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Dresdner Journal : 12.05.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-05-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188205120
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18820512
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18820512
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1882
-
Monat
1882-05
- Tag 1882-05-12
-
Monat
1882-05
-
Jahr
1882
- Titel
- Dresdner Journal : 12.05.1882
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^W9 Freitag, den 12. Mai. 1882. ^doaoeweotsprelir l» 6«utied»o L»icd«; aLkrlick: .... 18 Ilarlc. A^rlick7 4 Lk»rlc LO ?k. Li»r«Io« Xuwwero: ivl?f. ! Liu»«rd»Id6s8llsn1«cbev i kcicbe, tritt ?o»t- uo6 I LtvwpsIruicblLA tüurn. lascratenprclser kür äen R»um einer ^«palteven ?stitreils S0 ?L Unter „LinssS8Lnät" äi« /eile 50 ?s. Lei r»b«IIen- uoä LiÜ'ervsstr 50 ^ussctilL^. krsebelocur T^Llicl» mit Xuenniims <ter 8onn- nn<t k'eiert»^« Fbeort» tur <tsa tol^sn<isn i^. DreMnÄmmial. Ia»vr»ten4oa»t>w« Ln«M»rt8r I^iprix: F>. Lran«i«trtter, (!ommi»ii<>nLr äe« Dresdner ^ournsl«; L»wdnrss Lirlin -Vi«» - L»»«I Lr„>»n kr»nktiirt ». Il ^taa«enÄr,n F ^«A/er, L«rlm -Vi«n S»wd«rx ?r»^ - l-»lp,>8 ?r»L^kr>rt «. «. Ilüaek«»: L/oE,- L«rlln: /nraki<1<-n«Iant, Vrsinvll! L. Lczkott«, Lr»»l»u: F LtanAen's Lurrau <L'mii L'adat/«-,' kr»»>ltnrt » U r F' ^akAe^setis liuetibitoälunK; OürUr»: <?. ^/n//er/ S»noov»r: 0. §c/>ü««ier, k»U, Ssrlln - ^rLnickart ». N.- StnUxLrl: Ka«tde F 6o., S»wdnrx: ^Ict. Lte»»«' Verantwortliche Redaction: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. Hvrsnsxedvrr Löniel- krpeäition äe» vre,6oer aourn»!», Drve6en, /«in^erstr:»«« dlo 80 Ämtlichcr Theil. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Geheime Finanzrath a. D. Jencke in Essen das von Sr. Majestät dem Könige von Griechenland im verliehene Osfizier-kreuz de» Er löser-Orden» annehmt und trage. Bekanntmachung. Da» Ministerium de» Innern hat dem Vorstande de» „JnvalidendankS" zu Berlin auf Ansuchen Er- laubniß zum Vertriebe von Loosen der von Letzterem zum Besten militärischer Hilfsbedürftiger im lausenden Jahre zu veranstaltenden Verloosung von Silbersachen, sowie von Kunst, und LuxuS-Gegenständen im Be reiche de» Königreichs Sachsen unter der Bedingung ertheilt, daß die Nummern der gezogenen Gewinne alsbald nach der am 28. Dezember dieses Jahres zu Berlin beginnenden LooSziehung im „Dresdner Jour nal" und in der „Leipziger Zeitung" veröffentlicht werden. Dresden, am 6. Mai 1882. Ministerium des Innern, v. Nostitz-Wallwitz. Gebhardt. Nichtamtlicher Theil. Telegraphische Nachrichten. Berlin, Donner-tag, 11. Mai, Nachmittag». (Tel. d. DreSdn. Journ.) Heute Nachmittag 1 Uhr wurde in einer gemeinsamen Sitzung beider Hau ser de» Landtag» der Landtag der preußischen Monarchie durch den Vicepräfidenten de» Staat»- Ministerium», v. Puttkamer, mittelst Verlesung einer königl. Botschaft geschloffen. Hr. v. Putt- kamer motivirte den bezüglichen Entschluß der Regierung damit, daß da» BerwendungSgesetz im Abgeordnetenhaus« die gewünschte eingehende Be- rathung nicht gefunden, die Regierung sich daher auch von der Weiterberathung der übrigen Lor- lagen keinen Erfolg versprochen habe. Bochum (Westfalen), Donnerstag, 11. Mai, Vor mittag». (Tel d. DreSdn. Journ ) Heute früh 4 Uhr hat eine Explosion schlagender Wetter in der Zeche „Pluto" bei Wanne stattgrfuaden. Die ganze Nachtbelegschaft ist gefährdet; bisher wurden 56 Todte herauSgrschafft. Dortmund, Donnerstag, 11. Mai, Mittag». (Tel. d DreSdn. Journ.) Der „Westfälischen Zei tung" zufolge wurden von den in der Zeche „Pluto" Verunglückten di» 10 Uhr Vormittag» 58 Todte und 40 Verwundete zu Tage gefördert. Wien, Mittwoch, 10. Mai, Abend». (Tel. d. Boh.) Die Ernennung de» Genrralgroßmeister» de» Kreuzberrenorden» Ur. Schöbel zum Bischof von Leitmeritz darf al» eine vollzogene Thatsache bezeichnet werden. Morgen will Abg. v. Schönerer im Abgeord netenhaus» eine antisemitische Petition gegen die Zulassung von vertriebenen russischen Juden auf österreichische» Gebiet begründen. Eventuell wün schen die Petenten, daß der Aufenthalt der Flücht linge in Oesterreich nach Möglichkeit abgekürzt werde. Schönerer dürfte beantragen, daß der Petition»au»schuß beauftragt werde, baldigst über deu Gegenstand zu berichten. Einige liberale stei- rische Abgeordnete sollen die Unterzeichnung der Interpellation, betreffend die russischen Judenver folgungen (vgl. die „TageSgeschichte"), deshalb ab gelehnt haben, weil sie die Regierung nicht für berufen erachten, sich in die inneren Angelegen heiten eines fremden StaateS einzumischen. Lemberg, Mittwoch, 10. Mal, Abend». (Tel. d Boh.) Der HochverrathSproceß gegen die ver hafteten Ruthenen wird anfangs Juni zur Ver handlung gelangen. Die Anklageschrift ist bereits abgefaßt, und zwar in deutscher Sprache. Luxemburg, Mittwoch, 10. Mai, Abend». (W. T. B.) Die Kammer nahm heute mit 26 gegen 10 Stimmen, bei 4 Stimmenthaltungen, folgende Tagesordnung an: Die Kammer geht angesichts der von der En- qutztecommission ausgesprochenen Meinung und nach» dem sie die von derselben gelieferten Aufschlüsse entgegengenommen, in Erwägung, daß nicht bewiesen ist, daß der Sturz der Bank einem strafbaren Ver sehen der Regierung zugeschrieben werden könne, zur Tagesordnung über. Kopenhagen, Mittwoch, 10. Mai, AbendS. (W T. B) Beide Kammern haben da» Kompro miß bezüglich de» Budgets angenommen. Da» Ministerium erklärte, daß e» kein Hinderniß für da» Compromiß abgeben und da» Budget iu die ser Gestalt zur Sanktion vorlegen werde. Bukarest, Mittwoch, 10. Mai, Abend». (W. T. B.) Auf die Interpellation de» Senator» Gra- disteano erklärte der Minister de» Aeußern, daß die Regierung den Barrdre'schen Vorschlag ohne wesentliche Modifikationen nicht annrhmrn könne. Auch iu der Kammer der Deputirten wurde die Regierung heute durch BerneSco über densel ben Gegenstand intrrpellirt. Die Regierung wird in 3 Tagen antworten. Kairo, Mittwoch, 10. Mai. (Agence HavaL.) Infolge Meinungsverschiedenheit mit dem Khedive bezüglich de» Dekrete» de» Letzter» über die Strafumwandlungen hat da» Cabinrt beschlossen, sofort die Kammer der Notabeln, ohne Ermäch tigung deS Khedive, zu berufen, damit sich die selbe hinsichtlich dieser Meinungsverschiedenheit au»spreche. Die Minister erklärten den Consuln, daß die Sicherheit der Europäer durchaus nicht bedroht sei. (Vgl. die „TageSgesch.chte".) Dresden, 11. Mai. Der Mord im Phönixparke zu Dublin ruft der Welt wieder jene unheimlichen, mit Mord und Brand die altenglische Herrschaft bedrohenden geheimen Verbindungen unter den Irländern ins Ge- dächtniß zurück, deren erste die Vuitvä ^rmbmsu von 1791 biS 1798 Furcht und Schrecken verbreitete und und welche allein 30000 Menschen hingemordet haben soll. Ihr ging bereits voraus: der 1786 gestiftete Verein der kigbtbo^s, welche die Verweigerung des den protestantlichen Plärrern zu zahlenden Zehnten in ein System gebracht hatten; die Brüderschaft jener Learts ot oaü, die seit dem Jahre 1763 einen Krieg gegen die Straßenbaufrohnden führten; endlich die Verbindung der Wtntcbo^s von 1760, der weißen Burschen, die das Hemd über den Kleidern trugen und Mordthaten gegen Gutsbesitzer, Pächter und Beamte zu einer seitdem nie wieder völlig auSgerotteten irlän dischen Specialität machten. „Seit einem Jahrhun dert", schreibt der „Hamburgische Correspondent", „sind diesen Gehennbunden öffentliche Associationen zur Seite gegangen, deren Schicksal regelmäßig dadurch besiegelt worden ist, daß sie den Zusammenhang mit jenen verbrecherischen Unternehmungen n'cht los zu werden vei mochten. Bei Beginn des amerikanischen FreiheiiSkriegeS war ein „Corps irländischer Freiwil liger "gebildet worden, welches unter dem Vorgeben, die Insel gegen sranzösische Landungsunternehmungen schützen zu wollen, eine politische Organisation der Natlonalpartei zu schaffen versuchte und so erfolgreich vorglng, daß be ¬ reit» im Jahre 1782 die berüchtigte po^nin^ ^.ct auf, gehoben und den Katholiken das Recht zur Erwerbung von Grundbesitz und zur Errichtung eigener Schulen gewährt wurde; da» Treiben der Uigbtbo^« compro- mittirte die „Freiwilligen" indessen so schwer, daß sie aufgelöst wurden. Im Jahre 1792 wurde eine zu nächst auf die Emancipativn der Katholiken gerichtete Agitation inscenirt, welche sich außerordentlich günstig anließ, im ersten Anlauf die ?vu»I lavs und das Verbot der gemischten Ehen beseitigte und den Kaiho liken das aktive Wahlrecht zum Parlament verschaffte. Weitere Fortschritte dieser, von sehr zahlreichen Pro testanten begünstigten Agitation wurden durch die von Jahr zu Jahr mächtiger gewordenen, oben erwähnten Ulliteä Irisbmen und deren aus Errichtung einer un abhängigen irischen Republik abzielende revolutionäre Pläne verhindert. DaS Ministerium mußte zur Auf hebung der HabeaS-Corpusacte schreiten, Truppen über Truppen nach Irland senden und schließlich das Kri.gS- recht proclamiren. 20 Jahre später, fast unmittelbar nach der sogenannten Filialunion vom 26. Mai 1800 (der Vereinigung Irlands mit Großbritannien), wurde die berühmte Latdolio Association zu dem durchaus legalen Zweck errichtet, die bereits von William Pitt versprochene und vorbereitete, lediglich durch das Wider streben deS alten Königs Georg III. verhinderte Eman- cipation der Katholiken inS Werk zu richten und da mit die Repressionsgesetzgebung des 17. Jahrhundert- inS Herz zu treffen. Ein halbes Menschenalter wogte der Kamps um diese wichtige Maßregel hin und her; dann gelang eS dem Talent O'Eonnel'S, des größten Agitators der neuern Zeit, daS Ministerium Welling ton zu der epochemachenden Bill vom Jahre 1829 zu bestimmen und dadurch einen glänzenden Sieg zu erringen. Die jetzt folgende liexsal-Bewegung verfiel abermals dem herkömmlichen Geschick irischer Vergesell schaftungen: sie wußte die Grenze der Legalität nicht inne zu halten und zog ihrem Begründer jene Ver- urtheilung von 1844 zu, welche den Wendepunkt seiner Macht und seines Einflusses bildete. O'Connel selbst war durch seine Verurtheilung und mehr noch durch seine 6 Monate später von den Peers ausgesprochene Freisprechung zur Besinnung gebracht und zu klugem Einlenken in die Bahnen der Gesetzlichkeit und Mäßi gung bestimmt worden. Von Stunde an verloren die Repealer ihren Einfluß an die Führer „Jungirlands", jene Smith O'Brien, Mrtshel, Duffy u. s. w., w.lche im Bunde mit dem revolutionären Frankreich eine republikanische Schilderhebung planten, deren Ausgang zwar minder blutig, als derjenige des Unternehmens von 1793 war, da» Land indessen in neue Schwierig keiten verstrickle und u. A. zu der berühmt« n Massen- auswanderung der ersten fünfziger Jahre führte. 10 Jahre später wurde das nämliche Stück abermals m- scenirt, nur daß „Jungirland" sich in den Fenierdund verwandelt hatte, daß die ehemaligen Repealer jetzt Homeruler hießen und daß an die Stelle Smith O'Bnen's der Fenierhäuptlmg James Stephens ge treten war; wie früher wurde auch im Jahre 1866 die Katastrophe durch Aufhebung der HabeaS-Corpusacte bezeichnet und die Reform dadurch gehemmt, daß es zunächst die Bewältigung einer Revolution galt." Die jüngsten Vorgänge in Irland erhalten durch obige Darstellung ihre historische Erläuterung. Wir sehen aber zugleich aus derselben, welch' harten, er bitterten Kampf daS Cabinet Gladstone durchzu führen haben wird, wenn eS der schon längst über die bescheidenen Grenzen einer Agrarreform hmausge- schrittenen irischen Bewegung einen Damm entgegen- stellen will. Es kommt ihm hierbei freilich zu Statten, daß dre conservative Partei die schlintme Lage der Re gierung nicht auSnutzt, sondern in richtiger Erk^nntniß der England drohenden Gesahr die eigenen Partei interessen hinter den großen LandeSinteressen zurück treten läßt. „Zweifellos könnten die Liberalen jetzt gestürzt werden," erklärte ein konservativ-» Parlaments mitglied dem Londoner Correspondenten der „N. fr. Pr ", „da auch die Majorität deS Unterhauses gegen Gladstone'S Politik ausgebracht ist und daher ihr Miß trauen votiren würde, worauf daS Cabinet entweder resigniren, oder Neuwahlen ausschreiben müßte; letztern- falls hätten Gladstone'S Anhänger auch bei der augen blicklichen furchtbar erregten Stimmung de» Lande- keine Aussicht aus eine Majorität; allein trotzdem be absichtigt die conservative Partei weder daS Line, noch daS Andere, da sie unter den jetzigen Umständen durchaus keine Lust zur Uebernahme der Regierung verspüre." So wenigstens denken Northcote, Salisbury und Smith, während daS GroS der Partei bei einer am 8. Mai zu London stattgehabten Versammlung auf einen Miß- trauenSantrag drängte. „Wenn ein Beaconsfield jetzt da wäre," schloß der Gewährsmann, „er hätte nicht daS Partelinteresse über daS StaatSwohl gestellt." Die Lonservativen Englands haben beschlossen, da» Cabinet Gladstone bei der schwierigen Aufgabe der Pacification Irlands zu unterstützen. Wie eS heißt, will die Regierung bei ihrem Versuche beharren, den Vertretern der agrarischen Agitation in versöhnlichem Geiste zu begegnen. Aber sie ist zu der Eckenntniß gelangt, zu welcher Forster längst gekommen war, daß den geheimen Gesellschaften in Jiland durch die energischsten und strengsten Maßregeln das Handwerk gelegt werden müsse. Allerdings dürfte eS schwer sein, das Zauberwort zu finden, welches die in Irland entfesselten Dämonen wieder zu bannen vermag. U'apxetit vivut eu waugsaut, heißt eS auch von der durch ihre Erfolge immer übermüthiger wer denden Homerule. „Mit Provlnzialständen*, bemerkt eine sachkundige Feder rn der „Schlesischen Zeitung", „würden sich die allergemäßigtsten Homeruler aber gar nicht begnügen. Sie wollen zwar dem Empireparla- ment daS Auswärtige, Heer und Flotte, Handelspolitik, Verträge und Besteuerung überlassen, verlangen aber dafür die souveräne Entscheidung über UnwersitätS- und Schulwesen, über die Armenverwattung, über d»e Einrichtung der Geschwornenger>chte u. f. w.: Alle» Dinge, welche nicht nur in England in da» specifisch- politilche Gebiet hinübergreifen. Deswegen gilt der Ruf nach einer irischen Legislative nicht allein den TorieS, sondern ebenso den Whig-, auch denen radl- caler Färbung, als Hochverrath, und fie brandmarken dre Homeruletendenz als „Zergliederung deS briirschen Reiches"' Voraussichtlich aber würde eine irische Le gislative an keiner ihr vom englischen Parlament ge zogenen Schranke Halt machen. Das Nationalintereffe der Bevölkerung der grünen Insel drängt vorwärts. Nichts kann diese Behauptung besser beweisen, als die Geschichte der 18 Jahre, während deren Irland ein eignes Parlament besessen hat (1782 biS 1800). Das Parlament war zwar überloyal, weil e» nur aus Protestanten bestand und nur von Protestanten gewählt war; trotzdem aber kam eS in Conflict mit den englischen Interessen. ES zog einen Schutzzoll um die Insel, infolge dessen die Industrie, besonders die Weberei, sich zusehends aufschwang, und viele englische Fabrikanten, Handwerker und Arbeiter nach Irland übersiedelten. Es hatte seine eigene Handelspolitik und war nahe daran, in einen irischen Sonderkrieg mit Portugal hlnemzutreibev. Ein Ausstand der Katholiken, dem gegenüber das irische Parlament machtlos war, gab Püt dann Anlaß, diese Institution aufzuheben. Der gegen England errichtete Schutzzoll wurde natürlich wieder abgeschafft und Irland der englifchen Ausbeutung aufs Neue preisgegeben. Ein irisches Parlament der Gegenwart würde, da die Katholiken längst emancipirt sind, sicherlich eine katho lische Majorität haben, und selbst die englischen Ra- dicalen geben sich darüber keinen Illusionen hin, daß Feuilleton. Redigirt von Otto Banck. Am Ufer der Mulde. *) Novelle von H. Lngelcke. Im ersten Viertel des laufenden Jahrhundert» be saßen die königlichen Forsten, die sich zwischen Elbe und Mulde läng» der alten Heerstraße von Witten berg nach Leipzig hinzogen, eine größere Ausdehnung al» heute. Man lichtete später die Wälder, um den jungfräulichen Boden zu Ackerland umzugestalten und den Ertrag der Güter zu steigern. So kam eS, daß der fpiegelklare Strom damals nicht nur üppige Fel der und blumenreiche Wiesen durchzog, daß er vielmehr die knorrigen Wurzeln uralter Eichen und Fichten be spülte, die da» Erdreich der zum Theil hohen Ufer durchbrochen hatten und, in da» Flußbett hineinreichend, au» diesem ihre Nahrung zogen. Unweit der Landstraße lag zu jener Zeit ein da mal» im fi-calischen Besitze befindliches kleine» Berg werk. E» stieß mit seinen Bergen hart an die Mulde, die später bei einer großen Ueberschwemmung gerade an dieser Stelle ihr alte» Bett verließ und sich zur linken Hand einen geraderen Weg durch die Aue bahnte. Noch jetzt bezeichnen stehende Tümpel die ehemalige Flußbahn, die alte Mulde genannt, und unmittelbar über dieser erheben sich mäßige Berge, mit Wald be wachsen, in deren Tiefe da« Alaun verborgen liegt. ll>b«e«htiztn Nachdruck verdaten. Auf einem jener Berge, die längst der Schaufel zum Opfer gefallen, lag noch im Jahre 1818 oben auf dem Gipfel, von Wald umgeben, ein großer, bemooster Stein, einer jener gewaltigen Blöcke von Granit, wie solche in grauer Urzeit durch die Macht der Elemente über Deutschland zerstreut worden waren. Der Stein ist längst verschwunden, denn als der Bergmann unter ihm einzuschlagen begann, störte der Stein die Arbeit und mußte gesprengt werden. Ein dumpfer Knall in früher Morgenstunde kündigte den umwohnenden Berg leuten an, daß der Factorstein zu exlstiren aufgehört hatte. So hieß nämlich der Stein im Volksmunde. Man erzählte sich, daß eS unter früherer sächsischer Herr schaft im vergangenen Jahrhunderte Sitte gewesen, dem Factor des Bergwerkes auf diesem Steine den Diensteid abzunehmen und ihn schwören zu lassen, daß er die Einnahmen deS Bergwerke- mehren und nichts davon abhanden bringen wolle. Der Factor stein lag unmittelbar am steilen Abhang, so daß man von ihm au- eine unbeschränkte Rundsicht über daS Muldenthal genoß, da- jenseits des Flusse« sich auS- breitete. Um den Stein war im Halbkreis ein Platz freigelegt, umsäumt von Ziergebüsch, daS sich an die alten hohen Waldbäume, welche die Höhen krönten, anschloß. Der alte Stein genoß unter den Bergleuten eine Art von Verehrung Zu Pfingsten und am Johannis tage bekränzten ihn dre Burschen und Mädchen, und wenn ein Bergmann Hochzeit machte, so hielt der Brautzug am Abend einen festlichen Umgang um den Stein. Südlich vom Stein, einen Büchsenschuß durch den Wald, am Gradirwerke vorbei, gelangte man an zwei einstöckige, vielleicht hundert Schritt von ein ander stehende Häuser von ganz gleicher Bauart. Beide waren Dienstwohnungen, daS eine von dem Factor und Rendanten, das andere dem Siedemeister des Bergwerkes überwiesen. Die Häuser lagen wohl zehn Minuten von dem Dorfe entfernt, in welchem die Bergleute und auch der Bergrath wohnten, welcher Letztere ein großes fchloßartigeS Gebäude mit einem Thurm und der für die Bergleute bestimmten Thurm uhr inne hatte. Unter den GebietStheilen, welche nach den Frei heitskriegen von Sachsen an Preußen abgetreten wer den mußten, befand sich auch daS Territorium dieses Bergwerkes. Die Krone Preußen übernahm dasselbe und bestätigte alle Beamte in ihren Aemtern Die beiden Häuser wurden zu jener Zeit von dem Ren danten Frank und dem Siedemeister K aus bewohnt, zwei alten in 40 jährigem Dienste ergrauten Beamten. Beide waren bergmännisch gebildet und hatten, da schon ihre Väter die Aemter inne gehabt, dieselben nach deren Tode übernommen und waren so ihr Leben lang darin verblieben. Der Rendant sowohl als der Siedemeister waren Wittwer, und Jeder hatte nur eine Tochter, die gleichalterig damals ungefähr 19 Jahre zählten. Anna Frank und Meta KlauS waren weit und breit als die hübschesten, wenn nicht schönsten Mädchen bekannt Die Erstere, groß und kräftig gebaut, blond und blühend, von rosigem zarten Teint, hochgewölbten Augenbrauen und tiefblauen Augen, bot das Bild vollster Jugendkrast; die Andere, Meta, hatte blau chwarze» Haar von unglaublicher Fülle, einen mehr dunkeln, aber durchsichtigen Teint, freundliche fchwarze Augen und eine zartere, wenn auch eben so hohe Gestalt. Wie sie in ihrer äußern Erscheinung verschieden waren, so auch in ihrem Wesen. Anna war ernst, energisch und entschieden, und doch leuchtete aus dem blauen Auge ein Blick liefinnigsten Verständnisse- für Alles, was daS mensch liche Herz berührt; Meta dagegen war daS harmlose fröhliche Kind, das den ersten Eindrücken folgt und sich nicht allzu sehr um die Zukunft kümmert. Hatte sie irgend einen Zweisel, so sragte sie bei Anna an und war seit Jahren gewöhnt, deren Rathschlage zu folgen. Eine innige Freundschaft hielt beide Mädchen zusammen. Durch erne ganze Reihe von Jahren während der Schulzeit waren sie Tag für Tag ge meinschaftlich den Weg zum nahen Städtchen gewan dert, Arm in Arm und fest an einander geschmiegt, wenn Sturm und Schnee ihnen entgegenschlug. Ebenso die nächsten Jahre nach vollendeter Schulzeit, als sie noch Privatunterricht genossen. Unglück kettet noch fester zusammen. Anna und Meta traf da» Verhängniß, daß, als sie 17 Jahre alt waren, sie an einem und demselben Tage ihre Mütter verloren, die dem damals während de» Kriege- herrschenden Fieber erlagen. Die Mädchen kehrten trostlos vom gemein samen Begräbnisse zurück Al- sie aber am Abende still und stumm neben einander in der Laube saßen, da waren ihre Väter zu ihnen getreten, und der Ren dant Frank halte mit erstickter Stimme zu ihnen ge sagt: „Ihr seid von jetzt ab unser Ein« und Alle», bleibt bei unS, verlaßt un« nicht!" Und al- e» mehr und mehr gedunkelt, da waren tue beiden Mädchen, deren Augen der Schlummer noch floh, nur begleitet von Pluto, de- Rendanten großem Hunde, nach dem Factorsteine gegangen. Hier war e» ihnen in stiller
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