Suche löschen...
Dresdner Journal : 04.01.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-01-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188201048
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18820104
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18820104
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1882
-
Monat
1882-01
- Tag 1882-01-04
-
Monat
1882-01
-
Jahr
1882
- Titel
- Dresdner Journal : 04.01.1882
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
^3 Mittwoch, den 4. Januar 1882 Ldoo»e«eot»pl'»Ii r DreMtrIournal Nichtamtlicher Lheit. Uebersicht: Wien. »Alt. voori«««. re«» » -tt» -.1» 8.L), N».» «tt«»«» <»»» ll. »»dodot Telegraphische Nachrichten. Zeitungsschau. (Journal des Dubais.) TageSgeschichte. (Berlin. Bielefeld. Weimar. l» ss»««» «„tiek« >«t«lt«! /LdrUoli: . . 1» ^MrUok- 4 8»rkb0?k. Ltorelos lSawwaro: lv kt. bt» vr»»»»- tp». >»>>»1». ti»», «^x» <»« dt» Verantwortliche Redaction: Oberredaeteur Rudolf Günther in Dresden. (»»»Xlt»» »^>, «.l» .t>»»«» c»»» X4S »<U> . <»»» dt» L«—ä«ck»ut»od«l> kt«iol»«« tritt ko»t- nnä 8t»mp«I»a»oüI»8 ttiltiu. t»or t»t» t»L«l»»»»). . ^ÜO «rat» UM xit»1»4« »« Xi»«» LU> U»o^». XI»»^ »X). t v»r dt» »» LU»»«). , 1,0 krvtl. Nr»»I»»: L Ltan-«»'« vürei ^ae-e^Aokv Nuvdlu»oälunix; S«it»or«r iv ?«B» -U«rU» - rnutdkitrt x ». /-au-« K Oo., Lxmd«,: T' Lteeuip«», ^ck Prag. Paris. Basel. Rom. London. Warschau. Bukarest. Konstantinopel.) Dresdner Nachrichten. Statistik und Bolkswirtbschaft. EingesandteS. TageSkaleuder. Inserate. SLrllt»: v. LsM«-, Iad«r»t^o»au»km« »vsMLrt»: rxtpitU: />> L^amütetter, 6omwi«i<»oUr 6s« l>rs«1it»r .lourULl»; »d«A- N«rU» V>«t N»»«I- >r»»i»L »r«»lck»rt Feuilleton. Redigirt von Otto Banck. Beilage. Ernennungen, Versetzungen ic. im öffrntl. Dienste. Betriebsergebnisse der königl. StaatSeisenbahneu. (Kohlentransport). Dresdner Nachrickten. Provinzialnachrichten. (Chemnitz. Zwickau. Crim mitschau. Frankenberg. Bärenstein. Kreischa.) Statistik und Bolkswirthsckaft. Eingesandtes. Telegraphische WitterungSberichte. Börsennachrichten. Zuserate. Während zwei Soldaten den Verwundeten trugen, führte der Unteroffizier Droll am Zügel nach und bald war die kleine Schaar im Walde verschwunden ... AuS dem dichten Gebüsch aber am jenseitigen WaldeSrand stierten ihr aus bleichem Gesicht ein vaar glühende Augen nach. ES war der französische Bauer, der sich beim Herannahen der Patrouille mühsam mit zerschmettertem Arm dahingrschleppt und nun mit ohn mächtigem Grimm sah, wie ferne beiden Opfer ge rettet wurden. ». U : //ua«e«t»n L , »«-U, kriokeurt x ». »Loid«: /iu6 Lto««,- 0«rU»: S. Loi-u»ed, /uvat,6«u<j«ut, Ur,»«: L. Sc-Uotte >'« Uürssu; x N.: L St-iu«'. 8 « r, »i U » d » r r Uüaissl. kipväitioo 6s« »«6o«r /ournxt«, l)rv«6eo, /viu8sr»tru»s« tio. SV. Lttrr v« ist »UI (Porto), Bur««» —KI. n»ki»k. »IU. v»Iu»t». »» «i»«»t»1» 0, l»,4L Itt-. >»KI. SPA L»KlU». I. (»»» Ul»»«. 4,0 U»vkm.), k. 6,80, tzokl. «»»-. t»ipx 6<»»>»r»u« <»», ein»), rr,l» I»,»», »okl. »—d«, t U^0 »»1 —»i» Amtlicher Theil. Ee. Majestät der König haben die Ernennung des Maler- von Werner, Direktor der Akademie der bildenden Künste zu Berlin, des Bildhauer-, Professor Kundmann, Rector der Kunstakademie in Wien, der Bildhauer Professor Schaper in Berlin und Hultzsch in Dresden, sowie des Kupferstecher« Büchel daselbst zu Ehrenmitgliedern der Akademie der bildenden Künste in Dresden, Allergnädigst zu genehmigen geruht. Telegraphische Nachrichten. Paris, Montag, 2. Januar, AbendS. (W. T. B.) Der Baron de Ring ist an Stelle DucroS- Aubert'S, welcher zur Disposition gestellt wurde, zum Gesandten für Rumänien ernannt wordeu. Dublin, Montag, 2. Januar, AbendS. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Gestern wurden hier und ander wärts mehrere hervorragende Mitglieder der Frauen- landliga verhaftet. St. Petersburg, DienStag, 3. Januar. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Wie das „Journal de St. P6- terSbourg" meldet, hat China die erste Rate der durch den Kuldschavertraa bestimmten Entschä digung durch die Firma Baring Brothers einge- zahlt. Lagesgcschichte. * Berlin, 2. Januar. Der NeujahrSempfang bei Ihren kaiserl. Majestäten begann gestern Morgen ^10 Uhr, als ihre kaiserl. und königl. Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin mit den Prinzen und Prinzessinnen des königl. Hauses zur Beglück wünschung im königl. Palais erschienen. Zwischen diese Gratulation und die des königl. Hofstaates fiel der Gottesdienst im Dome, dem die allerhöchsten Herr schaften beiwohnten. Nach der Rückkehr von dort empfingen beide kaiserl. Majestäten im Balconsaale die Glückwünsche. Um 1 Uhr empfingen Se. Majestät den Reichskanzler Fürsten v. Bismarck, die octiven Wagner ritt an der Spitze seines Zuges mit dem Säbel nach links und rechts für die vielen Zurufe von Bekannten und Freunden und die Blumensträuße dankend und grüßend. Da kam er an die Ecke des Marktplatzes. Ein feiner, stolzer Mädchenkopf beugte sich aus einem Erkerfenster und eine kleine weiße Hand ließ einen Blumenstrauß herabfallen. Geschickt fing Wagner ihn auf und befestigte ihn an der Uniform, dabei einen glühenden DankeSblick hinausschickend . . . DaS hübsche stolze Gesichtchen aber am Fenster wurde dunkelroth und zog sich schnell zurück. Hinter ihr aber sprach eine trockne, spöttische Stimme: „Er sieht wahrhaftig wie ein junger Moltke au- . . . nicht wahr, Fräulein v. Schönfeld? . . .* Fanny v. Schönfeld antwortete nichts auf diese alberne Bemerkung des Herrn Gläser, ihre Blicke folgten den dohinziehenden Schwadronen. „Na, eS ist gut*, fügte der junge Bankier leiser hinzu, „daß er eS dlS zum Lieutenant gebracht hat . . ." „Warum?* fragte Fanny, durch die Aeußerung frappirt. „Weil eine Lieutenantsgage zwar nicht weit langt, aber doch immerhin etwas ist.* Der Ton, der Blick, mit welchem der junge Ban» kier diese Worte begleitete, drückten ein gewisses Be dauern, aber zugleich auch eine Art Geringschätzung aus, so daß Fanny v. Schönfeld sich verletzt fühlte... Sie antwortete indessen nichts ans die Bemerkung des jungen Manne» . . . Erst nach einer Weile sragte sie: „Und haben Sie seinen Droll gesehen? Ein präch tiges Thier, so klug und tteul Sie kennen doch die la»«r»t«apr«l,«, äa» 8»uw «o«r ßvspxltvxsll ?otlt«il« iO?5. „kias«Xllät" äio Lsils SO kk. 8« uL<l KV A Fatvobl»^. Lr»od«li»«il r ?»Gliek mit Aamxdw« cksr 8ooa- «acl ?sisrtt^s Xbovä» kür äov kol^s^sn 1^ Geschichte, wie er seinem Herrn das Leben gereitet hat?* . . .* „Ja, ich habe davon gehört . . . Ein Soldalen märchen wahrscheinlich . . .*, spöttelte er. „Zuletzt bekommen auch noch die Dragonerpferde Menschenver stand. Lächerlich!* Und er zuckte die Achseln dabei... Die Empfangsreden des Bürgermeister«, das Fest gedicht der weiß gekleideten Jungfrauen, der Willkom mentrunk, der aus einem silbernen uralten Rathspocal den Offizieren credenzt wordeu war, die letzten Hoch« und HurraHS waren vorüber und Wagner konnte nun seinen Vater, der ihn in einem Gasthof der Stadt er wartete, in die Arme schließen. „Bist Du wieder da, Heinrich? . . .* fragte der alte Mann, den Sohn küssend und ihn dann wieder bewundernd betrachtend. „Ja! Gesund und frisch sind wir wieder gekom men ... Ich und der Droll... Er steht unten im Hofe. Auch er wird sich freuen, Dich wieder zu sehen . . .* „Ob er mich noch kennen wird . . .*, meinte der Alte hustend und langsam von dem Sohne gestützt die Treppen hinabsteigend . . . „Dich noch kennen ... der Droll . . . Wie Du nur zweifeln kannst, Vater*, lachte der junge Offizier, „der hat einGedächtniß,besser wie tausend Menschen... So ein kluger Droll . . . und seinen alten Herrn ver gessen! ... Da, dort steht er... er hat Dich schon gesehen, sie nur, wie er die Ohren spitzt . . .* Da» Pferd wieherte freudig auf und scharrte mit dem Hufe . . . kurz, e» deutete seine Freude so leb haft an, daß alle Umstehenden tief gerührt von der Scene de» Wiedersehen» wurden . . . StaatSminister und den Präsidenten de» evangelischen OberkirchenratHS und um H2 Uhr die am allerhöchsten Hofe beglaubigten Botschafter. Kaiser Wilhelm hat, wie verlautet, bei dem Empfang der Generalität den vollständig friedlichen Charakter der Situation betont und seiner Ueberzeugung Ausdruck gegeben, daß der Friede durch nichts gestört werden wilk.de. — Wie die „Post* hört, hat Kaiser Alexander IK von Ruh land unseren Kaiser Wilhelm am gestrige«? Tage zu dem fünfundsiebzigsten Jahrestage seines Eintritts in die Armee beglückwünscht. — Aus Hamburgs wird der „Post" von gestern geschrieben: „Der Zollaö' schluß der Unterelbe hat sich um die Mitternacht», stunde in aller Stille vollzogen und waren die Zoll wachtschiffe überall auf ihren Posten läng» der Unter elbe anwesend, um die Beobachtung der Bestimmungen zu controliren. Die Schiffe zeigten in vorgeschriebener Weise die Zollleuchte und hat es dem Vernehmen nach an keiner Stelle des Anrufens oder des Einschreiten» der Zollbeamten bedurft." — Der „ReichS-Anz " ver öffentlicht eine Verordnung vom 29. December 1881, wodurch das Recht, Güter in deutschen Seehäfen zu laden und nach einem andern deutschen Seehafen zu befördern, um dieselben dort auSzuladen (Küsten frachtfahrt) den Schiffen von Belgien, Brasilien, Däne mark, Großbritannien, Italien, Schweden und Norwegen eingeräumt wird. Bielefeld, 2.Januar. Zur Arbeiterentlassung, die wegen der Wahl de« Hofpredigers Stöcker im Siegen'scheu stattgefunden hat und die von der betreffenden Seite immer aufs Neue verbrämt werden soll, wird der „N. Wests. Blksztg." heute der Original brief eines der entlassenen Bergleute vorgelegt. In demselben heißt eS wörtlich: «Ich und mein College Q. wir bekamen auch rin paar Tage nach der Wahl gekündigt Als ich den Steiger fragte, weshalb? gab er mir zur Antwort: Wegen der Wahl! Ich fragte ihn nun, ob da« denn Jemand gesehen oder gehört hätte, daß ich Herrn Stöcker gewählt hätte. Er sagte: »Nein". Cr wüßte selbst nicht-, als daß ihm soeben der Verwalter D den Befehl gegeben, uns Beiden zu kündigen; wenn ich nun Kreuz gewählt hätte, so sollte ich zum Verwalter gehen und mich ver- theidigen Aber wir hotten alle Beide Herrn Stöcker gewählt und wollten auch nicht lügen. Da war nun unsere Arbeit in 14 Tagen aus. Ich will auch noch die Anderen nennen, denen wegen d r Wahl ihre Arbeit aufgekündigt wurde. Sie heißen: Wilhelm H , Heinrich <Sr., Friedrich M, Heinrich M, Gerlach S. — da- sind Alle au» Niederschelden ' München, 1. Januar. (Allg. Ztg) Die Fr- der Errichtung eines dem Andenken der im Jahre X 1870/71 in Frankreich gefallenen Bayern gewidmeten, zu Wörth-Fröschweiler zu errichtenden Lande-- denkmals hat schon seit längerer Zeit da» Präsi dium des bayerschen Veteranen-, Krieger- und Kampf genossenbundes fortgesetzt beschäftigt; eS sind nun die nöthigen Vorkehrungen getroffen und wird demnächst über Bildung des Centralcomite», Erlassung eines Ausrufes für die Eröffnung einer Landesjammlung rc. das Weitere bekannt gegeben werden. sSp Weimar, 2. Januar. In diesen Tagen wird der am großher,ogl. Hofe beglaubigte k. k. österreichisch- ungarische Gesandte, Frhr. v. Herbert-Rathkeal, zur Ueberreichung feiner Creditive aus Dresden hier erwartet. — Im Allgemeinen lauten die Urtheile über die Gestaltung der wirthschaftlichen Verhältnisse in Thüringen während des verflossenen JahreS befrie digend. Erhebliche Stockungen sind nirgends ein getreten; wohl aber haben zahlreiche Industriezweige eine Besserung aufzuweisen. Die Landwirthschaft hat zwar keiner reichen, aber doch einer erträglich n Ernte sich zu erfreuen gehabt. Neue Unternehmungen von größerer Tragweite sind in Aussicht genommen; dahin gehört namentlich der Versuch, die Zuckerrübencultur im Eisenacher Oberlande zu betreiben, wo die Kork schneideindustrie durch die stetig steigende Concurrenz deS Auslandes beeinträchtigt wird. Dresden, 3. Januar. Wenn die Pariser mit gewöhnlicher Heiterkeit die Sylvesternacht gefeiert haben, so sind dagegen die Neujahrsbetrachtungen der politischen Welt in Frankreich nicht gerade der rosigsten Art. Unser Pariser A-Correspondent refumüt dieselben in der folgenden Weise: Bier Begebnisse von größerer Tragweite hat daS verflossene Jahr 1881 in Frankreich herbeigeführt: den tunesischen Krieg, die Wahl einer neuen Kammer, Der Goldfuchs. Novelle von Karl Wartenbnrg (Fortsetzung.) Die Sonne neigte sich wieder zum Untergange, als der verwundete Soldat aus einem todtenähnlichen Schlummer erwachte . . . „Er lebt," rief eine kräftige Stimme, „schnell, an gefaßt, Kameraden . . . doch gebt ihm zuvor einen Trunk..." Verwundert starrte Wagner auf die Uniformen einiger deutscher Infanteristen, die ihn umstanden . . . Doch schon hatte ihm ein Soldat eine Feldflasche an den Mund gesetzt und mit gierigem Zug trank er den rothen Wein und mit ihm neue Lebenskraft. . . Ach, wie da- wohl that! . . . Und nochmals reichte ihm der Kamerad die Flasche gefüllt mit dem klaren kühlen Wasser der Waldquelle . . . Dabei erzählten ihm die Soldaten, wie sie ibn ge funden. Da« Wiehern de« Pferde« habe sie aufmerk sam gemacht, al« sie wert ab von der Waldwiese al« Schleichpatrouille durch da« Gehölz zogen. . . . „Aber nun vorwärts, angefaßt", commandirte der Patrouillenführer, „damit der Kamerad unter Dach und Fach kommt . . . Da« Pferd nehmen wir doch mit?" „Mein Lebensretter,* sprach Wagner . . . „wie könnte ich ihn verlaffen?* II. Der Friede von Frankfurt war geschlossen, geendet der surchtbare Krieg zwischen Deutschland und Frank reich . . . Von dem Jubel der Volker empfangen, zogen die siegreichen deutschen Regimenter zurück in die Heimath. Auch die Dragoner, bei denen Wagner stand, rückten wieder in die alte Garnisonstadt ein, unweit welcher der jungen Offizierr väterlicher Gut lag. Bon seiner Verwundung hergestellt, hatte Wagner den Rest deS Feldzugs mitgemacht und mit dem Lieutenantspatent und dem eisernen Kreuz kehrte er heim. ES war ein prächtiger Junitag, an welchem da- Regiment seinen Einzug hielt . . . Höher schlugen die Herzen der Soldaten, freudig glänzten ihre Augen beim Jubel des Volkes . . . Wohl kehrte Mancher nicht zurück! Die Hälfte der Kameraden, die da» Jahr vorher hinau»geritten, lag auf den französischen Schlachtfeldern, aber daran dach ten heute nur die Angehörigen der Gefallenen, die Ueberlebenden und die begrüßende Menge freuten sich der siegreichen Heimkehr. schadeten. Dauerte e» doch eine lange Weile, ehe er Botichafter für Deutschland und Rußland fand. DaS Programm de» CabinetS ließ ebenfalls auf sich warten, und da man über die finanziellen und ökonomischen Projekte der Regierung im Dunkeln blieb, so äußerte auch dir Börse entschiedenes Mißfallen. Die Action der Börse ist aber heutzutage eine weiter gehende, als ehedem, denn alle Welt ist mehr oder weniger Spekulant geworden. Endlich hatte Gambetta daS Unglück, durch die Berufung einiger ehemaliger Monarchisten, wie deS Generals de Miribel zum Chef deS Generalstabes und deS wegen seiner politischen Lhamäleonnatur bekannten Journalisten I. I. Weiß zum Direktor im auswärtigen Ministerium den In transigenten eine Waffe in die Hände zu liefern, und nicht blos den Intransigenten. Auch Jules Simon und die Gleichgesinnten schlugen aus diesen Er nennungen Capital, und gerade Jules Simon war es, der bei dieser Gelegenheit eine jener Formeln fand, mit denen man besonders in Frankreich gegen einen Politiker so viel auszurichten vermag, eine jener For meln, wie sie Gambetta selber in früheren Zeiten wie- d rholt gefunden hatte. „Man braucht nicht mehr Republikaner zu sein, so heißt es jetzt, wenn man nur Gambettist ist." Dies Aller hat gewaltig zur Discreditirung des Ministeriums beigetragen, nicht zu reden von dem Spruch der Pariser Geschworenen, welche für Rochefort und gegen Roustan, mithin gegen die Regierung Partei nahmen. Es ist nun so weit gekommen (nach 2 Monaten!), daß man vielfach sogar an der Fortdauer des Ministeriums Gambetla zweifelt, wie denn selbst das „Journal des Debüts" jüngst äußerte, auf dem Wege, den Gambetta und seine Col- legen eingeschlagen, pflege man im Allgemeinen nicht weit zu gehen. Es ist so weit gekommen, sagen wir, daß selbst gewisse Freunde deS CabinetS, die sein Ver halten nicht recht zu erklären wissen, die sonderbare Mei nung aussprechen, Gambetta sei deS Regierens unter den jetzigen Umständen schon müde geworden und ver lange nur einen Vorwand, sich zurückzuziehen. Die VerfassungsrevlsionScampagne, zu der Gam betta auf seiner Reise in Tours das Signal gegeben, hat bei den Wahlen eine Rolle gespielt, ohne daß man eigentlich sagen könnte, sie habe das Land possionirt. Immerhin machte sie seither solche Fortschritte, daß jetzt der Chef deS Ministeriums selber die Bewegung nicht mehr aufzuhalten vermöchte, wenn er es auch wollte. Seine Aufgabe ist es schon nicht mehr, vor wärts zu drängen, sondern zurückzuhalten, und viel leicht wird es ihm nicht leicht werden, die Grenren einzuhalten, welche er der Revision gesteckt hat. Diese Angelegenheit dürfte die beiden ersten Monate des neuen JahreS auSiüllen. Der RevisionScongreß wird wahrscheinlich schon Ende Januar zusammentreten, und zwar, wie die Verfassung es will, in Versailles. Für ein paar Wochen kann man sich m die Zeit zurück versetzt glauben, da Paris als eme verdächtige Stadt dem stillen Versailles den Rang der RegierungShaupt- stadl überlassen mußte. die Einsetzung de« Gambetta'schen Ministerium«, end lich die Campagne der BerfaffungSrevision. Der tune sische Feldzug ist so gut wie geschloffen, aber er hat nicht ganz die Vortheile gebracht, die man von ihm erwartete. Sein größter Nutzen, vielleicht sein einziger bestand darin, daß er den Franzosen klar gemacht hat, an wie großen Mängeln ihre militärische Organisation noch leidet, und daß er somit da« FriedenSbedürfniß im Lande verstärkte. Auf die auswärtigen Beziehungen Frankreichs wirkte er insofern ein, indem er zur grö ßern Jsolirung der Republik beitrug, in Italien und der Türkei eine entschieden gereizte, in England eine verdrießliche, in Spanien selbst eine mißtrauische Stim mung hervorrief. Die Früchte, welche man von dem französischen Protektorat in Tunis erwartet, werden nur sehr langsam reifen. Für« Erste wird eine lang wierige, kostspielige und nicht sehr ruhmvolle Okkupa tion der Regentschaft erforderlich werden. Man hat eS bereits gesagt, die Franzosen würden die Gendar men, wenn nicht die Kerkermeister deS Bey von Tunis zu spielen haben. Ihre civilisatorische Aufgabe in der Regentschaft, ihre moralische Stellung und ihr Prestige ist durch den Rocheforl-Roustan'schen Prozeß ungünstig beeinflußt worden. Die Wahl der neuen Kammer hat im Lande weniger Ausregung veranlaßt und ist ruhiger von Statten gegangen, als bei früheren Gelegenheiten. Die Republikaner hatten kein klar definirteS Programm; aber ihre Gegner hatten noch weniger ein solches, und wenn die große Mehrzahl der früheren republikanischen Deputirten ein neues Mandat erhielt, so kehrte kaum die Hälfte der Monarchisten und Bonapartisten in die neue Versammlung zurück. ES bestätigte sich, daß die Republik in der Nation nun vollständig Wurzel ge faßt hat. Zugleich waren die Wahlen eine Nieder lage für die intransigente Partei, die nur einige 30 ihrer Mitglieder in die Kammer brachte. Aber eS ist bis auf die heutige Stunde zweifelhaft ge blieben, ob die republikanische Mehrheit, auf welche die Regierung sich stützen muß, wirklich jenen Charakter bei Einheit besitzt, den sie nach dem Wunsche Gambetta'S besitzen sollte. Man hat in der ersten Zeit die Wiederherstellung der alten Fraktionen der Majorität vermelden können, und wirklich stellte sich ein paar Tage hindurch diese Majorität als ein com pactes Ganze dar. Aber nach und nach hat der Zer- setzungsproceß wieder begonnen. Auf der Grenze nach links hat sich schon eine „radikale Linke" gebildet, auf der Grenze nach recht- ist die Bildung einer „liberalen Linken" im Gange, und es ist möglich genug, daß die Regierung bald in die Lage kommen wird, zwischen diesen beiden Parteien zu wählen. Diese Thatsache deutet schon an, daß die Einsetzung des Ministeriums Gambetta nicht die gehofften Resultate geliefert Hot. Von vornherein war die Zusammensetzung deS Cabi netS ein Gegenstand der Ueberraschung für alle Welt. Statt de- erwarteten „großen Ministeriums*, da- sich aus den hervorragendsten Persönlichkeiten der beiden Kammern recrutiren sollte, erhielt man ein Labinet, welches saft ausschließlich aus Comparsen, aus hall- unbekannten Männern bestand. Die Gegner Gam betta's fanden einen plausibelu Vorwand, über die Dächer zu rufen, daß er in seiner Person die ganze Regierung repräsentiren wolle, daß er nicht Mitarbeiter, sondern gehorsame Diener gesucht habe, daß er allen Ernstes den Cäsar zu spielen suche. Man begann wieder von emem geheimen Antagonismus zwischen JuleS Grevy und Gambetta zu sprechen. Nicht wenig schadete dem neuen Ministerium in der öffentlichen Meinung die zu hoch getriebene Erwartung, die man an seinen Amtsantritt geknüpft hatte. Es sollte nun mit einem Male Alles ganz anders werden, und siehe da, lange Wochen hindurch zeigte sich Gambetta in kleinlichen Verlegenheiten befangen, die seinem Ansehen
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite