namentlich in der „Wiener Allg. Ztg." eine beredte Lobrednerin findet. Für uns, die wir den Dingen m Oesterreich rein objectiv gegenüber stehen, wird eS weit wichtiger sein, die Art der sernern Be- therligung der neuen Partei an dem politischen Leben Oesterreichs zu verfolgen; das Programm aber kann man als einen Beweis ihres guten Willens dankbar in Empfang nehmen. Nach diesem Programm ist es jedoch schwer, über die Ziele der Partei ein klares Bild zu erhalten, da dasselbe in mehreren der wich tigsten Punke mit der Politik der vereinigten Linken übereinstimmt. Ein Hauptpunkt ist die „Anerkennung der deutschen Staatssprache auf allen Gebieten, wo daS StaatSleben eS gebieterisch erfordert." Weitere Postulate sind: Abschaffung dec Interessenvertretung, freisinniges Versammlungsrecht, ausgedehnte Preßsrei- heil, endlich die Herbeiführung von Zuständen, „welche eS ermöglichen, daß die Deurschen nicht an die Wand gedrückt werden, sondern die natürliche Superiorität im Reiche erlangen können." So sagt eine in der „Wiener Allg. Ztg." erschienene Programmskizze. Allein abgesehen davon, daß Vieles von Dem, was jenes Programm will, nicht neu, werden eine Reihe der schwierigsten Fragen durch geschickte Wendungen zu erledigen versucht. Auch erscheint eS fraglich, ob die Gründer der Partei durch ein, eine breitere Vertretung von Individualitäten ermöglichendes Wahlsystem, wel ches sie beabsichtigen, die Bürgschaft der RelchSeinhelt und den Schutz der Deutschen wirksamer sichern, als dieses bisher möglich gewesen ist. In Oesterreich soll man die Stimmen wägen und nicht zählen, sagt der anonyme Versasser der „Austriaca" mit Recht; von der Illusion, durch eine Erweiterung deS Wahlrechts eine gesichertere Stellung deS deutschen Elements zu er warten, müßte man wenigstens durch die Vergangen heit bereits hinrnchend geheilt sein. Treffend bemerkt heute anläßlich dieses Prozrammpunkte» der Verfasser eine- in den „Grenzboten" unter dem Titel „Neue Parteibildung in Oesterreich" erichleuenen Artikels: GiSkra versprach seinerzeit dem Kaiser die Nationen Oesterreichs durch die Freiheit zu versöhnen; darauf erscholl aus Böhmen die Antwort: Lieber die russische Knute als die deutsche Freiheit I DaS war indessen nur Redensart, man machte von den gewährten Frei heiten Gebrauch in dem erbitterten Kampse gegen Jene, welchen die Freiheiten zu danken waren. Und der Wiederkehr dieser Gefahr soll durch Ausdehnung des Wahlrechts vorgebeugt werdenI Darüber nach all' den Erfahrungen noch reden zu müssen I Gewiß nimmt sich der Zank, ob erst bei zehn oder schon bei fünf Gulden Steuer politlicher Verstand und Vertrauens würdigkeit beginne, possenhaft aus, aber mit dergleichen Waffen muß gekämpft werden, weil Niemand zu be kennen wagt, daß das allgemeine Stimmrecht, wenn für irgend ein Land, für Oesterreich nicht geeignet ist. Doch hier müssen nun einmal alle Medicamente, welche anderswo ausgeheckt worden sind, am eignen Leibe probirt, und eS muß uns todtenübel daraus geworden sein, bevor wir einsehen, daß Oesterreich eben ein be sonderes Individuum ist. An der allgemeinen Schul pflicht und der allgemeinen Wehrpflicht würgen wir noch und wollen des Decorums halber nicht gestehen, daß wir sie nicht vertragen können, jetzt das allgemeine Wahlrecht obendrein — Gott stehe uns bei! Eine Bevölkerung von so mannichfaltigem und großentheilS so niedrigem Bildungsgrade, ganze Länder, die dem Lommando der Pfarrer folgen, Bezirke, so groß wie Fürstenthümer, die von einem großen Herrn völlig abhängig sind, dann wieder eine Parteiorganisation, deren Mechanismus von einzelnen Eentren au» geleitet wird! Und da hinein treten die Herren mit der Phrase, „daS Volk solle zum Herrn der eignen Geschicke ge macht werden", davon erwarten sie eine freisinnige und versöhnliche Vertretung! Welcherlei Hintergedanken auch dabei im Spiele gewesen sein mögen: Schmerling kannte sein Vaterland besser, da er die jetzt so übel beleumundete Interessenvertretung schuf, und eS war vom Uebel, daß er nicht vollends die constitutionelle Schablone bei Seite warf. Der vergötterte Held des vulgären Liberalismus wäre er dann freilich nicht ge worden. In der Verfassung von 1861 lagen aber ganz gesunde Gedanken, man brauchte sie nur aus der Umhüllung und Verschlingung mit den herkömmlichen Ballast zu lösen und consequent fortzubilden. Noch scheint der Zeitpunkt nicht gekommen zu sein, um weiteren Kreisen begreiflich machen zu können, daß nicht eine ständische Vertretung an und für sich illiberal sei in einem Lande, in welchem trotz Alledem die stän dische Gliederung fortbesteht, sondern daß nur die einstige Vertheilung der Gerichte den thatsächlichen Verhältnissen nicht mehr entsprach; aber kommen wird er, wenn auch die Segnungen deS allgemeinen Stimm rechts durchgekostet und der Staat dabei nicht aus den Fugen gegangen sein wirb. Wie dereinst die Institu tion für die ungenügende Ausbildung derselben büßen mußte, so gegenwärtig die Personen für die Institution. Diejenige Zeitung, welche nach den verschiedensten miß lungenen Versuchen, Beachtung zu finden, sich jetzt al» osficielleS Organ der neuen Partei giebt, spielt die eigentlichen Oesterreicher gegen die Deutschböhmen auS, denen sie alle Schuld an dem nationalen Wirrwar in die Schuhe schiebt. Die Versöhnung der Nationen nimmt also ihren Anfang mit der Verhetzung der StammeSgenofsenl Nun ist e» vollkommen richtig, daß die Deutschböhmen, da sie unmittelbar die Aggres sion des Tschechenthums zu bestehen haben, sich am energischsten gegen jedes Zugeständniß an daS letztere wehren, und daß es ihnen naturgemäß schwer wird, die Lage im Großen unparteiisch aufzusassen; und vollends unleugbar ist die verderbliche Thätigkeit de» Abg. Herbst, welcher, obwohl Wiener von Geburt, al- ehemaliger Prager Professor und Gewählter eines böhmischen Bezirks, die Führerschaft der deutschen Partei m jenem Lande an sich gerissen hat. Aber daß ebenso die ganze Verfassung-partei sich von ihm leiten ließ die langen Jahre hindurch, nachdem sie hundert Mal sich von seine» Charaktereigenschaften überzeugen konnte und oft genug überzeugt hat, dafür dürfen nicht die Deutschdöhmrn verantwortlich grmacht werden. Man wird zugestehen, daß e» der Verfasser de» erwähnten Artikels, an sachlichen Argumenten zur Be gründung seiner Meinung nicht sehlen läßt. Die Schäden Oesterreichs werden nicht durch den Parla mentarismus und liberale Recepte nach bekannten Mustern allein geheilt; der neuen Partei gegenüber wird eS jedenfalls zweckmäßig sein, ihre Thalen abzu warten. Oesterreich braucht zunächst große Staats männer und cs muß sich zeigen, ob die neue Partei solche in sich schließt. Tagesgeschichte. * Berlin, 16. Juni. Se. Majestät der Kaiser hatte die Absicht, heute Vormittag zur Besichtigung deS Regiments der GardeS-du-CorpS und des Gardehu sarenregiments sich nach Potsdam zu begeben. Wegen Feuilleton. Nedigirt von Otto Banck. Verstoßen. Rovrlle von b. v. d. Horst. (Fortsetzung.) Die Rektorin sah den Farbenwechsel auf seinem Antlitz, die ganze heftige Aufregung, in der sich ihr Sohn befand, sie reichte der Engländerin freundlich die Hand. „ES war aut, daß Sie uns warnten, liebe Cäcilie, und ich danke Ihnen von Herzen. Papa selbst giebt zu, daß Dmge, wie die hier vorliegenden, im Hause eines Lehrers, unter fremden anvertrauten Kin dern keinen Raum haben, wir müssen also Fräulein Mildener, sobald sie kommt, offen fragen und nach ihrer Antwort unsere Entschlüsse fassen. Man schickt sie entweder sogleich sort oder kündigt auf Michaelis den Dienst." Die gute Frau hatte gesehen, wie lebhaft sich ihr ältester Sohn für die Gouvernante zu interefsiren schien, sie wollte daher dieselbe so rasch al» möglich au» dem Hause entfernen. Miß Prodder war für ihn die Rechte, die längst Bestimmte, er sollte keine andere heirathen al» nur diese. „Nicht wahr, Papa," fügte sie hinzu, „so ist e» am Besten?" Der Rector erhob sich. „Mache da» wie Du willst, Mutter. Wer an einer moralischen Hinrichtung Vergnügen findet, der vollziehe dieselbe — nur ich möchte damit verschont bleiben. Anna Mildener ist ein reines hochherziges Weib, selbst das Eingeständmß eine» begangenen Fehler» würde mich in dieser Ueber- zeugung nicht beirren können." Er wollte da» Zimmer verlassen, als sich plötzlich von draußen die Thür öffnete und Die, von der Alle sprachen, hereintrat. Anna'S Blicke sahen mit ziem lichem Erstaunen von Einem zum Andern — was ging hier vor? Otto näherte sich ihr mit auSgestreckter Hand. „Sie kommen zur rechten Stunde, Fräulein Mildener," sagte er herzlich. „Es ist gegen Sie ein Lomplot in» Werk gesetzt worden, eine abscheuliche Verleumdung, die nur von ihnen selbst entkrästet werden kann. Bitte, Miß Prodder, wie heißt doch Ihre gefällige Bericht, erstatterln, damit Fräulein Anna erfährt, wer gegen sie conspirirt?" Seine Stimme bebte, er wechselte unaushörlich die Farbe. Alles, was er sagte, klang hastig und über stürzt. „Bitte, Miß Prodder", wiederholte er. Die Engländerin sah znr Seite. „Fräulein Mil- dener kennt die Dame durchaus nicht", versetzte sie kühl. „ Aber der Beweis einer Lüge ist gegen sie durch diesen Bries wohl auf alle Fälle schon erbracht —; Fräulein Mildener hat hier im Hause ihre Aeltern mehrfach für todt au»gegeben, obwohl beide in Ham burg noch heute leben, freilich von der Tochter auf immer getrennt Diese Dame ist keine Waise, wie sie behauptet, sondern eine Verstoßene —, ich finde darin doch einigen Unterschied." Ehe Otto zu sprechen vermochte, hatte sich der Rector vorgedrängt. „Lassen Sie alle persönlichen Beleidigungen beiseite, Miß Prodder", sagte er im Lone ruhigen Besehle», „e» handelt sich hier durchau- nur um Fräulein Mildener'» Antwort, nicht aber um Ihre Ansicht von der Sache. Keinesfalls darf in meinem Hause eine Dame mit derartiger Rücksichts losigkeit behandelt werden." Er ergriff beide Hände deS erschreckten, verwirrt blickenden Mädchens und erzählte in gedrängter Kürze dar Hauptsächlichste Dessen, waS jener Brief enthielt. „Und nun, mein liebes Fräulein", schloß er, „nun sagen Sie uns, weshalb Sie damals das Hau» Ihrer Verwandten verließen, und wo Sie während zweier Jahre lebten. Ein Wort von Ihnen wird, wie ich überzeugt bin, den albernen Verdacht von etwa» Beschimpfendem sogleich zerstreuen." Anna sah ihn an, sie sührtr, ehe er e» verhindern konnte, die Hand deS alten Mannes an ihre Lippen. „Mein Leben verbirgt keinen Schimpf," antwortete sie mit bebender Stimme, „nichts, um deswillen ich erröthen müßte. O ich danke Ihnen, daß Sie an mich glaubten, Hr. Rector, ich danke Ihnen auS Herzens grund. " „Gottlob!" rief Otto, „Gottlob!" Der alte Herr hielt beide Hände de» bleichen zitternden Mädchens. „So sagen Sie unS, oder viel mehr nur meiner Frau und Miß Prodder, wo Sie während jener Zeit lebten, liebe» Fräulein. Eine kurze Andeutung genügt in diesem Falle!" Anna schüttelte den Kopi, ein Zug der tiefsten innigsten Trauer umschattete ihre feinen Lippen. „Ich kann diese Antwort nicht geben, Herr Rector," versetzte sie, „e» ist unmöglich. Möge mein Schicksal fein, welchc» e» wolle, ich muß schweigen." „Ahl" flüsterte Miß Prodder, „ah — ich wußte e» " der ungünstigen Witterung ist die- Vorhaben aber wieder aufgegeben worden. — Der Bunde»rath so wie der Ausschuß desselben sür Rechnungswesen hielten heute Sitzungen. — Der Staatssekretär a. D. Her zog, der eine Reise um die Erde gemacht hat, gedenkt in den nächsten Tagen nach Berlin zurückzukehren. — Die „Nordd. Allg. Ztg." bringt anläßlich de» Schei tern» der Monopolvorlage einen längern Artikel und äußert sich über die Ziele de» Reichskanzlers. Sie bemerkt, der Reichskanzler habe schon angekündigt, daß der Versuch gemacht werde, dem Ziele einer Sleuerresorm durch andere Mittel näher zu treten. „Der Reichskanzler hat bereits am 12. d. M. in Aus sicht gestellt, daß der Versuch werde gemacht werden, diesem Ziele durch andere Mittel näher zu treten. Welche Mittel dies sein werden, darüber werden zunächst die verbündeten Regierungen sich unter einander zu verstän digen haben, nachdem das Tabakmonopol durch den vor liegenden ReichStagSbeschluß von der Loncurrenz aus geschlossen ist. Bevor die Regierungen dieser Ver ständigung näher treten können, muß nothwendig die Unterlassungssünde deS preußischen Landtage- von diesem Frühjahr gut gemacht und die Bedürfnißfrage klargestellt werden. So lange da- nicht geschehen ist, haben wir überhaupt Vorschläge der verbündeten Re gierungen zur Eröffnung anderweiter Einnahmequellen nicht zu erwarten. Dem preußischen Landtage und zunächst den preußischen Wählern zum Landtage wird die Ausgabe obliegen, die Frage klar zu stellen, ob da- in Preußen bestehende System der direkten Steuern mit seinen Härten für die untersten Stufen beizubehal- ten ist oder nicht, und ob die Eommunen und Kruse in der Lage sind, daß sie der Erleichterung bedürfen." Der Artikel schließt wie folgt: „Alle preußischen Kreise, welche ein Interesse daran haben, der den bevorstehen den Landtagswahlen die Reform zu fördern, den Druck der Steuerexecutionen zu mindern, tue Communen und Kreise zu unterstützen, werden sich daher sagen müssen, daß sie von der Wahl liberaler Abgeordneten nichts zu erwarten haben, da auch der Gemäßigtste unter ihnen, Herr v. Bennigsen, in dieser Richtung jede Ab hilfe de« NothstandeS versagt, daS Bedürsmß bestreitet und jede Reform aus Jahre hinaus ins Ungewisse verweist." — Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt: Hie sige Blätter bringen, seinem angeblichen Wortlaute nach, de» neuen russischen Zolltarif, welcher mit dem 1 >13. Juli in Kraft zu treten bestimmt sein soll. Da die betreffenden Beralhungen in St. Petersburg geheim gehalten werden, vermögen wir dem Ansprüche, welchen hiesige Blätter aus die absolute Richtigkeit und Vollständigkeit des von ihnen veröffentlichten Tarifs erheben, nicht unbedingt Glauben zu schenken. Nament lich vermissen wir in der Auszählung die Tarisermäßi- gungen, welche nach früher von St. Petersburg au- verbreiteten Nachrichten bei einer Mehrzahl von Posi tionen gleichzeitig eintreten follten. Eine durchgehende Unrichtigkeit ergiebt sich aus dem veröffentlichten Ta rife schon insofern, als bei der Vergleichung der gegen wärtigen Zollsätze mit den beabsichtigten neuen Sätzen durchweg die gegenwärtigen Sätze ohne Berücksichtigung des dieselben außerdem noch treffenden lOproc. Zoll- zuschlags zu Grunde gelegt sind. Wir möchten de-halb doch davor warnen, die betreffenden Veröffentlichungen hiesiger Blätter als authentisch anzusehen, und vielmehr den Rath ertheilen, die voraussichtlich binnen kürzester Zeck bevorstehende ordnungsmäßige Veröffentlichung abzuwar ten. — In neuerer Zett wird wiederholt darauf aufmerksam gemacht, daß geschäftliche Beziehungen zu Genf, obwohl diefe Stadt im Allgemeinen ein sehr solider Geschäftsplatz ist, doch nur m«t einer gewissen Vorsicht anzuknüpfen sind. Namentlich wird eS als unvorsich tig bezeichnet, Bestellungen dahin auSzuführen, ohne die betreffenden Häuser genau zu kennen. ES vergeht fast keine Woche, wo nicht an da» dortige deutsche „Weshalb?" fragte bewegt der Rector „Der gleichen Gelübde oder Vorsätze sind so ost eingeb.ldeter Natur, mein armes Kind." Aber das junge Mädchen konnte nur mit ihren Thränen antworten. „Ich weiß, daß ich die» Haus verlassen muß, Herr Rector — heute schon — ja, ich weiß es. Mein trauriges Geheimniß geht mit mir." Jetzt mischte sich die Rektorin in da» Gespräch. „Solche Vorgänge sind unerhört," sagte sie scharf, „Ihre Tante, die Frau Scott, hat sich da einer ganz seltsamen Handlung schuldig gemacht, indem sie durch einen achtbaren Geistlichen ein junge» Mädchen empfehlen ließ, das sich für eine Gouvernante ans« giebt, während Geheimnisse der ehrenrührigsten Art seine Vergangenheit bedecken. In unserm Hause kön nen Sie, wie Ihnen das selbst vorschwebt, auf keinen Fall bleiben. Am besten wird e» sein, wenn sich die Trennung sogleich vollzieht." Anna neigte den Kopf. „Ich gehe," antwortete sie leise. Aber der Rector legte sich auch hier wieder in» Mittel. „Noch nicht gleich," sagte er ruhig. „Ich habe wahrlich keine Lust, den Leuten Stoff für ihre Klatschgeschichten zu liefern. Fräulein Mildener mag ihrer Functionen al« Gouvernante meinetwegen heute schon enthoben werden, da» kümmert mich nicht, ich bitte sie nur, in meinem Hause bi» zum 1. September zu bleiben und sich wähnnd dieser Zeit eine andere Stellung zu suchen. Gott weiß, wie tief mich diese ganze Angelegenheit betrübt." Bor den Blicken der Rectorin mochten plötzlich Visionen von Vierteljahr-gehalten und Extravergütungen für Kost und Logi» entstanden sein, sie bemühte sich,
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