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Dresdner Journal : 09.05.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-05-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188205095
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18820509
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18820509
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1882
-
Monat
1882-05
- Tag 1882-05-09
-
Monat
1882-05
-
Jahr
1882
- Titel
- Dresdner Journal : 09.05.1882
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KU Sir Stafford Northcote becomplimentitte Mr. Forstcr in wärmster Weist wegen der würdigen und gemäßigten Auseinandersetzung, sowie wegen seiner Ausdauer, seine- MutheS und seiner Treue in der Erfüllung seiner Pflichten unter ausnahmsweise schwierigen Verhält nissen. Die Erklärung der Gründe seines Rücktritts von der Regierung sei jedoch so ernsten CharalterS, daß dieselbe zu allgemeiner Beunruhigung und selbst Besorgnis» Veranlassung gebe. ES dürfte aber weder ein Mißverständnis, noch Ungewißheit darüber be stehen, ob die Regierung um größere Ausnahmegtwalt nachsuchen werde, oder nicht. Weitere Gesetzgebung die ser Art, wenn erforderlich, länger hinauszuschieben bis nach Erledigung der GeschäftsordnungSresolutionen würde in Irland nur den Eindruck Hervorrufen, daß entweder die Regierung selbst nicht wisse, was sie thun solle, oder daß sie nur halb im Ernste ist, und er fürchte, daß die neue Richtung von dem irischen Volte als eine Eoncession angesehen und ausgebeutet werden wird, Wie eS gegenwärtig scheine, habe die Regierung, nachdem sie die alten Pfade verlassen, gar keine irische Politik mehr. Gladstone - Antwort mußte der Natur der Sache nach schwach ausfallen. Er bemerkte, daß die Gefangenen nicht ewig emgesperrt werden könnten; da nun die Regierung erfahren, laß sie sich auf die Seite der Ordnung und des Gesetze- stellen wollten, wenn die Frage der Pachtrückstände geregelt würde, so habe man sie entlassen und sich entschlossen, diese Frage demnächst gesetzgeberisch zu erledigen. Diese Erklärung brachte Parnell auf die Beine, der unter dessen im Hause erschienen. Parnell, ebenso stolz wie seine Kerkergenossen, führte die Anspielung deS Pre mier- darauf zurück, daß er allerdings die Ueberzeu- gung ausgesprochen, eS werde die Ablösung der Pacht- rückständc die Ordnung befördern und den Borwand zu Frevelthaten mindern. Parnell wählte seine Worte aufs Sorgfältigste au-, corrigitte erst wohl ein Dutzend Ungenauigkeiten aus den Behauptungen Glad stone'- und entwickelte dann mit eisiger Kälte die Grundlinien seine- eigenen Standpunkte-. Ohne eS bestimmt zu sagen, gab er doch der sichern Annahme Raum, daß seine Pattei die Gesetze ehren werde, wenn eine Erneuerung der Gewaltgesetze unterbleibt und die erweiterten Vorschläge zur Schaffung eines ansässigen Kleingrundbesitze» aus dem jetzigen Pächterstande rasch gesetzlich sanct-onirt würden. Allein Parnell setzte sich doch mit keinem Worte in Widerspruch mit dem frühern Programm seiner Partei. Auch Dillon, der nachher das Wort ergriff, meinte nur, „es werde leichter sein, die Ordnung in Irland wieder herzu- stellen und eine Basis für Unterhandlungen mit den Iren im Unterhause, resp. der Landliga zu finden" — wenn die Bedingungen Parnell'- erfüllt würden. Der Telegraph hatte allerdings die Sache so darge stellt, al- habe sich Parnell zur Erfüllung der Be dingungen Gladstone's verpflichtet. Ueber die Stimmung in Dublin wird den „Times" unterm 5. Mai, also am Tage vor Verübung des Verbrechen-, von dort geschrieben: „Das Publicum scheint durch die Menge erstaunlicher Ereignisse, welche innerhalb weniger Stunden hinter einander eingetreten sind, eher verwirrt und verdutzt, als erregt zu sein. Mit größter Besorgniß sieht man dem Ergebniß des Experiments, welches gemacht worden ist, entgegen, in dem geglaubt wird, daß es voller Gefahren ist. E» ist kein Grund vorhanden, sehr sanguinisch in dem Glauben zu sein, daß die Führer der Landliga, selbst wenn sie da- Ao - kont - Manifest annulliren sollten, dessen verderbliche Wirkung jetzt aufhalten könnten. ES ist indeß kein Zeichen ihrer Absicht, es zurückzu ziehen, vorhanden, und eS ist wahrscheinlich, daß dessen Urheber jetzt, wo sie finden, daß sie Herren der Lage sind, die drückendsten Bedingungen stellen werden. Die selben dürften sich nicht als hochherzige Sieger er weisen. Die einfachsten Bürger erblicken in den Er eignissen der letzten zwei Tage eine absolute Uebergabe, und drücken Ueberraschung, wenn nicht Frohlocken da rüber auS, daß Mr. Parnell das Ministerium besiegt hat und wirklicher Herrscher deS Landes ist." — Der conservative Dubliner „Expreß" spricht sein Bedauern darüber au-, daß die anarchischen Kräfte in Irland auS ihrem Lonflict mit der Regierung siegreich hervorge- gangen sind. Falls das englische Volk diesem rück sichtslosen Ministerium nicht Zügel anlege, würde der Anfang des Ende- nicht so weit entfernt sein, wie selbst Mr. Parnell anticipirte, als er prophezeite, daß in 5 Jahren die letzte Spur der englischen Herrschaft aus dem Lande verschwunden sein werde. Die beiden Männer, welche die neue Aera der Ver- öhnung herausführen sollten, hatten kaum ihren Fuß „Die nächste Folge der Rücksendung deS Ringes war eine Herausforderung Halden'S an Rosen. Hal den erhielt einen Hieb inS Gesicht. Sie können sich denken, daß diese Wunde nur Oel in die Gluth seiner Rachsucht wcr, aber ein rachedürstigeS Herz nimmt sich Zeit, um seiner Beute ganz gewiß zu werden." „Halden'S Vater starb, und der Sohn fand ein ebenbürtiges Fräulein, daS an den vorgefallenen Ge schichten keinen Anstoß nahm und sich mit ihm ver mählte. In dieser Ehe wurde ein Knabe geboren, dessen Lehrer ich zu seiner Zeit wurde, daher kann ich Ihnen Alle- erzählen, was weiter geschah." „Der Rittmeister v. Halden war ein Mann von dem anstand-vollsten Benehmen, auch wissenschaftlich gebildet, weltklug und von eiserner Beharrlichkeit in seinen Vorsätzen. Seine Ehe war nur eine Verbin dung der Convenienz, aber nicht der Liebe. Die menschliche Gesellschaft hatte er von allen und also auch von den schlechtesten Seiten kennen lernen, darum verachtete er da- menschliche Herz und hatte keinen Glauben an da- Göttliche im Herzen. Es ist aber etwa» Göttliche- in uns, da» ist die Sehnsucht nach Gott, daS ängstliche Harren der Ereatur auf die Offenbarung der Kinder Gotte-, welche Sehnsucht nur durch die gänzliche Hingabe des Herzens an die Welt unterdrückt werden kann, und Halden hatte sein Herz der Welt ganz hingegeben. Seine Gemahlin stammte au» einer vornehmen und reichen Familie, hatte aber auch nicht gelernt, über die Schranken der Erde hinau» zu sehen und sich hinau» zu sehnen." „Meine Stellung bei Halden'» war daher nicht angenehm,' doch waren dir Aeltern mir im Unterricht he» Knaben nicht hinderlich. E« ist aber schwer, den aus den Boden der grünen Insel gesetzt, al» der kel tische Stahl sie zu Tode traf; ihre Leichen wurden von den irischen Mordgesellrn furchtbar zerfetzt, die, in dem Blute der Earvendish und Burke watend, Rache tranken für alte Schmach. Der arme Cavendish hatte am Vorabende vor seiner Abreise nach Dublin an seinen Wahlbezirk eine Zuschrift gerichtet, in welcher er sich über dre Zustände Irland» in folgend,« hoffnungs vollen Worten äußerte: Ich stimme mit den jüngsten Beschlüssen der Regierung überein. Die Hauptbestimmungrn des Landgesttzes sind nun von allen Parteien angenommen worden. Die Regierung hat aus ten ihr zugegangenen Nachrichten die Ueberzeugung gewonnen, daß sie in Bezug aus die Zukunft jenen Berdachts- gründen nicht länger nachzuhängen braucht, welche eS ihr im vergangenen Oktober zur Pflicht machten, verschiedene Parlamentsmitglieder zu verhaften. Sie würde daher keinen gerechten Grund haben, die Ausnahmemaßregel» länger in «rast zu lassen. Es wird ihre Pflicht sein, die Gesetze so zu ergänzen, daß eine feste Rechtspflege gesichert, Friede und Ordnung im ganzen Lande gewahrt und durch eine wohlbe dachte und wirksame Maßregel in Betreff der Pachtrückstände die Erledigung der Landsrage und die Beseitigung der damit zusammenhängenden Uebel, welche die Wurzel der irischen Unordnung bUden, beschleunigt werde. Er wußte nicht, zu wie furchtbarer Tragik sich der Haß eine» Volke» m einem Augenblicke verdichten kann. Irland hatte, als eS sah, wie daS stolze Albion de- müthig vor den Gefangenen von Kilmainham die Flagge senkte, die Forderung gestellt, daß einer seiner Söhne zum Minister sür irische Angelegenheiten bestellt werde. So weit wollte Gladstone nicht nachgeben; dieser theo- retisirende Staatsmann, der in seinem verworrenen HumonitätSgesühl allen vermeintlich unterdrückten Völker schaften sein weites Herz öffnet, hat die bittere Er fahrung machen müssen, daß man mit einem Augenblick von Liebe und Wohlwollen nicht die Feindschaft von Geschlechtern versöhnen kann. — Der „Köln. Ztg." telegraphirt man aus London vom 7. Mai: Die ent setzliche Nachricht aus Dublin hat hier die größte Auf regung hervorgerusen. Der Doppelmord trifft der Zeit nach zusammen mit der Freilassung Davitt'-, des Stifters der Landliga, der gestern aus dem Gefängnisse von Portland vou seinen Gesinnungsgenossen Parnell, Dillon, O'Kelly im Triumphe abgeholt worden war. Es ist selbstverständlich, daß Niemand diese Führer der Land liga der Mitwisserschaft um das Verbrechen beschuldigt; im Gegentheil beweist dre grauenvolle Thot, daß die Führer der Landliga die Zügel nicht mehr in der Hand haben, die von ihnen herausbefchworenen Geister nicht mehr bändigen können. Nach den Mittheilungen, welche bis jetzt über das Ereigniß vorliegen, ist von den Mördern noch keine Spur entdeckt. Was bisher bekannt geworden, ist folgendes: Es war gestern Abend um 8 Uhr, als im Phönix-Park, etwa 50 Schritt von dem viceköniglichen Palaste, die beiden Leichen von Stichen durchbohrt aufgefunden wurden. Lord Frederick Cavendish war gestern Morgen, mit dem neuen Vicekönig Earl Spencer, von England kom mend, in Kingstown gelandet. Gegen Abend waren Beide unter großem Jubel der Menge in Dublin ein- gezogcn. Er erledigte sich im viceköniglichen Schlosse seiner ersten amtlichen Verpflichtungen, leistete den Eid und fuhr dann um 6 Uhr nach seiner Amtswohnung. Im Phönixpalk begegnete er dem Unterstaotssecretär für irische Angelegenheiten, Thomas H. Burke; er stieg aus und machte mit diesem einen Spaziergang. Was man über den nun folgenden Vorgang weiß, hat man aus dem Munde eines Knaben. Dieser erzählt, er habe von Weitem eine ringende Gruppe gesehen, die er für Strolche hielt; 2 Männer fielen und 4 fuhren in einem bereitstehenden Wagen eiligst weg. 2 Velocipedreiter waren zuerst an der blutigen Stelle, sie hatten die beiden Herren vorher in dem Park lust wandeln sehen, ohne sie zu kennen, und ersahen erst auS Briefen, welche sie in den Taschen der Ermorde ten fanden, wer die Unglücklichen waren. Cavendish hatte 4 Stiche durch die Lunge, ein Arm ist ihm völlig zermalmt; Burke'S Kehle ist durchschnitten. An den entsetzlichen Wunden und dem übrigen Aeußern der Körper ist ersichtlich, daß der Kampf um Leben und Tod sehr heftig geführt worden ist; die Stätte war ringsum mit Blut bedeckt. Den Ermordeten war nichts geraubt; Uhren, Geldbörsen, Schmucksachen, Pa piere — Alle- fand sich noch in ihren Taschen vor: ein Beweis, daß kein Raubmord, sondern ein po litischer Mord vorliegt. Auffällig ist eS, daß von den Hunderten von Spaziergängern, die an dem schönen Maiabend kaum eine oder einige Minuten Weges entfernt im Park lustwandelten, außer jenem Knaben Niemand den Vorgang wahrgenommen hat, ein Beweis: daß die That mit Blitzesschnelle aus- gefühtt worden ist. Trotz eifrigen Suchens ist nicht Funken des Göttlichen in dem Herzen eines KindeS zur Flamme anzuhauchen, das täglich sieht, daß die Lehren, die eS empfängt, und die Reden und daS Leben seiner Aeltern so verschieden sind, wie Tag und Nacht." „Mit Rauenstein's kam ich trotz der Nachbarschaft von Halden's Rittergut infolge der feindlichen Ver hältnisse zwischen beiden Familien in keine Annähe rung, aber ich lernte diese Familie so genau kennen, wie ein Zimmer, in daS man zwar nie kommt, aber im Vorüvergehen oft durch da» Fenster sieht. Rauen stein's standen in allgemeiner Achtung. An Vater und Sohn wurde bei dem guten Kern die rauhe Schale übersehen, und Mutter und Tochter, unsere Baronesse, wurden von Allen geliebt, die sie kannten, weil aus ihren Herzen das Licht deS Glauben» strahlte, der durch die Liebe thätig ,st — doch einen andern Glauben giebt eS nicht. Von Halden und seiner Gemahlin wurde in der Umgegend wenig ge sprochen, und nicht mit großer Liebe, sondern wie man von vornehmen und reichen Leuten spricht, die nur vornehm und reich sind." „Die furch!barste Gesinnung ist der beharrliche Haß, und mit diesem Haß gegen Rosen und Rauen- steinS war Halden erfüllt. Mir blieben seine heim lichen Umtriebe nicht verborgen, und nach ihrem Um fang fürchtete ich, eS müsse Halden'- Absicht sein, die Familie Rauenstein in den Abgrund der Verarmung zu stürzen. Die ökonomischen Verhältnisse deS alten Baron- waren nämlich durch seine große Gastfreiheit, durch Mißernten und andere Uuglück-fälle ziemlich in Unordnung gerathen. E» waren viele Schulden da, und Halden bemächtigte sich diese- Mittel-, um den einmal eine Spur der Wagenräder entdeckt worden; auch konnte der Knabe wegen der Schnelligkeit der Fahrt keine Beschreibung der an ihm Vorbeifabrenden geben. Sofort sind alle Polizeiämter der Insel von dem Ereignisse benachrichtigt worden; aber bis heute Morgen ist noch keine Verhaftung erfolgt. Es ist angeordnet, daß alle Schiffe, welche von Irland ab gehen, vorerst genau überwacht werden. Die Zugänge zu dem viceköniglichen Schlosse im Phönixpark sind mit starken Polizeiabtheilungen besetzt. Der Earl Spencer ist von dem Ereignisse so sehr ergriffen, daß er die Absicht ausgesprochen haben soll, von dem eben an getretenen Amte alsbald zurückzutreten: ein Schritt, der ihm sreilich vorläufig übel ausgelegt werden könntet Die Leichen sind in das Stevenshospital gebracht worden. Lord F. Cavendish wurde 46 Jahre alt; seine Gemahlin, eine Tochter des Baron Lyttelton, scheint ihn noch nicht nach Irland begleitet zu haben, weil er seine Reise ohne längere Vorbereitung antreten mußte. Thomas H. Burke war 50 Jahre alt und unvermählt; er ist seit Jahren als Unterftaatssecretär für Irland angestellt und war in Dublin sehr beliebt. Bei der gestrigen Feierlichkeit im Schlosse hatte er dem Vicekönig das Staatsschwert überreicht. Lagesgeschichte. Dresden, 8 Mai. Vom Reichs-Gesetzblatt ist das 11. Stück des Jahres 1882 heute hier ein getroffen. Dasselbe enthält lediglich: Nr. 1469) Ver ordnung vom 1. Mai d. I., die Verwendung giftiger Farben betreffend. * Berlin, 7. Mai. Der „ReichSanz " schreibt: „Eine freudige Nachricht ist es, welche wir unjeren Lesern durch dies Extrablatt bringen können. Ihre königl. Hoheit die Frau Prinzessin Wrthelm von Preußen ist gestern, Sonnabend, Abends U10 Uhr, durch Gottes Gnade glücklich von einem Prinzen entbunden worden. Die erlauchte Wöchnerin und der neugeborne Prinz befinden sich wohl. Möge Gott Mutter und Kind weiter behüten und den jüngsten Sproß unseres Königshauses wachsen und gedeihen lassen zu Seines Namens Ehre, zur Freude der kaiser lichen Urältern, der kronprinzlichen Großältern und der erlauchten Aeltern und zum Segen für das ganze Volk und Vaterland. Der junge Prinz ist ein ge sundes kräftiges Kind." — Ihre kaiserl. und königl. Hoheit die Frau Kronprinzessin verweilte von gestern Nachmittag an im Marmorpalais. Se. kaiserl. und königl. Hoheit der Kronprinz traf gestern Abend von Berlin in Potsdam ein. — Se. Majestät der Kaiser hat sich heute Mittag 12 Uhr nach Potsdam begeben, um den kronprinzlichen Herrschaften und dem Prinzen Wilhelm persönlich seinen Glückwunsch über das sür daS königl. Haus frohe Ereigniß abzustatten. — Die vereinigten Ausschüsse des BundeSrat HS für Handel und Verkehr und für Justizwesrn traten gest rn zu einer Sitzung zusammen. — Nachbenannte Offi ziere haben die Ermächtigung erhalten, in türkische Dienste zu treten: Oberst Kähler, Commandeur des 2. schlesischen Husarenregiments Nr. 6; derselbe soll die AnstellungSsrage sür alle beurlaubten Osfiziere in der Türkei ordnen und mit den dortigen Behörden bcrathen; auch soll er die Verhandlungen in Betreff deS eventuellen Uebertritts noch anderer preußischer Osfiziere mit der türkischen Regierung führen. Ferner gehen als Organisatoren bez. Jnstructeure sür die ent sprechenden Waffen dorthin der Hauptmann Kamp- hövener vom 79. Infanterieregiment für die Infan terie, der Rittmeister v. Hobe vom 4. Dragonerregi ment, Adjutant der 3. Division, für die Cavallerie, der Hauptmann Ristow vom 17. Feldartilleneregi- ment für die Artillerie. Sämmtliche Herren werden vorläufig auf 3 Monate nach Konstantinopel beur laubt, nach Ablauf welcher Zeit sie sich zu entscheiden haben, ob sie in türkische Dienste übertreten wollen. Im Fall des Uebertritts ist ihnen der Rücktritt in die preußl'che Armee mit Zusicherung der Wiederanstellung innerhalb 3 Jahren zugesichert. Sie scheiden aus der preußischen Armee und erhalten in der türkischen Armee einen entsprechend böhern Rang, und zwar der Oberst Kähler den Rang eines Generals, die an deren 3 genannten Herren den Rang als Oberst. Die gemeinschaftliche Abreise von Berlin nach Konstanti nopel wird etwa am 15. Mii statifindcn. — Wie in maritimen Kreisen verlautet, werden demnächst auch einige Offiziere der kaiserlichen Kriegsmarine nach der Türkei beurlaubt werden, um dort- eine gründliche Reorganisation der Marine, conform der Landarmee, herzustellen. — In Vertretung deS Reichs alten Rauenstein in seine Gewalt zu bringen. Aus den eisernen Gedanken seines Hasses und seiner Rach sucht flocht er ein Netz, da» er über seine Leute wer fen wollte. Den Gläubigern des alten Baron« kaufte er ihre hohen Schuldforderungen ab, um ihn mit den selben zu quälen, verwickelte ihn in Processe und brachte es dahin, daß der alte Rauenstein sein Schloß verkaufen mußte. DaS war für ihn ein zu harter Schlag. Der Gram führte ihn au« feiner Väter Schloß und brach ihm bald da« Herz." „Ulrich, der Bruder unserer Baronesse, vermählte sich und kaufte sich anderweit an, die verwittwete Baronin erwarb das Schloß St. Ursula, ihre Tochter, unsere Baronesse, blieb bei ihr, und Beide segneten unser Dorf mit Werken der Liebe. Wenn Sie, lieber Friedheim, die Leute meines Dorfe» nach der alten Baronin Rauenstein fragen, werden Sie hören, wie das Gedächtniß der Gerechten in Segen bleibt. Zwar haben nur die Greise des Dorfes sie noch ge kannt, doch die Menschen, die ein Herz voll Liebe haben, hinterlassen ihr Gedächtniß als eine gute Ueber- lieferung für mehr als ein Geschlecht, aber der Gott losen Name wird verwesen, steht geschrieben." „Nachdem Halden seine ruchlose Absicht an der Familie Rauenstein zum großen Theil erreicht hatte, richtete sich sein Haß mit aller Gewalt gegen Rosen. Sein Treiben war mir schrecklich, und ich würde sein HauS verlassen hoben, wenn mich nicht die Liebe bei seinem Knaben fest gehalten hätte, denn ich glaubte, einen guten Einfluß auf da- kindliche Herz gewonnen zu haben." „Eine- TageS kam Halden mit mir auf Rosen zu sprechen und sagte mir, daß kein Mensch ihm so ver- kanzler- hat der UnterstaatSsecrettr Busch mittelst eine» an alle ReichSbehördrn gerichteten Rundschreiben- da» Unterstützung-wesen geregelt und dabei Folgende» bemerkt: .E» ist bekannt und ein Gegenstand lauter Klage, daß - von Deutschland au» di» benachbarten Länder von Schaaren ardeiitjcheuer, aller Mittel entblößter Menschen überzogen wer den, die lediglich vom Bettel leben. L» sind zumeist diese Bagabunden, welche al» arme deutsche Reisende die Lonsulate brandschatzen und von der Privatthäligkeit Almosen erpressen. Fast alle Unterstützungen, dir im Betrage einiger Mark von den Lonsulalen gegeben und dem auswärtigen Amte in Rech nung gestellt werden, an einzelnen Orten an Hunderte von Personen im Jahr, sind solche Almosen, die bei Festhaltung der oben bezeichneten Gesichtspunkte nicht gewährt werden dürsten. Der Bettel, welcher gesetzlich mit Strafe bedroht ist, wird aus diese Weise gejärdert, da» Vagabuudenlhum, welche» der Staat zu unterdrücken sich bemüht und welche» unserer Nation zur Unehre gereicht, staatlich unterstützt. Wenn e» auch nicht möglich ist, nach Lage der Gesetzgebung die wander lustigen deutschen Abenteurer an dem Besuche fremder Länder zu verhindern, jo haben die staatlichen Organe doch die Aus gabe, dem Unwesen nach Kräften zu steuern, und vor allen Dingen die Pflicht, sich jeder Förderung desselben zu ent halten.' Hierauf werden die Regeln gegeben, nach denen, abgesehen von den bereit- vorhandenen Vorschriften, die Consuln künftig betreffs Unterstützung Hilf-bedürf tiger zu verfahren haben und deren strenge Befolgung ihnen rm Jnteresfe de« vorgedachten Zweck- besonder» zur Pflicht gemacht wird. — Gestern (Sonnabend) hielten sämmtliche drei gegenwärtig hier tagende parlamentarische Körperschaften Versammlungen ab. Vormittag 10 Uhr trat das Abgeordnetenhaus zusammen. Gegenstand der Berathung bildete daS Verwendungsgesetz. Wie bereits bei der ersten Lesung bemerkt werden konnte, war die Stimmung deS Hause» der Vorlage gegenüber eine ungünstige, weil da« Ge setz daS Zustandekommen des TabakmonopolS gewisser maßen zur Voraussetzung hat. Abg. Rickert griff die Vorlage lebhaft an. Der nationalliberale Abg. Grumbrecht erklärte sich gegen jeden, vom indirecten Steuersystem als von einer selbstverständlichen Voraus setzung ausgehenden Reformplan überhaupt. Abg. E. Richter polemisirte in der bekannten Weise gegen die „Versprechungspolitik des Reichskanzlers". DaS Er- gedniß der Berathung war die Ablehnung der §8 1 und 2 des Gesetzes, ebenso wurde ein von dem Abg. v. Zedlitz-Neukirch eingebrachter Abänderungsentwurf abgelehnt. Finanzmlnister Bitter erklärte hierauf, daß die Regierung auf die weitere Berathung der Vorlage keinen Werth mehr lege. Die Sitzung wurde auf un bestimmte Zeit vertagt und dem Präsidenten anheim gegeben, die nächste Sitzung festzustellen. Da von Seiten der Regierung dagegen nicht Widerspruch er hoben wurde, so läßt sich annehmen, daß dieselbe über die Frage der Durchberathung der noch übrigen Vor lagen noch keinen bestimmten Entschluß gefaßt hat.— DaS Herrenhaus beschäftigte sich in der heutigen Sitzung mit der Interpellation de» Grafen v. Schlie ben, Vie Parcellirung von Bauergütern betreffend. Interpellant geht in seiner Begründung auf die miß liche Situation deS Bauernstandes ein. Gras v. Schlieben entrollte von dem derzeitigen Zustande der Verhältnisse de» Bauernstandes und KleingrundbesitzeS ein sehr düsteres Bild; er glaubte einen allgemeinen Rückgana und eine sortschreitende Verarmung constatiren zu müssen, wosür er die Schuld der liberalen, manchesterttcheo Tendenz der modernen Gesetzgebung beimah. Das einzige Gesetz, das der Landwirth- schasl helfen sollte, daS Wuchergesetz, sei aus halbem Wege stehen geblieben und daher werthlo». Der Wucher treibe sein schänd licheS Handwerk sort, expropriire die Besitzer und an ihn schließe sich dann die Autschlachtung, d. h. die Zerschlagung der Güter und Höse in kleine, nicht jpannfähigr Parcellen, die gewöhnlich von ganzen Consortien gewerbsmäßig betrieben werde. Dazu seien die derzeitigen Einrichtungen zur Erleich terung des Real- und Personalcredu» de» Kleingrundbesitzer völlig unzureichend und der Untergang de» Bauernstände» fei unausbleiblich, wenn die Staatsregierung nicht bald Helfend ein greise. StaatSminister vr. Luciu», der namrn» der StaatSre- gierung die Interpellation beantwortete, vermochte die Aus führungen des Vorredners bezüglich deS allgemeinen Rück gänge» al» begründet nicht anzuerkennen. Während feiner AmtSthätigkeit habe er im Gegentheil fast durchgehend» die er freulichsten Fortschritte beobachten können, und höchsten» ließe sich über da» Tempo de» Fortschritt» rechten; Rückschritte aber seien im Allgemeinen nicht gemacht worden. DaS landwirth- schastliche Ministerium habe nicht versäumt, wa» innerhalb seines Machtbereichs die Situation de» Grundbesitzes jördern konnte, wende auch nach wie vor den Lreditverhältniffen des selben seine eisrige Ausmerkjamkeit zu, deSgl. würde den Me liorationen fortdauernd die staatliche Fürsorge gewidmet- Ge nerell warnte der Minister vor einem Optimismus, der ein seitig von der Gesetzgebung die Hebung der landwirthschast- lichen Gewerbe und also auch deS Kleingrundbesitzes er warte. Bezüglich der Anfrage de» Interpellanten seien That- sachen, die eine Bedrohung der wirthschastlichen Existenz de» Bauernstandes in sich schlöffen, amtlich der Regierung nicht be kannt; selbstredend werde die Regierung die Sache unauSge- sext verfolgen haßt sei, wie der Forstmeister v. Rosen. Mit diesem Menschen, fuhr er fort, habe ich noch eine alte Ge schichte abzumachen, und ich hatte die Absicht, ihn aus Pistolen zu fordern und nieder zu schießen, ich habe aber meinen Plan geändert." „Halden sprach selten mit mir, wie er überhaupt in seiner Familie nicht gesprächig war. Jene Stunde schien mir aber günstig zu sein, da er sich so offen gegen mich aussprach, und ich wollte versuchen, seine wilden Gedanken zu mildern, wenn ich sie auch nicht ganz auS seinem rachsüchtigen Herzen herauSreißen könnte. Ich faßte mir ein Herz und fragte ihn, ob er sich nicht überwinden könne , auch eine schwere Be leidigung zu vergeben. ES sei ja göttlich, zu vergeben. Ich wagte eS, seine Hand zu sassen: Geehrter Herr Rittmeister! Es steht geschrieben: Die Roche ist mein, ich will vergelten, spricht der Herri Wir Alle be dürfen einst der Gnade Gottes und können sie nicht verlangen, wenn wir nicht vergeben unfern Schuldiger,,. — Er hörte mich ruhig an, ewiderte mir: Sagen Sie das lieber meinem Jungen, als mir — wandte mir den Rücken und verließ mich." (Fortsetzung folgt.) Pädagogische Literatur. Bon A. Kippe nberg ist bei Heinsius in Bremen ein sehr beachten»werthe» Büchlein verlegt. Er heißt „Betty Gleim" (1781 in Bremen geboren) und giebt ein Leben»- und Charakter bild dieser von reinen, gesunden und edeln Ansichten erfüllten Erzieherin, die, eine Verwandte de- Dichter- Gleim, sich in schwer bewegter Zeit dem LiebeSwerk der Jugendbildung widmete. Ihr natürliche- Her-
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