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Dresdner Journal : 30.03.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-03-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188203306
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18820330
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18820330
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1882
-
Monat
1882-03
- Tag 1882-03-30
-
Monat
1882-03
-
Jahr
1882
- Titel
- Dresdner Journal : 30.03.1882
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V71 Dmncrstag. drn M MSrz. 1882. ^bovQ»m«a1»prvl,r lw <1«at»vk«o L«i«8« i ILlirlieli! .... 18 IL»rIi. ^^Ltirlick: 4 St»^lc 50 kk. Liarvlo» Kumwsrv: I0?k. Ln»,«rd»Id 6e, äeutscksn tritt?o«t- uvä 8tswp«Iruiet>I»^ l»ir»»u. lavvrLteoprvisv: kür Osn li»um.einer ^eep»It«usv kstitreils 20 ?f. votsr „kui^e»L.n6t" äj« ^eils SO kk. Lei 1»l>sllell- uuä ^ifferusutr 50 1b ^uk,ebl»x. krsedvloen, 1'Ü^Iiei» mit ^mmstlme 6er 8oan- un6 keiertsxa ^deoü» kür 6so koi^soäev In«er»tenLnoLlime »us^Srt«: I.»ix»lb! kV. LranÄÄetter, Oomwi»»iouLr äs» Dresdner 6ourv»I»; 8»mdor^ Lrrliu-V>«2 - l,«tpii^ L»»«1 Lre«1»u ?r»n^surt ». It //aa»en«tein ct kvA/er, N«rlia-Vi«ll Ssmdurz. kr»x - I.«ip»i8 - ^rLuilturt ». N.-Nünrdell: /i«</ L«r!m' /nrai»6e»i6ank, »remen: F Lc/i/uttr, Lr«»1»u: F,. LtariAen'e Lureau <k?,ni/ Labat/^» ^rLoillurt »A: L ^aeAe^seks LuoktrLvüIuo^! 6ürUti: tr. .1/üV/rr- 8»rmov»r: 0. §e?n«»«ier, ?»ri, Bsrliu - VrLllilkvrt » H- 8lutlx»rt: klaubest?«., Sewdor^^ ^6. Lteixer. Verantwortliche Redaction: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. IIvr»n»xedvrr Lülliel- kipeäitiov 6e« vre^üoer louroul», Drseüeo, ^«iu^erstr»8se lio 20. Amtlicher Theil. DreSdm, 27. März. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Localschlachtsteuerein nehmer Johann Gotthelf Stephan in Schönerstädt das Allgemeine Ehrenzeichen zu verleihen. Nichtamtlicher Theil. Urbersicht: Telegraphische Nachrichten. Zeitung-schau. (Allgemeine Zeitung. Presse.) TageSgeschichte. (Dresden. Berlin. München. Karls ruhe. Oldenburg. Wien Prag. Paris. Rom. Palermo. London. Belgrad. Sofia. Äthen. Kairo.) Dresdner Nachrichten. Vermischtes. Statistik und Lolk-wirthschaft. Feuilleton. Inserate. Erste Beilage. Listen der im Ostertermine d. I. anSgeloosten königl. sächsischen StaatSschuldenkaffenscheine. Inserate. Zweite Beilage. Ernennungen, Versetzungen rc. im öffentl. Dienste. Dresdner Rackrichten. Provinzialnachrichtev. Vermischtes. Statistik und BolkSwirthschaft. Telegraphische WitterungSbrrichte. Börsennachrichten. Telegraphische Nachrichten. Buda-Pest, DienStag, 28. März, Nachmit tag. (Lorr.-Bur.) DaS Abgeordnetenhaus be endigte in seiner heutigen Sitzung die Special- dedatte der Wehrgesetznovelle. Zur Vollzugs- clausrl beantragte der Abg. Csanady, daß der PassuS: „im Einvernehmen mit dem gemeinsamen KriegSminister" weggelassen werde. Der Honved- Minister Szende erwiderte, daß bei der Durchfüh rung deS Gesetzes eine Berührung und ein Ein vernehmen mit dem gemeinsamen Krieg-minister unvermeidlich sei. Der Antrag Csanady'S wird darauf abgelehnt uund der Tert der Vollzug-- clausel unverändert angenommen. Hiermit ist die Wehrgesetznovelle erledigt. Der Abg. Ernst Simonyi ist in Kiume ge storben. Buda-Pest, Mittwoch, 29. März. (Tel d. DreSdn. Journ.) Die „Ungarische Post" erfährt von kompetenter Seite, daß der ungarische Finanz- mivister mit einem durch die ungarische Credit- bank vertretenen Consortium ein Uebereinkommen bezüglich der Bedeckung deS DeficitS vom Jahre 1tÄ2 durch Ausgabe Sprocentiger Papierrente ab geschlossen habe. Paris, DienStag, 28. März, AbendS. Der Senat begann in seiner heutigen Sitzung die Be- rathung deS italienisch - französischen Handelsver trags und wird dieselbe am Donnerstag fortsetzen. Die Deputirtenkammer genehmigte den von der Negierung verlangten Credit von 8 Millionen rur Deckung der Kosten der tunesischen Expedition für daS zweite Quartal 1882 mit 376 gegen 71 Stimmen. Der Ministerpräsident de Freycinet erklärte, daß die Zustände in Tunis gegenwärtig so gute seien, als man nach so kurzer Zeit nur habe erwarten kön nen. Der Effectivbestand der Truppen werde dem nächst auf 3000V Mann reducirt werden. Die Lage Feuilleton. Redigirt von Otto Banck. Nefidenztheater. Hr. Felix Schweighofer trat am 28. März in einer zweiten Rolle, Georg WiSthaler, auf, welche die Hauptpartie der Novität „Die Spatzen" bildet. DaS Stück ist von Franz v. Schönthan nach einem Stoffe von Lab iche als ein deutscher Schwank für die Bühne angefertigt. Sind darin auch einige Wendungen in den Charakteren nicht psychologisch motivirt, sondern äußerst willkürlich, so ist doch die gesunde, tüchtige Grundlage in eben dem guten Sinne bearbeitet und macht eine harmlose, sehr angenehme Wirkung. Ja diese entbehrt sogar einer gewissen Ver- tiefung nicht, denn eS erquickt jeden Menschen von idealer, sittlicher Weltauffassung, ein Gemüth vorge führt zu sehen, dessen Humanität und weichherzige Noblesse doch endlich trotz geistiger Unzulänglichkeit den Sieg und die Genugthuung davon trägt, auf dem rechten Wege gewandelt zu sein. Hr. Schweighofer, der bi- jetzt bei einer fast bei spiellosen Strebsamkeit für seinen Fortschritt von Jahr zu Jahr gestiegen ist, hat durch diese Rolle mehr noch alt durch die vorige die Möglichkeit einer auffallenden Erscheinung bewiesen: Al» er da» erste und auch das zweite Mal nach Dresden kam, war er schon damals mit einem eminenten Talent und einer Ungeheuern Technik ausgerüstet. Doch sein Geschmack litt noch wie seine Richtung an Einseitigkeit, ja an der Erst- lingsfreude, die der grelle Effect, der stürmisch« Erfolg dem Producirenden gewährt. Er ließ sich zu Ueber- bessere sich mit jedem Tage und die Schwierigkeiten, welche noch beständen, seien im Abnehmen begriffen. Der Gesetzentwurf, betreffend die Aufhebung deS Verbots der Einfuhr amerikanischen gesalzenen KleischeS, wurde mit einem Amendement angenom men, durch welches der Minister ermächtigt wird, den von ihm alS geeignet erachteten ModuS der Untersuchung deS Fleisches aozuordnea. Nom, DienStag, 28. März, Abend-. (W. T. B.) Im Vatikan fand heute die Ceremonie der Uebrrreichung deS CardiualShuteS an die gegen wärtig in Nom weilenden neu ernannten Cardi- näle Aaostiui, Maccabe, Nicci, Lasagui und Ja cobini Statt. London, DienStag, 28. März, AbendS. (W. T. B.) Ja der heutigen Sitzung deS Unterhauses antwortete der Premier Gladstone auf eine An frage Serton'S, eS sei unmöglich, Parnell, Dillon uvd O'Kelly die Theilnahmr an der Abstimmung über die Reform der Geschäftsordnung zu ge statten. Hieran schloß sich eine lebhafte Debatte, in deren Verlause der Generalsecretär für Irland, Forster, auf das Schärfste die Haltung der Parteigenossen Parnell's tadelte, welche Irland mit Schande bedeckten. Der Redner giebt zu, daß der Erfolg der ZwangS- gesetze nicht den Erwartungen entspreche, und zwar eben infolge der Haltung der Parteigenossen Parnell's. ES seien aber viele Mordthaten und andere Gewalt- thaten durch diese Gesetze verhindert worden, und wenn eS uöthig werde, müßten die Regierung und daS Parlament noch strengere Maßregeln beschließen. (Die Rede Forster'S wurde mit anhaltendem Beifall ausgenommen.) Dublin, DienStag, 28. März, AbendS. (W. T. B.) Infolge der in einem WirthShause erfolg ten Ermordung eine- jungen ManneS fanden hier mehrere Verhaftungen Statt. Der Mord wird einer geheimen politischen Gesellschaft zur Last gelegt. In der Wohnung eines der Verhafteten wurden von der Polizei viele Gewehre, Revolver, Bayonnete und Patronen aufgrfunden. St. Petersburg, Mittwoch, 29. März. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Gegenüber verschiedenen Mel dungen der Blätter ist zu constatireu, daß gar kein Regiment-fest zu Ehren de- General- Skobe- lew stattgefuvdrn hat. Dre-den, 29. März. ES giebt kaum einen Gegenstand, welcher in einer der gesetzgebenden Körperschaften Oesterreich-UngarnS zur Verhandlung gelangt, wobei nicht in peinlicher Weise die Complication der Verhältnisse des Donau- staaieS zu Tage tritt. Ein Beispiel hierfür bietet auch die im ungarischen Abgeordnetenhause gestern beendete Debatte der Wehrgesetznovelle. Bei der Novelle han delt eS sich um einige Modificationen des Wehrgesetzes. In diesen Berathungen zeigte sich auf Seiten der Linken von Neuem daS Bestreben nach Bildung einer unabhängigen Armee, und man nahm Anstoß daran, daß die Armee noch fortdauernd einen deutschen Charakter trägt. Die Klagen, daß man der ungari schen Intelligenz den Zutritt zur gemeinsamen Armee oder das Verbleiben in derselben erschwere, und daß man die Honvedarmee „umbringen" wolle, wie „Pesti Naplo" sich neulich ausdrückte, sind ebenso viele gegen Wien gerichtete Mißtrauensvota, und demselben Miß trauen entspringen die positiven Forderungen, welche Förderung des ungarischen Geistes in der Armee, un parteiische Berücksichtigung der geeigneten ungarischen Elemente bei Heranbildung de- OffizierSnachwuchseS, treibungen Hinreißen und stand bereit», so jung er auch noch war, vorherrschend im Virtuosenthum. Vom Künstler durch Routine und Beifall zum Virtuosen zu werden ist leider der gewöhnliche Verlauf, eS zeigen ihn täglich die SpeculationScarridrender Theatermatadore. Hr.Schweig hofer — und da» ist das merkwürdige, für großen innern Gehalt sprechende Phänomen — hat eS um gekehrt gemacht: Er ist durch Concentrirung, durch löblichen Argwohn gegen das Urtheil der Menge, durch ernstes, bescheidenes Studium vom Virtuosen zum Künstler geworden, und zwar zum echten Künstler im edlern Sinne des Wortes. Während er sonst zu frieden war, nur die Lachlust zu entzünden — ein Zauber, den er nun noch in viel intensiverer Weise zu üben versteht —, kommt eS ihm jetzt darauf an, auch das Herz zu fesseln und ein Seelenbild so in seiner Totalität vorzuführen, wie eS zu den bedeu tungsvollen Aufgaben der heitern wie der ernsten Schauspielkunst gehört. Die Rührung des Künstlers ist so wahr und warm, wie sein Humor und seine Komik ursprünglich, uner schöpflich sind und immer von Neuem das Glück harm loser Fröhlichkeit entzünden. Wenn man sich an die Theaterabende seines Lebens zurückerinnert, man wird — und daS ist viel gesagt — vielleicht nicht einen finden, der eine solche Fülle von Genuß durch eine einzige, da» ganze voll besetzte HauS elrktrisirende Kraft dargeboten hätte. Wa» Hr. Schweighofer in seine Rolle noch ein lebte, wurde so glänzend au»geführt, mit solcher Un mittelbarkeit und staunenerregender Technik in Rede Gesang und Spiel vorgetragen, wie wir e» noch nie von ihm gehört. insbesondere aber sorgfältige Pflege und Entwickelung de» Hoiwedinstitut« verlangen. Die Ungarn finden also da» ungarische Element nicht genügend in der Armee berücksichtigt. Wenn man die Sache jedoch genauer untersucht, wird man finden, daß sich die Ungarn, wenn dieses der Fall sein sollte, die Schuld hieran selbst beizumessen Haden. Eine Eorresponden; der „Allgemeinen Zeitung" legt m dieser Beziehung daS bestehende Berhältniß ziemlich klar. „ Die Entsremdung ", sagt der Buda-Pester Berichterstatter de» Augsburger Blatte», „entspringt dem Umstande, daß in der Armee noch immer verhältnißmäßig wenig ungarisches Element im Offiziercorps enthalten ist, die Armee, wie die Linken sagen, ganz deutsch sei, dann daß vielleicht infolge dessen und weil speciell in den höheren Chargen fast gar keine Ungarn dienen, daS Princip des Dualismus am wenigsten in die Armee gedrungen sei. Man muß aber eher bemüht sein, die Kluft zu überbrücken, als sie zu erweitern. Die Söhne der ungarischen Gentry mögen in der Armee dienen, statt sich in die Staatsämter zu drängen, dann wird auch die Armee aufhören, einen ausschließlich deutschen Charakter zu haben. Einige Beschwerden mögen be gründet sein, daß beispielsweise in Ungarn zu wenig Militärbildungsinstitute errichtet sind, die Militäraka demien sich sämmtlich jenseits befinden, daß bei den Freiwilligen zu wenig Rücksicht auf die geringe Kennt- niß der deutschen Sprache genommen wird, dieselben ihren deutschen Kameraden gegenüber daher stets zu rückgesetzt erscheinen und dergleichen mehr. Der Minister für LandeSvertheldigunz, Szende, läugnete auch nicht, daß manche dieser Klagen einige Begründung haben, ver sicherte aber, daß er mit allen Kräften bemüht sei, die Sach lage zu bessern, und daß auch da- KriegSministerium in Wien den besten Willen zeige. Im Allgemeinen kann man sagen, daß jene Forderung eines nationalen Heeres nicht nur eine Utopie ist, sondern unter Um ständen sogar gefährlich werden könnte. Schon bei der Honvedarmee mußten Concessionen an die Kroaten ge macht werden, deren Brigaden anders uniformirt sind und kroatisches Commando haben. Wie erst, wenn da- ganze Wehrsystem auf da- Princip der Nationa lität basirt würde? Dann würde die jenseitige Armee auch aufhören, deutjch zu sein, und Oesterreich-Ungarn besäße eine Sammlung von nationalen Armeecorps, die wahrlich kein zu großes Vertrauen einflößen dürsten und auch Niemanden in Europa schrecken würden. Die politisch und national farblose gemeinsame Armee Oesterreich-UngarnS bietet so manche Garantien und scheint uns als Institution eher befestigt, als ange griffen und untergraben werden zu sollen, speciell im Interesse deS ungarischen Stammes, dessen Suprematie gerade jene deutsche Armee mitbegründet hat und zu erhalten mithilft. Der ungarischen Jugend wird es aber nicht schaden, wenn sie fleißig deutsch lernt; dann werden die in die Armee eintretenden ungarischen Jüng linge leichter in derselben fortkommen und manche Klage Wegfällen. Man kann ein sehr guter Patriot sein und dabei auch deutsch sprechen und in der Armee dienen; man muß endlich brechen mit den Traditionen von 1848." An diesen Klagen über die Armee ergiebt sich im großen Ganzen nur die geringe Lebenskraft des un garischen Elements. Die deutsche Nationalität konnte bisher nirgends, auch unter den ungünstigsten Be dingungen nicht, am Aufblühen gehindert werden, währenv die Ungarn überall künstlicher Maßregeln be dürfen, die ihnen aushelsen sollen. Kürzlich sprach der Obergespan Csaky im Oberhause die Meinung aus, der ungarische Grundbesitz gehe nicht ander Steuerlast, sondern daran zu Grunde, daß er die Bedingungen seiner Existenz nicht begreife, oder sich denselben nicht fügen wolle. Diese Worte zeigen von einer genauen Erkenntmß der ungarischen Nationalfehler, und man Die Vorstellung war recht gut und flüssig, üuch Hr. Einicke, der den geizigen Bruder WiSihaler'S darstellte, that eS mit einer Geschicklichkeit, die bei dem Liebhaber einer Bühne seltsam berührt. O. B Inga Svendson. Novelle von Otto Roquette. (Fortsetzung.) Wie sie mit ihrem Gefolge von Herren groß und majestätisch dahin schritt, folgte manche« Äuge der ausdrucksvollen Erscheinung. Sie wurde von Vielen für eine schöne Frau erklärt und konnte auch dafür gelten, nur daß em einziger Zug diesem an sich regel mäßigen Gesicht einen Ausdruck gab, der eS oft ge radezu entstellte. ES war ein Zug, der, kalt und höhnisch um die Mundwinkel spielend, etwas wie innere Frivolität zu verrathen schien. Wenn die Gräfin, welche ihr siebenundzwanzigsteS Lebensjahr er reicht haben mochte, zu einer im Ganzen etwas freien Lebensanschauung gelangt war, so trugen ihre Erziehung, ihr Leben und der Ton in der Gesellschaft die Schuld daran. Der Mutter früh beraubt, von Fremden erzogen, war eigentlich kein Gefühl echter Zuneigung in ihr geweckt worden. Auch nicht zu ihrem Vater, denn dieser, der Freiherr v. Troll, ging seinen Geschäften und Freuden auf eigene Hand nach, und wenn er schon seine Tochter nicht vernach lässigte, so konnte er da» Heranwachsende Mädchen nicht in seiner Nähe brauchen, da er sich um ihretwillen manchen Zwang hätte auferlegen müssen. Er wünschte hat nicht unterlassen, denselben eine weitere Ausdeh nung zu geben. „Die Nutzanwendung dieses Erfah- rungSsatzeS", sagt die (alte) „Presse", „von den Pri vaten auf die öffentlichen Verhältnisse ergiebt sich von selbst. Wo die natürlichen Stützen deS staatlichen Ge meinwesen- sich selbst und ihre Familie nicht ausrecht und unabhängig zu erhalten vermögen, fehlt die uner läßlichste Vorbedingung der staatlichen Unabhängig keit. In dem Maße dagegen, als sie sich die Fähig keit aneignen, ihre eigene Selbstständigkeit zu erringen, wird auch jene der Staates im Verhältniß zu den thatsächlichen Bedürfnissen ihre ausreichende Wahrung finden." Tagesgeschichte. Dresden, 28. März. Ueber das Befinden Sr. königl. Hoheit deS Prinzen Albert geht uns fol gende Mittheilung zu: In den letztvergangenen Mo naten wurden bei Sr. königl. Hoheit dem Prinzen Albert Blutungen zwar etwas seltener beobachtet, gleichwohl ober ist eine Zunahme der Kräfte nicht ein getreten. Die Krankheitserscheinungen dauern unver ändert fort. Der hohe Kranke verweigert säst jede Fleischnahrung und liegt sortwährend zu Bett. * Berlin, 28. März. Der Bundesrath trat heute zu einer Sitzung zusammen. — Dar Abgeord netenhaus schließt seine Thätigkeit Ende dieser Woche und nimmt dieselbe am 17. April wieder aus. In der heutigen Sitzung wurde endlich die dritte Lesung des Etats zu Ende geführt; die Debatte beschränkte sich auf eine Nachlese zu den bei der zweiten Berathung erör terten Fragen, ohne wesentlich Neue- zu bieten. Die Rheinbrohler Affaire gab dem Abg. Bachem nochmals Stoff zu einer Reihe von Berichtigungen und Recri- minationen, auf die der Minister des Innern v. Putt- kamer erwiderte; zu einem länger» lebhaften Disput zwischen den Abgg. Richter und Stöcker kam es, als der Erstere den bekannten BeleidigungSproceß Bam-- berger-Dietz (Elberfeld) noch einmal zur Sprache brachte. Für größere Berücksichtigung der landwirthichaftlichen Localvereine plardirte Abg. Kropp; Minister Or. Lu cius äußerte sich in entgegenkommenver Weise. Abg. v. Rauchhaupt verwahrte sich von Neuem gegen die Un terstellung, als ob seine früheren Angriffe gegen die Gestütverwaltung aus unlauteren Quellen ihr Material geschöpft hätten; zugleich glaubte er nochmals seinem Erstaunen darüber Ausdruck geben zu sollen, daß der Minister nicht sofort gegen die Ausführungen des Abg. NathusiuS auf- und für ihn (v. Rauchhaupt) eingetreten sei. Minister I)r. Lucius legte dar, daß er hierzu weder in der Lage gewesen wäre, noch hätte sein können. Beim Cultusetat provocirte Abg. Rickelt den CultuSminister v. Goßler, sich über die Maßregelung eines ostpreußischen Lehrers zu äußern, der einen secessionistlschen Wahlaufruf unterschrieben hatte und dafür zu 20 M. Geldstrafe verurtheilt worden war. Der Minister berief sich auf den königlichen Erlaß vom 4. Januar und deducirte, daß in der That das Vorgehen des Lehrers als Staatsbeamten straffällig sei. Im Weitern brachte der Minister eine Fülle thatsächlichen Materials zur Charakterisirung des ge dachten Lehrers bei, wodurch dessen Person in eine allerdings mehr als zweifelhafte Beleuchtung gerückt wurde. Abg. Rickert bedauerte, daß der Minister durch die Mittheilung folcher Persönlichkeiten den Kernpunkt der Frage umgangen habe, ob nur liberale Lehrer, sondern auch conservative im gleichen Falle sich gleicher Strafe schuldig machen würden. Äuch den Fall Kor- sepiuS zog der Redner wieder in die Debatte und er ging sich unter Lobpreisung der Vergangenheit in sehr scharfen Angriffen gegen das jetzige RegierungSsystem, das die König-treue für sich in Generalpacht nehme. Nochmal- kam der CultuSminister v. Goßler in einer sie so früh als möglich zu verheirathen. Und als in der Person de- Grafen Spach sich ein durchaus an nehmbarer Bewerber fand, sagte der Freiherr seiner seits zu, in der Voraussicht, daß von Seiten AugustenS einem so wohlgebildeten, angenehmen und vermögen den jungen Manne gegenüber ein Widerstand nicht zu er warten sei. Auguste fand den Grafen nicht übel. Lieber freilich wäre eS ihr gewesen, wenn ihr Jugend freund Paul Schellborn schon das heirath-fähige Älter erreicht gehabt hätte. Aber der war nur eben auf die Universität gegangen, und der Gedanke, zu warten, vielleicht lange Jahre zu warten, bi- er als Bewerber auftreten könne — wenn er es überhaupt beabsichtigtel —, hatte für sie nichts Verlockendes. Es war keine entschiedene Neigung, die sie an ihn fesselte, er gefiel ihr nur besser als die meisten Anderen. Harmlos gefallen konnte er ihr ja auch fernerhin. So nahm sic die Hand des Grafen Spach an. Eigentlich hatte sie in einer bald neunjährigen Ehe, die jedoch bisher kinderlos geblie ben, an ihrem Gatten kaum etwas auSzusetzen, und Beide fühlten sich ganz wohl miteinander, auch ohne sonderliche innere Gemeinschaft. Sie nannte ihn ge wöhnlich, auch in seiner Gegenwart, ihren „dummen" Mann, und er war klug genug, das lachend gelten zu lassen. Sie nahm zuweilen, besonders in Gesellschaft, die Miene an, ihn zu beherrschen, und er ließ sie auch darin gewähren. Er selbst und Andere wußten ja, daß sie nur ein wenig Comödie spielte. Denn eine herrschsüchtige Natur war Auguste im Grunde nichl, im Gegentheil lag Nachgiebigkeit und das Bevürsniß, gelenkt zu werden, mehr in ihrem Wesen, al» ihre Erscheinung und ihre Art, sich zu geben, erkennen ließ,
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