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Dresdner Journal : 23.02.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-02-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188202233
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18820223
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18820223
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1882
-
Monat
1882-02
- Tag 1882-02-23
-
Monat
1882-02
-
Jahr
1882
- Titel
- Dresdner Journal : 23.02.1882
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W45. L t»onn«»«»t,proli r I» muu«o 4«ut»«U»» N«1oK« j iLbrlicb il^Ic >^M»rIiel>: 4 U»rtc lw ?k. Linrolo« Numwvru: Iv^t L«—rd«ld äs« äsutsciisi» k«el»e« tritt?o«t- unä 8t«wpel,u«ct»l»b biaoo. lorvratsvprslij«: rar ä«n K»uw «issr ^espsltsosa ?«Utr«i>« 20 ?L Unter „Lio^e»»oät" äi« Lsils SO kf. 6si ^'»dsUen- uuä 2iFvnuu»tr dü ^uk»et>I«^ Nroebotneu r l^ßsliel» mit ^uivLiuns äsr 8oao- ouä keisrt^, 6lr äsn kal^vuäsn Donnerstag, den 23. Februar. - , - - — Dres-nerÄmrimI. 1882 lo,er»t«n»»»»k»e «»Mkrts: ?>. Lra«<i«1ett-r, Oo«vi»«»»>ontr äe» Vro-jovr loormcli; L»»d«rU I«rU» - Vi«o - U«1p«iU N—«l >r«»i»« »r«»KN>r» «. N.: SaarenZte,» ^o-/rr, IsrU»-Vt«o L^mduiA- ^r«U l^ip«tU Vrulkturt «. >. »ksed««: ätn«<; I«rli» . /^sakiäenätint, Nr«««n L i8c^kott«, >r««t»«, L Lta«A<m'» Lurean , kr«»tki»rt « > : L ^arArr'sok« liuektuutäluvss; Söriit«: v ä/Mer,- L«»»«r«r: 0. Kek>ü«»ier, ?»rt» I«rUi» -Ur»Lttsrt « A - »taUx«rr DaitL« Oo., S»«d»r>' ^ci. Lte»»»er Verantwortliche Redaktion: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. Usrsusxsdsrr Uüoi«^ Lipeältiov «je, vroräoer ^oura»!», Dr«»ä«o, ^vin8^"trL«s Ho. 20 Aiiltlicher Theil. Sc. Majestät der König haben Allergnädigst ge- ruht, dem Gemeindevorstand Wunderlich in Ecker»- dach da» allgemeine Ehrenzeichen zu verleihen. Nichtamtlicher Theil. U-iersicht: Zeitnngsschau. Tagesgeschichte. Dresdner Naedriebteu. Proviuzialnachrichteu. Eingesaudtes. Feuilleton. Beilage. Ernennungen, Lersetzungen re. im -sseutl. Dienste. Dresdner Nachrichten. Telegraphische Nachrichten. Osnabrück, Mittwoch, 22. Februar. (Tel. d. DreSdn. Journ.) DaS päpstliche Breve, betreffend die Ernennung des (SeneralvicarS Hoetnig zum Bischof von Osnabrück, ist hier eingrtroffra. Wien, DienStag, 21. Februar, Abend». (Tel. d. Boh.) Der Reichsgerichtspräfident Prof. vr. Unger empfing heute in Inständiger Audienz die Deputation der Prager „Lese- und Redehalle der deutschen Studenten", welche daS Ehrenmitglied-- diplom der Lesehalle überbrachte, vr. Unger gab in eindringlicher Weise seinen Sympathien Aus druck, die er für die deutsche Studentenschaft Prags und für deren Bestrebungen empfinde, in dem er seine Hoffnung äußerte, daß die deutsche »Im» m»t«r in Prag jene Aera siegreich über dauern werde, welche die Völker Oesterreichs nicht miteinander, sondern auseinander versöhne. Paris, Mittwoch, 22. Februar. (Tel. d. DreSdn. Journ.) DaS „Journal officiel" veröffent licht die Ernennung deS MarquiS v. Noailles^um Botschafter in Konstantinopel und diejenige Tissot'» (des bisherigen Botschafters in Konstantinopel) zum Botschafter rn London. London, DienStag, 21. Februar, Abends. (W. T. B) In der heutigen Sitzung des Unter hauses richtete Schreiber die Anfrage an die Re gierung, ob irgend welche Verhandlungen zwischen der Regierung und dem Fürsten Bismarck über die Erwerbung Helgolands durch Deutschland stattgrfunden hätten, oder noch stattfäuden. Der Unterstaatssecretär deS Aeußern, Sir Charle- Dilke, erwiderte, solche Verhandlungen hätten nicht stattgefunden. Der Antrag Labouchdre'S, Bradlaugh'- Sitz für vacant zu erklären und die Neuwahl eiueS Abgeordneten für Northampton avzuordneu, wurde mit 3V7 gegen 18 Stimmen abgelehut. Bradlaugh schreitet hieraus zum Tische, verliest und unterschreibt den Eid, indem er erklärt, er habe den Eid geleistet und werde seinen Sitz einnehmen.— Der Sprecher fordert Bradlaugh auf, sich hinter die Barre zurückzuziehen. — Bradlaugh gehorcht, nimmt dann jedoch feinen Sitz ein. — Der Sprecher macht Bradlaugh nochmals daraus aufmerksam, daß er sich zurückziehen müsse. — Churchill stellt den An trag, zu erklären, daß ein Sitz vacant sei, da Brad laugh seinen Sitz ohne vorherige Eidesleistung ein genommen habe, und weist gleichzeitig auf die dem Hause durch daS Betragen Bradlaugh'- zugefügte Be ¬ leidigung hin — Der Premier Gladstone ist der Ansicht, daß es bester fei, die Discussion hierüber auf morgen zu vertagen. Da- Hau- erklärt' sich schließlich hiermit ein verstanden. Im »eiter« Lerlaufe der Sitzung kündigte Northcote an, er werde am Montag den Antrag des Premiers Gladstone, die Tagr-orduuug bis zur Erledigung seiner R esolution über die irische Landbill zu vertagen, bekämpfen. (Beifall seilen der Conservativen.) Wie „Reuters Office" ans Kairo gemeldet wird, entbehrt das in Wien verbreitete Gerücht, welche- die Demisfion der Grneralcontroleure England- und Frankreichs als wahrscheinlich hin stellt, jeder Begründung. (Vgl. unsere Pariser Correspondenz unter „Tagesgeschichte".) St. Petersburg, Mittwoch, 22. Februar. (Tel. d. DreSdn. Journ.) DaS „Journal de St. PsterSbourg" sagt: Die Skobelew'sche Rede ist Gegenstand zahlreicher Commentare der auslän dischen Presse. Man vergißt die bei der Thron besteigung deS Kaisers laut verkündeten Grund sätze, welche eine den Traditionen und den histori schen Freundschaften treue, wesentlich friedliche, der ökonomischen, bürgerlichen und socialen Ent wickelung des Landes gewidmete Politik anzeigten. Eine solche direct vom Souverän bei so feierlicher Gelegenheit ausgehende Erklärung gestatte keinen Zweifel. Die russische Politik bleibe daher und werde bleiben eine klar ausgesprochene, dem Höch- strn Willen absolut entsprechende. Bukarest, DienStag, 21. Februar, Abends. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Depu- tirtenkammrr befragte Pantatzi Ghica die Regie rung über ihre Anficht bezüglich der Rede des Generals Hitrovo, welcher, nachdem er Oesterreich angegriffen, behauptete, daß Rumänien, den Sla- wen gehöre. Der Minister deS Auswärtigen, StateSco, erwiderte, die Regierung könne hierauf nur autworteu, daß Rumänien den Rumänen ge höre. (Lebhafter Beifall der Liberalen.) Konstant in opel, Mittwoch, 22. Februar. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Deutschland hat den Annex tarif deS Handelsvertrags mit der Türkei ge kündigt. Dresden, 22. Februar. Die Wirren in den russischen Ostseeprovinzen sollen jetzt auf gütlichem Wege durch daS in jedem Falle nur zu billigende Einschreiten der Regierung ge löst und geschlichtet werden. Das der russischen Re gierung eigene Verfahren, in LandeStheile, in welchen Mißbräuche in allzu auffälliger Weise überhand neh men, einen mit außerordentlichen Vollmachten auSge- statteten Senator zur Revision zu senden, soll auch hier in Anwendung kommen. Nach vollendeter Revi sion der LandeLverwaltung, aller öffentlichen Anstalten und Unternehmungen und nach sorgfältigem Studium der Bedürfnisse des LandeStheileS erstattet der revi- dirende Senator seinen Bericht dem StaatSrathe, wel cher nun zwar nach seinem Gutdünken die erzielten Resultate zur Gesetzgebung oder zur administrativen Veränderung verwendet oder auch in Archiven ruhen läßt. Eine Folge der Senatorenrevision war z. B. die Aufhebung deS orenburgifchen Generalgouverne ments. Die Ergebnisse der Senatorenrevision sollen als Material zur bevorstehenden Umgestaltung der SelbstverwaltungSorgane dienen u. s. w. Da» schwie rige und keineswegs beneidenSwerthe Amt der Revision der Ostseeprovinzen ist dem Senator Manassein, der für einen tüchtigen und gebildeten Staatsmann gilt, zugefallen. In den drei Ostfeeprovinzen (Livland, Esthland und Kurland) hat zu Ende de» vorigen Jahre» ein: Bolk»zählung stattgefunden welche aus schließlich durch freiwillige Zähler in Ausführung ge bracht worden ist. Bezüglich Livlands, der größten, bevölkertsten und politisch wichtigsten der drei Pro vinzen, hat sich ergeben, daß die Bevölkerung, welche im Jahre 1869 (von der Insel Oesel abgesehen) 949 595 Bewohner betrug, auf 1103 910 Einwohner, d.h. binnen 12 Jahren um 154 315 — 16^ Procent an gewachsen ist. Auf die Städte kommen 232 128 Be wohner (gegen 148 523 im Jahre 1869) und auf daS flache Land 871782 Bewohner (gegen 801 067 im Jahre 1869). Die stärkste Vermehrung hat Riga auf zuweisen, dessen Bevölkerungsziffer gegenwärtig bei läufig 161000 Bewohner beträgt. Der jährliche Zu wachs der Bevölkerung Livland» hat während der letzten 12 Jahre 1,2b 1b betragen, eine Ziffer, die derjenigen Elsaß-LothringenS (1,2s 1b) nahe kommt. Mit großer Spannung sieht man den Veröffentlichungen über die Stärke der verschiedenen in Livland, Esthland und Kur land vorhandenen Nationalitäten (Deutsche, Letten, Esthen und Russen) entgegen. Während in früherer Zeit daS Streben der Letten und Esthen fast aus nahmslos darauf gerichtet war, für Deutsche angesehen zu werden, haben die von der russischen Presse ge- schürten junglettischen und jungesthischen Wühlereien der letzten Jahre es fertig gebracht, baß ziemlich zahl reiche Personen, die bisher wesentlich deutsch gesprochen und ausschließlich deutsche Bildung genossen hoben, dieses Mal als Letten, bez. als Esthen ausgetreten sind. Den Haupthebel der Umtriebe geben einige in den bei den Volkssprachen herauSgegedene Zeitungen ab, die eine fast unbeschränkte Censurfreiheit genießen und seit dem huldvollen Empfang, welchen Graf Jgnatiew der im Sommer vorigen JahreS dem Kaiserpaare vorge- stellten Esthendeputation erwirkte, zu den maßlosesten Ansprüchen berechtigt zu fein glauben. Man hofft allen Ernstes, die beiden, jeder wissenschaftlichen und ästhetischen Literatur entbehrenden VolkSidiome an die Stelle deS Deutschen setzen, in die Landesuniversität, die Gymnasien, die Gerichte rc. einführen zu können, und wird in diesem Bestreben von der russischen Presse begreiflicherweise mit allen erdenklichen Mitteln unter stützt. Die esthnifche Bewegung ist unklar in ihren Zielen, unrein in ihren Mitteln und kurzsichtig in der Auf fassung deS Sachverhaltes, indem sie sich zu speciell rufsifchen Interessen mißbrauchen läßt. Seit etwa 20 Jahren bemühen sich russische Presse und Beamten thum in den Ostseeprovinzen, welche durch die allei nigen Bestrebungen deS deutschen Elements auf einen so hohen Standpunkt gebracht wurden, daß sich keine andere Provinz Rußlands damit vergleichen läßt, die bestehende Ordnung und vor Allem die Stellung der diese Ordnung vertretenden Deutschen zu untergraben. DaS Mittel dazu ist die Lähmung der oberen Slände durch Entfesselung und Aufstachelung der unteren. Während daS Land in erstaunlicher Weise auf blühte, Wohlstand, Ordnung, Ruhe in solcher Weife herrschten, wie nirgends sonst im rufsifchen Reiche, wurde der Bauer von Sendlingen bearbeitet, die ihm sagten, eS gehöre von rechtSwegen Vas ganze Land ihm, weil die Deutschen e» vor 700 Jahren ihm geraubt hätten, und eS komme die Zeit, wo der Raub werde vergolten werden. Man konnte in öffent lichen Versammlungen ost Reden hören, welche ver kündeten, der Tag der Vergeltung für die Eroberung des Lande- im 13. Jahrhundert sei jetzt gekommen; die Deutschen würden alle veijagt und ihre Habe unter die Letten und Esthen getheilt werden. Die Provinzen kosten dem Reiche weniger, al- irgend eine andere Pro vinz und sind doch die am besten verwalteten, wohl habendsten, treuesten, sittlich und wirthfchaftlich ge- Feuilleton. Stcdigirt von Otto Banck. K. Hoftheater. — Neustadt. — Am 21. Februar: „Die Darwinianer", Originallustfpiel in 3 Acten von l)r. I. B. v. Schweitzer. (Zum ersten Male.) „Domestikenstreiche", Poffe m 1 Act. (Neu einstudirt.) Der Verfasser v. Schweitzer, dessen früher Tod für die deutsche Bühne ein Verlust war, da er für die selbe durch mehrere Unterhaltungsstücke ein sehr be achten Swerthes, frisches Talent, eine gewandte und niemals geistlose Auffassung der Zeitfchwächen be kundet hat, ist auch bei unserem Publicum mehrfach bekannt und beliebt geworden. E» ist em Act der Zweckmäßigkeit und zugleich der Gerechtigkeit (sowohl den Erben de» Verstorbenen, wie der unvermeidlichen Zulassung anderer, wahrhaft unbedeutender Theatec- ichriftsteller gegenüber), wenn man auf einige Arbeiten v. Schweitzer'» zurückgrerst. So glaube ich z. B, daß man auch seine amüsante, hoch über die „Darwinianer" stehende Satire gegen den Actienschmndel: Epide misch" mit Borlheil in ter Neustadt aufführen könnte. Daß beide Stücke einst am Residenztheater gespielt wurden (wobei die „Darwinianer" keine genügende Repräsen tation fanden) auf solche Vorgänge ist im Theater- leben leine ängstliche Rücksicht zu nehmen. Außer dem sind bei beiden Bühnen Publicum und LeistungS- fähigkeit sehr verschieden und e» zeugt auch bei kleinen Anlässen nur für die ewig verjüngende Kraft der Schauspielkunst, wenn sich ein ältere» Product unter ihren Händen wieder zu frischem Leben erneut. Ich denke, Herr v. d. Osten würde die Hauptrolle in „Epidemisch" sehr erheiternd zur Wirkung brinaen. „Die Darwinianer", die, beiläufig bemerkt, ge schrieben wurden, als die» Thema noch warm, im Publicum die Auffassungen de- Gegenstände- noch sehr zugefpitzt und die Sachlage durch fanatische Stim mung pro und contra burlesk komisch gemacht waren, sind auch in diesem burlesken Stil behandelt. Er heimelte ohnehin den Verfasser an, der stet» viel Neigung hatte, aus dem Lustspielton, den er recht wohl kannte und zu treffen vermochte, in» Schwank- und Poffenhafte Hinüberzuschweifen. Da» ist auch hier in Dialog und Scenenführung vielfach geschehen. Man kann da leicht die Achsel zucken und von groben Holz schnitzereien, derben Einfällen und Effecten sprechen; doch man darf auch nicht vergeffen, daß man sich recht sehr dabei amüstrt, daß der Autor wirklich Holz besaß, daß er mit leichter Hand zu schneiden verstand, daß ihm Einfälle und Effecte in Masse zu Gebote standen, und doß er zu beweglich und keck mit einer gewissen geistigen Wohlhabenheit schaltete, um feine scherzhaften Ideen und drastischen Motive bi» zur Ermüdung au»- zubeuten, seine etwas grelle Primafarbe matt zu quälen. Seine beiden genannten Stücke sind eben dramatlsirte locker gearbeitete Satiren, parodistischen Transparenten vergleichbar, die für den Tag gemalt wurden. Zu anspruchsvollerer Ausführung von Zeit fragen fehlte ihm vielleicht für das Kunstwerk — und ein solches kommt dann statt de» harmlosen Unter» Haltungsstücke» in Frage — die nöthige Kraft. Er würde dann wie der Verfasser von „Unsere Frauen" in da» klägliche Ungenügen vqrfalleu fein, welche» sich zwischen Tendenz und schwächlicher Austragung der selben geltend macht. Da» Stück war gut einstudirt und seine muntere Darstellung erhielt vielen Beifall. Die Hauptrollen sind in Händen de» Hrn. v. d. Osten, der Frau Bayer und der Herren Swoboda und Bauer. Auch die Fräulein» Guinand, Hahn und Arndt (die wenig Beschäftigung findet) lösten ihre Aufgaben erfreulich. „Domestikenstreiche" empfahl sich zu neuem Einftudiren al» heiterer Scherz au» alter Zeit und im alten Geschmack der Narren und Gimpelschwänke, wie sie für die Fastnacht passen. Endlich ist da» doch ein gesunder guter Humor, über den man herzlich lachen kann, wenn die erste Gene überwunden ist. Dem modernen Lulturmenschen ist nämlich der behagliche, offene Smn für den altdeutschen „Spaß" so ziemlich verloren gegangen oder durch anspruchsvolle Ambition verhüllt. Man hat feinen Gefchmack auf daS „Geist reiche" dressirt, er muß eS verlangen, eS ist die Parole feine» Bildungszeichen». Und follle da» „Geistreiche" m den grquältesten Humoren bestehen, er hat e» — natürlich die Gabel in der linken Hand — zu ver- fpeijen, und sollte e» ihn krank und elend machen. In der That, man könnte sich oft in Mitten der viel- gerühmten Clvilisation bester befinden, wenn man mehr Muth zur lustigen Albernheit hätte. Der kleine Scherz wurde allerliebst gespielt und zwar von Hrn. Hagen, Hrn. Kramer und Frl. Diaeono. O. B. sündesten von allen Provinzen, aber sie sind deutsch im Wesen, und sie sind außerhalb der bureaukratischen, uniformen Ordnung de» Reich». Da» sind die zwei Verbrechen, welche den Panslawisten und den Tschinow- nik (Beamten) in Rußland nicht schlafen lasten. Sie sollen russisch im Geist, russisch in der Form werden. Die Esthen und Letten schwören bereit» darauf, daß mit der bevorstehenden Revision die letzte Stunde der Deutschenherrschaft anbrecheu werde; zur großen Ent täuschung der Panslawisten ist man jedoch in den deutschen Kreisen der Ostseeprovinzen über die angekün digte Revision vollständig befriedigt. Sämmtliche dal- tifche Blätter geben einem Gefühl freudiger Genug- thuung Ausdruck, dabei still erhoffend, daß die von einem vorurtheilSfreien, achtung-werthen Manne voll führte Revision endlich einmal alle die Mißbräuche, Gewaltthaten und geheimen Aufhetzereien der Esthen und Letten gegen die Deutfchen aufveckrn werde. Für ihre eigene deutsche Verwaltung brauchen die Ostjee provinzen nicht zu fürchten, denn selbst der „GoloS", der die Ostseeprovinzen und ihre Sonderverwaltung bitter haßt, sieht sich gezwungen, zu bek n»en, daß e» „schwer sei anzunehmen, daß die Revision in der Ver waltung und in der Thätigkeit der verschiedenru Or gane Mißbräuche und Gesetzesübertretungen entdecken sollte. Alle Wahlbeamten Haden sich dort daran gewöhnt, stets auf dem festen Boden der Gesetzlichkeit zu stehen." Da» vorherrschende Interesse der Ostfeeprovinzen wird augenblicklich in Anspruch genommen durch den am 25. Januar in Riga eröffneten Landtag, welcher wegen der Größe und Bedeutung seiner Ausgaben zum Markstem der innern Entwicklung nicht nur Livland», sondern auch der beiden Schwesterprovinzen Esthland und Kurland bestimmt zu sein scheint. In einem Schreiben, welche» der Augsburger „Allgemeinen Zeitung" au» Livland zugeht, heißt eS: „Die Aus gaben, welche diesem Landtage zur Berathung und Be- schußfasfung obliegen, sind meist wichtiger Natur: so die Arbeit einer im Jahre 1879 erwählten Eommission über die Reorganisation der Landpolizei — eine Frage, die in dieser Zeit der Gährung und Unsicher heit de» Eigenthum» auf dem flachen Lande von der allergrößten Bedeutung ist; dann die Frage wegen Beschränkung oder Aufhebung de» PatronottrechtS, die feither durch Hetzereien fehr viel böse» Blut gemacht hat; ferner das Project eine» ritterschafilichen Bank institut» mit dem Zwecke, den Bauerngemeinden Liv land» einen billigen und längern Credit zu gewähren, und verbunden mit einem Leih- und Sparkasfengeschäft, fodann die Umänderung und Vervollständigung de» bäuerlichen Erbrechte», da da» vor 22 Jahren ergangene Gesetz angesichts der seitdem durch den Verkauf der Bauernländereien ganz verän derten agrarischen Verhältnisse nicht mehr hinreicht, und noch viele andere Angelegenheiten von größerer oder geringerer Bedeutung. Alle aber stehen an Interesse und Wichtigkeit zurück vor der Verfassung-- frage, welche diesem Landtage ein besondere- Gepräge verleiht und die durch den ministeriellen Erlaß vom 19. Octobrr 1881 über die Einführung der russijchen Landschaftsinstitutionen in den Ostfeeprovinzen hervor gerufen ist. Wohl mögen eS schwere und sorgenvolle Gedanken fein, welche die Männer erfüllen, denen eS obliegt, zu beschließen, auf welche Weife eine provin zielle Ordnung, die fowohl durch ihr Princip, als auch ihre Machtsphäre von der unsrigrn gänzlich ver schieden ist, in den Rahmen unserer vollkommen eigen artigen, auf historischem Wege erwachsenen Landesver fassung eingefügt werden könnte. DaS Vertrauen zu dieser neuen Ordnung kann unmöglich dadurch erhöht werden, Laß die StaatSregierung die Mängel der Landschaft-Verfassung, welche al- Grundlage dienen soll, selbst zugestanden hat, und diese gerade jetzt einer besondern Revision unterworfen werden soll. In deu Berge«. Line Dorfgeschichte von Anton Ohorn. (Schluß zu Rr. 44.) „ Ich fürcht' mich nicht, Großhofbauer, und bin al» Kind fchon oft tagelang allein gewefen im Gommer und Winter, aber eS erbarmt mich um Dich; ich will mit Dir gehen nach dem Großhof und will Dir Hausen als ehrliche treue Magd, nur eins will ich gleich jetzt sagen: Ich bleib nicht länger, als bi» der Franz wieder heimkommt, dabei bleibt'»; da» mußt mir ver sprechen, daß Du mich dann willst ziehn lassen auf der Stell', denn die Leut' sollen nicht sagen, die Grete ist runter gezogen, weil sie sich hat warm setzen wollen, und sie hat ihr Zeugniß gegeben, daß der Großhof- bauer sie dafür mit seinem Sohne verheirathen soll. Also willst auf mein Bedmgniß hin?" „Soll gelten!" sagte der Alte, und e» ging wie ein warme» Leuchten über seine Augen; er reichte seine beiden Hände dem Mädchen hin und sie schlug ein. Zwei Tage später zog sie im Großhos in Thomas- darf ein, und mit ihr kam e» wie stiller Fri de und Sonnenschein in» Hau». Die verblaßten Wangen de» Bauern färbten sich wieder, feine Gestalt schien straffer zu werden, Knechte und Mägde sprachen mit Achtung und Liebe von der neuen Wirlhschafterin, und in ganz ThomaSdorf wünschte man dem Bauer Glück, daß sein HauSwesen in so gute Hand gekommen. So verging der Winter; die Bäume fingen an, Knospen anzusetzen, in deu Thalungen ward e- hier und da grün, die Bergwäffer „blühten", d. h. sie führten da» schäumige Schneewasser adwärt»; die Jungen spielten
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