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Dresdner Journal : 24.03.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-03-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188203247
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18820324
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18820324
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1882
-
Monat
1882-03
- Tag 1882-03-24
-
Monat
1882-03
-
Jahr
1882
- Titel
- Dresdner Journal : 24.03.1882
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M69. Freitag, den 24. März. 1882. 4 d»uava>ent>>prvti: l» x»Li,n ck.ut,ck«il L.iok«: öLNrlicli: .... 18 Uarlc. ^Mdrlicü: 4 60 ?s. Linrslos I^uwmsrn: 10 ks. >le, äeutictieii Keieire8 tritt?o»t- und 8tompelru»cdl»x dioru. InserMkoprelser kür äeu k»um einer xe»p«lts»en ketitreils 20 kf. l^'nter „kin^Enüt" äis Avile 60 kk. Lei r»dellsn- unä 2iNsrn8ittr SV >X> ^ufs^bl»^. krsekvinen: l^xlicU mit Xusnatlms äsr 8onn unä keiertL«» Xbsna» für 6vn kolbenden Hx. DresdnerZünnml. Verantwortliche Redaction: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. l»»«r»teoLno»t>m« »n^krt«: I^ixrtx: Fr. /tranärt etter, Commi»»ion4r l)re»änsr Journal«; L»wdurx v«rli» -V>,n - r«tp»ix ». «.: //aaeenetei» F kvAter, L.rlin -Vi--L»mburx kr»x-l,»ipil8 ?r»nLturt ». H. - Hönck»»: Äuä. äko«e,' LerUn: /nra/t,/e»l-i«>,t, 8r«m«o: F. §c^?ott«, Sr,»l.u: /. LtnnAen's II u real« sFmit Fadat^-,' ?r»r>kturt » » : F. ^aegerHis öucdk»nliluvx; 8örM»: tr. L/üNer,' ÜLLLover: C. Lc^u««ter, k»rt« NerUo - kr.nkkrt ». 14 8tuUx»rt: Daui<e cd Co., UllQdarx: Fä. Ltsiner. HerLusxvkvrr Lüuixl. Lrpeäition äs» vrs,6osr äournsls, Oresäou, ^«wxerstrL»»s Ho. LV. Abonnements - Einladung. Auf das mit dem 1. April beginnende neue vierteljährliche Abonnement des „DresdnerJour nals " werden Bestellungen zum Preise von 4 M. 50 Pf. angenommen für Dresden bei der unter zeichneten Expedition (Zwingerstr. Nr. 20), für auswärts beiden betreffenden Postanstalten. Ankündigungen aller Art finden im „Dresd ner Journal" eine sehr geeignete Verbreitung, und werden dieJnsertiousgebühren im Jnseraten- theile mit 20 Pf. für die gespaltene Petitzeile oder deren Raum berechnet; für Inserate unter der Rubrik „Eingesandtes" beträgt die Jnser- tionsqebühr pro Zeile 50 Pf. Die Ziehungslisten ausgelooster königl. sächsischer Staatspapiere, sowie die officiellen Gewinnlisten der königl. sächsischen Landes lotterie, ingleichen die Börsenberichte (Schluß- course) werden im „Dresdner Journal" voll ständig veröffentlicht. In DreSüen-Neustadt können Abonnements bestellungen abgegeben werden in der Kunst- und Musikalienhandlung des Herrn Adolf Brauer (Hauptstraße 2), sowie bei Herrn Kaufmann Arthur Reimann (Albertplatz vi8 ä vi8 dem Alberttheater), woselbst auch Inserate zur Beförderung an unser Blatt angenommen werden und einzelne Nummern des „Dresdner Journals" zu haben sind. Wir ersuchen um rechtzeitige Er neuerung des Abonnements, da wir sonst die Lieferung vollständiger Exemplare ohne Mehr kosten für die geehrten Abonnenten nicht garan- tiren können. itönigl. Expedition des Dresdner Journals. (Zwingerstraße Nr. 20.) .1 Amtlicher Lbeil. Dresden, 23. Närz. Se. Königliche Hoheit der Prinz Georg ist heute Mittag 12 Uhr 20 Min von Berlin wieder hier eingetroffen. MchtllmMcher Theil. Telegraphische Nachrichten. Karlsruhe, Donnerstag, 23. März, Mittags. (Tel. d. Tresdn. Journ.) Die „Badische Landes« zeitung" meldet daö Eintreffen deS päpstlichen HauSprälaten Spolverini wegen der Besetzung deS BiSthumS Freiburg i. Br. Wien, Mittwoch, 22. März, Abends. (Tel. d. Boh.) In der heutigen Sitzung der vereinigten Linken des Abgeordnetenhauses brachte der Ob mann Dr. Sturm den Austritt der Abgg. Graf Wurmbrand, Baron Zschock, Löblich und Posch zur Keuntniß. Der „Polit. Corr." wird auS Lemberg ge meldet: Der die Auflösung deö GemeinderatheS in Hniliczka verfügende Statthaltereierlaß con statirt, daß der bekannte Religionswechsel der Ge meinde keine spontane Willensäußerung bildete, sondern dir Folge langer, geheimer Agitationen war, an deren Spitze der Gemeindevorstand und mehrere Gemeinderäthe standen, und daß diese die Unterschriften der Temeindemitglieder unter die betreffenden Anzeigen setzten, sowie daß die gesetz lichen Grenzen bei dieser Agitation überschritten wurden. Der Gemeinde wurde eine -wöchige Re- cnrSfrist anS Ministerium zuerkannt. Marseille, Mittwoch, 22. März. (W. T. B.) Laut Privatnachrichten auS Tlemcen in Al gier meldet daS Journal „Le petit Algerien", daß eine Truppencolonve in der Nähe von El Aricha mit Insurgenten zusammrngestoßen sei, unter denen sich Si Sliman befunden haben solle. Die Insurgenten seien überrumpelt worden und hätten auf marokkanisches Gebiet fliehen müssen. 2 Rebrllenstämmr seien um 3000 Schafe razziirt worden. St. Petersburg, Donnerstag, 23. März. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Der „Regierungs-An zeiger" veröffentlicht nachstehendes Glückwunsch, telegramm, welches der Kaiser Alexander gestern an den Kaiser Wilhelm anläßlich dessen Geburts- tageS gerichtet hat: „Die Kaiserin und Ich sind ganz mit Herz und Sinn gegenwärtig Ihrem Geburtstage, und Wir ge sellen UnS den Beweisen von Liebe und Achtung zu, welche Sie umgeben. Möge Gott noch für lange Jahre Ihr so ruhmgekröntes Leben erhalten, zum Wohle Deutschlands, für den Frieden Europa» und für die Befestigung der Freundschaftsbande zwischen unseren Reichen I Alexander." Bei dem gestrigen Galadiner in Gatschiua toastete der Kaiser auf „Kaiser Wilhelm, seinen erlauchten Freund und Alliirten". Der „Herold" meldet: Gestern wurde den jü dischen Apothrkenbefitzern hierselbst ein Erlaß deS Minister» des Innern vorgelesen, wonach dieselben binnen Jahresfrist ihre Apotheken an Nichtjuden verkaufen müssen. Den jüdischen Verwaltern von Apotheken wurde mitgetheilt, daß auf Verfügung deS Ministers deS Innern ihre Verwaltung der betreffenden Apotheken mit hevtigrm Tage aufzu- hören habe. Dresden, 23. März. Seit die große Seifenblase des Gambetta'schen Ministeriums so schnell zerplatzt ist, befindet sich die französische Politik auf einem Boden der Ernüchterung, in welche man immer noch nicht recht sich hineinzu finden vermag und welche durch die schonungslose Auf deckung der Finanzlage Frankreichs durch den jetzigen Flnanzminlster Leon Say nur gesteigert wer den konnte. Es ist bisher ein stehendes Schlagwort gewesen, und die Republikaner wurden nicht müde, eS wohlgefällig in allen Tonarten zu wiederholen, daß die Finanzen der französischen Republik sich in einem Zustande der Prosperität sondergleichen befänden, daß die Ueberschüsse der Einnahmen deS Staatsschatzes ge waltige seien und zu Allem ausreichten, sogar zu der schon so lange und so viel besprochenen Entlastung der Landwirthschast durch Herabsetzung der Grund steuer. Die früheren Finanzminister Magnin und Allain Targö haben bei manchen Gelegenheiten mit hoher Entrüstung Denen geantwortet, welche einigen Zweifel über die Placirung der 3procentigen amor tisilbaren Rente äußerten und zugleich memten, daß die glänzende Außenseite deS Budgets nur dadurch er reicht werde, indem man geschickter Weise auf das Conto deS außerordentlichen Budgets solche AuSgabrn setzte, die im ordentlichen Budget zu figuriren hätten, oder daß man das finanzielle Gleichgewicht nur durch Hilfe der schwebenden Schuld, das heißt durch ver steckte Anleihen herstelle. Nun ist Leon Say Finanz- mimster; er hat sein Budget sür 1883 mit begleiten den Motiven eingebracht, und siehe da — ein ganz anderes Bild thut sich plötzlich dem Auge auf! Die gerühmte Prosperität der Finanzen existirt gar nicht. Keinerlei Ueberschüsse sind disponibel. Die amortisir- bare 3procentige Rente functiomrt nur mit der größten Schwierigkeit. Die schwebende Schuld ist auf die nie dagewesene Höhe von 3 Milliarden gestiegen. Alle sogenannten Überschüsse der Steuereinnahmen waren auf fictlvem Wege erzielte. Nicht die geringste Steuerermäßigung ist vorläufig zu erwarten; im Gegentheil. Dieses Finanzexposö Say'S wirkte fast wie ein Donnerschlag aus heiterm Himmel. Das ordentliche Budget der Republik hat heute 3 Mil liarden Francs m ven Ausgaben überschritten. Die schwebende Schuld ist in den letzten Jahren von 700 Millionen auf 3 Milliarden angewachsen. MebrmalS kommt Läon Say in den Motiven des Budgetgesetzes zurück »aus die Beunruhigungen, welche ein so ge waltiges Anschwellen der schwebenden Schuld Hervor rufen müsse", und er verhehlt eS nicht, daß die fort dauernde ununterbrochene Vermehrung der Ausgaben deS ordentlichen BudgeiS »ernste Gefahren" darbiele und „lebhafte Besorgnisse" verursache. Betreffs der Ueberschüsse der Einnahmen über die Voranschläge deS Budgets aber äußert sich der Finanzminister: »Diese Ueberschüsse existiren nur, weil man den Ver- gleichungSpunkt sichtlich zu niedrig griff und die Vor» anschläge des Budgets nach unrichtigen Regeln cal- culirte." Die Mehrerträgnisse, mit denen die Re publik seit Jahren geprunkt hat und welche einfach durch zu niedrige, also falsche Ansätze im Budget er zielt wurden, haben überdies noch da- Unheil ange richtet, daß im Bewilligen von neuen außerordentlichen und ordentlichen Ausgaben ein unerhörter Leichtsinn Platz gegriffen hat. So wurden noch in den beiden ersten Monaten dieses Jahres 82 Millionen Francs NachtragScredite bewilligt: eine Summe, welche sich neben den 26 Millionen Mehreinnahmen derselben Monate recht stattlich auSnimmt. Wohl selten ist so leichtsinnig gewirthschaftet worden, als seitdem Frankreich nur noch durch eine nationale parlamen tarische Vertretung regiert wird. Da» Land sollte diesem ehrlichen Finanzminister, der bloS den großen Fehler besitzt, zu eng mit den Interessen Rothschild'- und der Eisenbahngesellschaften verbunden zu sein, Dank dafür wissen, daß er endlich der Jahre lang betriebenen künstlichen Gestaltung einer glänzenden EiatSausstellung durch die Aufdeckung der schwebenden Schuld von 3 Milliarden ein Ende machte. Dennoch ist die Haltung der Dcputirtenkammer den Finanzcombinationen Leon Say'S gegenüber, welche sich hauptsächlich um die Eisenbahnfraze drehen, nicht nur unentschieden, sondern zum Theil sogar feindlich. Löon Say will keine neue Anleihe erheben. Um sich die Mittel zu verschaffen, welche zur Fortführung der de Freycinet'schen Eisenbahnbauten erforderlich sind, will er von den bestehenden großen Llsenbahngesell- schasten einen Theil (260 Millionen) der Garantie vorschüsse, welche diese Gesellschaften später dem Staat zurückzuzahlen haben werden, schon jetzt einsordern. Es ist hierzu ein Abkommen mit den Eisenbahncom- pagnien nöthig, und als Gegenleistung verspricht Leon Say denselben, für 15 Jahre auf die Eisenbahnver staatlichung gänzlich zu verzichten. Die Leistung der Gesellschaften aber soll darin bestehen, daß sie außer dem erwähnten Vorschuß sich anheischig machen, in den nächsten Jahren eine gewisse Zahl neuer Bahnlinien »u bauen und ihre Tarife und Fahrpreise herabzu setzen. Jedenfalls ist die für heute anberaumte Wahl der Budgetcommission der Dcputirtenkammer für den weitern Verlauf der Krisis überaus bedeutungsvoll. Mit Zuverlässigkeit kann der Finanzminister aber auch auf d?n Finanzausschuß de» Senats nicht zählen. Würde Leon Say eS gewahren, daß er persönlich und sein Plan weder der einen, noch der andern Kammer vollkommen zu Gesicht stehe, so würde er ihnen die schlimmsten Verlegenheiten infolge seine» schleunigen Rücktritt» bereiten können. Die überklugen oder ultra- puritanischen Recensenten seine» Plane» bleiben aber die Antwort schuldig, wenn man sie fragt: wa» sie ohne Say zu unternehmen gedenken und wen sie al- feinen Nachfolger vorzuschlagen haben? Der Soy'sche Plan ist den Umständen und Nothwendigkeiten so streng angemessen und so einheitlich comblnir», daß er keine Umarbeitung, keine Aenderungen oder Streichun gen verträgt. Er muß so, wie er ist, wenn nicht vom Ausschüsse, so doch von der Kammer angenommen werden, wenn Leon Say Minister bleiben soll. Sein Eintritt in die Regierung hat nicht wenig, vielleicht da- Meiste dazu beigetragen, den Geldmarkt wieder auf die Beine zu bringen. In den letzten Tagen ist man von allen Seiten thätig gewesen, der CablnetSkilsiS, die bei der Budget debatte auSzubrechen drohte, vorzubeugen. Die Re gierung selbst sucht fitzt die Erklärungen Leon Say'S, welche einen Theil der Deputirten fehl veistimmt hatten, merklich abzuschwächen. Unmittelbar vor der heutigen Wahl der Budgetcommission werden die Mi nister sämmtlich in den Bureaux darauf Hinweisen, daß der Vertrag mit den Elsenbahngesellschaften, welcher die gesammte Verstaatlichung der Bahnen um 15 Jahre hinau-schiebt, mit dem Budget nicht» zu thun hat; mit anderen Worten: daß da» Gleichgewicht de» Bud get» ganz unabhängig von diesem Vertrage gesichert ist, indem auf alle Fälle die Elsenbahngesellschaften, die zur Ausführung der öffentlichen Bauten erforderlichen 260 Millionen liefern werden. Man wird also der Kammer vorstellen, daß sie sich bei der Budgetbera- thung gar nicht um die Absichten Lson Say'S betreff» der Verstaatlichung zu kümmern braucht, und daß die VerstaatjichungSprojecte nicht von der Budgetcommis sion, sondern von der Elsenbahncommission zu prüfen sind, sodaß folglich für den BudgetauSschuß der wich tigste Grund wegfiele, gegen die Pläne Lson Say'S Opposition zu machen. In diesem Sinne hat sich der Finanzminister schon am 20. d. in der Eisenbahn- commljsion ausgesprochen. Ls ist daS von seiner Seite ein offenbares Zugeständniß, da» seinen Eindruck auf die Mehrheit schwerlich verfehlen wird, denn am Ende giebt eS ja selbst unter den Radikalen und Intransi genten Viele, die keineswegs den Sturz Läon Say'S wünschen, und noch viel weniger denjenigen deS Se- sammtcabinet». In der vorgestrigen Sitzung der Deputirtenkammer beantwortete Leon Say eine Inter pellation de Saint-Algnan'S (von der monarchistischen Rechten) bezüglich der Sparkassen, weiche der Letztere durch die Budgetprojecte des Finanzminister» im Falle einer Krisis bedroht sieht. Läon Say begnügte sich, darauf hinzuweifen, daß die Beziehungen der Spar einleger und der Kassen geregelt sind und daß diese» Gesetz auf das Gewissenhafteste respectirt wurde. Durch diese ministeriellen Erklärungen ist der Conflict zwischen dem Finanzminister und der Mehrheit definitiv in die Phase der Beschwichtigung getreten. Die meisten Pari ser Blätter bringen schon zwei Candidatenlisten für die BudgetcommissionSwahl. Die eine, diejenige der „repu blikanischen Union", enthält nahezu auSnahmSlot die nächsten und nahen Freunde Gambetta'». Gegenüber der Ausschließlichkeit dieser Liste haben die anderen Gruppen beschlossen, eine andere Liste aufzustellen, welche die Gambettisten vollständig auSschlleßt. Die „Ropublique franyaise" und die übrigen Organe Gam- betta's erklären die der „republikanischen Union" zu geschriebene Liste al- eine Eifindung. Die zweite Liste, welche die Mitglieder der radicaien Linken vor gestern in den Couloir» de» Palais-Bourbon circu- liren ließen, enthält zumeist Anhänger der Regierung. Die äußerste Linke ist darin ebenfalls entjprechend Feuilleton. Siedigirt von Otto Banck. K. Hoftheater. — Altstadt. — Am 22. März: „Iphigenie auf Tauris". Schauspiel in 5 Acten von Goethe. Der 22. März ist seit dem Tode de» großen Dich ter« zum 50. Male wiedergekehrt. Die deutsche Presse hat diesem Tage vielfache, warm geschriebene Erinne- rung»blätter gewidmet. Wenn in manchen derselben mit einem gewissen ehrfurchtsvollen Erstaunen der Accent darauf gelegt ist, daß der Geist de» Dahin- geschiedenen nach 50 Jahren noch so mächtig vor un» ausleuchtet und so sehr von seiner Nation, ja von der gesammten gebildeten Welt werlhgeschätzt wird, so läßt sich in dieser Thatsache doch in Wahrheit nur ein einsach logischer Verlaus der Dinge erblicken. So wenig wir un» in der sinnlichen Erschrinung»welt darüber verwundern, daß die höchsten Berge der Erde noch nach wenigen Meilen Entfernung gigantisch vor unseren Blicken stehn, so wenig kann die gleiche Er fahrung bei den erhabensten Gipfelpunkten der Geistes welt in Erstaunen versetzen. Je höher ein solcher Gipfelpunkt, d. h. je höher ein schaffender Genius steht, je mehr Horizont hat er rings umher und so auch vorwärts nach dem Morgenroth der Zukunft hin seinen Zeitgenoffen abgewonnen. Diese» ganze mäch tige GesichtSseld liegt im Bann seine» Denken» und Dichtens, und erst nach langer Wanderung erreicht da» kleine, mit- und nachlebende Geschleckt die letzten DämmerungSkreise, in denen der Blia de» Genius endete. Und wir sind trotz aller Herrlichkeit unsere» Wirkens und Erfolgs noch nicht aus den vollen Licht kreisen des Goethe'schen Seherblicks hinau»getrelen. Und kommt dereinstens nach Jahrhunderten die Zeit, wo auch diese Clajsicität wie so manche frühere ohne directe BerbindungSfäden mit dem Leben künf tiger Gegenwart weit hinter dieser liegt, so gewinnt sie ihre Glorie der Unvergängftchkeit, ihren unsterblichen Ruhm m der Geschichte des MenschengeisteS: die Kraft deS fernen Genius stellt sich kommenden Tagen und Geschlechtern al» die vollendete Verklärerin der Ver gangenheit, al» der zum künstlerischen Gebilde gewor dene Leib und Geist ihrer Zeit dar. Mit solchen Offenbarungen der werdenden und kämpsenden Mensch- heitSseele reden Homer, Sophokles, Platon, Shakespeare, Rafael zu unseren Tagen, und einen ähnlichen, nie erblindenden Spiegel mit dem Inhalt ihrer dahinge schiedenen Welt werden dereinst Lessing, Goethe, Schiller, Beethoven späteren Geschlechtern entgegenhalten. Da» am Todestage Goethe'» zu erkennen und laut auSzuiprechen, die Schöpsungen de» Vollendeten durch die Probe unserer eigenen allmählichen Erleuchtung sreudlg zu bestätigen, da» ist da» schöne Recht der Erinnerung, der wahre Sinn aller Gedenkseste großer Männer. Die Dichtung „Iphigenie" bildet ein solche» Vermächtniß Goethe'scher Uuvergänglichkeii. In der Darstellung, der allerdings an diesem Tage die feierliche Unterstützung eine» gefüllten Hause» wider Erwarten nicht zu Theil geworden war, zeigte sich die neue Besetzung sehr ersprießlich. Schon durch da» Alter und den jugendlichen Ton der Mitwirkenden, die sich mit Liebe und Ruhe in ihre sehr gut erfaßten Rollen hineinspielen mögen, war sie natürlicher al» sonst. Während früher (gerade vor einem Jahre, 26. März) Oreste» und Pylade» von den Herren Porth und Koberstein gegeben wurden, sahen wir in diesen Partien jetzt die Herren Matkowsky und Dettmer. Hr. Porth spielte dagegen an Stelle de» Hrn. Jaffa den König Thoa» und Hr. Jaffa den Arka». In der Titelrolle war selbstverständlich die Vertretung von Frl. Ulrich verblieben. O. B. Refidenztheater. Hr. Felix Schweighofer, dessen erheiternde Laune für so viele Dresdner Kreise den angenehmen Abschluß der Saison, die eigentliche FaschingSlust derselben bildet, begann sein hoffentlich nicht kurze» Gastspiel am 22. März mit einer Novität. Derselbe Raum, in welchem noch Tags vorher in so ergreifender Weise die Scenen der Tragik und der Verzweiflung dargestellt waren, erklang jetzt ein grelle- Bild deS irdischen Wechsels, dessen Welt die Breter bedeuten, die leichten Töne, die ost recht gefälligen Melodien einer komischen Operette, welche ihren bur lesken Text der Bearbeitung einer Paul de Kock'jchen Novelle verdankt. Diese Dramatisirunq hat „Die Jungfrau von Belleville" durch Zell undRichard Genäe erfahren, während die Musil von Millöcker componirt wurde. Beide Aibciten sind für bescheidene Ansprüche nicht ganz übel, nur etwas zu lang gerathen, und verlangen ,m Namen der Humanität nach dem Rothstift. Hoffen wir, daß er ihnen zu Theil wird. Moralisch punficiren liehe sich der Text nur mit dem selben Glück, mit welchem man etwa bei einem a ten Wagen da» Raffeln vermindern könnte, wenn man die Räder wegnimmt. Die Rolle de» Hrn. Schweighofer ist an sich wenig ausgiebig, außerdem setzt die Operette dem Ta lei t eines al» Sprecher so überau» reich begabten Darstellers manche Grenze entgegen. Toch der Gast hat durch seine reiche urkomische Auffassung der Wirk lichkeit die Gabe, auch einer an sich leeren Rolle gleich einem Rahmen ein ergötzliche» Lebensbild einzufügen, und da» gelang ihm in seinem Troupeau vollkommen. Er wurde von Frl. Osfeney, Hm. Wilhelmi, Hrn. Rüdinger (Birg,nie, Chateaurien, Godibert) trefflich unterstützt. B. Mittwoch, den 22. März fand feiten de» königl. Conservatorium» der Musik im Börsensaale die zweite Chorsoirse für die Zwecke der Jubiläumsstiftung de« Patronat-verem» Statt. Die bekannte Vorzüglichkeit der Chorleistungen unter Leitung de- Hrn. Kapell meister- Or. Wüllner gewährte wieder mannichfachen Genuß. Zwei Chorsätze au- dem „hohen Liede" von Palestrina eröffneten die erste Abtheilung. S e wur den mit deutschem Text gesungen, der einen dem Stil und Charakter der Musik widerstrebenden Inhalt um so meikvarer herausstellt, und standen im Eindruck dem folgenden Chor von H. Schütz „Selig sind die Todten" nach. Zwei altböhmische Weihnacht-lüder wirkten höchst ansprechend durch Originalität und den vortrefflichen wohlklingenden Chorsatz von C. Riedel, besonder» da« zweite „Die Engel und die Hirten". Mit S Bach'S großer dopprlchöciger Motette „Singet dem Herrn ein neuer Lied", m welcher sich der alte Meister mit Lust in unendlicher contrapunktlsch ver schlungener und gesteigerter Figuration ergeht, schloß die erste Abtheilung Da» ungrmem schwierige Stück wurde
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