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Dresdner Journal : 02.05.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-05-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188205029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18820502
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18820502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1882
-
Monat
1882-05
- Tag 1882-05-02
-
Monat
1882-05
-
Jahr
1882
- Titel
- Dresdner Journal : 02.05.1882
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abend, dem Abrechnung-- und AuSzahlungStage, nicht zu Ruhestörungen gekommen, wie man befürchtete, und hat die Entsendung ausgiebiger militärischer Streit kräfte nach den bezüglichen Orten heilsamen Einfluß au-geübt; allein die Arbeitseinstellung, welche bereit» einen so großen Umfang genommen, dauert fort, fo daß die hiermit verbundenen Gefahren fortwährend die Gemüther in ängstlicher Spannung erhalten. Der Strike hat sich auf sämmtliche Werke de- Brüx Dux- OberleutenSdorfer, de- Teplitzer und de- südwestlichen TheileS de- Aussig - Karditzer BergrevierS ausgedehnt, und eS beträgt die Zahl der feiernden Arbeiter an 20000. Zweifellos ist, daß die socialistifche Agi tation die Hauptrolle dabei fpielt. Einen unumstöß lichen Beweis hierfür liefert die Auslassung eine- Ar beiter- bei einer am 29. April in Karbitz unter freiem Himmel abgehaltenen zahlreichen Arbeiterverfammlung. Dieser Arbeiter zählte die Forderungen der Arbeiter auf und apostrophirte fchließlich die Versammlung mit folgenden Worten: „Brüder! haltet fest und einig zu- sammen, denn nur durch zähe Ausdauer können wir eine Besserung unserer Verhältnisse erreichen, da 5 bi- 6 Millionen Fabrikarbeiter hinter uns stehen. Wir sind eine Macht, mit der gezählt werden muß. Jedoch, Kameraden, empfehle ich Euch besonders Ruhe und Ordnung, sonst würde man unS Militär ent gegenstellen und uns mit blauen Bohnen füttern; diese Kost wollen wir aber nicht, unser Magen verlangt nach Brod." Der weitaus überwiegende Theil der feiernden Arbeiter steht unter dem Terrorismus der Rädelsführer, und auch dies Mal treiben böse Weiber der Bergleute ihr Unwesen wie während des Nür- schaner Strikes, indem sie Arbeiter, welche die Arbeit wieder aufnehmen wollen, durch Aufhetzung oder ge waltsame Bedrohung zurückhalten. Eine Deputation der Werksbesitzer war in Prag beim Statthalter, um der Regierung über ihre (der Werksbesitzer) Stellung gegenüber dem Strike und ihre dieSsälligen Beschlüsse Mittheilung zu machen. Die Eisenbahnen in Nord westböhmen erleiden selbstverständlich durch die Arbeits einstellung empfindlichen Schaden. Der Ausfall der Betriebseinnahmen wird bei der Dux-Bodenbacher Bahn auf 4000 Fl., bei der Aussig - Teplitzer Bahn auf 6000 Fl., bei der Prag-Duxer und der Pilsen- Priefener Bahn auf je 2000 Fl. täglich geschätzt." Nach einer Mittheilung der in Aussig erscheinenden „ Elbezeitunq " aus Dux vom 29. April wären da selbst 20000 Mark aus dem Auslande angekommen, um die feiernden Arbeiter zu unterstützen. Zweifels ohne handelt es sich um eine, aus localen Mißständen entsprungene, von internationalen socialistischen Ver bänden unterstützte und geschürte Agitation. Die Ver hältnisse der Kohlenarbeiter sind von jeher mißliche gewesen, und eS war ein schwerer Jrrthum, wenn GiSkra einst behauptete, die sociale Frage höre in Bodenbach auf. Zudem aber scheinen die in dem nordböhmi schen Braunkohlenbezirk im Interesse der Arbeiter gegründeten Institutionen ziemlich mangelhafte zu sein. In einer in Dux am 26. April stattgehabten Ver- sammluttg stellten die Arbeiter unter Anderm für die Wiederaufnahme der Arbeit die berechtigte Bedingung einer Reform der KnappschaflSkassen, während unter den anderen Forderungen derselben sich mehrere be finden, welche, wie die Abschaffung der Accordarbeit, aus technischen Gründen kaum möglich, oder, wie die Erhöhung des Schichtlohnes von 1 Fl. 80 Kr. auf 2 Fl., vielleicht in den Kohlenpreijen ein Hinderniß finden. Unzweifelhaft gerecht erscheint jedoch das Ver langen auf Abschaffung der Sonntagsarbeit, fowie des Verbotes der Aufnahme von Arbeitern unter 16 Jahren, desgleichen das Verlangen der Einführung von Berginfpectoren, um die bestehenden Arbeits-, Sicherheit-- und Gesundheitsvorrichtungen zu prüfen. Sehr bedenklich dürften dagegen andere Forderungen sein, nämlich diejenigen, daß kein Arbeiter ohne vor hergegangene gerichtliche Untersuchung und Urtheils- sprechung entlassen wird, sowie diejenige der vollen Entlohnung der sinkenden Arbeiter während der Dauer der Arbeitseinstellung. Man sieht, unter den Forderungen der böhmischen Kohlenarbeiter befindet sich manche- Vernünftige, aber auch manches Uebertriebene. Die Berechtigung einzelner Beschwerden derselben wurde übrigens schon längst an erkannt, und insbesondere hat der Verein für die berg baulichen Jnteresfen im nordwestlichen Böhmen vor Kurzem, auf Aufforderung der Berghauptmannschaft, einen Bericht über die allgemeinen bergbaulichen Ver hältnisse erstattet, in welchem.er namentlich die Reform- bedürftigkeit der bestehenden Bruderlade (Knappschafts kassen) eingehend begründete. Es wurde yervorgehoben, habe mich nicht kindlich und nicht richtig ausgedrückt, wenn ich meines guten Vaters Herz rauh nannte, sein Herz war nicht rauh, aber oft dre Form, in welcher er die Gedanken seines Herzens aussprach, meines Vater- Herz war trefflich. Er war fest, wie die Felsen seine- Waldes, wie ich aber schon als Kind einige dieser Felsen mit meinem Hannibal erstieg, so hatte auch die Liebe unserer Mutter und unsere, seiner Kinder, Liebe eme große Gewalt über das feste Baterherz. Ein paar Felsen unsers Walde- blieben jedoch für mich und für Jedermann unersteiglich, und so war auch der Vater bisweilen unbeugsam. Die Jagd war die einzige Freude, die er außer dem Hause suchte. Durchsichtig, wie unser Waldbächlein, war sein ganze- Wesen, sern Reden und sein Thun. Nichts war in ihm versteckt, weder seine Freude, noch sein Zorn. Von seinem Zorn wurde jedes Unrecht ge troffen, und wehe Dem, der sich in seinem Schloß ein Unrecht zu Schulden kommen ließ!" „Wie die Liebe selbst stand die Mutter an der Seite deS Vaters. Durch ihren milden Sinn und ihre freundlichen Worte entkräftete sie fast immer die Gewalt feine- ausbrechenden Zorne- — fast immer, fage ich, denn auch sie wurde bei ihren versöhnlichen Bemühungen zuweilen von seinen harten Worten ge troffen, welche sie still ertrug. Glaubte der Vater nach dem überwundenen Rausch seine- Zorne» Un recht zu haben, so bekannte er es der Mutter, gleich wohl mußte sie wieder eine harte Erwiderung er warten, wenn sie ihm mit einer Bitte der thätigen Liebe ungelegen kam. Der Vater war nicht immer freundlich, die Mutter war eS immer, auch wenn sie tadelte, und nur Ein Mal habe ich von der Mutter wie nothwendig es sei, daß der Staat auf die Verwaltung dieser Bruderladen den weitgehendsten Einfluß nehme. Insbesondere erscheint eS von Wichtigkeit, daß die von den Bruderladen zu leistende Unfallsversicherung bei Massenverunglückungen eine permanente Gefahr für die Solvenz der Bruderladen bildet, „fowie, daß über dies die von denselben gewährte Unfallversicherung eine gänzlich ungenügende ist und die» voraussichtlich auch so lange bleiben wird, al- die Bruderladen nebst der Altersversorgung ihren Mitgliedern auch noch eine Entschädigung bei Verunglückungen zu gewähren haben." Ein Mittel zur Beseitigung diese- UebelstandeS läge nach Ansicht des genannten Verein- in der Bereinigung der Bruderladen eines größern Gebiete- zu einem auf Gegenseitigkeit beruhenden UnfallversicherungSvereine. Durch einen solchen Verein würde die Organisation der Bruderladen nicht im Geringsten alterirt werden. Die einzelnen Bruderladen al- juristische Person wären Mitglieder des Unfallversicherungsverein», dem dann noch die Werksbesitzer als Mitglieder beitreten würden. Die Bruderladen in Gemeinschaft mit den Gruben besitzern versichern dann ihre Arbeiter collectiv für den Fall von beim Bergbau sich ereignenden Unfällen. Man sieht, daß die bestehenden sachlichen Diffe renzen, welche zum Strike Veranlassung gegeben haben, keine solchen sind, welche eine Ausgleichung nicht mög lich erscheinen ließen. Verschlimmert wird die Ange legenheit nur durch die von außen, sowie durch tsche chische Führer geförderte Agitation, welche befürchten läßt, daß die Arbeiter, anstatt sich auf kluges Maß halten zu beschränken, zu thörichten Ausschreitungen sich verleiten lassen. Es bedarf in diesem Falle ge genseitiger Verständigung und eines ruhigen AbwägenS der einzelnen Forderungen. Nicht diesem Zwecke för derlich fcheint uns das Verhalten einzelner Organe der Wiener Presse zu sein, welche aus der Agitation der böhmischen Kohlenarbeiter gegen die Regierung Ca pital schlagen möchten. Nur durch eine streng sach liche Prüfung der Forderungen der Arbeiter, zu welcher der Verein für die bergbaulichen Interessen in seiner am 28. vor. Mts. zu Teplitz stattgehabten Ver sammlung bereits den Anstoß gab, kann der Streit geschlichtet werden. Diese Versammlung konnte jedoch auch constatiren, wie allgemein bemerkt wird, „daß die Mehrzahl der strilenden Arbeiter der Einstellung der Arbeiten nicht zustimme, sondern nur als momentan verführt und von der großen Menge beherrscht werde, so daß der Strike bei Entfaltung von entsprechender Energie seiten der Behörden binnen 8 Tagen beigelegt werden könne." Um diesen von Außen kommenden, von fremden Elementen geschürten Hetzereien vorzubeugen, wurden jedenfalls die neuesten, oben unter den Telegrammen gemeldeten Maßregeln, das Verbot der Volksversamm lung zu Brüx, sowie die Verhaftung von Agitatoren u. f. w., angeordnet. Wünschen wir, daß die Hoffnung auf baldige Beilegung des Strikes sich verwirklicht. Lagesgeschichte. Dresden, 1. Mai Nach einem aus Varese hier eingegangenen Telegramm haben Ihre Majestät die Königin Varse heute verlassen, Sich nach Bellaggio begeben und gedenken am 5. d. Mts. in Venedig ein zutreffen. Dresden, 1. Mai. Vom Reichs-Gesetzblatt ist das 10. Stück vom Jahre 1882 heute hier eingetroffen. Dasselbe enthält lediglich 1468) Verordnung vom 18. April d. I., die Form der Marschrouten für Kriegs verhältnisse betreffend. * Berlin, 29. April. Ihre Majestät die Kai serin ist heute in erwünschtem Wohlsein in Baden- Baden angekommen. — Der russische Botschafter bei der französischen Regierung, Fürst Orlow, hat sich heute Vormittag ^10 Uhr mit dem Conrierzuge von hier nach Friedrichsruhe zum Reichskanzler Fürsten Bismarck begeben. Von Friedrichsruhe gedenkt der Fürst Orlow heute Abend nach Hamburg zu reifen, dort zu übernachten und morgen Nachmittag 4 Uhr von Hamburg nach Berlin zurückzukehren, wo er etwa um >410 Uhr Abends wieder eintreffen wird. Dem Vernehmen der „N. Pr. Ztg." nach wird der Fürst Orlow alSdnnn am Momag Berlin wieder verlassen, um sich aus seinen Posten nach Paris zu begeben. — Der BundeSrath, die vereinigten Ausschüsse des selben für Zoll- und Sieuerwesen und für Handel und Verkehr, sowie der Ausschuß für Zoll- und Steuer wesen hielten heute Sitzungen. — DaS Abgeord netenhaus förderte heute seine Arbeiten ziemlich be- einen milden Vorwurf gegen den Vater gehört, denn sie wußte, daß er bei seinem Gerechtigkeitsgefühl feinen eigenen Vorwürfen nie entging, wenn er ihr Unrecht gethan hatte. Gegen die schlimmen Worte, die der Vater in seinem Zorn auch bisweilen ausstieß, konnte sie während seines Zornes nichts ausrichten, darum schwieg sie, wenn er aber wieder ruhig geworden war, habe ich ein Mal bei zufällig offener Thüre des Nebenzimmers, in welchem ich war, gehört, daß sie ihm freundlich fagte: Lieber KaSpar, der Zorn Hot Dich immer noch in feiner Gewalt und Dir heute wieder schlimme Worte entrissen. In der Bibel steht: Behüte Deine Zunge vor Bösem. Da gab er der Mutter Recht, denn Gottes Wort hielt er hoch; aber Gewohnheit wird leider zur andern Natur." „So weit ich zurückdenken kann, erinnere ich mich, daß die Mutter, in ihren Gesprächen mit mir von den alltäglichsten Gegenständen ausgehend, mich immer aus die Liebe Gotte- führte. DaS erste Schneeglöckchen, das ich ihr jubelnd brachte, und die Eiche, unter die wir un- im Walde setzten, das Marienkäferchen, das ich über mein Händchen laufen ließ, und das Krachen des Donners, von dem unser Schloß erbebte, veran laßte sie, mir zu sagen, wie die Liebe GotteS überall und unter den verschiedensten Gestalten walte. Noch denke ich des Sonntags, an dem die Mutter mich zum ersten Mal mit in die Kirche nahm. Ich stand viel leicht in meinem sechsten Jahre. Es war ein son niger Sommermorgen, und der Eintritt aus dem Hellen, warmen Sonnenschein in unser düstere», kühle» Kirchlein machte schon einen eigenthümlichen, feier lichen Eindruck auf mein kindliche» Herz, welches durch da- Wort der Mutter: Heute will ich Dich mit in die trächtlich. Zunächst wurde die Uebersicht der Einnah men und Ausgaben für 1880/81 erledigt; die Etats- Überschreitungen wurden, dem Anträge der RechnungS- commission gemäß, genehmigt, jedoch nicht, ohne daß zuv^r von seiten de- Fortschritt» und der Secession der Versuch gemacht worden wäre, die für die Mit glieder des VolkSwirthschast»rathS an Diäten und Reisekosten verausgabte Summe von 5537 M. von der nachträglichen Genehmigung auSzuschließen. Abg. Dirichlet war eS, der einen daraus bezüglichen Antrag stellte und denselben damit begründete, datz der BolkS- wirthschastSrath eine überflüssige Institution sei. Unterstaatssecretär im Handelsministerium v. Möller wies dem gegenüber daraus Yin, daß die Institution, durch königliche Verordnung berufen, völlig zu Recht bestehe, und daß bei den Verhandlungen des Hauses über den Voik-wirth- schastSrath gegen die Mittheilung der Regierung, datz die ent stehenden Kosten aus dem Dl-posuion-jonds bestritten werden würden, keine Einwendung erhoben worden sei. Abg. Windthorst wollte dem Hause da« Recht der Ver weigerung der Ausgaben sür den VolkswirthjchastSrath unter allen Umständen gewahrt wissen, bestritt aber nicht, daß die Regierung bova tiriv gehandelt hrbe. Wenn er daher dies Mal, um jetzt einen Streit mtt der Regierung nicht unnöthig zu provociren, gegen den sortschrittlichen Antrag stimme, so sei damit ausgesprochen, daß er in Zukunft ein isleicheS thun werde. Auch er halte die neue Einrichtung des Volkswirth- schaslsraths für eine verfehlte. Für die nachträgliche Bewilligung der Summe und gegen den fortschrittlichen Antrag erklärten sich auch namens der Naiionalliberalen Abg. v. Bennigsen, und namens der Conservatwen Abg. v. Mlnnigerode. Nachdem noch der Secessiomst Abg. Kieschke und das ultsr «8o des Abg. Richter, Abg. Büchtemann, zu Gunsten des fortschrittlichen coup 6s wuiu eingetreten waren, wurde der Antrag gegen die Stimmen der entschiedenen Linken und eines kleinen Theils des Centrums abgelehnt und damit die nachträgliche Ge nehmigung der Etatsüberschreitungen ausgesprochen. Dieser lmprovisirtcn VolkswirthschaftSrathSdebatte ging eine andere vorauf, welche die von der RechnungS- commission vorgeschlagene Resolution betraf, dahin gehend, die Staatsregierung aufzufordern, in der nächsten Session einen Gesetzentwurf, betreffend die Verwaltung der Einnahmen und Ausgaben des Staates auf Grund des Etatsgesetzes dem Landtage zur ver fassungsmäßigen Beschlußfassung vorzulegen. Der Finanzminister Bitter wies auf die Schwierigkeit der Materie und auf die Nothwendigkeit hin, in Ueber- emstimmung mit der Reichsregierung vorzugehen. Auch seiten der Conservatwen wurde gegen eine Vm- culirung der Regierung Protest erhoben; schließlich wurde die Resolution in einer vom Abg. Kieschke be antragten mildern Fassung angenommen. Das Haus fordert danach die Regierung auf, ein Etatsgesetz „baldigst" vorzulegen. Der Gesetzentwurf, betreffend die Eisenbahnräthe wurde alsdann in dritter Lesung unter in» Ganzen unerheblichen Abänderungen ange nommen. Ein Antrag Hammacher, wonach für die Mitglieder der Bezirkseffenbahnräthe auch Stellvertreter zugelassen werden sollen, wurde genehmigt. Bei dem Landeseisenbahnrathe beantragte Abg. Lieber, die Be- theiligung des Landtags wieder zuzulassen. Der An trag wurde abgelehnt. Im Uebrigen wurde das Gesetz nach den Beschlüssen der zweiten Lesung angenommen. In der Gesammtabstimmung stimmten dagegen Fort schrittspartei, Polen und der größte Theil des Centrums. Der Erwerb der anhalter Bahn und der Nachlrags- etat bezüglich der verstaatlichten Bahnen wurden ohne Debatte genehmigt. Ihre Berathung nahm nur wenige Minuten in Anspruch. Als der Präsident nunmehr auch noch in die Berathung des Hundesteuergesetzes eintrat, forderte man auf der Linken Vertagung der Sitzung. Die Rechte aber protestirte hiergegen und der Präsident erklärte, daß ihm ein Antrag auf Ver tagung nicht vorliege. Demgemäß wurde noch, wenn auch nur über deu 8 1, doch damit über die grund legende Bestimmung des Gesetzes entschieden. Die Debatte war in mannichfacher Hinsicht eine interessante. Auch kamen Witz und Humor wieder ein Mal zu ihrem Recht. Als principielle Gegn.r deS Gesetzes, resp. des Cvmmlssionsantrages traten der Fortschritt und der größte Theil des Centrums auf. Von dieser Seite leistete man namentlich Widerstand dagegen, daß die Hundesteuer als obligatorische Steuer eingeführt werde. Von Seiten der Freunde des Gesetzes wurde durchaus nicht verkannt, daß mit dem Gesetz namentlich auf dem Lande Manchem Leid geschähe, doch war man darin einig, daß der jetzigen Hundewirthschaft ein Ende be reitet werden müsse und daß dies durch das Gesetz erreicht werden könne. Als Hauptprotector der Hunde im Reiche, vom Reichshund bis zum kleinsten Spitz, trat Wmdthorst auf; er erklärte, gegen das Gesetz Kirche nehmen! in eine erwartungsvolle Unruhe ver setzt worden war. Von dem Anblick der mir ganz fremden und doch fo ernsten Gegenstände in der Kirche wurde ich so betroffen, daß ich, die im Fragen sonst Unermüdliche, keine Frage an die Mutter wagte, son dern nur umhersah und staunte." „Zu Hause fragte ich sogleich: Wer ist der ernste Mann auf dem Bild in der Kirche, auf dem ein Kelch mit abgebildet ist? — Das ist Christus, belehrte sie mich, der Sohn GotteS, den Gott von seinem Himmel auf die Erde zu den Menschen gesendet hat, damit er ihnen sagen sollte, daß Gott alle Menschen liebe, wie ein Vater seine Kinder. Christus hat auf unserer Erde die Menschen ebenso geliebt, wie Gott sie in seinem Himmel liebt, und hat ihnen nur Gutes gethan. — Ich glaubte das, denn das menschliche und beson ders da- kindliche Herz hat eine Anlage und Neigung zu glauben, wenn es von der Herrlichkeit und Liebe GotteS hört. — Weil aber Gott, fuhr die Mutter fort, die Menschen liebt, wie ein Vater seine Kinder, sollen sie ihn auch liebeu, wie die Kinder ihren Vater, und das sollst auch Du. — Aber wie kann ich Gott lieben, da ich ihn nicht sehe? fragte ich. — Liebe die Men schen, dann liebst Du Gott." „ Nun erzählte sie mir die Geschichte unserS Herrn, die ich schon deshalb für göttliche Wahrheit halte, weil der menschliche Geist vor und nach Christus weder eine erhabnere, noch eine so erhabene Geschichte er funden hat. Er wird auch nie eine so wunderbar schöne Geschichte erfinden, weil der menschliche Geist sie nicht erfinden kann. EL wird auch keine solche Geschichte auf unserer Erde sich wieder zutragen, denn was könnte nach der Erlösung der Menschen von der stimmen zu wollen, und wenn e» noch so sehr ameu- dirt werden sollte. Abg. vr. Windthorst will die BesteuerungSbestimmnngen den einzelnen Gemeinden überlasten, eine ftaai «polizeiliche Maßregel würde keine Ordnung schaffen. Aus dem Lande herrscht eine große Auslegung »der diese Vorlage Der Hund Hai geradezu eine sociale Bedeutung. Ja den Familien der kleinen Leute wird häufig nur mit der größten Anstrengung ein Hund unterhalten. Er ist der Gespiele der Kinder, der Wächter, er ist da« einzige Wesen, über welches der kleine Mann etwa« zu sagen hat. Der Hund ist der Freund der Alleinstehenden. Er ist bei Hoch und Niedrig angesehen, vom kleinen Spitz bis zum großen Reich-Hund. Auch ich habe meinen Jagdhund gehabt, denn ,ch war nn eifriger Jäger, alS ich noch gut sehen konnte. — Es ist bedenklich, in diese» sociale Nest hineinzustechen. Abg. v. Tepper-LaSki: Wer sich um seinen Hund be kümmert, wird auch bv Psennige Steuer dafür bezahlen kön nen. Häufig wird eS vorkommen, daß der Mann, der sich nicht um seinen Hund bekümmert, dem Executor lieber den Hund, al» die Steuer ofseriren wird. Abg. Hansen: Wenn der Abg. Windthorst den Hund für das einzige Object hielte, über welche- der arme Mann etwas zu sagen habe, so sei doch nicht Jeder kinderlos, - über die Kinder habe er doch etwa» zu sagen (Abg Windthorst: Nein, die gehen in die StaatSschulr! Große Heiterkeit) Der 8 1 wird nach dem Commissionsbeschluß an genommen, der Antrag Zelle abgelehnt. Darauf ver tagt sich das Hau- bis Montag 11 Uhr. Schluß A5 Uhr. — Das Reichsgericht hat heute in der Strafsache wider die Kaufleute Rosenstock und Levin zu Berlin, welche vom Landgericht Magdeburg wegen gewerbsmäßigen Glücksspiels verurtheilt waren, die Entscheidung gefällt, daß die bei Pferderennen üblichen Wetten auf Rennpferde und die Buchmacherei als Glücksspiel zu betrachten seien. Straßburg i. E., 29. April. Die bei der Schulreform in Wirksamkeit tretende Medicinalcom- Mtssion besteht, der„Straßb. Post" zufolge, aus dem Ministerialrath Wasserfuhr, dem Director der Innern Klinik, geh. Medicinalrath Kußmaul, dem Profesfor Hoppe Seyler, dem Generalarzt Neubauer, dem Direc tor der Augenheilanstalt, Profesfor Laqueur, und dem Director der psychiatrischen Klinik, Professor Jolly. * München, 29. April. Im Auftrage Sr. Maje stät des Königs vollzog heute Nachmittag 1 Uhr Se. königl. Hoheit Prinz Luitpold die Schließung deS Landtags. Der feierliche Act vollzog sich unter dem herkömmlichen Ceremoniel. In dem vom Regierungs- rath Vr. Müller verlesenen Landtagsabschiede wird im Interesse deS Landes und der Fürsorge für die Ange hörigen deS Heere- das lebhafte Bedauern ausge- fprochen, daß dem Gesetzentwurf, betreffend den Credit für Casernenbauten, im Wesentlichen feines Inhalts die Zustimmung nicht ertheilt wurde. Der Abschied schliesst mit den Worten: „Indem Wir diesen Abschied eriheilen, schließen Wir die gegenwärtige Versammlung und bleiben Unseren Lieben und Getreuen in könig licher Huld und Gnade gewogen." — Der Kronoberst hofmeister Fürst Otto v. Oettingen-Spielberg, erblicher Reichsrath des Königreichs Bayern, ist heute Nachmittag im 68. Lebensjahre infolge eines Schlag anfalls gestorben. * Stuttgart, 30. April. Ihre königl. Hoheit die Prinzessin Wilhelm von Württemberg, geb. Prin zessin von Waldeck, welche am 27. d. auf ihrer Villa Marienwahl bei Ludwigsburg von einer tobten Prin zessin entbunden worden war, ist heute früh H7 Uhr gestorben. Wie aus Rom gemeldet wird, kehrt Se. Majestät der König unter Aufgabe weiterer Reise- prvjecte direct nach Stuttgart zurück. — Das Gou vernement der Bundesfestung Ulm ist diefer Tage aus den Händen des in den Ruhestand getretenen königl. preußischen Generals v. Gneisenau in die des königl. preußischen Generals v. Massow übergegangen. General v. Gneisenau hat nach einem überaus herz lichen Abschied von der Bürgerschaft Ulms diese Stadt bereits verlassen, und Herr v. Massow hat das Gou vernement sofort übernommen. * Karlsruhe, 29. April. In der heutigen Sitz ung der Ersten Kammer stand auf der Tagesord nung die Berathung des Gesetzentwurfs, die theilweise Abänderung des Gesetzes vom 24. Juni 1874, be sondere Bestimmungen über die Verfassung und Ver waltung der Stadtgemeinden betreffend. Der Bericht erstatter Landescommlssar und Ministerialrath Haas ergänzte den gedruckten Bericht durch eine eingehende Darlegung der geschichtlichen Entwickelung deS ein schlägigen Theils der badischen Gemeindegesetzbung, worauf Staatsminister Turban das Wort ergreift, um kurz zu erläutern, warum die großherzogl. Regierung bei ihrem gegenwärtigen Vorschläge zur Aenderung der Städteordnung sich auf den dringlichsten Punkt be schränken zu müssen glaubte, und die schon im andern Sünde noch weiter für das Reich GotteS auf Erden geschehen? Die Geschichte von Christus ist die deut lichste Offenbarung der Liebe Gottes für uns Men schen, durch sie weht der Hauch des göttlichen Geiste-, der der Geist der Wahrheit ist. Wie rin frischer Morgenhauch ging er schon über wem sechsjährige» Herz, als mir die Mutter diese Geschichte zum ersten Mal erzählte. Mein ganze- Herz hing an ihrem Munde, als ich das Gleichniß vom verlornen Sohn, als ich die Erzählung vom Tod de- Herrn am Kreuz von ihr hörte." (Fortsetzung folgt.) Medici«. Auf dem medicinischen Congreß zu Wiesbaden hat vr. Koch über feine epochemachende Entdeckung der LungenschwindsuchtSbacillen — über die wir schon berichteten — abermals einen wissen schaftlichen Vortrag gehalten, an den sich eine Debatte knüpfte. Koch sieht eS für erwiesen an, daß bei jedem Fall von Tuberkulose der betreffende besondere Parasit vorhanden war. Nun galt eS aber zweiten», nach den wirklichen Leben»- erscheinungen dieser Gebilde zu suchen. Zur Cultur von Tuberkelbacillen benutzte Redner einen festen Nährboden von geronnenem Blut, da- auf 65 Grad erhitzt, eine feste, aber durchsichtig bleibende Masse bildet. Auf diese bringt man nun mit aller Vorsicht die Keime von JnfectionSorgani»men, die darauf wach- fen und zur weitern Umzüchtung für Reincultur sich gut eignen Hat man erst folche Anfänge von Tu- derkelbacillculturen, dann ist e» fehr leicht, diefe Lul- turen zu vermehren und so die abgezweigten reinen
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