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Dresdner Journal : 02.06.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-06-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188206029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18820602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18820602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1882
-
Monat
1882-06
- Tag 1882-06-02
-
Monat
1882-06
-
Jahr
1882
- Titel
- Dresdner Journal : 02.06.1882
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W125 Freitag, den 2. Juni. 1882. ^doouemcnt^prvl»: !s Ss-lHekoll »bird«: ^LUrlicU: .... 18 Llarlc. ^Lkrlick: 4 U»rk SO ?s. Lin/vliis Kümmern: 10 kf. Xn«erd»Id «je» 6eut»cken Nslrjiv» tritt?o»t- un6 8tsmpeIru»cUI»8 kinrn. lasvrnteoprelzvr k'ür 6sn lisum einer gespaltenen pstitreilv 20 ?f. botsr „Lingesanät" 6is Lsils SV kt. Lei lavsllen- uoä ^ittelnsatr SV A ^uk.eUlsg. krsedeloen r TÄxlmü mit ^nsnalims 6er 8onn- un6 keiertng» ^vsi>6» für 6en folgenden lag. DreMnZmlrnal. Innerntennonndwe »««»eiet»: Letpitz: />. Lranctstett«-, OowwisiionLr 6s» l>res6ner Journal,; L»wki>rU -I»rlt» - Vis» - l^tprig L»»»I vr»,1»n-^r»n>ltÄrt ». U : l/aa«en«tein «f l^vAtee,- LorUn-Vien Lsindorg- kr»g -l,«lp»>U l?r»»kknrt ». H. Hünkdsn: l^u«/ ^/ssse,' Lerlin: /nrali6e»6anl:, Lr»m«n 8c)6»tte/ Lr»«I»»: /. KtanAen» L«rea« ^,'adatl»), ?r»nlltnrt » H : L'. ^aeAer'slks Uucklmndlung; vörliti: (/. A/ül/er,' S»nnov«r: l7. Kcliüssler, ?»rt» Lsrltn ?r»utlkllrt » A - Stuttgart: /-and« rk tlo., Samdnrg: ^46. §<«««'. Verantwortliche Redaction: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. Herausgeber: Lüniel. Lrpe6ition 6s« l)rs»6oer Journal», Dre»6vn, Hingsrstra»»« Ko. 20. Ämtlicher Llikil. Dretden, 27. Mai. Se. Majestät der König baden Allergnädigst geruht, dem pensionirtrn Calcu- lator bei der Rechnungsexpedition der Zoll- und Steuer-Direction Gustav Julius Drache in Dresden das Verdienstkreuz zu verleihen. Nichtamtlicher Theil, uedersicht: Telegraphische Nachrichten. Zeitungssckau. Tagetgeschichte. Dresdner Nachrichten. Statistik und Volkswirtbsckaft. Erste Beilage. Ernennungen, Versetzungen rc. im öffentl. Dienste. Dresdner Nackrickten. Der Wolkenbruch im Erzgebirge. Zweite Beilage. Börsennachrichten. Telegraphische Nachrichten. Wien, Mittwoch, 31. Mai. (Tel. d. Boh.) Nackrichten auS Galacz bestätigen, daß sämmtliche Großmächte dem Barrdre'schen Projekt zugestimmt haben. Bulgarien stellte einige Amendements, doch hofft Barrdre die Besorgnisse Bulgariens zu be schwichtigen. Nachrichten, welche bei hiesigen Assecuranzgesell- schäften eingetroffen sind, schildern die Situation der russischen Versicherungsgesellschaften infolge der sich häufenden Brände alS geradezu trostlos. Man befürchtet, daß viele Gesellschaften ihre Zah- lungrn werden einstellen müssen. Buda-Pest, Mittwoch, 31. Mai. (Tel. d. Bob.) AuS Ragusa, 39 Mai, erhält der „Pester Lloyd" in direktem Wege folgende Mittheilungen: DaS hiesige Truppencommando für Süddalmatien und die Herzegowina ist aufgelöst. KML. Krhr. Jovanovic fährt heute mit dem Dampfer „Andreas Hofer", begleitet von einrm Theile des bisherigen Stabs nach Zara, er verbleibt jedoch nur einige Tage dort und begiebt sich dann nach Wien, um mündlich Bericht zu erstatten und Vorschläge zu unterbreiten. In der BezirkShauptmannschaft Ragusa wurde die Landwehrafsentirung in vollkommener Ordnung mit größter Bereitwilligkeit der Bevölkerung zu Ende geführt. Im Ganze» wurden hier 155 Rekruten gestellt. Auch in der Bezirkshaupt- Mannschaft Cattaro ist die Assentirung ohne Zwischenfall beendet, nur ist dort ein Biertheil der StellungSpflichtigen abwesend und flüchtig. Der eigentliche kritische Moment wird im Juli zu überwinden sein, wenn die Assentirung in den herzegowinischen Bezirken entlang der montene grinischen Grenze in der Gegend von Foca, Garko, Bilek und Nevefinje durchgeführt wer den soll. Paris, Donnerstag, 1. Juni. (Tel. d. DreSdn. Journ.) ES bestätigt sich, daß England den Vor schlag Frankreichs betreffs einer Botschaftertonfe- renz in Konstantinopel zur Lösung der ägyptischen Frage acceptirt hat. Die Einladungen gehen vor aussichtlich heute ab. Rom, Donnerstag, 1. Juni. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Die „Agencia Stefani" dementirt die Meldung der „Times", daß davon die Rede sei, Italien solle alS Mandatar Europas in Aegypten intervenirev und Deutschland diesem Vorschläge günstig sein. Feuilleton. Nedigirt von Otto Banck. Sm Ufer der Mulde. Rouelle von H. Engelcke. (Schluß.) „Ich komme nur-, so begann Karl Rahn, „um Ihnen zu sagen, daß Niemand Schuld an seinem Tode trägt, — ich allein ausgenommen." „Sie?" rief Meta angstvoll. „Ja", entgegnete Karl Rahn leise, „auf mir lastet der Vorwurf, baß ich gestern zu spät ausgebrochen bin! Ach, ich konnte ja nicht ahnen, welch ein furcht» bare» Geschick ihn in der Nacht vorher ereilt hatte. Wäre rch früher gegangen, hätte ich Lorenz früher abgeschickt, rch hätte ihn vielleicht bewogen, sich nicht die Kugel durch den Kopf zu jagen!" „Die Kugel? Erschossen?" riefen die Anwesenden durch einander. „Leider", sagte Karl Rahn, „hat er selbst Hand an sich gelegt, dort am schwarzen Ufer, dicht am Rande stehend, unter sich den reißenden Strom, der den Fallenden empfangen mußte. Aber er hat e» gethan unter der Last einer That, die er kaum seiner mächtig begangen, einer That, die einem Manne, wie er war, das Leben unerträglich erscheinen ließ." „WaS ist denn geschehen?" rief der Rendant. „Sie wissen ja", fuhr Karl Rahn zu diesem ge wendet fort, „daß Sie mir selbst vorgestern Abend den Schleier von den Augen genommen. Ich beschloß, London, Mittwoch, 81. Mai. (W. T. B.) Der beute stattgefundene CabiuetSrath hat sich mit der ägyptischen Angelegenheit beschäftigt. Lord Gran ville hatte später eine lange Unterredung mit dem deutschen Botschafter Grafen Münster. London, Donnerstag, 1. Juni. (Tel. d. DreSdn Journ.) Die „TimeS" melden, daß Frankreich gestern dem englischen Cabinet eine Botschaftrrconferenz in Konstantinopel zur Lösung der ägyptischen Krage auf der BafiS deS Status uuo vorgeschlagen habe. England acceptirte den Vorschlag und willigte ein, denselben den Groß mächten und der Türkei anzuempfrhlen. Die Canalflotte in Plymouth erhält Befehl, heute nach Gibraltar auSzulaufen und dort wei tere Befehle zu erwarten. In Devonport werden Schiffe ausgerüstet, welche als Wachtschiffe im Suezcanal dienen sollen. Konstantinopel, Donnerstag, 1. Juni. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Wie die „Agence Havas" mel det , begaben sich der MarquiS v. NoailleS und Lord Dufferin zur Pforte, um eine Antwort auf ihr Verlangen vom 29. Mai zu fordern, erhielten eine solche aber nicht, da die Minister zu einem Conseil beim Sultan versammelt waren. Noch immer ist davon die Rede, daß Server Pascha, vielleicht in Begleitung deS MuschirS Derwisch Pascha nach Aegypten abgrhen soll. Dresden, 1. Juni. Die ägyptische Krisis hat von ihrem ernsten Charakter noch nichts verloren. Dem Anscheine nach finden gegenwärtig lebhafte diplomatische Verhandlungen Statt, über deren Endergebniß noch nichts Zuverlässi ges verlautet. Nach einem Pariser Telegramm der „Post" findet die Prätention der Türkei, in ihrer Eigenschaft als souveräne Macht in Aegypten zu inter- veniren ohne zuvorige Beschränkung ihres Mandats und zuvorige Bezeichnung der Grenzen, welche sie hier bei nicht zu überschreiten habe, hier Widerstand und Bekämpfung. Die französische Regierung sucht mit allen Kräften eine Utbereinstimmung der Großmächte über das einzuschlagende Vorgehen in Aegypten herbei- zusühren. Freycinet hat telegraphisch den verschiedenen Regierungen folgende Vorschläge unterbreiten lassen: Entsendung dreier französischer, englischer und türkischer Commissare; Ernennung einer europäischen Commission; Zusammentreten einer Conferenz der Botschafter in Konstantinopel; türkische Intervention unter zuvor de- finirten Bedingungen. Nach der von der französischen Regierung inspirirten „Agence HavaS" bestände zwi schen England und Frankreich, sowie zwischen den übrigen Mächten nach wie vor vollkommene Uebeiein- stimmung über dre ägyptische Angelegenheit. Inwie weit dieses richt g sein kann, läßt sich schwer bestimmen, doch scheint allerdings gegenwärtig darin völliges Einverständniß zwischen den Mächten zu herrschen, daß die Krisis in Aegypten beseitigt und namentlich dem gefährliche» Treibe» Arabi BeyS alsbald ein Ende gemacht werden müsse. Darauf lasfen auch die Kundgebungen der verschiedenen officiöseu Organe schließen. „Die Verhältnisse in Aegypten", sagt die „Wiener Abendpost", „sind auf das Aeußerste gespannt und die Befürchtungen vor einem Losbruche der aufgewühlte Elemente unter den zunächst Bedrohten groß. Der Khedive ist völlig macht los, stündlich mit der Absetzung, ja mit dem Tode be droht; Arabi Bey, der gegenwärtige Diktator, hat den Fanatismus der Muhamedaner, den Fremdenhaß der Eingebornen, die Zügellosigkeit der Armee für sich aufgerufen und bisher auch in seinem Interesse auS- gebeulet. Jetzt bedroht er den Khedive, verhöhnt die Westmächte, terrorisirt die ruhigen Elemente und soll ihn zu versöhnen. Ich ging um 7 Uhr durch die Aue nach dem Altenhof. Lorenz hatte von mir Be fehl, direkt nach dem schwarzen Ufer zu gehen, damit wir ihn für den Fall, daß er früher zum Rendez-vouS an der Hammermühle aufgebrochen wäre und diesen für ihn nähern Weg gemacht hätte, nicht verfehlen möchten. Ich war bis auf vielleicht 1000 Schritt an den Altenhof herangekommen, als ich über das hohe Korn weg einen Mann vom Hofe zur BootSstelle gehen fab. Ich bog nun rechts ab und ging quer durch die Miefen. Er mußte eS sein, ich wollte am Flusse mit ihm zusammentreffen. Ach, eS war zu spät. Als ich an das Wasser kam, war er schon an dem jenseitigen Ufer angelangt. Ich rief seinen Namen, ober da» Wasser rauschte so sehr. Ich sah nur, wie er die Böschung herausstieg, wie er sich an da- steile Ufer stellte, ich hörte einen Knall, ich sah einen weißen Rauch, ich gewahrte, wie er vornüber in die Mulde fiel. In diesem Augenblicke erschien auch Lorenz auf dem Damme, der eben ange- kommen sein und auch gesehen haben mußte, wie er herunter stürzte. „Rette ihn, rette ihn", schrie ich auS Leibeskräften und ich fah, wie Lorenz die Jacke ab warf, ihm nachsprang und ihn ergriff. In meiner Verwirrung hoffte ich, daß er sich vielleicht nicht tödt- lich getroffen, daß noch Rettung möglich sei. Ach, im nächsten Augenblicke verschwanden Beide meinem Blick. Der Strom hatte sie um die Ecke getrieben. RathloS lief ich am Ufer weiter, aber ich sah nichts, die Wellen hatten schon Beide verschlungen. Da hörte ich von d»r Stadt her den Rus der Sturmglocke. Mich umwen dend gewahrte ich, daß dat Wasser in die Aue stürzte, und mir blieb nur so viel Zeit, um mich zum Alten auch dem Sultan den Gehorsam aufkündigen wollen, falls ihn dieser nach Konstantinopel beschiede. ES ist klar, daß weder der Sultan, noch die europäische Diplomatie einen solchen Mann im Besitze seiner jetzigen Machtmittel lassen können. Aber bis jetzt ist über Das, was gegen ihn zu unternehmen sei, weder eine Ent scheidung getroffen, noch auch eine Einigung erzielt. Arabi Bey kennt die einer solchen Einigung ent- gegenstehenben Hindernisse und trachtet sie auSzunützen, so lange eS geht. Daß er entschlossen sei, zuletzt an das Schwert und den GlaubenSfana»iSmu» zu appelli- ren, bezeugen verschiedene Aeußerungen, die ihm zuge- schrilben Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" findet, „daß noch gar Vieles fehlt, um an eme Besse- rung der ägyptifchen Krisis glauben zu können" DaS Organ der russischen Regierung spricht sich gleichfalls noch ziemlich allgemein über den gegenwärtigen Stand der ägyptischen Krisis aus. DaS „Journal de St. PäterSbourg" schreibt: Die Nachrichten auS Aegypten lauten ernst, aber die Ueberelnstimmung der Mächte ist eine sichere Garantie gegen internationale Com- plicationen. Dieselbe erstreckt sich vor Allem auf da» Verlangen, den politischen und ierritorialen statu» guo in Aegypten zu erhalten. Die ägyptische Tragikomödie kann Aspirationen wachgerufen haben, aber wir hoffen, daß das Einvernehmen der europäischen Regierungen ein derartiges ist, daß dieselben m den rechten Grenzen gehalten werden. Bezüglich der Aufrechterhaltung deS statu, guo, der Erhaltung deS Khedive, sowie der Beseitigung Arabi Beys scheinen, soweit sich aus Vorstehendem ersehen läßt, England und Frankreich im Einverständ- niß mit den Ostn.ächten zu handeln. Wie eine Mel dung des „Reuter'schrn BureauS" auS Konstantinopel vom 31. vor. MtS. mitthe'lt, sprechen die Botschafter Lord Dufferin und MarquiS de NoailleS in der Verbal- mitthellung vom 29. vor. MtS. die Bitte aus, der Sultan möge eine Erklärung obgeben, 1) zu Gunsten deS Khedive, 2) um zu constatiren, daß in der Ent lassung der Minister und in Befolgung der von den englischen und französischen Agenten ihm empfohlenen Politik der Khedive nicht gegen die Wünsche deS Sultans gehandelt habe, 3) der Sultan möge Aiabi Bey und die übrigen militärischen Chefs nach Kon stantinopel berufen, damit dieselben ihr Verhalten -echlfertigen. Die Vertreter aller Mächte riethen dem Sultan gestern, den Anträgen der genannten Botschafter Folge zu geben. Eine Äotfchafterconferenz würde die Angelegenheit endgiltig ordnen. Nach einer, unter den an der Spitze deS Blattes enthaltenen Telegrammen ausgeführten Mittheilung der „Times" hat Frankreich gestern dem britischen Cabinet eme Botschafterconferenz in Konstan tinopel behufs Lösung der ägyptischen Frage vorge schlagen. Nach der „Tmes" hätte England dem Vor schläge zugestlmmt und hätten auch die Großmächte einzewllligt, denselben der Türkei zu empfehlen. In Frankreich wie in England wird, während die Diplomatie in voller Thätigkeit sich befindet, die ägyp tische KrisiS gegen daS Ministerium auSgebeutet. lieber die neueste Phase der ägyptischen Frage äußert sich die„Republique franyaise"in folgender Weise: Ent weder müsse Frankreich der türkischen Commission und den Soldaten des Sultans den Eintritt in Aegypten verweigern oder sich auf eine allgemeine Erhebung in Nordafrika gefaßi machen. Es wird nothwendlg sein, Truppen zu diilociren, weil man eS versäumt habe, rechtzeitig etliche Compagnien Seesoldaten abzu- schicken. Wenn Frankreich an der ungünstigen Situa tion Schuld trägt, so ist es darum, weil es einen unvorsichtigen, unentschlossenen und unfähigen Minimer hat. Es heißt, Gambetta wolle heute, wenn die Sache verwickelt wird, das Ministerium angreifen. Hofe zu retten. Bor einer halben Stunde haben mich meine Leute mit dem Boot von dort geholt." „Aber, Herr Rahn, weshalb, weshalb?" „In seiner Stube auf dem Tische lag ein Paket versiegelter Schlüssel und ein Brief Beide trugen meine Adresse. Die Haushälterin hatte von ihm Befehl erhalten, sie nur zuzustellen. Ich habe den Brief gelesen, zum zweiten Male vermag ich eS nicht, hier ist er, thun Sie eS selbst." Der Siedemeister entfaltete daS Papier und laS: „Altenhof, den 24. Juni 1816, früh 4 Uhr. Karl Rahn! Du sollst nicht heut« Vormittag an der Hammer- mühle eine Blutschuld auf Deine Seele laden. Du fällst kein Verbrechen an dem Freunde begehen, den Du seit den Knabenjahren geliebt und der es nicht Werth ist, daß Du Deine Waffe gegen ihn erhebst. Wisse, Karl Rahn, ich gehe freiwillig in den Tod. In dem Augenblicke, daß Du diese Zeilen, die meine letzte Beichte enthalten, lesen wirst, hat meine eigene Kugcl meinem Dasein ein Ziel gesetzt, hat die Mulde mich weit weggespült in andere Länder, wo man den Tobten nicht kennen, wo man ihm wenigstens ein ehr liches Begräbniß nicht versagen wird. Ich wäre, mein geliebter Freund, so gern von Deiner Hand gestorben. Ich war auf Alles vorbereitet, ich sah mein Zrrwürf- mß mit Dir als einen Wink deS Schicksals an, ich gab mich der Hoffnung hin, daß dem Leben de» zerschosse nen Krüppel», dem armen Stelzfuß, der an einem und demselben Abende da» Mädchen seiner ersten Liebe, den Freund seiner ersten Jugend für immer ver loren, ein schnelle», ehrenvolle» Ende beschieden sei. Im Rathe de» Allmächngen war eS ander» beschlossen. In England äußert sich die Mißstimmung über da» Verhalten deS Cabinet» Gladstone i» der ägypti schen Angelegenheit ziemlich allgemein. „So weit Eng- land in die ägyptischen Angelegenheiten verwickelt ist — urtheilt z. B. der radikale „Daily Telegraph" — ist dessen Stellung im Nilthale ernstlich, wenn nicht in vitaler Weise, durch die Politik, welche sich gleichzeitig durch Sichtreibenlassen und Nachgiebigkeit charakterisirt, geschädigt worden, und infolge dessen die Macht, welche ihm au» dem großen Ruft seines Prestige erwuchs, verpudelt Diese Mihverwaltung ist leider um so merk würdiger und bedauerlicher, al» Niemand behaupten kann, daß die ganze Angelegenheit von irgend einer Seite als eine Parteifrage behandelt wurde. Auf diese W ise werden große Reiche in Verfall gebracht. Selbst wenn die Ereignisse eine glückliche Wendung nehmen sollten durch Hinwegräumung der bestehenden Schwie rigkeiten und Beseitigung der Ursachen zur Besorgniß, so bleibt c» unmöglich, nicht einzusehen, daß die ab solute sowie die relative Stellung Englands auf der schmalen Landzunge, welche den Osten mit dem Westen verbindet, nicht länger mehr sein wird, waS sie vor drei Jahren war." Nicht minder tadelnd über die Politik der englischen Regierung spricht sich die „Mor- ning-Post" auS: „Nachgiebigkeit gegen Frankreich hat die englischen Interessen in Aegypten in eine elende Lage gebracht und führt mit schnellen Schritten zu Zu ständen hin, welche eine europäische Katastrophe zur Folge haben dürften. Dies ist der Ausfluß der eigen sinnigen Heimlichkeit, welche die Regierung ohne Rück sicht auf die von dem Parlamente an den Tag gelegte Besorgniß hartnäckigst beobachtet hat, und die Politik unserer Regierung in Aegypten fährt noch immer fort in der verderblichen Richtung, die auS der Unterwürfigkeit unter die Herrschaft der französischen Ansichten und Vorur- theile, besonder» in den gegenwärtigen Beziehungen Frank reichs in der muhamedanischen Welt, entspringen muß." Der „Standard" schreibt: „Er darf selbstverständ lich keine Zeit verloren werden, um eme für den Stolz der Westmächte so demüthigende, wie für deren Ein fluß und Interessen so nachtheilige und gesahrdrohende Situation zu corrigiren. Und wenn die Elemente der Unordnung sich nicht unterwerfen, so müssen dieselben unterdrückt werden, und zwar ohne Verzug." Nachdem die halben Maßregeln sich als ohnmächtig zu dem Zwecke erwiesen, sei der einzig offenstehende Weg, die Intervention deS Sultans anzurufen. Derselbe sei dam bereit und willig; Deuischlanv, dessen Führung in dieser Angelegenheit Italien und Oesterreich geneigt sind zu folgen, erhebt kinen Widerspruch dagegen, die Pforte zum Mandatar Europa» zu machen; und Ruß- land wird kaum Einsprache erheben gegen eine AuS- dehnung deS türkischen Einflüsse» in Aegypten, und die blose Erklärung der Pforte gegen die Militär partei durch die Entsendung eine» Commissar» nach Kairo dürfte vielleicht zu deren Fall führen. — Auch die „Times" beschuldigen die Türkei, daß sie ein doppeltes Spiel gespielt haben, und zollt dabei den tür kischen Staatsmännern das Lob, daß sie das verwegene und verwick'lte Spiel mit wunderbarer Geschicklichkeit und vollständigem Erfolge durchgeführt. „Dank der fabia- niichen Politik Englands und Frankreichs und deren Un geschicklichkeit in der Behandlung der sonderbar lancic» ten Faktoren der ägyptischen Frage, sagt da» Cityblatt, ist eS der Pforte gelungen, die Logik der Ereignisse zu ihrem eigenen Vortheil zu wenden. Weder der Khedive, noch Arabi, noch die Westmächte, noch Europa überhaupt wünschten eine türkische Intervention 'n Aegypten. Nichtsdestoweniger sind sie alle nun dazu gezwungen, eine solche Intervention als die einzige praktische Lösung in Betracht zu ziehen, und die Nach richt, daß eine türkische Commission un Begriffe steht, sich nach Kairo zu begeben, ist der Beweis für den Erfolg, der der türkischen Diplomatie die Krone auf- Ich hatte meine Angelegenheiten geordnet, mein letzter Wille liegt aus dem GerichtSamt. Du wirst ihn lesen, Karl Rahn, du wirst sehen, daß ich versucht habe, über mein Grab hinaus dich zu versöhnen, denn Neuhof und Altenhof sollen zusammen bleiben! Ich hatte gestern Abend mit mir abgeschlossen und nur noch ein Wunsch erfüllte meine Seele. Unter ihrem Fenster, an der Stelle, wo ich einst mit ihr gesessen, wo ich aus allen meinen Träumen gerissen wurde, wo ich einsehm mußte, daß in ihrem Herzen kein Platz sür mich war, in ihrer Nähe wollte ich noch beten ES war tief in der Nacht, al» ich aufbrach. Bald hatte ich eS vollbracht. Ich kehrte zurück über den Factorstein. Er war dicht mit Blumen bekränzt und oben auf lag ein Strauß von weißen Rosen. Sie mußte ihn gewunden haben, sie hatte e» ja so oft erzählt, daß diese Rosen allein auf dem Grabe ihrer Mutter wüchsen. War eS ein Verbrechen, daß ich, um eine einzige Rose, die ihre Hand berührt, auf meinem letzten Gange zu besitzen, eine solche vo« Strauße schnitt? Aber in demselben Augenblicke fühlte ich mich von hinten g packt und die Worte: .Infamer Dieh. drangen an mein Ohr. Ich sah seine Gestalt, in den langen Mantel gehüllt, und eine unbeschreib liche Wuth erfaßte meine Seele. Kaum wissend, wa» ich that, am letzten Tage meines Leben» al» D eb ge- brandmartl, von ihm so benannt, dem Räuber meine» Glücke», stürzte ich mit dem Messer auf ihn lo». Aber Gott der Allmächtige verhinderle den Mord. Er hatte mit schnellem Griffe meine Hände gefaßt und mich zu Boden geworfen. Und al» er auf mir kniete, und al» ich da» Blut an seiner Hand fließen sah, dir wohl mein Messer berührt, da, Karl Rahn,
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