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Freitag, den 13. Januar. 1882. Ldooaeineutipnel,: l» »»»»» «—1««»«» »«1«»«, ^tLrliot», . . 1, ^^Ltu-Uok, «N«küO?k. N«»w«rQ: 10 kk. rd»Id ä« ä«vt»ck<m Lviok«, tritt ko«t- vL» 8t«llp«I,a»vkl»8 lün»a. I^r »o S«« «i»«r 8«p»It«»ou ?»tit»»N« SO?f. vattr „Lia»s.<«i»ät" äi» Äüls 00 kk. Sui auU 2iü»ru»»t, 00 äattokl»^. Sn»vd«lu»u: I^Eliok mit /tommUm« äor Sono- uaä koivrtug» ^d«»ä» kür Uso fol^«n6«o l'sK. ZresdnerImnml. Verantwortliche Redaction: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. 1»»«rut«u»uu»Ii»» »»vLrt,« F> Srau«t^M«r, OommimiouLr <1« vr»»<ilt«r ^ouruui»; Sumdmu I«rU»-Vt«» L«tp«tU lu—I-Irm1»» »ruulllUrt ». ».: Sa««—t«» K I«rU»-Vt«-U»»dvU- rru»-L«tp»lU ». «.»»,«»«! L-F Lto—«/ OurUu: S. Lo»«ct, I«»t»<t«»<ta«t, Ur»»« Schott«/ : L StauAuu^, Silruuo; ». Ul.: L F«-»-'»otl« öuvtUumäiuL^; S»rM»: S KKW«',- Smm«v«i0. Sekümkr. kurtt lurUu-rmuLlvr« ». ». 5tutt«»rt: Dau-e L 0o-, Lumdm,: S«r,,,,»»ae, LSuizl. Lipuäitiou ä« vrmäosr ^ouruul», Drv«i«Q, 2vui8er»trs»«v So. SO.. Nichtamtlicher Theil. Uebersicht: Telegraphische Nachrichten. Zeitung-schau. (Provinzial-Lorrrspondenz.) Tage-geschichtr. (Dresden. Berlin. München. Wien. Buda-Pest. Paris. Rom. London. Kopenhagen. St. Petersburg. Sofia. Kairo. Neich-tag-verhaudlungen. (Sitzung vom 11. Januar.) Ernennungen, Versetzungen re. im öffeutl. Dientzr. Dre-dver Nachrichten. Proninzialnachrichtev. (Leipzig. Zwickau.) Statistik und Lolk-wirthsckaft. Feuilleton. Tage-kaleuder. Inserate. Beilage. Telegraphische Witterungsberichte. VSrseunachrichtev. Telegraphische Nachrichten. Konstantinopel, Mittwoch, N. Januar, Mittag-. (W. T. B) Die Pforte erhielt gestern den Text der französisch englischen Collectivnote an den Khedive über die für den Fall deS Au-- bruchS von Unruhen in Aegypten zu treffenden Maßregeln. (Vgl. die„ Tagesgeschlchte * unter Kairo.) Da Rußland direct von der rumelischen Re gierung 4 Millionen Rubel OccupationSkosten ver langt hat, so suchte Alrko Pascha bezügliche Weisungen der Pforte nach. Der frühere Premierminister, Kadri Pascha, ist zam Gouverneur von Adrianopel, Ghalib Pascha zum Gouverneur von Salonichi ernauut worden. Dresden, 12. Januar. Zu dem allerhöchsten Erlaß vom 4. d. an da» königl. preußische StaatSunnisterium liegt heute in der „Provinzial-Correfpondenz* ein halbamtlicher Lommentar vor. DaS ministerielle Or gan schreibt: Noch ein Mal spricht deS Königs Majestät in einer wichtigen Lebensfrage zu seinem Volke, und zwar geradezu über die Stellung der Krone in dem preußischen BerfaffungSstaat. Nachdem der Monarch sich mittelst der Botschaft offen und deutlich zu der Politik seine» Ministerium» bekannt hatte, nachdem aber in Reichstag und Presse von Neuem die „Frage* aufgeworfen worden, ob der König von Preußen noch daS Recht feiner perfönlichen Meinung habe, fchien e» ihm an der Zeit, die parlamentarischen Zwirnsfäden, mit welchen man feine Stellung emzuschränken und zu vernichten droht, durch einen kräftigen Hinweis auf den Beruf deS Monarchen, wie er im BolkSbewußt- sein lebt, zu zerreißen. Unter dem Vorwand, daß feine Person unverletzlich ist, und weil der Reichskanzler, bez. die Minister dem Parlament gegenüber die for male Verantwortlichkeit für seine RegierungSacte tra gen, soll nach liberal-radicaler Lehre ein persönliches Hrrvortreten und eine persönliche Stellungnahme in den politischen Fragen ausgeschlossen sein und den Kaiser und König die Politik des Reichskanzlers und feiner Minister gewissermaßen nicht- angehen. Die parlamentarischen Kundgebungen ließen erkennen, daß der radicale Liberalismus die Zeit für gekom men erachtet, die alten Bestrebungen nach Erwei terung der Rechte und der Macht des Parlaments zu erneuern und zu verwirklichen. Die Wortführer deS fortschrittlichen Liberalismus stellten sich dabei auf den Standpunkt, al» ob in Preußen und Deutschland der „wahre ConstitutionaliSmu»*, unter welchem man ohne Weitere» die „parlamentarische Regierung* d. h. die Herrschaft der Parteien, versteht, bestehe, und als ob derselbe vor Beeinträchtungen und Einschränkungen geschützt werden müsse. ES entspricht dies völlig den Bestrebungen, auf dem Wege beständigen Brauchs und langfamer Gewöhnung Grundsätze einzuführen, welche in dem Geist der Verfassung selbst gar keinen Anhalt und keinerlei Berechtigung finden, die sich aber in anderen Ländern eingebürgert haben, wo die Krone, wie einst Hr. v. Bismarck sagte, nur „einen rein or namentalen Schmuck de» VersaffungSgebäude» bildet und als ein todter Mafchinentheil in den Mechanis mus deS parlamentarischen Regiment» eingefügt ist.* Gegen diese Auffassungen und Absichten ist von den Ministern de» Königs die große Bedeutung de» monarchischen PrincipS und der monarchischen Politik, wie auch der Segen, welcher aus der Macht und Lebens kraft der Krone für Preußen und Deutschland hervor gegangen ist, hervorgehoben worden; ihre Erklärungen haben jedoch nur zu neuen Angriffen, welche sich auf parteiische Auslegungen verfassungsmäßiger Bestim mungen und staatsrechtlicher Begriffe stützten, Anlaß gegeben. Man hat den Ministern vorgeworfen, daß ihre Aeußerungen unerhört seien, daß sie „Reaction* treiben und neue Grundsätze zur Geltung bringen wollten. Und doch haben sie nur die natürlichen und verfassungsmäßigen Rechte der Kroße gewahrt. In diesem Widerstreit der Ansichten ist da» persönliche Eingreifen des Königs eine That. Der König hat vor Allem daS Auf treten feiner Minister gegen die neuen Versuche deS Radi kalismus, dem Geist der Verfassung eine andere Bedeutung beizulegen und die persönliche Stellung des Monarchen mit Anwendung staatsrechtlicher Spitzfindigkeiten zu verkleinern, mit feierlich ernsten Worten gebilligt und befonders auch ihre Auffassung von den Pflichten des BeamtenthumS bestätigt. Der Erlaß des König- ist eine feierliche Verwahrung gegen gewisfe Vorkommnisfe der neuesten Zeit, aus denen sich zum Schaden deS Ansehens der Krone leicht ein parlamentarisches Recht und ein konstitutioneller Brauch hätte entwickeln können. In Preußen „herrscht und regiert* der König. Die Verfassung des Reichs hat diese- Recht der Krone Preußens nur bestätigen wollen. Daß der König nur herrscht, aber nicht regiert, ist eine auf fremdem Boden erwachsene Anschauung. Dieser Lehre und den sich daraus ableitenden Jrrthümern entgegenzutreten, ist Recht und Pflicht der Krone, wo und wann auch immer sich ihr Gelegenheit dazu bietet. DaS Wort des König» an daS StaatSministenum ist „ein vollkommen getreuer Ausfluß der preußischen Verfassungsurkunde*; eS ent hält keine Neuerung, wendet sich aber gegen Versuche, Neuerungen herbeizusühren über die zu Recht be stehende Verfassung hinaus. An den bestehenden Ver hältnissen nicht rütteln zu lassen, ist auch heute noch der Wille deS Monarchen wie vor 20 Jahren, wo deS Königs Majestät vom Throne herab die Worte ver- Feuilleton. Nebigirl von Otto Bauet. K. Hoftheater. — Altstadt. — Am 11. Januar: „Die KarlSschüler*, Schauspiel in fünf Acten von Heinrich Laube. In sinniger Weife, gleichsam zu einer Einleitung für die Säcutarfeier der Aufführung „Die Räuber* hatte man gerade jetzt eine Wiederholung des Laube'- schen Drama» veranstalte». So dient denn diese» Stück die» Mal ganz besonder» zu einer historischen Orien- tirung über die damalige Jugendsituation de» Dichter», wenn man von einer solchen Orientirung der sehr freien Fassung de» modernen Werkes gegenüber reden will. Immerhin bietet das Stück die Unterstützung, durch allerdings stark aufgetragene Localfarben auS jener Zeit den Geist derselben in der Phantasie der Jetztlebenden wieder wach zu rufen und lebendig wer den zu lassen. Dieser löbliche Zweck ist nicht völlig vom Publi cum verstanden oder gewürdigt worden, denn eS ent sprach demselben der Theaterbesuch nicht. Und gerade diese Aufführung darf auf eine günstige Beurtheilung Anspruch machen. Die Haupttollen, Herzog Karl, Gräfin Franziska, Generalin Rieger haben in Hrn. Porth, Frl. Ulrich und Frau Bayer ungewöhnlich glänzende Vertreter, die ihre Rollen zu sehr charakteristischen Leistungen durchgearbeitet Haven. Ihnen schließen sich als gute Stützen die komische Figur Sergent Bleistift ?Hr. Kramer), die ansprechend vorgeführte Laura (Frl. Hahn) und der junge Anton Koch (Hr. Dettmer) an. Nicht minder Silbrrkalb und Rieger (die Herren Koberstein und Walther). Ueber die Repräsentation der Schillerrolle durch Hrn. MatkowSky wurde schon früher gesprochen. Der feurig hingebende junge Künstler entwickelt darin einen sehr beredten, stark erregten seelischen Ausdruck und ein eindringliches, verständnißvolleS Spiel. Ich würde mich aber noch mehr über seine Leistung freuen, wenn ich eS durch gut gemeinten Rath erreichen könnte, daß der Genannte seinen Schiller minder elegant theatralisch, minder überschwenglich schönrednerisch declamirte und dagegen bei aller Macht des Gefühls mehr Nachdruck auf eine natürliche, etwa- ungelenkere Jugenderschei- nung legen und dadurch die Gestalt feine- Helden wahrer und dem Herzen näher stehend machen wollte. ' O. B Der Goldfuch». Novele von Karl Wartenbnrg. (Fortsetzung^ - „Sechzig Thaler ... die schwarze und achtzig Thaler dort die scheckige . . .* sagte einer der Männer, der eine schmutzige, rothbraune Brieftasche in der Hand hatte, in die er sich Notizen machte, „wenn die Pferde nicht mehr werth sind, müssen wir daS ganze Nest auinehmen . . .* „WaS giebt e» hier . . . wa» machen Sie hier?* rief Heinrich, mitten unter die Männer sprengend und dem Einen den Strick au» der Hand reißend, an welchem Jener die Kuh hielt . . . „Ich bin der Krri»gericht»executor Stockmann . . . kündete: „Nirmal» kann Ich zulaffen, daß die fort schreitende Entfaltung unsere» inneren Staatsleben» da» Recht der Krone, die Macht und Sicherheit Preußen» iu Frage stelle oder gefährde.* Und heute noch wie damals steht fest und unverändert da» Wort de» König»: „Es ist Meine Pflicht und Mein ernster Wille, der von Mir beschworenen Verfassung und den Rechten der Landesvertretung ihre volle Geltung zu sichern, in gleichem Maße aber auch die Rechte der Krone zu wahren und sie in der ungeschmälerten Kraft zu erhalten, welche für Preußen zur Erfüllung feine» Berufs nothwendig ist und deren Schwächung dem Vaterlande zum Verderben gereichen würde * Tagesgeschichte. Dresden, 12. Januar. Am königl. Hofe fand gestern der erste diesjährige Hof ball Statt, welchem Se Majestät der König, Ihre königl. Hoheiten der Prinz und die Frau Prinzefsin Georg und Prinzessin Mathilde, sowie Se. Hoheit der Prinz Alexander zu Sachsen-Weimar und Se. Durchlaucht der Fürst Heinrich IV. Reuß-Köstritz mit Prinzessin - Tochter Eleonore anwohnten und zu welchem über 600 Ein ladungen ergangen waren. Unter den Eingeladenen befanden sich Ihre Durch laucht die Frau Fürstin Pauline v. Metternich, daS diplomatische Corps, die Herren StaatSminister, die Oberhofchargen, die Generalität, die Präsidenten und Bicepräsidenten beider Kammern der Ständeversamm lung, sowie zahlreiche Kammermitglieder. Die Ausführung der Ballmusik wurde durch da» Musikcorp» deS 2. GrenadierrcgimentS bewirkt. Neben den außerordentlich schönen und geschmack vollen Arrangements, durch welche sich die Festlich keiten am Hofe auSzeichnen, gewährte der Ball beson deres Interesse, indem den Besuchern desselben Ge legenheit geboten war, eine Anzahl prachtvoll au»ge- statteter, bei den Hoffestlichkeiten aber seither noch nicht benutzter Räume des königl. Schlosses kennen zu lernen. Der zur Zeit im Bau begriffene neue Ballsaal, welcher um eine ganze Etage deS königl. Schlosses erhöht wird, ist in seiner Ausstattung noch nicht vollendet, mußte aber gleichwohl al» Zugang zu den Frsträumen be nutzt werden. Dies war dadurch ermöglicht wor den, daß, wie bereits bei der NeujahrScour, in dem Saale von Thür zu Thür ein aus türki schen Zelten gebildeter, mit zahlreichen Wachs kerzen und silbernen Wandleuchtern erhellter Durch gang hergestellt war, welcher die noch nicht voll endeten Wände und Plafonds des neuen SaaleS den Blicken der Gäste vollständig entzog. Im Banketsaale selbst fand zuerst die Versammlung der Gäste und nach dem Eintritt der allerhöchsten und höchsten Herrschaften der Cercle Statt. Als daS Zeichen zum Beginn de» Balles gegeben wurde, öffneten sich die Flügelthüren zu dem Eckparadesaale (Thronsaale), in welchem die Feierlichkeiten bei Eröffnung und Schluß der Stände versammlung stattzufinden pflegen. Dieser ganz mit Purpursammet au-geschlagene Saal war mit blaßgelben Seidentapeten überkleidet und dadurch die Beleuchtung desselben höchst wirksam unterstützt, sowie der einst weilige Gebrauch dieses SaaleS als Ballsaal in sinniger Weise gekennzeichnet worden. Während deS BalleS wurde der Banketsaal als Spielzimmer und eine Reche prachtvoller Zimmer gegenüber der Hauptwache theil» für die gesellige Unterhaltung der nicht am Tanze Betheiligten, theilS zur Ausstellung der mit wahrhaft künstlerischem Geschmack ausgestatteten, namentlich durch die Farbenpracht eine- reichen, köstlich duftenden Blu menschmuckes erfreuenden Buffets benutzt. Der Schluß des Ballfestes erfolgte kurz nach 1 Uhr. Dresden, 12 Januar. Beide Kammern hielten heute Sitzungen ab. Die Erste Kammer, deren DaS ist mein Gehilfe Schuppeliu» . . . und der Herr ist der AuctionScommisfar Meyer . . . Wir haben Ordre, Sie zu pfänden, wenn Sie nicht zahlen . . . hier . . .* Und er reichte dem jungen Mann ein ge stempeltes Papier . . . Vor Heinrich'» Augen flimmerte eS. . . Zweitau- fenddreihundert Thaler gerichtliche und außergerichtliche Kosten hatte der verlorene Proceß verursacht . . . „Muß das gleich bezahlt werden?* . . . fragte er, nach Fassung ringend und vom Pferde springend. „Allerdings ... Sie haben schon zwei Mahnun gen erhalten . . . und noch nicht bezahlt.* Heinrich biß sich auf die Lippen. Er erinnerte sich jetzt, kurz nach dem Tode seine» Vater» ein paar Zettel erhalten zu haben, die er aber in seiner dama ligen Gemüthrverfaffung nicht weiter beachtet hatte... „Aber ich habe augenblicklich nicht so viel baaret Geld im Hause,* stieß er endlich hervor . . . Der AuctionScommissar Meyer, ein Mann mit einem FuchSgesicht, hohen Vatermördern und grünem Unterrock, auf dessen schmutzigem Kragen die Kremp« de» tief in den Nacken sitzenden schwarzen abgegriffenen Hute» saß, raunte dem Executor ein paar Worte in» Ohr. Der Executor, eine große, plumpe Gestalt mit einer rohen, aufgedunsenen Physiognomie, dem der Brannt wein in den kleinen blutübersüllten Adern de» Auge- brannte, fuhr sich mit der breiten, schmutzigen Hand über den struppigen Schnurrbart und polterte dann: „Dann muß ich pfänden ... hab' mir'» gedacht... Ein paar Kühe sind schon notirt . .. Aber da» langt noch lange nicht.* „Schuppeliu»,* wendete er sich zu seinem Gehilfen, Verhandlungen die StaatSminister Or. v. Abeken und Frhr. v. Könneritz, Geh. Rath Tümmel, geh. Justiz- rath Anton und geh. Finanzrath Hoffmann beiwohnten, bewilligte ohne Debatte die zu Cap. 81—83 de» Etats (Hochbauverwaltung, Bauverwaltereien, verschiedene bauliche Zwecke) geforderten Zuschüsse entsprechend den Beschlüssen der Zweiten Kammer (Reserent Bürger meister Martini) und ertheilte, ebenfalls übereinstim mend mit der jenseitigen Kammer, die nachträgliche Bewilligung zu den im dritten Nachtrage zum außer ordentlichen Etat für 1878/79 bei Pos. 2 eingestellten 104000 M. Hierbei erklärte auf eine Anfrage deS Referenten Seiler geh Justizrath Anton, daß die Zahl der nunmehr hergerichteten Zellen im Gefangenhause zu Leipzig für da- gewöhnliche Erforderniß genügend fei, und äußerle weiter über die Frage, we-halb jetzt vielfach die Unterkunft in den Gefängnissen freiwillig ausgesucht werde, daß die Zahl solcher Fälle verhält- nißmäßig eine sehr geringe sei, daß auch dafür Sorge getragen werde, den Gefangenen nicht mehr zu bieten, al- sie verdienten, daß jedoch ärztlichen Gutachten zu folge der geringe Aufwand für die Beköstigung der Gefangenen ohne Schädigung ihrer Gefundheit nicht weiter herabgesetzt werden könne. Eine Ursache der Zunahme der Verbrechen liege in der wachsenden Im moralität der Jugend, und namentlich habe eS sich herausgestellt, daß durch Vernachlässigung Unmündiger von Seiten ihrer Vormünder viel gefehlt worden ist; daS Justizministerium hab« dem durch Verschärfung der Controle über daS Vormundschaft-Wesen abzuhelfen gesucht. Die Zweite Kammer verwie« nach längerer und zum Theil lebhafter Debatte einen Antrag der Abgg- Streit und Or. Stephani, nach welchem die Regierung in Erwägung ziehen soll, ob nicht eine gesetzliche Be stimmung de» Inhalts zu erlassen fei, daß denjenigen Bergarbeitern, die ohne ihr Verschulden au- der Ar beit entlassen werden, der zur KnappschastSkasse deS Wert» eingezahlte Betrag zum Theil zurückgezahlt wer den solle, an die Gesetzgebungsdeputation, ebenso einen Antrag deS Bicepiäsidenten Or. Pfeiffer, nach welchen auch von den Beschlüssen, welche auf unzulässige Be schwerden und Petitionen gefaßt wrrden, den Bethei ligten Kenntniß gegeben werden soll. Ein königl. De kret, betreffend die Errichtung einer neuen Polizei- bezirk-wache in dem südlich von der sächsisch-böhmischen Eisenbahn gelegenen Theile der Seevorstadt in Dres den, ging an die Finanzdeputation * Berlin, 11. Januar. Die Ernennung deS Prä sidenten de» evangelischen OberkirchenratHS Or. Her mes zum wirkl. Geh. Rath wird in einer durch die Presse lausenden Notiz mit der neuerdings erfolgten Berufung mehrerer katholischer Bischöfe in Zusammen hang gebracht und in diesem Sinne auch die besondere Gratulation Sr. Majestät des Kaiser- und König- am Neujahr-tage interpretirt. Nach Ansicht der „N. Pr. Ztg.* ist dies eine blose SensationSnotiz der be treffenden Zeitungen Or. Hermes stand seit Jah ren als Präsident des Oberkirchenrath» in dem Range der Räthe 1. Klaffe. Seine Ernennung zur Excellenz hat daher N'cht da- geringste Auffällige, und die That- sache, daß der Monarch ihm befonders gratulirte, hat offenbar keinen andern Grund, als daß eben die Rangerhöhung kurz vorher erfolgt war. — Einer Mittheilung der „B. P. N.* von „gut unterrichteter Seite* zufolge entbehren alle Gerüchte über eine bald bevorstehende Verstaatlichung der oberfchlefischen und rechten Oderuferbahn jeder Begründung. — Der Redacteur der „Neuenkirchner Tageblattes*, Hr. Johann Weber jun., ist wegen eines Artikels, den er dem „Berliner Tageblatt* entnommen hatte und in dem insinuirt war, ein von der „Nordd. Allg. Ztg.* veröffentlichter Drohbrief an den Fürsten Bismarck fei bestellt gewesen, um Stimmung für die Wahlen zu „bringen Sie doch mal das Beest dort her,* und er zeigte auf Droll ... Schuppeliu-, ein langer, hagerer, knochiger Menfch mit einem großen Munde, einer langen Nase, die wie der Schnabel eine- Stoßvogel» in die Luft hinaus ragte, kleinen schwarzen Augen, welche an ein paar in» Gesicht gespritzte Tintenflecke erinnerten, griff nach den herabhängendev Zügeln de» Pferde» ... Ein kräftiger Stoß Heinrich'» schleuderte den langen Au-pfändergehilfen zurück und warf ihn in de« Koth .. . „Meinen Droll, meinen Droll .. . wollt Ihr mir nehmen? .. .* schrie Heinrich, bleich vor Zorn und vor da» Pferd tretend . .. „Wa»?* schrie Stockmann, d«r früher Unteroffizier beim Train gewesen war, „Sie vergreifen sich an un»? ... Da» ist Widerstand gegen die Staats gewalt ... Na, daS soll Ihnen schlecht bekommen... Borwärt» ... Schuppeliu»,* schrie er dem langen Menschen zu, „arrettren Sie da» Pferd und den Mann da .. .* „Wagen Eie e» . . .* rief mit funkelndem Auge Heinrich . . . während die Magd und die Hau-Hälterm in laute» Weinen au»brachen, der Auction»commiffar Meyer aber dem Executor wieder ein paar Worte in» Ohr zischte . . . Schuppeliu», ein ehemaliger Gardefüselier, war weder ein Feigling, noch ein Schwächling. Der uner wartete Stoß hatte ihn in eine Regenpfütze geschleudert und in feinen kleinen fchwarzrn Tintenklexaugen brannte da» Feuer der Rache. „Ra, warten Sie, Männchen*, gurgelte er, die Rockärmel auffireifend und dann feine langen, mageren