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Sonntag, den 12. März V5S 1882 ^doQoow«vt»prel»r DresdnerImnnal Berantwortliche Redaction: Oberred rcteur Rudolf Günther in Dresden. La»»«rk»Id äe« äeot«ctiso NsieNer tritt kost- und Feuilleton. Nrsigirt von Ott» Bouck. Was die Wogen rauschen. Fischeruovelle »on F. v. Stengel. (Fortsetzung.) „Nun, nun, Gunil, so schlimm ist es ja nicht", sagte er begütigend, „ich meine nur, Ihr müßtet be greifen, daß es nicht angenehm ist für den Mann, wenn die Frau mit dem frühern Schatz eine Be gegnung hat und heimkommt, so wie Du heute Mor- gen — er müßte Salzwasser in den Adern haben und nicht heißet Blut." „Schon gut," entgegnete Gunil verächtlich. „Hütet Euch, ,ch kenne Euch, und Ihr mich." Sie ging hinaus, ohne weiter auf die Männer zu achten. — Hjalmar Klausen zurück! Für Holger eine schwere Kunde. — Nicht, daß er bi» heute befürchtet hatte, Klausen möge an jenem Morgen mehr gesehen haben, al» ihm lieb war — eine Zeit lang glaubte er e», »regte sich dann aber in Sicherheit: der junge Bursche Hütte doch geredet, wenn er etwa« wahrgenommen! Gunil'» Worte erweckten sein Mißtrauen; wa» wußte ^Lbrlicb: .... 18 Llork. derteu Credit von 4 Millionen bewilligt und ist darauf in die Berathung des Grundbrsitzgesetzeö für die Dobrudscha eingetreten. Der Ministerpräsident Bratiano ist, obschon er sich noch immer leidend befindet, hierher zurück- gekehrt. Der neu ernannte französische Gesandte, Baron de Ring, wird dem König jmorgeu sein Beglau bigungsschreiben überreichen. Konstantinopel, Freitag, 10. März, Nach- mittags. (W T B.) Die Mitglieder der außer ordentlichen preußischen Gesandtschaft begleiteten den Sultan heute auf dem Ritt nach der Moschee. Morgen wird ein AuSflug zu Pferde nach Bel- grad am Boöporu» unternommen werden. Athen, Freitag, 10. März, AbendS. (W. T. B.) Bon der Drputirtenkammer wurde heute Spiridion Baloriti, der von der Opposition aus gestellte Candidat» mit 127 gegen 76 Stimmen zum Präsidenten der Kammer gewählt; 16 ab gegebene Stimmen waren ungiltig. Mit der Bildung des neuen CabinetS wird TrikupiS von dem König beauftragt werden. luiorntvnpret««^ kür ü«u L»uw «io«r ?stitr«ils ro kl. Unter „Linsse,»n<it" üio 2«il« 50 kk. ö« l'ndsUvn- uuä ÄüsrnsiUr SO Fuk»ctU»s. Lrsekvlneo: Ulliott mit FuinLltw« üsr 8onn- und lur üso lol^sn^n ^j»brlicl>-1 Itnrk bv kf. , ,, Ämtlicher Theil. Er. Majestät der König haben dem Oberpostkassen- rendanten, Rechnung»rath Galatin Adrian Bennewitz hier da» Ritterkreuz II. Elaste vom Verdienstorden Allerguädiast »u verleihen geruht. Ce. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Gemeindevorstanve Aurich in Dittersdorf das Berdienstkreuz zu verleihen. Telegraphische Nachrichten. Darmstadt, Sonnabend, 11. März, Mittag». (Tel. d Dresdn. Journ.) Ju ihrer heutigen Sitzung beschloß die Zweite Kammer, die Regierung zu ersuchen, bei der bevorstehenden Berathung und Beschlußfassung über die Monopolfrage im Bun- deSrath sich gegen die Einführung de» Tabak»- Monopol» zu erklären. London, Freitag, 16. März, Abend». (W. T B.) In der heutigen Sitzung de» Unterhauses erklärte der UnterstaatSsecretär deS Arußrrn, Sir Charle» Dilkr, auf eine Anfrage Buchanan'», der englische Ministerrefident in Belgrad sei ange- wiesen, dem König Milan die Glückwünsche der englischen Regierung zur Annahme de» Königs- titelS darzubringen. St. Petersburg, Freitag, 10. März. (Tel. d. Polit. Torr.) Der Großfürst Wladimir und Ge mahlin werden nach den bisherigen Dispositionen die Reise nach Palermo zwischen dem 15. und 20. d. MtS. antreten. Ein officieller Empfang in Wien unterbleibt mit Rücksicht auf den leidruden Zustand der Großfürstin. (Vgl. die „TageSgeschichte" unter Wien.) Die bevorstehende Ernennung deS Grafen Wol kenstein zum Botschafter in St Petersburg hat in russischen Hof- und RegierungSkreisen den besten Eindruck gemacht. Bukarest, Freitag, 10. März, Abend». (W. T. B.) Die Kammer hat heute mit 60 gegen A Stimmen den zur Ausrüstung der Armee gefor- GesangSbehandlung und durch die Anmuth und be- geistigte Wärme ihre» VortragS. Der so danken»we:the Zweck der Aufführung wurde in erfreulichster Weise erreicht. Die Kirche war fast überfüllt, sogar der Mittelgang hatte zu numerirten Plätzen benutzt werden müssen. Hierfür sei aber bei ähnlichen Gelegenheiten eine umsichtigere Würdigung der menschlichen Körpergröße empfohlen, um den Hö rern nicht zu große Unbequemlichkeit zuzumuthen. E. Bank. Verordnung, den Coloradokäfer betreffend. vom 6. März 1882. Nach einer Mittheilung de» Herrn Reichskanzler» vom 19^23. vorigen Monats ist am 20. August vorigen Jahre» an der Hafenkaje zu Bremerhafen ein vermuthlich von einem Schiffspassagier dahin ver brachter Loloradokäfer gesunden worden. Der Herr Reichskanzler hat im verflossenen Jahre mit Rücksicht auf die bereit» vorgerückte Jahreszeit von weiteren Veranlassungen hierauf abgesehen, erachtet es jedoch nunmehr für angezeigt, daß beim Herannahen der Frühjahrsbestellung die gegen die Einschleppung deS Coloradokäfer» getroffenen Anordnungen in Erinnerung gebracht werden. Demzufolge sieht sich da» Ministerium deS Innern übrigen» unter der Voraussetzung, daß durch die früher bewirkte Bertheilung von Druckschriften und plastischen Nachbildungen die Kenntniß des JnsectS und seiner Lebensweise in ausreichender Weise verbreitet ist — veranlaßt, die bereits im Jahre 1878 erlassenen An ordnungen, wie folgt, zu erneuern. 1. Mit Rücksicht darauf, daß auf die rechtzeitige Entdeckung de» JnsectS im Frühjahr hauptsächliche» Gewicht zu legen ist, hat Jeder, welcher von dem Vor kommen de» Kartoffelkäfers, seiner Eier, Larven oder Puppen in irgend einer Weise Kenntniß erlangt, hier von sofort der Behörde Anzeige zu machen, jeder Elgenthümer, Nutznießer oder Pachter von Kartoffel feldern aber dieselben vom Aufgehen der Kartoffel- Pflanzen an mit der größten Aufmerksamkeit zu beob achten, auch Absuchungen seiner Kartoffelfelder, welche die Behörde anzuordnen für nöthig finden sollte, ge hörig auSzuführen und alle verdächtigen Erscheinungen der Behörde anzuzeigen. Die von einem von dem Jnsect befallenen Grund stück abgelesenen Käfer, Eier, Larven und Puppen sind sofort an Ort und Stelle zu tödten. Die Aufbewahrung, Versendung oder sonstige Ver mittelung von Käfern, Eiern, Larven und Puppen in lebendem Zustande ist verboten. 11. Sobald die Behörde zu der Annahme, daß an einer Stelle der Loloradokäfer sich eingesunden habe, Grund zu haben glaubt, hat sie zunächst für eine strenge polizeiliche Absperrung der betreffenden Grund stücke zu sorgen nnd unter gleichzeitiger telegraphischer Anzeige an daS Ministerium deS Innern den That- bestand genau feststellen zu lassen, zu dem Ende aber ein oder einige Exemplare der vorgefundenen verdäch tigen Käfer und Larven an den mit der sachverstän digen Untersuchung beauftragten Professor vr. Nitsche in Tharand einzusenden, auch fall» von Letzterem die gehegte Befürchtung bestätigt wird, (für welchen Fall er zugleich ermächtigt ist, sich zur Mitwirkung bei dem weiteren Verfahren selbst an Ort und Stelle zu be geben) alle zur Vertilgung des Jnsect» und zur thun- lichsten Bei Hinderung einer Weiterverbreitung zweck dienlichen Mittel sofort zu ergreifen. Die au» er wähntem Anlaß an Professor Or. Nitsche ergehenden Zuschriften und Sendungen sind übrigen», um zu ver hüten, daß bei etwaiger Abwesenheit derselben von Tharaud die Erledigung der Angelegenheit eine Ber- Insventvonoaokm« I.«ip»1g: F>. LeanUetettee, OowoiMiontr äs» vrs«<t»»r ^ourvnli; Urwdorz »«rUn-Visn - N-«»i»u Lriuikvirl ». N : F »«rlm-V>«»S»mkarx ». U -ItÜL«k«n- /tu«/ H/oE n«rlm: /nvatKie-Ktanz ,' Brsmsa: F7 F Lureau ?r»oklart » ti L ^aeAei'seds Luck tlLnäl un^; vvriir»: k- H/utter- U»llnov«r <7. r»rt, N»rUn-rr»nktnii U 8tnNg»rt: Zlaudr ck Co., U-undurg: FF L'tein«! Herausgeber: Lövisl. Lipeäitioo 6e» Drv»6oer Zourual», Dr«»«1eo, Xvingvr^tras»« dlo. 20. Freitag, den 10. Mär;, führte der Neustädter Chorgesaugverer« in der Kreuzkirche zum Besten der Feriencolonien I. Haydn'» Oratorium „Die Schöpfung" auf. Die herrliche Tondichtung voll unversiegbarer Jugendfrische und Anmuth de» Geiste», voll reicher Phantasie und freudigsten poetischen Auf schwünge» de» Gemüth» übte ihren alten herzgewinnen den Zauber auf die Hörer. Die kunstvolle Popula rität oder auch populäre Kunstfülle Haydn'» und die individuelle Macht seine» Geiste» ist zwingend und reizend für unsere Ausfassung und Empfindung. Er componirte, „daß e» im Herzen sitzen bleibe". Wahr heit, einfache Schönheit, GesühlSinnigkeit und Inspi ration reden zu un», nicht Geistreichigkeit, Reflexion, Effect und Mache. Die Aufführung des Werke» unter der musikalisch verständnißvollen und umsichtigen Lei tung de» Hrn. Musikdirector» Fr. Reichel war, in Rücksicht auf die Thor und Orchestermittel und die Klangwirkung der Kirche, eine sehr lobenSwerthe und gelingende. Der Lhor sang frisch und sicher, und recht tüchtig und befriedigend war die Leistung der Kapelle de» Hrn. Kapellmeister» MannSfeldt. Vor Allem au»gezeichnet begünstigt im Klangeffect war die Wiedergabe der Soli durch die Herren Hosopernsänger Fischer und Gudehu» und Fräul. Lilli Lehmann au» Berlin. Letztere steigerte' die Schätzung ihrer künstlerischen Leiftung»fähtgkeit durch ihre einfache, ruhige und stilvolle, von jedem theatralischen Tonaccent freie Dresden, 11. März. Die Arbeiterbewegung im südlichen Frank reich, welche in neuerer Zeit mehr und mehr an Aus dehnung gewonnen hat und deren socialfftischer Cha rakter sich immer entschiedener auöprägt, gelangte vorgestern in der Deputirtenkammer zu Paris zur Er örterung. Die Veranlassung bot die Interpellation einer Anzahl von Mitgliedern der äußersten Linken, welche als „Friedensstifter" sich nach den Gruben- und Hüttenbezirken de» Departement» Gard begeben hatten und die Regierung jetzt beschuldigen, durch Sendung von Truppen (Infanterie, Cavalerie und Artillerie) das BerföhnungSwerk vereitelt zu laben. Die Behörden, wie die Directoren der dort ansässigen Aktiengesellschaften Wersen jedoch den Delegirten vor, die Arbeitseinstellung begünstigt und die Widerspänstig- keit der Arbeiter geschürt zu haben. Nicht blo» die an Ort und Stelle gewählten Deputaten eilten an den Ort der StrikeS, sondern auch ganz fremde: so begaben sich Deputirte des Montmartre, deS Cher, der Nievre nach BcssögeS und Grand'Combe, traten als Vermitt ler zwischen Arbeitern und Brodhcrren auf und spiel ten die Inhaber der Gerechtigkeit. Diese Deputaten aus dem Norden, diese selbstgemachten Friedensapostel wurden von den „Collectivisten", wie sich die extrem sten Socialisten bezeichnen, mit Hohn und Gemein heiten, von den Arbeitgebern mit kalter Artigkeit em pfangen. Man fand, daß die Deputirien der äußersten Linken die „parlamentarische Mission " denn doch ein wenig weit ausdehnten; man sand auch, daß eS durchaus nicht von Heil sei, wenn die radikalen Depututen, um ihren Ein fluß im Lande auszubreiten, dir Arbeitseinstellungen zur Erreichung politischer Zwecke auSzubeutcn suchen. Nach den an Ort und Stelle gemachten Erfahrungen wurde die Interpellation von den Deputirten der äußersten Linken also jedenfalls nicht auf Grund ihrer Ueber- zeugung eingebracht. Sie interpellirten einzig und allein aus Besorgniß, da sie befürchten, im andern Falle an Einfluß bei ihren Wählern zu verlieren und sich die Gunst der Arbeiter zu verscherzen, deren Stimmen da» Wesentlichste zu ihrer Wahl beigetragen haben. Cle menceau und seine nähere Umgebung werden jetzt schon von den eigentlichen Socialisten al» „Bourgeois" be zeichnet, und das bedeutet bei diesen Leuten schon un- aesähr Dasselbe, wie Verräther an der Sache de» Vol ker. Keine Partei enthält so viele Streber, als die Intransigenten, und Jeder sucht über den Rücken des Andern zu Macht und Ansehen zu gelangen. Die sie, und von wem? Sollte Klausen doch Etwa» ge sehen und ihr davon erzählt haben? Und dann, welches Gerede wird e» nun im Dorse geben, wa» wird Klausen sagen, und wa« werden die Leute denken? Wohl gab er nicht viel Acht auf da» Gerede, aber daß man sich um ihn bekümmere, das war ihm ärgerlich, gerade jetzr. Zu reden gab e» genug. Jeder wußte Etwas, und Jeder wollte wissen, wie Gunil die Heimkehr de» Bräutigams aufnahm, und wie Holger. Klausen wird sich wohl trösten, meinten sie bald, ein Bursche, wie er, findet Mädchen genug. Wie stolz er auSsiehtl Wie stattlich schreitet er mit seiner Mutter, die vor Glück und Freude strahlt, am Sonntage zur Kirche. Wie schön er ist, und wie gut ihm die Matrosentracht steht! Und wie kann er erzählen I Wie gern hört man ihm zu, wenn er des Abends am Strande von seinen Reisen berichtet! Wie klug und verständig — er hätte wohl zur klugen Gunil gepaßt. Aber er sieht nicht aus, als ob er sich um sie gräme. — Bleibt er wohl länger hier — immer? So ging da» Gerede der Dorfbewohner in den ersten Tagen nach Hjalmar Klausen'- Ankunft, dann, als die Zeit verstrich, Woche aus Woche, verstummte eS wieder aus Mangel an nährendem Stoff D r junge Mann hantierte fleißig im Wutweuhause, vom Morgen bis zum Abend; er fand allerlei zu ordnen und auSzubessern. Seine Mutter sah man geschäftig hin und hergehen, als habe sie gar Vieles zu thun, und doch war eS nur, um an feiner Seite zu sein. Für Holger'» Frau hatte er keinen Blick, und Gunil schien'», al» ob er ihre Bitte vergessen habe. DaS bestätigte auch Mutter Klausen, die ihr am zweiten Dinge, er ist ein Anderer, al» der Klausen, der den Tage nach seiner Ankunft begegnete und sie anredete: Neugierigen von seinen Fahrten erzählt; er ist ernst zögerung erleide, äußerlich auf der Adresse mit der Bezeichnung „Coloradokäfer betreffend" zu versehen. Ueber den Erfolg und über den durch die Ver tilgungsmaßregeln erwachsenen Aufwand, welcher bi» auf Weiteres auf die Staatskasse übernommen werden soll, ist sodann mit thunlichster Beschleunigung Anzeige an daS Ministerium de» Innern zu erstatten. III. Die Vernachlässigung und Uebertretung der unter I oben gegebenen Vorschriften, sowie der sonst getroffenen polizeilichen Anordnungen ist mit Geld- strafe bi» zu 150 Mark oder entsprechen«! Haftstrafe zu belegen. Diese Strafen treffen auch Denjenigen, welcher e» unterläßt, Kinder oder andere Personen, welche seiner Gewalt und Aufsicht untergeben sind, und zu seiner HauSgenoffenschaft gehören, von den mit Strafe be drohten Uebertretungen abzuhalten. Dresden, am 6. März 1882. Ministerium des Innern. v. Nostitz-Wallwitz. Fromm. Nichtamtlicher Theil. Uedersicht: Telegraphische Nachrichten. Zeitungöschau. Tageögeschichte. Feuilleton. Tageökalender. Inserate. Erste Beilage. Tageögeschichte. Dresdner Racdrichten. Provivzialnachrichten. Zweite Beilage. Börsennachrichten. Telegraphische WitterungSberichte. Mittel, die sie zu diesem Behufe anwenden, find ein- fach genug: sie zeigen sich eben viel radikaler, als ihre Vorgänger, die dann oft im Vergleich mit ihnen al» Reaktionäre erscheinen. Namentlich die Deputirten ver fallen diesem Loose sehr leicht wegen des zähmenden Einflüsse», den die Verhandlung»weise der Kammer aus sie ausübt. Man kann diesen Einfluß bei einzel nen Persönlichkeiten auf da» Genaueste verfnlgen, und Niemand wird ihn ableugnen können, der Tony Re- villon in einer Volksversammlung und dann in der Kam mer hat reden hören oder CloviS Hugur»' bluttriefende Poesien mit seiner Haltung in der Kammer vergleicht. Selbst der Letztgenannte ist seinen Wählern schon zu nachsichtig in Worten und Geberden; Beide haben schon hören müssen, daß sie unter dem Einflüsse der Kammer „Bourgeois" geworden wären, und Louise Michel hat schon einmal den Vorschlag gemacht, überhaupt Nie manden mehr zu wählen, da die Kasmerluft die Besten der Partei corrumpire. Die Interpellanten von der äußersten Linken in der Deputirtenkammer, an deren Spitze Lanessan stand, haben denn auch vorgestern nichts weiter erreicht, wie ihren Specialzweck, nämlich a'.S Bertheidiger der Ar beiter dazustehen. Noch mehr, Clemenceau steckte ganz unerschrocken die rothe Fahne auf, indem er eS al» die „Mission" seiner Fraktion in Anspruch nahm, die Arbeiter gegen die „Patrone" in Schirm und Schutz zu nehmen. Die Ausfälle und Beschuldigungen gegen das Cabinet Frycinet traten auch ganz in dem ge hässigen Tone des Fanatismus auf, der sich seit 17 92 der „Unterdrückten" der großen Nation säst in perio dischen Zwischenzeiten bemächtigt. Ein boshafter Zu fall hatte gewollt, daß gerade an dem Tage, wo die Deputirten der äußersten Linken an Ort und Stelle ankamen, die Strikenden die Arbeit wieder ausgenommen hatten. Aber die Gegenwart der Deputirten erregte in den Arbeitern nnhrerer Nachbarbezirke die Hoffnung, daß vielleicht auf die Unterstützung de» Parlament» zu rechnen, und so brach der Strike zwar nicht in Grand Combe, aber an anderen Stellen von Neuem aus. Die Deputirten kehrten in großer Verlegenheit nach Paris zurück, und die Behörde schritt ihrerseits ein, indem sie Truppen auf den Schauplatz de» StrikeS sandte, um die Ordnung aufrecht zu halten. Die» nun wurde von der äußersten Linken als eme unnöthige Aufreizung getadelt; da aber die Intransigenten selber bei ihrer Anwesenheitim Gard nichts au»genchtet haben, so waren sie nicht gerade in der besten Lage, die Regierung zu interpelliren, und e» konnte dem Minister deS Innern nicht schwer werden, den Angriff Lanessan'S abzuwehren. In der That kann sich daS Ministerium über den Ausgang der vorgestrigen JnterpellationSdebatte nicht beklagen. Die von ihm gewählte Tagesordnung, von Turquet und Boysset eingebracht, welche die Erklä rungen und Acte der Regierung bei dieser Gelegenheit billigt, wurde nämlich mit 309 gegen 48 Stimmen angenommen. Da» Cabinet hat somit einen unzwei deutigen Vertrauensbeweis von Seite einer Mehrheit erhalten, die zum Theile nur aus seinen eigenen An hängern und Parteigenossen bestand. Lanessan und Genossen kamen bei Entwickelung ihrer -Interpellation zu der Behauptung, die Regierung habe durch An wendung der bewaffneten Macht die Freiheit der Arbeit verittzt. Der Minister deS Innern, Renä Goblet, be rief sich bei seiner Antwort auf den wahren Gang der Ereignisse und that dar, daß die durch den Socialisten Fournivre aufgereizte Arbeitermasse durch ihr Bor- dringen zum Ventilator daS Leben ihrer bei der Arbeit gebliebenen Genossen bedroht und da» bewaffnete Ein schreiten nothwendig gemacht habe. Dir» muhten die Intransigenten auch zugestehen. Lanessan und nach ihm Clemenceau versuchten hierauf die Debatte auf ein weiteres, allgemeinere» Feld zu führen; aber der Minister des Innern, der seine Sache gewonnen fühlte, „Gunil, geschehene Dinge sind nicht zu ändern; mein Junge ist zurück und bleibt hier, freit auch wohl bald um ein andere» Mädchen, da denke ich, e» mag besser sein, wir Beide vergessen auch, daß e» ander» hätte sein sollen. Ich trage Dir nicht» mehr nach." Jede» Wort der Alten legte sich auf ihre Seele und erschwerte die Last, die sie trug. Warum bleibt er denn, ist e» schon vorbei mit seinem Leid? Wohl ihm, wenn e» so ist, ihr soll e» ja recht sein. Aber e» schmerzt doch. — Oder sinnt er vielleicht, wie Hol ger beikommen, sie frei machen? Nein, nein! da» nicht! Er sieht ja froh und zufrieden au» — nicht wie Einer, der sich mit schweren Gedanken trägt. Wa» er erzählt, ist wahr, da» fühlt sie, aber er kann sie nicht loskaufen; sie trägt nur schwerer, seit sie eS weiß. Sie darf e» dem Baler nicht verrathen, sie kann ja nicht aufkommen mit ihrer Anschuldigung, e» fehlt ja jeder Zeuge, und wenn sie'» ihrem Vater vertraut, um ihn vor sich selbst frei zu machen von der Schuld, die nicht die seine, so ist'», weil sie weiß, daß er nicht schweigen kann vor Holger, und von diesem sürchtet sie Alle», für den Bater, für Klausen. Aber warum ble bt Hjalmar auch so lan^e? Muß sie ihn denn täglich sehen, fü'ii-n, daß er gar oft nach ihr sieht, daß er sie beobachtet Schritt für Schritt? Nie sagt er ein Wort, wenn sie einander begegnen, aber sie fühlt seinen Buck. Richt Mitleid liegt m dem Blick, auch nicht Liebe allein; er ist so seltsam, er dringt in ihre Seele und liest die Gedanken, die sie verbirgt vor sich selbst, die sie im Traume fliehen möchte. Auch scheint er dünn nickt sroh und guter