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M,1 Lonntafl, den 5 März. 1882. ^douuemoot-cprvlvr I« ^»Lr«L ä«ut»vk»o Lsicd«: ^Lürlieü: .... 18 Lt»rlc. 4 «L>lc bO t's. Liorvlos l^ummoru: 10 kk. ^u»»»rk»Id clo« ctc-uticüeu ttsicii68 tritt kost- uoä Ltowpvlruscül^ bioru. In^vrLleoprelsvr kür U«n Raum eins, ^«pultsosu kstitreils 20 kk. Unter „Kin8«»»o6t" äis 2eilo üO l's. Lei 2'»bsUt!u- unct 2iüern8ittr SO Lrsclivineil: I^Ueü mit Fu8nrcüm8 äer 8onn un,I keiertr^o ^deuä» für üso kolbeoäsu 1^. Dres-MAomMl. loseroteonuankme »usN'Lnt«: Letpsi^. k>. Lraitistetter, t,'o«Lo>>«»onLr üe« vrescloer ^orirvLls; LAMdur^ v»rltL Vi«o - l.«ip»i^ L«,»l Lr»,I»u Vrsvlrfurt ». M : //aasenstrrn <1 L«rU»-Vi«v N»mk»rz- vr»x-1,«ip»i^ krsailkart ». N. Häard»»: /ei-ct L«rlm: />ica)ic/«-n</<in1/ Lremou: F'. i8ck/ntt e, Lrsslsa: F ^cinc/'n'« Lurrou ^,n,t krsoirkart » « : F «/a^Ae^'sebs liuclikitoclluv^; 6örUii: <r. ^/ü//c-r,- L»»aovsr: (7. KtHüssZer, ksri« LsrUll - ^rsLtrfrirt » StvU^srt: 7)a«6e cf Co., ÜLmdurx^ FF Lleiner. Verantwortliche Nedaction: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. L e r » u » x v d « r r Lüoisi Lipeäition äes Oresäoer ^ouro»!», Lresäso, 2vio^«rstr»s»s Ho SO. Ämtlicher Llicil. Drt-den, 4. März. Aus Allerhöchsten Befehl wird wegen erfolgten Ablebens Ihrer Hoheit der Her zogin Anna von Mecklenburg-Schwerin am Königlichen Hofe die Trauer auf eine Woche, vom 5. bis mit 11. dieses Monats, angelegt. Dresden, 27. Februar. Se. Majestät der König haben dem Königlichen Kapellmeister Schuch hier den Titel eines Hofraths mit dem Range in der I V Klasse der Rangordnung Allergnädigst zu verleihen geruht. Dresden, 1. März. Se. Majestät der König haben dem GolddecorationSmaler bei der Königlichen Por- zellanmanufactur zu Meißen, Earl Friedrich Kolbe, das AlbrechtSkreuz Allergnädigst zu verleihen geruht. Dresden, 3. März. Se. Majestät der König haben dem Hossilberkämmerer Gustav Moritz Schulze da- Ritterkreuz II. Classe deS Verdienstordens Allergnädigst zu verleihen geruht. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Regierungsassessor von Witzleben bei der Amtshauptmannschaft zu Löbau das Dienstprädicat als RegierungSrath zu verleihen. Nichtamtlicher Theil. Telegraphische Nachrichten. München, Sonnabend, 4. März. (Tel. d. DreSdu. Journ.) Der Kultusminister Ur. v. Lutz erklärte im Finanzausschüsse, tir Trgnnseer Er klärung könne keinem bayrischen Minister zur Richtschnur in BerfassungSsragrn dienen; er wolle aber gerne zugestehen, daß diese Erklärung als Ausdruck deS königlichen Wohlwollens gegen die katholische Kirche aufzufassen sei. AlS weitere Zu geständnisse bezeichnet der Minister die Wieder besetzung der theologischen Lehrstühle im Einver nehmen mit den Bischöfen, die Entfernung deS altkatbolischen ProfeporS Ur. Friedrich von der theologischen Kacultät zu München» ferner die Re vision der Simultanschulverordnung vom Jahre 1873. (Vgl. den Schluß der „Zeitungsschau".) Abg. Sickenberger ist aus dem Finanzausschuß ausgetreten, weil er, im Gegensätze zu den Mit gliedern der patriotischen Partei, durch die Er klärungen deS Kultusministers befriedigt ist. Wien, Freitag, 3. März, Abends. (Tel. d. Boh.) Zu Beginn der heutigen Sitzung deS ZollauS- schusseö deS Abgeordnetenhauses gab der HandelS- Minister Baron Pino eine längere Erklärung ab und sagte: Das Werk der Tarifreform stellt sich als eine mög lichst harmonische Förderung der auf einander an gewiesenen Industrie und Landwirthschast dar. Als drittes Moment wirkte die StaatSnothwendigkert, welche die Erhöhung der Finanzeinnahmen gebieterisch fordert. Die wechselseitige Förderung der Industrie und der Land- wirihschaft kann nur im gemeinsamen Zollgebiete ganz verwirklicht werden; deshalb bildet der Zolltarif selbstver ständlich ein Compromiß der Interessen beider ReichStheile. Ich muß darauf hinweifen, daß der Zolltarif fast alle bei der Revision im Jahre 1878 unerfüllbar gewese nen Forderungen der österreichischen Gemerbeireibenden und Landwirthe thatjächlich befriedigt. Diese Forde rungen waren hauptsächlich die wirklich autonome Ge staltung des Zolltarifs ohne freiwillige Concessionen an das Ausland, ferner bezüglich der Höhe der Zölle die Parität mit Deutschland, endlich die Berück sichtigung der durch die deutschen Zollsätze bedrohten landwirthschastlichen Interessen. Diese Wünsche sind in dem vorliegenden Zolltarif zumeist erfüllt. Der Minister begründet dies näher. ' Der heimischen Industrie wurde ein höherer Schutz gewährt, damit sie die ausländische Concurrenz leichter ertragen, sich besser entwickeln könne. Der Minister erklärt weiter, daß in den meisten Tarifklassen einschneidende Verbesserungen erzielt wurden, daß bei Fixirung der landwirthschast- lichen Zölle die Wünsche der Bevölkerung, die insbe sondere zahlreich in Böhmen geäußert wurden, vollauf berücksichtigt worden sind, daß die Regierung zunächst den autonomen Zolltarif unter Dach und Fach zu bringen hat, weil sie dann viel kräftiger dem AuSlande gegenüber dasteht und mit größerem Nachdrucke die österreichischen Interessen wahrnehmen kann, daß aber die Regierung in Zukunft der Vertragspolitik nicht ganz aus dem Wege gehen kann. Rom, Freitag, 3. März, AbendS. (W. T B.) In der heutigen Sitzung der Kammer frugen Massari und Crispi, waS seitens der Regierung geschehen sei, als dieselbe da» Attentat gegen die Königin von England erfahren habe. Der Justiz minister Zanarbelli autwortete, daS Ministerium habe nicht ermangelt, der englischen Regierung gegenüber seinem Abscheu über die That Ausdruck zu geben und derselben zugleich seine herzlichsten Glückwünsche zu der Errettung der Königin zu übermitteln. Der König und der Papst haben der Königin Victoria ihre Theilnabmc und ihre Glückwünsche telegraphisch ausgesprochen. London, Freitag, 3. März, AbendS. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung deS Unterhauses machte der StaatSsecretär deS Innern, Harcourt, unter dem Beifall des Hauses die Mittheiluug, daß die Gesundheit der Königin durch daS gegen dieselbe verübte Attentat nicht gelitten habe. Baron WormS beantragte nachstehende, von Slagg unterstützte Motion bezüglich der Juden in Ruß land: Daß das HauS die Verfolgung und die Gewalt- thaten gegen die Juden m Rußland tief beklage und sich der Hoffnung hingebe, die Regierung werde Mittel finden, allein oder gemeinsam mit anderen Mächten ihre guten Dienste bei der russischen Re gierung zur Verhinderung der Erneuerung ähnlicher Gewaltthaten eintreten zu lassen. Der Premier Gladstone glaubt, daß die An nahme des von WormS gestellten Antrags die Inter essen, denen er dienen solle, schädigen werde; er sei überzeugt, der Kaiser von Rußland und die russische Regierung sähen die begangenen schrecklichen Frevel wre England mit Abscheu an; derartige Gräuelrhaten bildeten eine äußerst beklagenswerthe Thatsache in der Geschichte eines Landes, besonders aber um deswillen, weil sie von Christen verübt worden seien. Etwaige Vorstellungen müßten unparteiische und dürsten keine diplomatischen oder parlamentarischen sein. — North cote erklärt, daß er mit dem Zweck des Antrags sympathisire; er hoffe, die Regierung werde, wenn Vor stellungen unlhunlich sein sollten, die Zusicherung er- theilen, daß sie zur Förderung des Zwecks des An trages alles ihr Mögliche thun werde, und erwarte, daß Worms seinen Antrag dann zurückziehe. Der Unterstaatssecretär Dilke wiederholt die früher schon vom Earl Granville abgegebenen Er klärungen: der Baron Worms aber zieht darauf seinen Antrag zurück. Aus Windsor meldet der Telegraph: Der Attentäter Mac Lean (vgl. die „Tagesgeschichte") wurde heute vor dem Richter des Polizeigerichts verhört. Derselbe nahm dabei eine sehr ruhige Hal tung ein und richtete wiederholt Kragen an die ihm gegenübergestellten Zeugen. Mac Lean er klärte, die Armuth habe ihn zu dem Verbrechen getrieben; untrr allen Umständen habe er der Königin kein Leid zufügrn wollen, er habe nicht einmal auf dieselbe gezielt. Die Fortsetzung des Verhörs wurde auf den 10. d. M. vertagt. Belgrad, Freitag, 3. März, AbendS. (W. T. B.) Lon dem früher» serbischen Gesandten Protic war anläßlich der in Rußland aufgenom- mrnen Anleihe von 1 Million Ducaten eine Aus gabe von 30,000 Ducaten verrechnet worden. Der Deputirte Rainie hat nunmehr an die Regierung eine Interpellation darüber gerichtet, wozu Protic diese Summe verwendet und ob die Regierung diese enormen Ausgaben gutgrheißrn habe. Dresden, 4. März. Die unsichere und schwankende parlamentarische Lage in Bayern hat durch daS dieser Tage publicirte Handschreiben Sr. Majestät deS Königs Lud wig II. an den Staatsminister v. Lutz vom 23. Februar eine plötzliche Wendung erfahren, denn die Krone manifestirt durch dasselbe den entschiedenen Willen, sich das Ministerium von der Kammeroppo sition nicht abringen zu lassen. DaS königliche Hand schreiben ist eine vollständige Billigung der Haltung des Ministeriums Lutz und eine Ablehnung der staats rechtlichen und politischen Bestrebungen der Opposition der Abgeordnetenkammer. Die Bedeutung des aller höchsten Handschreibens steigt noch durch die Erwägung der Thatsache, daß eS ein spontaner Erlaß der Krone und nicht etwa der Bescheid auf ein DemlfsionSgesuch deS Ministeriums ist. Hätte dem König Ludwig II. ein Demlssionsgesuch Vorgelegen, so wäre dies sicher aus dem Handschreiben ersichtlich. Lediglich mit Rück sicht auf die Gesammtlage und unter Erwägung der Kammerdebatten spricht der König „die bestimmte Er wartung* aus, daß „die von Mir berufenen Räthe der Krone auch fernerhin fest ausharren und mit aller Kraft für die Rechte Meiner Regierung eintreten wer den, wie es bisher geschah". Bestimmter und fester kann der Siurm auf das Ministerium nicht desavouirt werden. Der König erblickt in der Opposition Be strebungen, „welche darauf abzielen, die unzweifelhaf ten Rechte des Staates zurückzudrängen", und will, daß die Regierung „jetzt und in Zukunft" diesen Be strebungen entgegentrete. Es dar^ wohl angenommen werden, daß die jüngsten Verhandlungen der Abge ordnetenkammer, wobei einzelne Angriffe der ultra montanen Redner über das Ministerium hinausschossen, die Ueberzeugung von der Nützlichkeit eines solchen Einschreitens verstärkt haben Namentlich dürsten die Aeußerungen, welche über das Verhältniß der bayer- schen Staatsregierung zur ReichSpolitik neuerdings ge fallen sind, daS gerade Gegentheil deS Eindrucks be wirkt haben, welchen die betreffenden Redner offenbar beabsichtigten. Nach dieser klaren und bestimmten Willensäuße rung der allerhöchsten Stelle kann es nun für die Opposition einen principiellen Kampf gegen das Mi nisterium nicht mehr geben; er würde zum Kampfe gegen die Krone, denn negiren und übel sehen läßt sich die königliche Willensäußerung Nicht. DaS Letztere könnte man nur, wenn man die staatsrechtliche Trag weite und die formelle Berechtigung des Aktenstückes in Abrede stellen wollte. Dies zu thun, wäre aber nach beiden Seiten hin unberechtigt; denn der König steht mit dem Erlaß seines Handschreibens vollkommen auf verfassungsmäßigem Boden Daß das Aktenstück von keinem Minister contrasignirt ist, fft natürlich und ändert an der Bedeutung desselben, als einer kön g lichen Willensäußerung, nichts. Nach der bayerschen Verfassung ist die Krone nicht gehalten, die Minister nach dem Willen der Kammermehrheit zu ernennen, und der Volksvertretung sind nicht die weitgehenden Rechte eingeräum*, welche die gegenwärtige Opposition beansprucht. Die Majorität der letzter» verlangt denn auch bereits Frieden und Ausgleich mit dem Mini Feuilleton. Redigier von Otto Banck. Residenztheatrr. Am 3. März wurde (zum Be nefiz für Frl. Bendel) zum ersten Male das bei einem Prelsausfchrelben dieser Bühne als die beste Arbeit erwählte sogenannte Volksstück: „Die Andreasnacht von Eugen Friese aufgeführt. DaS sehr zahlreich versammelte Publicum nahm dieses Stück, welches den Zügen der sächsischen Geschichte im 16. Jahrhundert entnommen ist und rn möglichst lebendiger Eharakteristik das Treiben der Landsknechte und der mittelalterlichen Philister Meißens zeichnet, mit reger Antheilnahme entgegen. Die Absassung dieser Arbeit ist von einer gesunden, ehrenwerthen Tendenz beseelt und deswegen rein geblieben von allen den modernen Effectmitteln, die vom harmlosen Element in das krankhafte oder gar frivole hrnüberschweifen. Von den 6 Bildern, die im bunten Wechsel die Action zum Abschluß bringen, fand mit Recht die glücklich erfundene Scene am Andreasbrunnen die leb hafteste Ansprache. Auch die Wirkung der guten Ausstattung durch die Costüme und die hübschen DecorationSbrlder des Hrn. Malers Pfeiffer unterstützten den befriedigenden Eindruck auf die Anwesenden und nicht minder that die- die umsichtige Jnfcenirung und daS frische Zu sammenspiel. Die Herren Ross, Wilhelmi, Schwarz hatten sich eifrig in ihre Aufgaben hlnemgearbeitet, ebenso Frau Ross und Frl. Bendel, welche ihre Bühnen ¬ geschicklichkeit in den Stand setzte, auch eine der Art ihres Talentes nicht eben nahe liegende Rolle ersprieß lich durchzuführen. DaS Ganze ist für eine Bühne, wie die des Resi denztheaters erfreulich durch den Vortheil einer nicht schwierigen, aber ausgiebigen Spielbarkeit. O. B. Das sechste und letzte Sinfonie-Concert der königl. Kapelle, Freitag den 3. März, unter Direc- tion deS Hrn. Kapellmeisters Dr. Wüllner enthielt in seinem Programm Schumann's „Ouvertüre, Scherzo und Finale", unter welchen Sätzen der zweite mit seinem graziösen Trio entschieden hervorragt, das Con cert L-6ur von I. S. Bach, Beethoven'S O-moII Sym phonie und eine „tragische Ouvertüre" op. 81 von I. Brahms. Letztere, eine Novität, erschien zufällig noch als ein Nachtrag zu der verflossenen Brahms-Woche in unsrer diesjähriger! musikalischen Saison. Aber sie entsprach nicht den Erwartungen, welche der Titel und der Name deS Componisten erregten. Ohne Bezug auf ein Drama, ein bestimmtes Sujet, müßte sie nicht bloS durch bedeutende gedankliche Erfindung, sondern umsomehr durch einfache, logische, im großen Stil ge haltene Entwickelung, durch Klarheit und Plastik der Structur und großes Pathos der Steigerung ein in der Idee allgemein verständliches und tiefei greifende- Bild tragischen Inhalts geben. Von diesen Anfor derungen findet sich keine erfüllt, und geistreiche, auch kunstvoll gestaltete und im instrumentalen Effect interessante Einzelnheiten können dafür keinen Ersatz geben. Sämmtliche Ausführungen der Kapelle unter Dr. Wüllner'S Leitung waren vorzüglich, vor Allem aber bot die Wiedergabe des Bach'schen Concerts und der 6-molt -Symphonie durch Vollendung und wahrhafte Begeistigung, durch Feinheit und Schwung des Vor trags einen herrlichen genußreichen Abschluß der Sym- phonicconcerte. Bach'S ?-äur-Concert, welches mit einfachsten instrumentalen Mitteln uns die Macht deS Geister offenbart, ist das erste der sechs dem Mark grafen Christ an von Brandenburg gewidmeten Con- certe. Es zeichnet sich durch eigenthümliche Zusammen stellung der Soloinstrumente (Violine, Oboe, Horn) und durch originelle Verwendung derselben aus und ist für Streichinstrumente, dazu Violino piceolo (die von kleinerem Format eine Terz höher stimmte), 3 Oboen, 2 Waldhörner (welche doppelt besetzt wurden) und Fagott geschrieben. Die Waldhörner über sind in so hoher und unbequemer Lage gesetzt, daß sie bei ihrer jetzigen Construction fast unüberwindliche Schwie rigkeiten bieten. Die Ausführung wurde in musikalisch charakteristischer Behandlung und virtuosem Können ein Triumph der Kapelle und ganz besonders (im Adagio) der Solisten (der Herren Concertmeister Lauterbach, Hiebendahl, Hübler, Franz I) »nd in An betracht der ganz außergewöhnlichen, der jetzigen Praxi- fremden Aufgabe für die Hörner darf den oft verkann ten Hornbläsern wohl mir vollem Recht der Preis künstlelischer Virtuosität in dieser schönen Production zuerkannt werden. C. Banck. WaS die Wogen rauschen. Flschermwclle von F. v. Stengel. (Fortsetzung.) Schon wallte Mertens auf, doch er bezwang sich meinte, sie werde klüger thun, sich zu besinnen, sterium und klammert sich dabei an den Passus deS Handschreibens, welcher „den religiösen Bedürfnissen" de- Volkes die „sorgsamste Beachtung und Pflege" zusichert, um von einem dem Ministerium hinsichtlich der kirchlichen Frage gegebenen Wink sprechen und sich damit den Rückzug erleichtern zu können. Logisch ist einem in den schmeichelhaftesten Ausdrücken verfaßten Vertrauensvotum gegenüber diese Auffassung ganz und gar nicht; aber vielleicht ist e» dem Ministerium selbst gar nicht unangenehm, vorau-gesetzt, daß, ans diese Auslegung gestützt, die Mehrheit der Kammer ihren Frieden mit der Regierung machen will. Die Augsburger „Allgemeine Zeitung" sagt in einem dem königlichen Handschreiben gewidmeten Ar tikel: „Vom constitutionellen Standpunkte und bei einer liberalen Auffassung des modernen StaatSlebenS ist es auch für den überzeugten Verehrer de- monar chischen PrincipS kein Gegenstand besonderer Genug- thuung, wenn der über den Streit der Pateien erhabene LandeSsürst bei inneren politischen Dissidien zur Klä rung der Lage und zur Zurechtweisung der Streiten den das Wort zu ergreifen veranlaßt ist . . . Wenn daS königliche Handschreiben Sr. Majestät Ludwig'-II. an den StaatSmlnister l)r. v. Lutz bei allen maßvoll denkenden Patrioten sympathische und beifällige Ge fühle erweckt, io muß e» in Motiv, Inhalt und Zweck über den Gesichtskreis der Parteien erhaben von jener Höhe de- allgemeinen staatlichen und vaterländischen Interesses aus seine Richtpunkte und Weisungen kund geben, so daß eS nicht als eine TageSlosung für Par teimänner, sondern als ein Leitstern erkannt werden muß, welcher, über allem Streit der Fractionen stehend, für alle Patrioten zur Rechten wie zur Linken die gemeinsame Richtung auf den Bahnen der Ent- Wickelung deS Lande- auf längere Dauer bezeichnet. Ist das Wirken der Regierung für die wahre VolkS- wohlfahrt in Bayern zunächst mit der Defensive gegen staatsfeindliche Bestrebungen einer irregeleiteten Partei eng veiknüpft, und muß der König bei aller Bejchir- mung und Vertretung der religiösen Bedürfnisse mit Nachdruck an die Wahrung der unzweifelhaften und nothwendigen Rechte deS Staate- erinnern, so weiß Jeder, der den Zuständen und Bewegungen deS Lande- mit Aufmerksamkeit gefolgt ist, daß hierin für Bayern der entscheidende Punkt der Lage getroffen ist. Bei den politischen Kämpfen Bayern- hat man e- nicht mit e.nem Mehr oder Minder constitutioneller Rechte und Befugnisse des einen oder andern FaciorS der gesetzgebenden Gewalt zu thun, so daß dem Vertreter constitutioneller Bestrebungen die Stellungnahme nach der formellen Schablone angewiesen werden könnte: das Ringen der Kräfte dreht sich hier in Wahrheit darum, ob der moderne paritätische Rechts» und Cultur- staat in voller Geltung bleiben, oder ob er die Herr schaft an eine confessionelle Partei ausliefern soll, die nicht von religiösen, sondern von einseitig kirch lichen, staatswidrigen Gesichtspunkten auSgeht und be herrscht ist." Die nationalliberale „Süddeutsche Presse" hebt hervor, daß das königliche Handschreiben auch auf die Verdächtigungen der Königs- und BundeStreue der bayerschen Minister, sowie der Vertrags- und BundeS treue der deutschen ReichSregierung von Seiten einiger Abgeordneten eine Antwort enthalte: „den Ausdruck des vollsten Vertrauens zu jenen angezweifelten Ge sinnungen deS Ministeriums wie die Bestätigung der vom Ministertisch ausgesprochenen Ansicht, daß Bayern die Vertheidigung seiner eigenen wie der allgemeinen förderatlven Interessen im Reiche nicht in der Aeuße- rung unwürdigen Mißtrauens gegen daS Reich wie in der Hemmung der einfachsten Lebensäußerungen der- selben erblickt. Es ist in den trüben Wirren der deut schen Gegenwart eine positive und vertrauenathmende wie vertrauengebende Erklärung, eine Erinnerung an bi- morgen habe sie Zeit. An Klausen sei ohnehin nicht mehr zu denken, ob sie sich nicht schäme, im Dorfe als Verlassene bedauert zu werden? Gunil erglühte. Eine Verlassene. Ist sie ei nicht? Hat er das rechte Wort getroffen, um sie gefügig zu machen? Ihr Stolz empörte sich; doch warum sollte sie Hol- ger's Frau werden? „Vater," sagte sie, ihn ins Auge fassend, „Ihr habt Gründe, warum ich Holger nehmen scll." „Ja," entgegnete er, ihrem Blick ausweichend, „er ist reich". „Ich brauche sein Geld nicht," sagte sie verächtlich. „Er ist mir recht al- Tochtermann," war seine Antwort. „ES ist nicht so gar lang, daß er Euch nicht ein Mat ganz recht war als Nachbar, und —" „WaS willst Du damit?" fuhr er heftig dazwischen. „O, nicht-, Vater, nur daß Ihr gut mit ihm steht, seit er reich geworden." „Nun ja — und Du sollst ihn nehmen, weil er reich ist; er hat mein Wort." „So?" sagte sie spottend. „Ja, an Klausen hast Du nicht mehr zu denken." „Und Holger'S Frau werde ich durchaus nicht." ES lag eine f-ste Entschlossenheit m ihren Worten, die ihn wohl überieugen mußte, daß ihr Nein, Nein bleiben werde, eS sei denn, er finde ein Mittel, sie z» zwingen. Mit großen Schritten maß er die Stube, blieb dann am Herde stehen und blie» mit mächtigen Zügen den Rauch au- seiner Pfeife. Sein Gesicht hatte einen unheimlich dästern Ausdruck, seine Stirn log in schweren