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Dresdner Journal : 15.04.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-04-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188204156
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18820415
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18820415
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1882
-
Monat
1882-04
- Tag 1882-04-15
-
Monat
1882-04
-
Jahr
1882
- Titel
- Dresdner Journal : 15.04.1882
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502 der Verschwörung laufe darauf hinaus, einen Streit zwischen den beiden Nationen hervorzurufen, und daß in Washington fo gut wie in London jede Anstrengung gemacht werden wird, um eine derartige Lalamität zu vermeiden. Eg steht indessen zu befürchten, daßMr. Glad stone'S Politik allgemeinen NachgrbenS ihn davon ad- schrecken wird, den von der Gelegenheit geforderten hohen und kräftigen Ton anzuschlagen. Die Amerikaner erinnern sich, daß, wenn sie laut genug sprechen, Mr. Gladstone nicht der Mann ist, ihren Ansprüchen Widerstand zu leisten. Er ist anmaßend gegen seine Anhänger und unter würfig gegen serne Widersacher, besonder- denen im Autlande gegenüber. Ich denke noch, daß die Dinge sich bessern werden, wenn da- Parlament am 17. d. M. wieder zusammentritt. Hätte die torylstische Oppo sition nur einen einzigen Staatsmann von machtvoller Beredtsamkeit, so würde ein niederschmetternder Angriff aus da- Ministerium gemacht werden. Es würde gar nicht wagen, bei seiner Politik der Schwäche und Thatlofig- keit »u beharren. Wäre Indien im Jahre 1857 auf solche Weise behandelt worden, wie jetzt Irland, so würde eS verloren gegangen sein, und es wäre doch befremdlich, wenn dieselbe Nation, die vor 2b Jahren im Stande war, die große Sepoyinsurrection ntederzuwerfen, jetzt macht los sem sollte der socialen Revolution jenseit de- St. Georg-canals gegenüber." Die Parteinahme der Amerikaner für die irischen Revolutionäre ist vorläufig allerdings nur eine unter geordnete Frage rm Vergleiche zu den zahlreichen an deren Verlegenheiten, zu welchen Irland gegenwärtig den Anstoß giebt. Lagesgeschichte. * Berlin, 13. April. Wie der „Post" mitgetheilt wird, sind über die Abreise des Kaiser- noch keine festen Bestimmungen getroffen worden. Die früheren Bestimmungen waren nur provisorisch und vor dem letzten Unwohlsein getroffen. — In der gestern unter dem Vorsitze de- StaatSminister» v. Bötticher abgehaltenen Plenarsitzung de- BundeSrathS nahm die Versamm lung runächst Krnntniß von der Vorlage, betreffend die geschäftliche Behandlung der dem BundeSrath vorlie- gensen, wichtigeren BerathungSgegenstänke. Die Gesetz entwürfe über die Krankenversicherung der Arbeiter, über die Unfallversicherung der Arbeiter, über Abän- derung der Gewerbeordnung, über das ReichStabakS- Monopol und über Abänderung des ZolltarifgesetzeS vom 15. Juli 1879, sowie der am 10 Januar d. I. unterzeichnete Eonsularvertrag mit Brasilien wurden, soweit dieselben bereit- vorliegen, den zuständigen Aus schüssen zur Vorberathung überwiesen; soweit die Ent- würfe noch nicht an den BundeSrath gelangt sind, wurde beschlossen, dieselben nach dem Eingang an die An-schüffe zu überweisen. Mit den AuSschußanträgen in Betreff der Vorschläge wegen Besetzung dreier RathSstellen bei den» Reichsgericht war die Versamm lung einverstanden. Schließlich wurden ein Antrag wegen Zulassung eines Steuermanns zur Schiffer prüfung und eine Eingabe, betreffend die Aufhebung de» Zolles für eingedickte Milch, den zuständigen Aus schüssen überwiesen. — In einem Strafverfahren wegen Wuchers können zur Begründung der eine härtere Strafe bedingenden Gewerbsmäßigkeit des Wuchers nach einem Ürtheil des Reichsgerichts, II. Straf senat-, vom 24. Januar d. I., die vor dem Inkraft treten bei WuchergesebeS von dem Angeschuloigten ge machten Wuchergeschäfte in Betracht gezogen werden; dagegen können diese früheren, straflos gewesenen Ge schäfte nicht zur Begründung de- gewohnheitsmäßigen Wuchers seilen des Angeschuldigten herangezogen werden. * München, 13. April. Der ReichSrath Frhr. v. Echrenckh beantragt in seinem Referate, die Kammer der ReichSräthe wolle dem Beschluß der Abgeord netenkammer betreffs der Tegernseer Erklärung bei- treten. — Die Kammer der Abgeordneten nahm heute bei Berathung deS Justizetats, trotz des lebhaften Widerspruchs de» Justizmtnister», mit 75 gegen 68 Stimmen den Antrag auf Verminderung der Land gerichte und der Oberlandesgerichte an. Der Justizminister vr. v. Füustle trat dem Vorwürfe entgegen, al» stehe die baqeriche GerichtSorganifation mit dem Berste der Reich-juftizgeirhgebung im Widerspruch, und als stehe Bayern mit seiner Organisation in Deutschland vereinzelt da Auch im übrigen Deutschland gebe es zahlreiche Landge richte, welche die Seelenzahl von 200 000 nicht erreichen. Lr wolle nicht behaupten, daß die bayersche Organisation niemals reformbedürftig sei; allein er glaube, daß die gegenwärtigen Verhältnisse nicht dazu augetban seien, um sosort wieder eine Organisation radikal zu zerstören, welche nicht blos von der Regierung angebahnt, sondern von den Kammern im Jahre »87» ausdrücklich gut geheißen worden sei In Bayern müsse mau entweder 1» oder »8 Landgerichte haben, ent weder » oder ü OberlaudeSgerichte Bin» solche Herabminde rung aus >9 bez. » würde im Interesse vieler Orte schwer schädigen und große Uuzusriedenheit im Lande erregen; dazu komme noch, daß im Falle eiuer solchen Lbminde- rung ein Postulat von mehreren Millionen zu Bauzwecken ria- gebracht werden müßte. Lr bezweisle, ob er sür ein solche» Postulat die Zustimmung der Kammer erhielte. Redner legt di» Kxistenzdeiechngung verschiedener Landgerichte bar und spricht sich »asdtsoudrre gegen ein» A»nderuag der Organisa tion tn der Psalz au» Die Aushebung vom 9. Landgerichte wrrde eine unabsehbare Verwirrung in eine einmal sestge- schlossene Ordnung bringen. Di» Si Garungen am Personal werden nicht einmal die Baukosten decken. Man spreche immer so, al- ob die bayersche Regierung gar nicht» tyu», um Er sparungen zu erzielen In dieser Beziehung mache er daraus ausmerkjam, daß die Justizverwaltung seit dem l. Oktober l«7» deu Betrag von S82 00V M am Personal eingesparl habe. Die preußische Justizverwaltung, aus die seilen der Kammer immer verwiesen wurde, ersorderte im Berhäliniß zu Bayern einen Mehrauswand von 17 808 437 M Der Minister schloß seine einstündige Rede ont dem Wunsche, diesen weitaus ver frühten Antrag aus Abminderung der Landgerichte und Ober- landeSgerichtr abzulehnen, um da» Land nicht aus- Neue zu beunruhigen. Darmstadt, 13. April, (tt. Ztg.) Die Erste Kammer bewilligte heute den von der Zweiten Kammer abgelehnten Gymnasialneubau in Darmstadt, genehmigle den von der Zweiten Kammer beschlossenen Wegfall der besondern Besteuerung deS WeinhandelS und ver tagte sich noch Erledigung deS Budget-, " Detmold, 12. April. Wie man der „Köln. Ztg." berichtet, hat sich der Landtag des Fürstenthums Lippe mit bedeutender Mehrheit, nämlich mit 16 gegen 5 Stimmen gegen das Tabaksmonopol au», gesprochen. —7. Wien, 13. April. Im auswärtigen Amte haben gestern Nachmittag unter dem Vorsitze des Grafen Kalnoky die gemeinsamen Ministerconfe- renzen über die den Delegationen zu unterbreitenden Vorlagen begonnen. Dieselben werden heute unter dem Vorsitze deS Kaisers zum Abschlusse gebracht wer den. Prmcipielle Differenzen traten bisher nicht zu Tage. Der Zusammentritt der Delegationen erfolgt übermorgen, und zwar wird Mittags die österreichische und um 5 Uhr Nachmittags die ungarische Delegation zur ersten Sitzung zufammentreten, m welcher die ge meinsame Regierung ihre Vorlagen übtrr«chen wird. Eine Eonstituirung der Ausschüsse findet dies Mal nicht Statt, da die Session nur als Fortsetzung des letzten SessionSabschniiteS betrachtet wird. — In An gelegenheit der Donaufrage wird nunmehr auch von französischen Blättern bestätigt, daß zwischen der Mehr zahl der Großmächte eine Verständigung erzielt se». E^ ist dem Grafen Wolkenstein gelungen, die fran zösische Regierung zu einer solchen Modifikation deS bekannten Barräre'jchen Vorschlages zu be stimmen, welche allen an der Donaufrage direct betheiligten Mächten die Annahme diefeS Vor schlages ohne PreiSgebung ihres principiellen Stand punktes ermöglicht. Dieselbe bezieht sich sowohl auf die Zusammensetzung als auf die Function-dauer der 6omwi»»ion mixte, ferner auf die Mandats dauer der Delegirten der großen Donaucommission.— Eine heute amtlich publicirte Personalnachricht dürfte nicht verfehlen, einiges Aussehen zu machen; es ist dies die Ernennung des Führers der klerikalen Partei im Abgeordnetenhause, des HofratHS Lienbacher, zum ständigen Mitglied« des Reichsgerichts, dessen Präsi dent der gewesene Minister l)r. Unger ist. Hofrath Lienbacher ist zwar ein gewiegter Jurist und tüchtiger Redner; seine prononcirte Partelstellung bringt es aber mit sich, daß die Berufung desselben in das Reichs gericht in vielen Kreisen, und zwar nicht nur bei der Verfasfungspartei, keinen günstigen Eindruck machen wird. — Die Eintheilung des Proceßmaterials für die am 24. d. M. beginnende Verhandlung in Ange legenheit deS Ringtheaterbrandes ist bereits er folgt. Die Verhandlung wird die Zeit bis zum 14. Mai in Anspruch zu nehmen. Vorgeladen sind außer den 8 unmittelbar Beschuldigten, darunter der ehe malige Bürgermeister von Wien, vr. v. Newald, 222 Zeugen, 17 Privatbetheiligie und 9 Sachverständige, im Ganzen 256 Personen, darunter die bei der Be handlung der Verwundeten und bei Obducirung der Leichen aus der Ringtheaierkatastrophe beschäftigt ge- wefenen Aerzte und GerichtSchemiker. Lemberg, 13. Apnl. (Tel.) Der ruthenifche Metropolit Sembraiowicz erließ eine Eurrende an die Dekanate, in welcher denselben strenge ausgetragen wird, allen mit den kirchlichen Vorschriften und Tra ditionen der griechisch - katholifchen Kirche unverträg lichen Neuerungen, sowohl im äußern Auftreten der Geistlichkeit, als im kirchlichen Eeremoniale, mit aller Entschiedenheit entgegenzutreten. — Der „N. fr. Pr?* telegraphirt man au- Lem berg: Der von der RathSkammer de» Strafgericht» gefaßte Beschluß, demzufolge die de» Hochverrath» an geschuldigten Ruthenen partienweise au» der Haft entlasten werden, erregt in polnischen Kreisen außer ordentliche- Aufsehen. Ein polnische» Blatt dringt heute sogar die Mittheilung, der Untersuchungsrichter Samolewicz habe bereit- vor einigen Wochen auf Ein stellung der Untersuchung gegen die verhafteten Ruthe nen gedrungen, wogegen jedoch die Staatsanwaltschaft Einsprache erhoben Haden soll. Pari», 13. April. Das „Journal des De- bat-" weist den angesichts der wiederholten Wirren in Aegypten von den „Time-" erneuerten Vorschlag einer Besetzung de- Nilthale» durch die Pforte mit Entschiedenheit zurück. Das officlöfe Blatt meint, damit wären die Erpressungen des Khedive nur durch solche der Scheik»' ersetzt, und erinnert daran, daß da« Cityorgan vor 2 Monaten eine Armee Spanien« be auftragen wollte, die ägyptifchen PronunciamentoS zu verhindern. Letztere Lösung fei unbedenklich, weil un möglich, hingegen eine türkische Besetzung sei ausführ bar, und da frage eS sich, ob die Pforte, wenn sie einmal Aegypten besetzt habe, sich so leicht von Europa wieder bewegen ließe, die Eroberung aufzugeben. Man weiß, welche große Mühe die Großmächte hatten, die Zähigkeit der ottomomschen Diplomatie in der Affaire von Dulcigno und der griechischen Grenzfrage zu über winden. Und dabei muß man noch den Umstand be rücksichtigen, daß diese beiden Fragen keine Uneinigkeit unter den europäischen Cabineten hervorriefen. E« wäre nun zu fürchten, daß dieselbe Einheit der An sichten bezüglich Aegypten« nicht existirt, und die Pforte wäre nur zu geneigt, von der Zwietracht, die unter den Großmächten entstehen könnte, Vortheil zu ziehen. Zum Ueberfluß würde ein noch so kurzer Aufenthalt der Türken im Nilthale schon hinreichen, dar Land ganz zu Grunde zu richten. So die „De büts." Man begreift die Sprache dieses Blatte«, wenn man erwägt, welche Wirkung irgend eine Einmischung der Pforte m die afrikanischen Angelegenheiten auf die Gemürher der Muselmänner m denjenigen Theilen NordasrikaS, und namentlich in Tunis und Algier, hervorbringen könnte, wo man bisher, wiewohl ohne Hoffnung, auf den materiellen Beistand der Pforte im Kampfe gegen die französische Macht oder den Einfluß Frankreichs, fast mit Ueberzeugung zählte. — Es ist wahrscheinlich, daß d.e Eröffnung der G«neral- rathSfefsion keine besonder- wichtige politische Rede bringen wird, wenn es wahr ist, daß die Freunde Gambetta's, die diesen Departementsversammlungen angehören, auf ihrer Absicht beharren, sich in den Grenzen der klügsten Zurückhaltung zu bewegen und über die parlamentarischen Ereignisse der letzten Mo nate Siillschweigen zu beobachten. Ja die opportu nistischen Generalräthe sollen sogar die Absicht Haden, sich nicht einmal in die friedlichen Erörterungen über die kommunalen Fragen zu mischen; sie würden nur in die Debatte einzugreiftn sich bemüssigt erachten, wenn das frühere Eabmet direct oder indirekt ange griffen würde. Andererseits versichert man, daß auch die RegierungSmltglieder, die Mitglieder der General- rath-oersammlungen sind, sich enthalten wollen, allge meine politische oder parlamentarische Fragen anzu regen. — Der bekannte ehemalige Communard Trinquet ist gestern früh gestorben. Bern, 13. April. Ein Telegramm der „Köln. Ztg." meldet: Demnächst wird hier eine Eonferenz von Vertretern Japans und der europäischen Mächte zufammentreten, in welcher über eme gemeinsame Grundlage für die Revision der Handelsverträge mit Japan berathen werden soll. Rom, 13. April. (Tel.) Der König von Württemberg wurde heute vom Papst feierlich empfangen. Der König, welcher von dem preußischen Gesandten v. Schlözer begleitet war, stattete nach dem Empfang beim Papste Nachmittags auch dem Eardinal- staatssecretär Jacobini einen Besuch ab. St. Petersburg, 9. April. Der hiesige Eorre- ipondent der „Schief Ztg." schreibt: Die Ernennung deS Staatssekretärs v. GierS zum Minister der aus wärtigen Angelegenheiten ist gerade unter den jetzigen Umständen eine Maßregel von höchster Bedeutung. Sie beweist, daß Kaiser Alexander, obgleich er nur durch eine sehr geringe Minderheit seiner Umgebung unterstützt wird, festen Anschluß an Deutschland sucht, entgegen dem Willen der sich bereits allmächtig dün- kenden panslawistischen Partei. Hr. v. Gier- ist als der entschiedenste Vertreter der deutschen Richtung den Panslawisten ein Dorn im Auge, und die Blätter dcr letzteren haben niemals verfehlt, ihn, wo sie e» nur irgend konnten, mit Schmutz zu bewerfen und zu ver- dächtigen. Em härterer Schlag, al» durch diese Er nennung konnte jenen Herren, welche sich „die wahren Russen" nennen, nicht zugefügt werden, und wenn die morgen zu erwartenden Autlassungen der „Rowoje Wremja", der „MoSkowStija Wjedomosti", der „Rusij" u. f. w nur annähernd den mündlichen Herzen»ergie- Hungen einzelner, der Richtung diefer Blätter hul digenden, in hohen Stellungen befindlichen Herren entsprechen, so kann man sich auf eine hübsche Blüthen- lese journalistischer Entrüstung gefaßt machen. Hr. v Gier» verwaltete ja schon längst die Stellung, die er heute endgiltig einnimmt; aber immerhin trösteten sich seine Gegner damit, daß ja der eigentliche In haber derselben, der greise Fürst Gortschakow, einer der ihren sei; an die Möglichkeit, daß der Fürst defi- nitiv durch seinen so entgegengesetzt gißnuten Gehilfen ersetzt werden könnte, hatte man in dem dortigen Lager niemals geglaubt. Jene Ernennung dürfte voraussichtlich noch andere Veränderungen im Gesammt- ministerium zur Folge haben; denn wenn diefe« auch kein homogene» zu sein braucht, wie in den westlichen Staaten, so ist e» doch kaum denkbar, daß Hr. v. Gier» und Gras Jgnatiew lange an einem und dem selben Tische arbeiten sollten, ohne daß da» Tischtuch zwischen ihnen durchschnitten würde. — Eine der „Polit. Torr." aus St. Petersburg zugehende Mttthrilung „coustatirt den trefflichen Ein druck, welchen die Ernennung deS Hrn. v. Gier» zum Minister de» Arußern sowohl bei den sremden Ver tretungen in der russischen Hauptstadt, al« auch in der russischen Diplomatie fast auSnahmloS hervorgeruseu hat. Eine in diplomatischen St. Petersburger Kreisen stark verbreitete Annahme führe den Impuls zu der Entschließung des zur Zeit noch in Garschina weilenden Botschafters in Paris, Fürsten Orlow, zurück, welcher eine Accentuirung der Stellung deS Hrn. v. GierS und der durch denselben bisher nach außen befolgten Politik als wünschenSwerth empfohlen haben soll. Sicher sei, daß die Ernennung deS Hrn. v. Gier- unmittelbar au- der Initiative deS Kaiser- erfolgte und daß dieselbe, obwohl sie stet- für eine ziemlich wahrscheinliche Eventualität gegolten hatte, dennoch selbst für die intimsten Kreise eine Ueberrafchung bil dete." Die vollständig russtficirte Familie de- Hrn. v. Gier-, von dem auch zwei Brüder m zwei russischen Ministerien eine verdienstvolle Thättgkett in hohen Stellungen entfalten, ist schwedischer Herkunft und stammt au- Finnland. Vermählt ist Hr. v. GierS mit einer Fürstin Kantakuzene. — In Rußland ist, wie die „Allg. evangel.- luther. Kirchenzeitung" auS zuverlässigen Privatquellen erfährt, die Beruhigung der Gemüther viel weiter vorgeschritten, als eS selbst au» der vergleichsweise ruhigen und maßvollen Sprache der Presse geschloffen werden könnte. Sogar in Moskau spielt die „Episode Skobelew" keine Rolle mehr. Die schlechte Valuta, welche durch diese Episode noch schlechter geworden ist, hat ihr längst den Rang abgelaufeu, und die Ver wünschungen deS darunter leitenden Publicum- richten sich weit mehr gegen die Chauvinisten, al« gegen die Oesterreicher oder Deutschen. Belgrad, 13. April. Wie man der „Polit Eorr " telegraphirt, hat da- St. Petersburger Eabmet eine vertrauliche Anfrage nach Belgrad gerichtet wegen deS Fernbleiben- der königl. Familie und der Minister von der zur Erinnerung an den Kaiser Alexander II. abgehaltenen Todtenseier. Ter russische Minister- resident v. Persiani begebe sich nach St Petersburg, um die Angelegenheit aufzuklären und sein Verhalten dabei zu rechtfertigen. Konstantinopel, 7. April. Einer Eorrespondenz der „Köln. Ztg." entnehmen wir, daß an Aleko Pascha die Pforte folgende Anweisung erlaßen hat, weiche ihre Beziehungen zu Bosnien mittelbar berührt: Er solle die in Ostrumelien wohnenden BoSniaken und Herzegowiner einfach als türkische Unterthanrn be-, handeln: „denn Bosnien »nd di: Herzegowina obgleich vorläufig von der österreichischen Regierung verwaltet, sind immer noch Theile deS osmanischen Reiches, und ihre Bewohner sind dementsprechend os manische Unterthanen geblieben." Dresdner Nachrichten vom 14. April. AuS dem Polizeiberichte. Bor einigen Tagen wurden von einer Frau auf dem Altmarkte 6 Stück Dividendenscheine einer Effenbohngesellschaft aufge funden. — Durch dcn Pfiff einer Lokomotive erschreckt, nicht bereits Alles, was in seinem Garten quakt und hüpft, hat aufgreifen und versetzen lassen, damit ein Wildstand bei ihm gar nicht mehr gefunden werde!" Auguste war in guter Laune und wußte durch ihren Jagdplan besonders den Oberförster zu belustigen. Al» diefer in Gefchästen abgerufen wurde, gab die Mutter auch Konradinen einen Wink, da- Zimmer zu ver lassen. „So ist's recht! Zu Ihnen komme ich", be gann die Gräfin, als die Frauen mit einander allein waren. „ Und nun unter vier Augen gleich zur Haupt- iache! Papa hat ein paar erwachsene junge Leute bei Ihnen untergebracht. Wenn Papa sür sie als seine Pflegebefohlenen zu sorgen beliebt, so wird er ja wohl eine Pflicht haben, und eS ist nicht schwer zu errathen, in welcher Beziehung er zu den Kindern steht!" Auguste lächelte, und der höhnische Zug um ihren Mund vertiefte sich bi- zum Ausdruck de- Ver achtenden. „Nicht der Freiherr hat uns die jungen Leute zu- gewiesen", entgegnete die Hausfrau. „Wer fagt Ihnen, Frau Gräfin, daß er e» gewefen?" „Wer mir gerade da» gesagt hat? — Beste Frau, da» weiß ich nicht mehr! Mttgetheilt hat mir Paul Schellborn zuerst, daß ein junge» Paar sich bei Ihnen aufhalte, welchem wir bereit- m Em« begegnet waren und dem wir damal» bei der Unkenntniß seine» Ver- hältniffe» zu einander, und dazu falsch berichtet, Un recht gethau haben. Wohl denn, e» thut mir leid, um so mehr, da e» jetzt, oder doch da» Mädchen noch, in Ihre« Hause ist. Nun aber — l Bald nach der Ankunft der Kinder trifft auch Popa in Ihrem Hause -ein! Ein merkwürdiger Fall! Wie kommt er darauf, chen Kindern gerade bei Ihnen Wohnung zu machen? Wie kommt gerade Ihr HauS zu diefer immerhin fon- derbaren Ehre? Machen Sie mir daS deutlich! Ich habe Gründe, darüber aufgeklärt sein zu wollen. Ich gehöre doch auch — so zu sagen — zu Papas Familie!" Auguste warf die letzten Worte mit nicht schönem Lachen hin. Frau Volkmar sühlte sich peinlich berührt. In rascher Ueberlegung kam sie zu der Ansicht, daß eS der Gräfin nichts ickaden könne, wenn sie m da- Ge- heimniß eingeweiht würde, und so zögerte sie nicht, ihr die ganze Wahrheit zu sagen: von der Herkunft der Kinder; von der zweiten Heirath der ehemaligen Baronin v. Troll; von ihrem Leben und Tode; von dem Briefe, welchen dieselbe an ihre alte Freundin, die Oberförsterin, geschrieben, und wie sie ihr darin Rolf und Inga empfohlen habe. Auguste hörte mit wachfendem Erstaunen zu, ja sie fühlte sich durch diese Thatsachen, in so schlichter Darstellung vorgetragen, geradezu erschüttert. So waren diese Kinder wirklich ihre Geschwister, und zwar in rechtlichem Sinne, da die zweite Ehe der Mutter gesetzliche Giltigkeit hatte. Aber wenn sie die vermeintliche Beziehung derselben zu dem Freihrrrn v. Troll al» Weltkind ziemlich leicht sinnig genommen, so erschien ihr da» Berhältniß, welche- sie und die jungen Leute an die gleiche Mutter knüpfte, p'ötzlich erschreckend. «Fortsetzung solgt.) Literatur. „ Vierteljahresberichte über die gejamm ten Wissenschaften und Künste, über Handel, Land- wirthschaft, Industrie und Erfindungen." HerauSge- geben von Richard Fleischer, Berlin, Hempel'S V-rlag. (Schluß.) Im Gebiete der angewandten Physik ist die Wage von Jolly in München zu Versuchen über die Schwer - krast verwend« worden. In einem Thurme, an dessen Umfassungswänden ein« Wendeltr«ppe in die Höhe führt, so daß in der Mitte ein freier Raum von an derthalb Meter Durchmesser und 25 Meter Höhe übrig bleibt, ist oben eine feine Wage erfchütterungSfrei auf gestellt. Ihre Ausfchläge werden v«mittelst eine» Spiegels beobachtet, der am Wagebalken befestigt, mit diesem sich dreht und das Bild ein« Millimetrrscala in rin Fernrohr wirst. Von jeder Schale geht ein Draht, geschützt durch eine Rühre von Metallblech, durch da- StiegenhauS hinab und trägt unten eine weitere Schale. Hat man oben auf die zwei Schalen zw« Gewichte gelegt und die Lage de- WagebalkenS bestimmt, so erhält man eine andere Lage, wenn dar eine oder andere Gewicht auf die entsprechende untere Schale gebracht wird, wtil e« dann dem Erdmittel punkt näher ist und daher stärker angezogen wird. ES läßt sich somit die Aenderunq der Schwerkraft mit der Erhebung über die Erdoberfläche auf diese Weise be stimmen; wenn man aber unter einer Wagschale einen fchweren Körper, z. B. eine große Bleikugel anbringt, fo läßt sich auch die Grüße der Anziehung dieser aus da» in der Wagschale liegende Gewicht bestimmen und durch Vergleichung dieser Anziehung mit der der Erde die Masse dieser im Berhältniß zur Bleikugel finden. Jolly findet für die Dichte der Erde die Zahl 5,7, wa« dem Mittel anderer Bestimmungen, die zwischen 4 und 7, schwanken, entspricht. Bon befon- derm Interesse ad« ist, daß Teniperatnräaderunzen bis zu 30° von keinem Einfluß auf die Anziehungen waren, so daß hier zum ersten Mal experimentell die Unabhängigkeit der Schwerkraft von der Temperatur nachgewiesen ist. Bessel haf seiner Zeit die Unab hängigkeit derselben von dem Stoff des ungezogenen Körpers am Pendrl durch Versuche nachgewiesen. Sehr interessant ist die Rundschau von H.inrich Brugsch über die ägyptischen Entdeckungen. Er hebt dabei folgendes religiöses Motiv sür die Art d-S WirkenS der alten Aegypter hervor. Nach dem wohlveiftandeuen Inhalte der einge- grabenen Inschriften, welche den riesigen Obelisken einer Königin bedecken, auS den Zeiten de» 17 Jahr hundert» vor Ehr. Geb., wurde ver gewaltige Mono lith an der Südgrenzt Aegypten», in der Nähe der heutigen Stadt Assuan, von dem Granitfelsen losge- drochen und behauen, «ine halbe Wegstunde noch dem Nil tran-portirt, auf Flößen verladen, nach Theben übergeführt, dort polirt, mit reichen Inschriften und Darstellungen versehen und zum guten Schlüsse in dem großen Bmouktempel von Karnak feierlich aufge stellt, und da» Alle» in dem Zeiträume von 7 Mo naten oder 2l0 Tagen. Wo ist der Meister, der sich heut zu Tage ge traute, selbst mit allen Hilfsmitteln unserer modernen Technik autgerüstet, ein gleiches Werk iu derselben Frist zu Stande zu bring«»? Ich zweifle daran, daß n sich jetzt oder in der nächsten Zett «eldrn wird. Und wir schreiben doch 1882, d. h. 35 Jahrhunderte nach der Aufstellung jene» Denkmals, w.tcheü noch heut zu Tage den modernen Neijeuden auf der thebaaifchen Ebene durch feine Gröhe und seine Hch'önhoit m Erstaunen versetzt.
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