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Dresdner Journal : 14.03.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-03-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188203144
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18820314
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18820314
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1882
-
Monat
1882-03
- Tag 1882-03-14
-
Monat
1882-03
-
Jahr
1882
- Titel
- Dresdner Journal : 14.03.1882
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W60 Dienstag, den 14. März. 1882. ^d»uo«meat»pr«li r ^»krliek: 4 öl»rll 50 ?k. Lia»«Io« Xumwora: IO?k. aa»i,rk»ld äe»6eut«ck«u lisiciis» tritt ko»t- unä 8t«mpeIru»ctilL8 kioru. la«oiateopr«l4vr k«r a«n k»um einer ssenpslteven ?etitr«ils 20 kk. voter „Kw^e»»n6t" 6i« Zeile 50 l'l vei ^»dellen- un6 ZiSsrn»»tr 50 1b Xus,ciüi^. ürselielne»: l-xlieb mit Xueoskme 6er 8ooo- un6 ?eisrti^« Xtrencl» Nir Uso 1ol^eo6sn DreMtrIonmal. Verantwortliche Redaction: Oberredactenr Rudolf Günther in Dresden. ln»vr»1ennnn»iime nu^^ürt«: Letxrir: F>. Lran6«tetter, CowmiieionLr äe« vreeäner Journal«; n-mkorz >»rN»-Vi,o - l.«tp»>8 N»»»I Nr«»I»n-rr»nil5irt ». H : 7/aa»e»i«<ein ^»Aier, L«ri>o-Vi«l 8-iodorx- kr»8 ^b>p«>8 kr»nllkurt s. N. Nüord«»: /eu6 vsrllii: /riraiiUrnUanz,' Lrimen Lctitatte, Lre«I»u: F L'taiAen'e Lureau >k kr-vi-kurl » « : L'. ^aeAer'eeke ljuctiNsnUIun^; OSriiti: <?. ^/üNrr,' ll»nnov«r: C §ct»ü«ter, ksrti Ü«rUa-kr»o2kurt » lt Smttxsrr: /-ai«beFt7o., Smudar^: ^6 §te»»ier. Nvraul,xed«rr Lüoiel- 8rpe6itioo 6s» Dre,6oer Uourvsls, 1>re»6so, Zvio^eritro«»« 20. Ämtlicher Tlikil. Bekanntmachung. In Gemäßheit von 8 6 der Verordnung über den Geschäftsbetrieb ausländischer Versicherungsanstalten im Königreich Sachsen vom 16. September 1856 wird hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß die Wechselseitige LebenLversicherungSanstalt „JanuS* in Wien den Sitz ihres hierländischen Geschäftsbetriebes von Dresden nach Leipzig verlegt hat. Dresden, den 1. März 1882. Ministerium des Innern, Abtheilung für Ackerbau, Gewerbe und Handel. Dchmaltz. Fromm. Bekanntmachung. Der zum Schwurgerichtspräsidenten bei dem Land» gericht Chemnitz sür die zweite Sitzungsperiode deS Jahres 1882 ernannte Landgerichtspräsident Brückner daselbst >st aus Gesundheitsrücksichten dieser Funktion enthoben und an dessen Stelle der Landgerichtsdirrktor Leonhardt in Chemnitz zum Vorsitzenden des Schwur gerichts bei dem gedachten Landgerichte für die zweite Sitzungsperiode 1882 ernannt worden. Dresden, den 9. März 1882. Der Präsident des Königl. Sächs.i Oberlandesgerichts. In Stellvertretung: Klemm. von Dallwitz. Nichtamtlicher Theil. Telegraphische Nachrichte«. Berlin, Montag, 13. März, Mittags. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Dem heutigen, in der russischen BotschaftSkaprlle zum Andenken an die Ermor- düng deS Kaisers Alexander 1l. veranstalteten TrauergotteSdienste wohnten der Kaiser, der Kronprinz, die Prinzen Karl, Friedrich Karl, Wilhelm und Alexander, Prinz August von Würt temberg, der Erbprinz von Meiningen und die Mitglieder deS Königshauses, welche der russischen Armee angehören, in russischer Uniform bei. Zur Trauerfrier waren außerdem anwesend: Feldmar- schall Graf Moltke und Deputationen deS Alex- anderregimevtS, deS UlaneuregimentS Alexander H. und deS KürasfierreglmentS Nikolaus. Der Kaiser begrüßte den russischen Botschafter v. Sa- burow bei seiner Ankunft und Abfahrt sehr herz lich und tief bewegt. Wien, Sonntag, 12. März, AbendS. (Tel. d. Boh.) Folgendes Communiquö wurde an die Blätter versendet: Heute Mittag sand unter Vorsitz des Ministers Grafen Kalnoky ein gemeinsamer Ministerrath Statt, welchem Graf Taafse, v. Dunajewskl, v. Tisza und Baron Orczy beiwohnten. Graf Bylandt gab erfreuliche Mmheilungen über den Erfolg der Opera tionen in den Jnsurgentengebleten. Mit derselben Energie wird jetzt auch in der Herzegowina vor gegangen wetdrn. Da die votirten 8 Millionen Gulden nur sür einen 3 monatigen Bedarf berechnet waren und eL nicht möglich erscheint, die Truppen sofort zurückzuziehen, selbst wenn die Ordnung überall in kürzester Zeit hergestellt ist, und nachdem auch die Er richtung von Befestigungen der Grenzlinie entlang noth wendig erscheint, wird die gemeinsame Regierung noch mals die Botirung einer entsprechenden Summe ver langen. Um übertriebenen Comdinationen vorzu- beugen, wird die Regierung die Delegationen zu einer zweiten außerordentlichen Session einberufen, bevor noch die bereits votirten Gelder auSge- geben wurden, wahrscheinlich für die zweite Aprilhälfte. Die gemeinsame Regierung dürfte, da die beabsichtig ten Befestigungen ltz Millionen kosten und die Trup pen noch 2 bi» 3 Monate in der bisherigen Stärke verbleiben sollen, 10 bis 12 Millionen erfordern. Der heutige Ministerrath faßte noch keinen Beschluß. Die Conferenzen werden morgen fortgesetzt. Wieu, Sonntag, 12. März, AbendS. (W.T. B.) Der soeben hier eingetroffene officielle Be richt über die vollständige Unterwerfung der Kri- woschje, nachdem Dragalj genommen und die Kri- woschzaner auf montenegrinisches Gebiet geflohen waren (vgl. die„Tage»gelchichte*), lautet, wie folgt: Am 9. d. Mts., Abends sind die Truppen der 47 Division von Ledenice, Greben, Ubli und Vratlo aus, unter dem Commando der Obersten Scharinger und Baron Walther, sowie der Majore Bolzano, Kür- sinqer, Ursprung und Latlerer, unter lebhaften Ge fechten und unter Uederwindung der außerordentlichen Terroinschwierigkeiten, indem sie die Insurgenten auf den Höhen vor sich hertrieben, in die Linie von Grkovac, V'livrh, Napoda und Crkvicc eu'gerückt. Von der 44 Division sind gleichzeitig unter dem Commando des Generalmajors Kober, des Obersten Babich und des Oberstlieutenants Monari 2H Bataillone des 16. und 1H Bataillon des 22. Regiments über Golisevac und über die verschneiten Paßhöhen gegen Vratlo und Crkvice vorgegangen, welche Punkte dieselben theilweise noch am Abend erreichten, während ein Theil auf Vela-Greda übernachtete. Die nördlichste diefer Co- lonnen, ein Bataillon deS 16. Regiments, stieß am Fuße deS Pazua auf bedeutende Jnsurgentenbanden, in der Zahl von ca. 400 Mann, die nach erbittertem Kampfe geworfen wurden. Hierbei fiel der BataillcnS- commandant Baron Rukawina; außerdem wurden noch 3 Mann schwer verwundet Das 43. Regiment hatte 1 Mann todt, 3 Mann verwund-t, da» 5. Jäger- dataillon hatte 5 schwer, I leicht Verwundeten. Am 10. März gingen die Colonnen der 47. Division in die Linie Pecma-Gora, Han-Zagovzdat; die Colon nen der 44. Division sammelten sich bei Crkvice. Die Insurgenten, welche an allen Punkten in kleine ren oder größeren Banden auftraten, wichen überall und gingen im Allgemeinen gegen die Macia-Pla» nina zurück, wo sie, an die montenegrinische Grenze gelehnt, aus großer Entfernung das Feuer bis zum Abend fortsetzten. Die Colonne des Majors Kür- singer, welcher 2 Gefchütze und ein Zug vom Genie- corps beigegeben waren, rückte Nachmittags gegen das Fort von Dragalj und sprengte dasselbe in die Luft. Die Colonne wurde aus den Häusern des Ortes Dragalj beschossen und hatte insolge dessen 3 schwer Verwundete. Abends lagerten die Truppen vorwärts von Pecina-Gora und Grkavac, sowie bei dem Han auf Zagovzdak und bei Crkvice. Alle Orte der Kri- woschje sind von ihren Bewohnern verlassen, mehrere Häuser sind verbrannt. Crkvice und Dragalj wurden zerstört gefunden. Die Zahl der Insurgenten betrug im Ganzen 900 bis 1000 Mann, ihr Verlust war anscheinend n cht unbeträchtlich, konnte jedoch nicht fest gestellt werden, weil sie die Todten und Verwundeten forttrugen und das Herankommen der Truppen nicht abwarteten. Bei dem Zusammenstoß am Fuße des Pazua wurden auf Seite der Jnfurgenten 10 Tobte und 25 Verwundete deutlich wahrgenommen. Die Er folge sind, nächst der ausgezeichneten Führung aller Commandanten, der über alles Lob erhabenen Tapfer keit und Ausdauer der Truppen zu danken, welche, unter Ueberwindung der enormen Terrainschwierigkeiten, den Feind auch auf den anscheinend unzugänglichsten Höhen aufsuchten. ES ist die Festhaltung der Punkte von Grkavac, deS Hans von Zagvozdak, von Crkvice, Napoda, Ubli und Vratlo, sowie die flüchtige Be festigung und provisorische Instandsetzung deS ehe maligen WachthauseS von Crkvice versügt worden; alle Truppen mit Ausnahme jener der 44. Division bleiben an den genannten Punkten mit entsprechenden Besatz ungen, mit dem GroS bei Crkvice, und werden von da aus die noch in der Maciaplanina stehenden In surgenten vertreiben und Streifzüge durch die ganze Kriwoschje auSsühren. Nom, Sonntag, 12. März, AbendS. (Tel. d. DreSdn. Journ) Der Papst bewilligte heute dem mit besonderer Mission betrauten preußischen Gesandten v. Schlößer die erste Audienz, in welcher er dem selben mit größter Courtoifir begegnete und die Berficherung gab, daß, sofern es nur von ihm ab hinge, daS Einvernehmen der Curie mit der preu ßischen Negierung bereits in allen Punkten her- gestellt sei. Der Termin deS nächsten Konsistoriums ist noch nicht rndgiltig festgestellt. London, Sonntag, 12. März, AbendS. (W. T. B.) Nach einer Meldung von „Neuter'S Office" auS Durban hat der Bolksraad deS OranjefreistaatrS dem Präsidenten Brand die Erlaubniß zur Annahme deS ihm von England angebotenen GroßkreuzeS deS St. Michaels und Tt. GeorgSordenS verweigert. Konstantinopel, Sonntag, 12.März,Abend«. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Die Pforte hat das König reich Serbien anerkannt. Dresden, 13. März. Wie die 'n voriger Nummer an dieser Stelle be sprochenen StrckeS im südlichen Frankreich, so haben auch die Arbeitseinstellungen in den Kohlen werken deS Pilsener Reviers einen Umfang und eine Bedeutung erlangt, durch die sie auS einem loca len zu einem politischen Ereignisse geworden sind. Der Arbeiterstrike im Pilsener Kohlenrevier ist zwar seit dem 9. d. MtS, wie wir bereits gemeldet haben, beendet; immerhin bieten aber die Mittheilungen, welche ein deutsches Blatt, die versassungStreue „Pilsener Zeitung*, zur Geschichte dieser Arbeitseinstellung bringt, auch für weitere Kreise ein besonderes Interesse. Das genannte Blatt berichtet nämlich, daß eine allge meine, in dem ganzen Pilsener Kohlenbecken an Einem Tage zu veranstaltende Arbeitseinstellung geplant war; daß jedoch dieses von Nürschan auS äußerst sorgsam vorbereitete Project nicht in der von den leitenden Agitatoren gewünschten Weise in Erfüllung ging, sei folgendem Umstande zuzuschreiben: Als die Werks leitung der Pankrazzeche in Nürschan beobachtete, daß unter den auf ihren Schächten beschäftigten Ar beitern eme rege socialistifche Agitation herrsche, eru- irte sie die Hauptfaiseurs derselben und kündigte ihnen den Dienst. Dadurch wurde der Ausbruch der Krisis beschleunigt, und so geschah eS, daß zunächst auf der Pankrazzeche, dann erst nach und nach auf anderen Werken der Strike in Scene gesetzt wurde. Durch dar energische Vorgehen der genannten Werksleitung wurden die Wühler gezwungen, ihre Minen auffliegen zu lassen, ehe alle Vorbereitungen beendet waren. Die „Pils. Ztg,* sagt weiter, es unterliege keinem Zweifel, daß die Nürschaner Arbeitseinstellung das Werk tschechischer Socialisten gewesen sei, was von den national-tschechischen Blättern mit großer Entrüstung geläugnet wird; die socialdemotratischen tschechischen Blätter „Delnicko Lisch* und „Budoucnost* seien in Hunderten von bezahlten Exemplaren nach Nürschan gekommen, und ein in den „PlzenSke Lisch* unmittel bar nach dem StrikeauSbruche veröffentlichter Hetzartikel gegen den Besitzer der Pankrazzeche, vr. Starck in Pilsen, einen der entschiedensten Führer der Deutschen in dieser Stadt, sei in 1200 Exemplaren unter die feiernden Arbeiter verbreitet worden. Die Agitatoren und Rädelsführer de» StrikeS seien durchwegs enra- girte Tschechen gewesen, und die deutschen Arbeiter, welche vom Anfänge dem Strike abgeneigt gewesen, seien durch den TerroriSmuS der tschechischen Majorität zum Mitthun gezwungen worden. Einzelne Nürschaner Kaufleute hätten auS Concurrenzneid gegen den dor tigen Arbeiterconsumverein die Arbeitseinstellung ge fördert. Eine am 7. März in Pilsen abgehaltene Bei» sammlung der sämmtlichen WerkSvertre'.er de» Pilsner Kohlenreviers unterzog die Lohnsätze aller einzelnen Werke einer genauen Prüfung und Erwägung, und kam zu dem Resultate, daß einerseits die Löhne im Pilsner Kohlenreviere höher seien, al» anderSwo, und daß andererseits eure Steigerung derselben nicht mehr möglich sei, sollten nicht die Werke mit Deficit arbeiten; einzelne Werksbesitzer erklärten, sie würden im Falle einer Lohnerhöhung gezwungen sein, den Betrieb gänz lich einzustellen. Da die Arbeiten in Accord vergeben werden, hänge die Entlohnung der Arbeiter nicht von der Schichtzeit, sondern von ihrer Leistung ab, und wäre die Herabsetzung der Arbeitszeit direct gegen da» Interesse der Arbeiter selbst. Bezüglich der Bruderladenverwaltung wurde hervorgehoben, daß dieselbe, dem Berggesetze cemäß, durch einen von den Arbeit-rn selbst gewählten Aus schuß controlirt werde; wenn die Arbeiter die Ueber- gabe der Bruderladen an den Staat verlangen, so seien die Werksbesitzer damit ganz einverstanden, da sie hierdurch vieler Mühe und Verantwortung ent hoben würden In ihrer vorgestrigen Nummer schreibt die „Pils. Ztg.": „Es zeigen sich bereits die traurigen Folgen deö so leichtsinnig inscenirten StrikeS: das Absatzgebiet einzelner Werke deS Pilsener Kohlen reviers ist schon heute durch die Braunkohle gefährdet, und wenn es nicht in letzter Stunde gelingt, die drohende Concurrenz aus dem Felde zu schlagen, dann dürften in naher Zeit viele der verführten und verhetzten Bergarbeiter in die Lage kommen, über das Thörichte ihres Vorgehens und über die prunkenden Phrasen ihrer Verführer nachzudenken.* Während in den Nürschaner, Lititzer Tremeschnaer und Kaznauer Revieren der Bergarbeiterstrike auSge- brachen war, gab es in Miröschau wenig Anzeichen zu einer solchen Bewegung; doch die für den ersten Moment vermeintlichen verblendenden Erfolge der sin kenden Nürschaner Arbeiter fanden auch da anfangs voriger Woche unter den nahezu 1500 Arbeitern einige 200 unbesonnene Anhänger, meist junge verwegene Leute, welche mit beispiellosem TerronsmuS und selbst mit Gewaltthätigkeiten, das GroS der arbeitenden Berg leute zur Einstellung der Arbeit zwangen. Bevor noch die Militärbedeckung von Rokitzan eintraf, war die Gndarmerieabtheilung von einigen 16 Mann gegen ein solches unerhörtes Auftreten machtlos. Der Correspondent der „Bohemia* in Rokitzan constatirt ausdrücklich, baß in Miröschau weder sociale, noch auch nationale Gründe hinreichend vorbereiteten Boden zu einem Strike fanden, auch die Arbeitslöhne und die sonstigen WerkS- verhältmsse gaben keinen triftigen Grund zu einer sol chen B wegung. Am Mittwoch, den 8. d. machte der Statthaltereirath Czerwenka mit dem BetriebS- director Fitz den Versuch, die friedliebenden Arbeiter zur Arbeit zu bewegen. Die Mehrzahl entschloß sich auch, diesem wohlmeinenden Ralhe zu folgen, aber die renitenten Arbeiter überfielen mit Stöcken und Knit teln dieselben förmlich, drohten mit Gewaltthätigkeiten, ja machten sogar Miene, dem auSgerückten Militär und der Gendarmerie förmlich Trotz zu bieten. Nur dem tactvollen Auftreten des Statthaltereirathe», sowie der Besonnenheit deS Militärcommandanten und dem umsichtigen Vorgehen de» Bergdirectm» Fitz ist e» zu danken, daß im letzten Moment kein Blutvergießen Feuilleton. Resigirt von Otto Banck. K. Hoftheater. — Altstadt. — Sonntag, den 12.März zum ersten Male: „Hagbarth und Signe*, romantische Oper in 3 Acten von Adols Stern. Musik von Edmund v. Mrhalovich. Der Stoff deS Drama« von Oehlenschläger „öaz- bart og Ligne" (1815 erschienen), welcher hier m kürzerer und poetisch freier Operntextbearbeltung von A. Stern vorliegt, eignet sich seinem Charakter nach am besten zu jener Kunftform, die auch stets für Seinesgleichen von den alten Scelden gewählt wurde: e» ist die Form deS kleinen Heldenepos, oder der mehrtheil,gen an einander gereihten Balladen. Durch diese einfache Vortragsweise von ursprünglichem natio nalen Ton, der in seinem starken reckenhaften Athem- zuge die locale Atmosphäre der Vergangenheit au»- strömt und mit ihr dem Leser ein gute» Stück Illu sion einflößt, können wir noch am leichtesten für Da» erwärmt werden, wa» unserer humoristischen Cultur- epoche fern steht. Es ist die Blutarbeit der rohen physischen Kraft und der Rimbu«, den die Macht de» Stärkern in jenen gewaltthätigen, im Höhen, Sinne rechtlosen Tagen ausübte. Unseren Herzen bleiben diese Motive übermüthiger Recken und tapferer Todt- schläger fremd; e» kann nur Theil nehmen an den etwaigen Folgen solcher Action, und mehr au dem Leid der schuldlosen Parteien, al» an den Freuden der Sieger. Die complicirte dramatische Form — und auch die der Oper — verlangt ein complicirtereS Material, mehr Verkettung der Handlung und feinere geistige Factoren, um einen derartigen Vorwurf für den poetischen Sinn, auch für den bessern und idealern interessant zu machen. Dazu bot dem Dichter deS Textes von „Hagbarth und Signe* der Raum eines Opernlibrettos keine genügende Gelegenheit. Es blieb ihm nur übrig, das rein Menschliche in dieser grausigen Heldenmär sür unser Gefühl möglichst geschickt und mit charakteri stischem Sprachausdruck zu lyrisch-dramatischer Geltung zu bringen. Mit Befriedigung sehen wir, wie er überall hierauf sein Hauptaugenmerk richtet, bewnderS in der Empfindungswelse seine» Haupthelden und in der Zeich nung der Signe im Gegensatz beider zu ihrer Umgebung. Wir haben e» daher in diesem Operntext erfreulicher Weise mit dem intelligenten Versuch zu thun, einen ihm bestimmt gegebenen Stoff von so romantisch barbari schem Charakter unserer Vorstellung, so weit es nur geschehen konnte, näher zu führen und sympathischer zu machen. Manche nicht genügend vermittelt erscheinende Wendungen in der Empfindung und Stimmung wur den jedenfalls den geschehenen Strichen in der Par titur veranlaßt, die sich au» musikalischen Gründen al» zweckmäßig und nothwendig erwiesen. Die Musik ist die Frucht eifrigster Studien der Partituren de» vom Eompomsten verehrten Meister» R. Wagner. Aber Hr. v. Mihalovich ist in lebhafter Anempfindung und Empfänglichkeit in der Nachahmung derselben über jene» Maß hinau»gegangen, welches al- natürliche Folge eine» wohlberechtigten zeitgemäßen Einflüsse» un» auch bei anderen Lomponisten entgegen tritt, und er läßt dabei doch den innern hochstehenden poetischen und geistigen Gehalt der Musik Wagner » ganz unberührt. Und da seine eigne ProductionSkroft bei Beginn diese» Werke» noch ohne selbstständige Entwicklung war, aber sich doch bethätigen mochte, er ging sie sich mit temperamentvollem Wagniß in excen- trischen Ausschweifungen, die weit vom gewäh ten Vor bilde abführten. Gleichwohl erweist der Componist beachtenSwerthes Geschick und Talent in gewandter Technik, in feuriger Auffassung, Declamation, belebter Rhythmik, dramatischer Bewegung. Um so sicherer ist zu erwarten, daß er sich der Erkenntniß nicht ver schließt, einen irrthümlichen, wenn auch verführerischen Weg eingeschlogen zu haben, und daß zu dem er strebten und gewünschten Ziele nur die geläuterte Ent wickelung der ihm eigenen, seine Individualität ent springenden Pro^uctionSkraft führen kann. Und man darf fast annehmen — denn diese seine erste Oper ist eine frühere Composition — daß er den mit fremdem Material gemischten Gährungsproceß seine- Talente» bereit» überwunden ha:. Ein näheres kritische» Ein gehen aus diese Oper scheint daher um so weniger ge boten; erfreulicher ist's, auf ein sehr gelungenes und charakteristisch hervorragendes Musikstück, auf den Trauermarsch im zweiten Act nach der ersten Scene de» Signe hinzuweisen, der die ganze Haltung diese» Acte» wesentlich hebt. Die Aufführung de» Werkes, außerordentlich sorg fältig einstudirt und geleitet von Hrn. Kapellmeister vr. Wüllner, war eine vorzügliche und erwie» daS eifrigste und erfolgreichste Bestreben der milwirkenden Gesangskräfte und der königl. Kapelle. Die Oper bietet ganz ungewöhnliche Schwierigkeiten, viel mehr, als die hier gegebenen Opern Wagner'S. Und diese Schwierigkeiten der Ausführung werden um so fühl- barer, da dem ruhelosen Orchester die Befriedigung musikalisch klarer und wirksamer Gestaltung, erreichten WohlklangS und schönen Toncolorit» so wenig zu Theil wird, und die Sänger nach lohnenden GesangS- aufgaben vergebens suchen und ihnen zu vorwiegend anstrengendes Schreien unabweisliche Pflicht wird. Um so mehr verdienen die mit aller Anspannung ihrer Mittel und ihres künstlerischen Könnens gegebenen Leistungen der Sänger die wärmste Anerkennung: diese wiren Frl. Malten (Signe), Frau Prochaska (Königin Vera), die Herren GudchuS (Hagbarth), Degele (sein Waffenmeister), Bulß (Alzei, Sohn der V ra) und in den kleinen Partien Frl. Sigler, Hr. Rothmühl, endlich noch die Herren Eichberger und Gutzschbach. Vor Allem aber gelang e» Frl. Malten in bewunderungswerther Weise, durch begei- stigten, poetisch empfundenen Ausdruck und schön ge staltetes Spiel die Partie der Signe zu möglichstem Eindruck zu erheben. Die Jnscenirung (Hr. Regisseur Ueberhorst) war reich ausgestattet, mit Sorgfalt und Geschmack aus- gesührt. Die letzte Scene und deren ganzer Verlauf scheint mir für die scenisch v-rständliche und tragisch wirkende Darstellung durchaus widerstrebend. Die Aufnahme de» Werk» von Seiten de» Publicum» war eine sehr freundliche, und die Sänger wurden, mit gerechter Würdiguni ihrer künstlerisch trefflichen Leistungen, durch mehisachen Hervorruf ausgezeichnet. Die erste Aufführung eine» e sten Opernweike» le» Componistcn zeigt ern höchst anerkennenSwerthe» und von H ffbühnen selten au«g übte» Entgegenkommen gegenüber talentvollen Bestrebungen und zur Förderung
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