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Dresdner Journal : 15.02.1881
- Erscheinungsdatum
- 1881-02-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188102156
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18810215
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18810215
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1881
-
Monat
1881-02
- Tag 1881-02-15
-
Monat
1881-02
-
Jahr
1881
- Titel
- Dresdner Journal : 15.02.1881
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VN Dienstag, den 15. Februar. 1881 I» ä,nt»ck«L L«t«d«: lldrtivk- . . IS ttsrü. jzjLkrtivk! 4 Harlc SV kV. Lmrvlv« lg kV U«»«L«Us a«U«nt' ck«o k«iok«* tritt ?v«t- «o«l 8tem^^Ir>i«:tii^ Kia»». lnl»«r»touprkt!»o i PAr Uea Kama «iavr ««Ipaltslioa kstitrsiie so kV. vat«r „8ia^««ät" «Uv 2«ii» SV kV. Nrsedvk»»»» ritzli«:!» mit ^asnitkmv <tsr Sonu- aaä k'c-ic-i-t^x« lür ilvn solzsvNtisa 1^. Dres-nerIolmwl. Verantwortliche Redaction: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. Iai.«i»t«->iaiin»kmv »i»Hr>rt»r » Lru»«ktetier, OolUlUl»»ioi>Lr ti», Or«r»gii«r ^oaraak«: S»»d»i-U >«rk» Vi«» I.«tp»t^ - L»»»l - Nril»o ?r»L>ctu-t ». N : ««»«««»«ter»« ^«Aier, L,rUa tVl«a -U»wdilrU- kr»K-L»>p«iff ^r»akklrt ». N.-Mitaok»»: S»rU»: ü. Hiict, /nvcU»cien«i<«nt, Lr«i»«ll: üc^/vttr,' >r«»I»a: /. LtonAen» liürv»a; ^r»akktrt ». ll: A- ^arAer'üvdv Uuvkk»n<ilui>^; bdrUt»: tr. ,' S»aaov«r! 0 Lc/tü«»!«»', k»ri» N-riw kr»»»surt » N »tuU^»rt: Da^eLCo, S»»darM: Ä«n«r. U«r»a»x«dvrr Uüaisl 8»p«6itivll äs» ilrvsciavr 4o»ra»I», Drt»>ävo, ^vlu^ernkriwn« Ao »0. Amtlicher Theil. Bekanntmachung. Mit Bezugnahme auf die in Rr. 3 de» Reich»- Gesetzblattes verkündete Kaiserliche Verordnung vom 7. d. M., durch welche der Reichstag berufen ist, am 15. Februar d. I. in Berlin zusammen zu treten, wird hierdurch bekannt gemacht, daß die Eröffnung de» Reichstag» an diesem Tage um 2 Uhr Nach- mittag» im Weißen Saale dr» Königlichen Schlosse» stattfinden wird. Die weiteren Mittheilungen über die Eröffnung»-Sitzung erfolgen in dem Büreau des Reichstags, Leipzigerstraße Nr. 4 am 14. Februar in den Stunden von 9 Uhr Morgen- bis 8 Uhr Abends und am 1b. Februar Vormittag» von 8 Uhr ab. In diesem Büreau werden auch die LkgitimationS- karten für die Eröffnung»-Sitzung und die Einlaßkarten für Zuschauer auSgegeben, auch alle sonst erforderlichen Mittheilungen gemacht werden. Berlin, den 12. Februar 1881. Der Reichskanzler. In Vertretung: v. Boetticher. Nichtamtlicher Theil. Uetersich«. Telegraphische Nachrichten. Zeitung-schau. (Daily Telegraph. Times. Pall Mall Gazette. Daily News. Agence ruffe. Jour nal de St. PöterSbourg. Presse. Tagesgrschichte. (Dresden. Berlin. Stuttgart. Frei burg i. Br. Weimar. Koburg. Wien Prag Agram. Pan». Rom. London. St. Petersburg. Kairo. New-York.) Zur orientalischen Frage. Ernennungen, Versetzungen ic. im öffrutl. Dienste. Dresdner Nachrichten. Vermischtes. Eingesaudte». Feuilleton. , » Tageskalenber. Inserate. Beilage. Dresdner Nachrichten. Provinzialnachrichteu. (Leipzig. Wurzen. Stollberg. Dippoldiswalde Pirna. Bautzen. Statistik und Volkswirtbskdatt. Telegraphische Witterungsberichte. Lörsennachrichten. Inserate. Telegraphische Nachrichten. Berlin, Montag, 14. Februar, Nachmittags. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Das Abgeordnetenhaus nahm heute nach unerheblicher Debatte in dritter Lesung die Gesetzentwürfe, betreffend die gemein schaftlichen Holzungen, das Pfandleihgewerbe und die GrcuudLrbahnen, an. Rom, Sonntag, 13. Februar, Nachmittags. (W. T. B.) Da die beabsichtigte Demonstration am Capitol von der Regierung verboten worden ist, hat das Präsidium drs Meetings für das allge meine Stimmrecht beschlossen, die am Freitag an genommene Tagesordnung hente in einem Theater Feuilleton. Nedigirt von Otto Bauet. K. Hoftheater. — Altstadt. — Sonntag, den 13. Februar, wurde ein großes Concert zum Besten des Albertverein» unter Direction des Herrn Kapellmeisters Schuch gegeben. Eine sym phonische Dichtung „ Kleist'» Prinz Friedrich von Homburg" von Reinhold Becker, deren Benennung als „Ouvertüre" zum genannten Drama mir passender schien, eröffnete dasselbe. Da» Werk umfaßt die Haupt vorgänge der Handlung — mit Ausnahme eines ein zigen, für die Musik nicht ausdrucksfähigen, welches im Drama selbst eine Schwäche bildet — und entwickelt in seinen Schilderungen derselben eine ungewöhnliche, theilweise melodisch schöne Erfindung, geistig edel poetisch und charakteristisch im gedanklich eigenthüm- lichen Ausdruck, wir in Durchführung und instrumen taler Gestaltung derselben. E» wird bei solchem, der Action in einem Drama sich anschließenden Tonbilde immer darauf ankommen, die gewählten Momente der dramatischen Situation und der Seelenstimmuna in gedrängter, klar begrenzter Schilderung - mit Aus schluß der sür die Phantasie lockenden, aber die un bestimmte Deutbarkeit der Musik vermehrenden Detail» — zu geben, und diese bestimmt gezeichneten und con- trastirendeu Partten dukch glückliche Verwendung und Verflechtung der Motto« zu einem musikalisch einheit lichen Ganzen zu verbinden, das seine Geltung al» Lonstück auch ohne Auslegung nach einem Programm behaupten kann. Dies scheint mir der talentvolle öffentlich zu proelamirm. (Vgl di« „ TageSge- schichte^ Eine von dem Comttö für allgemeines Stimm recht berufene Volksversammlung, an welcher sich ungefähr 8V0V Personen brtheiligtrn, hat der Ta- gesorduung, in welcher daS allgemeine Stimmrecht gefordert wird, ihre Billigung erthrilt. Die Ver sammlung löste sich auf, ohne daß sich störende Zwischenfälle zugrtragrn hätten. London, Sonntag, 13. Februar, Abends. (W. T. B.) Im Hydepark fand heute gegen die irlän dische Politik der Regierung eine öffentliche Kund- gebung Statt, welcher einige Tausend Menschen, meist Irländer, beiwohnten. Die irischen Parla- mevtSdeputirten Mac Carthy, Nelson, Sexton und Redman traten als Redner auf und sprachen sich gegen die Haltung der Regierung Irland ge genüber und gegen daS jüngste Verhalten deS Un- terhaussprechrrS auf das Heftigste auS. Die Ver sammlung nahm die Reden mit großem Beifall auf, enthielt sich aber jeder Störung der Ruhe. Nach dem Transvaallande find 7V0 Mann In fanterie, 16V Mann Artillerie und L Cavallerie- regimeuter al- weitere Verstärkungen bestimmt. Eine amtliche Depesche aus der Capstadt vom gestrigen Tage meldet den Abschluß eines Itägigrn Waffenstillstandes mit den BasutoS. Warschau, Montag, 14. Februar. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Ein ofpciellrs CommuniquS thrilt mit, daß eia Individuum, welches vrrgangeue« Sonnabend in die Wohnung deS Generalgouvrr- neurS von Warschau, AlbedinSki, eingedrungen sei, als wahnsinnig bereits dem Jrrenhause aus geliefert worden ist. Dresden, 14. Februar. Vor mehr, al» 14 Monaten, ehe irgend ein eng lisches Blatt von der Sache Kenntlich hatte, war der Londoner Correspondent der Augsburger „Allgemeinen Zeitung" in der Lage, unterm 3. December 1879 über die in Kabul erfolgte Auffindung einer ge heimen russischen Correspondenz von großer Wich tigkeit Mittheilung zu machen, Papiere, die auf die feindseligen Absichten Rußlands gegenüber England ein schaffe» Schlaglicht warfen. Am 17. und 20 ve- cember desselben Jahres und am 16. Januar 1880 machte derselbe Berichterstatter darüber weitere genaue Angaben. Eine Zeit lang war es die Taktik der da maligen Russenfreunde in England, das Vorhandensein der Schriftstücke geradezu abzuleugnen, und das Cabi- net behandelte die Sache mit der dem Tory-Premier eigenen geheimnißvollen Manier. Daraufhin faßten die Gladstonianer, vor Allen der russenfreundliche Herzog v. Argyll, großen Muth, indem sie annahmen, es sei an der ganzen Sache irichtS Der Herzog stellte, ohne sich auch nur in St. Petersburg Raths zu erholen, an die konservative Regierung das Verlangen nach Vorzeigung der angeblich entdeckten Papiere. Als dies thörichter Weise nicht gewährt wurde, brachen die Russenfreunde in Hellen Jubel ans, erklärten die ganze Geschichte für einen auf kommende allgemeine Parla mentswahlen berechneten Kniff und spotteten darüber nach Herzenslust. Heute stehen sie nun völlig beschämt da. Lord Lytton, der frühere Statthalter von Indien, forderte dieser Tage die Veröffentlichung der seine Politik gegen Afghanistan rechtfertigenden Beweise, und Earl Granville, sowie der Marquis v. Hartington konnten sich, da die Papiere abschriftlich in Lytton's Besitz sind, dem Verlangen nicht entziehen Der StaatS- secretär des Auswärtigen gestand in seiner Antwort em, er selbst, wie auch der Staatssecretär sür Indien, sehe sich „in eine große Verlegenheit gesetzt", denn „eS befänden sich höchst unangenehme Stellen selbst in den nach dem Berliner Vertrag geschriebenen Briefen." Die vom „Standard" publicirte Eorrespondenz ent hält nicht- über die vom Herzog v. Argyll im Ober hause angedeutete Unterredung zwischen Lord Lytton und dem Grafen Schuwalow vor der Abreise de» Erster» nach Indien zur Uebernahme deS Posten» eines BicekönigS. Stattgehabt hat sie, und Rußland hatte sich damals bereit erklärt, in Gemeinschaft mit England Afghanistan — „eine Handvoll Barbaren", wie sich russische Staatsmänner äußerten — zu er drücken. Schuwalow wünschte von Lytton zu wissen, ob England etwas gegen Rußlands Vormarsch auf Merw einzuwenden habe; die Festsetzung einer Grenze, die von Rußland und England nicht überschritten wer den sollte, bildete den Angelpunkt der russischen Vor schläge. Der Schriftwechsel, der jetzt an daS Tages licht gekommen, umfaßt 7 Monate, vom Juni 1878 bis Februar 1879. Der Text des Allianzvertrages zwischen dem Emir Schir Ali und dem Kaiser von Rußland befand sich nicht unter den aufgefundenen Schriftstücken, wird aber aus dem Gedächtnisse vom Minister deS Auswärtigen des Emirs mitgetheilt, und der Hauptgehilfe deS EmirS gab auch eine Version desselben. Er wurde im August 1878 vom General Stoljetow unterzeichnet, der dazu durch eine Vollmacht deS Generals Kausmann ermächtigt war, und zwar in einem Briefe derselben vom Juni 1878; Stoljetow ward darin al- ein hervorragender Offizier bezeichnet, der das vollste Vertrauen des Zaren besitze. Der Ver trag enthielt 10 Artikel. 1) Rußland verpflichtet sich zur permanenten und ewigen Freundschaft mit Afgha nistan. 2) Rußland verpflichtet sich, jeden von Schir Ali erwählten Thronfolger als Nachfolger des ver storbenen Abdullah Jan anzuerkennen. 3) Rußland verspricht dem Emir Beistand zur Abweisung jeden fremden Feindes. 4) Der Emir verpflichtet sich, ohne Rußland zu consultiren, keinen Krieg zu führen. 5) Der Emir verpflichtet sich, Rußland von allen Vorgängen in Afghanistan unterrichtet zu halten. 6) Der Emir macht sich anheischig, alle wichtigen Dinge dem Ge neral Kaufmann mitzutheilen, und dieser soll von Ruß land angewiesen sein, seinen Wünschen entgegen zu kommen. 7) Den afghanischen Kaufleuten wird in Rußland Schutz zugesagt. 8) Der Emir ist ermäch tigt, von ihm gewählte Personen nach Rußland zu schicken, um Künste und Gewerbe zu erlernen Mit Bezug auf Art. 9 u. 10 sagt eine Version, daß Ruß land einwillige, den Emir gegen interne Unzufrieden heit zu schützen; die andere sagt, der Schutz sei gegen äußere Einmischung zugesagt. Sicher ist, daß Ruß land sich verpflichtete, fall- es dazu aufgefordert würde, zu Gunsten der Wiedereroberung deS srühern Besitzes von Afghanistan dem Emir beizustehen. Ob Pcscha- wer oder Khela», oder beide Districte damit gemeint sind, ist nicht klar ersichtlich. ES unterliegt nach dem Schriftwechsel keinem Zweifel, daß Rußland nicht nur dem Emir Hilse in einem Kriege gegen England ver sprochen hat, sondern auch Pläne für die Anfachung einer Jnsurrection in Indien mit dem Emir besprach. Allein eS geht auch daraus hervor, daß Rußland später seine Hand von dem Emir abzog und ihn unter Aus flüchten im Stiche ließ. Sioljetow'S Brief an den Emir, vom 8. Oktober 1878 au- Livadia datirt (wel chen wir in der „Tagesgeschichte" unter St. Peters burg seinem Wortlaute nach mittheilen), ist somit nach voller Kcnntniß der Unterzeichnung deS Berliner Vertrages geschrieben, wodurch Argyll'S Bemerkung, daß die unfreundlichen Anspielungen auf England vor Kenntniß des Abschlusses deS Berliner Vertrags ge schrieben wurden, hinfällig sind. Der Satz, daß der Emir einen befähigten Emissär, der die Zunge einer Schlange hat und voll Verschlagenheit ist, an die Eng länder entsenden solle, so daß er mit süßen Worten da» Gemüth des Feindes verwirre und dieser die Ab sicht, mit d.m Emir zu kämpfen, ausgebe, ist in Slolje- tow'S Brief vom 8. Oktober enthalten. Die Opposition benutzt die Publicirung der Ka buler Schriftstücke dazu, um die öffentliche Meinung Englands zu Gunsten der dauernden Besitzung Kan dahar» zu beeinflussen Der „Daily Telegraph" rathet jedem Engländer, dem sein Land am Herzen liege, zum eingehenden Studium der Kabuler Schrift stücke. Dieselben seien entfernt nicht für britische Augen bestimmt gewesen, sondern eine Kriegsbeute, die für die Nation, falls sie klug sein werde, al- werth- voller sich erweisen dürfte, als irgend ein Gewinn an Gold oder Gebiet. Sie enthielten durch unleugbare Beweise den Kernpunkt der orientalischen Frage, näm lich daß der russischen Regierung niemals zu trauen sei. Die Staatsmänner, die nach Durchsicht dieser Schriftstücke unschätzbare, durch Tapferkeit und Hin gebung erlangte S.cherheiten bei Seite werfen wollten, und nach neuen „Uebereinkommen" mit St. Peters burg ein Gelüste trügen, seien Argumenten überhaupt nicht zugänglich. Der „Daily Telegraph" verschwendet keine Vorwürfe gegen Rußland wegen der in diesen Dokumenten an den Tag gelegten Treulosigkeit und Doppelzüngigkeit. Halb barbarisch in Moral und Diplomatie, und von einem unersättlichen Kalmücken- appetit nach den Seeküsten Europas und Asiens ge trieben, könne Rußland nicht aufhören, gegen Kon stantinopel und Indien zu intriguiren, selbst wenn es dies wollte. In Khiwa wie in Kabul, in Berlin wie in London spielte es abwechselnd die Rolle der Schlange und Ler Taube, mißachte das verpfändete Ehrenwort deS Monarchen, trete Stamm um Stamm unter seine Füße, schließe Verträge, um sie zu brechen, und prelle jene Gegner, die eS nicht von seinem W-ge zu ver drängen vermöge. Wer mit der Geschichte russischer Verträge bekannt sei, werde durch diese Enthüllungen nicht überrascht werden. Die „Times" geben zu, daß Lord Lytton vollwichtige Schriftstücke zu seiner Rechtfertigung angerufen habe; aber sie unterlassen eS, zu erklären, daß die jetzige Regierung ihre eingeschlagene Politik aufgeben müsse. — Die „Pall Mall Gazette", treu der radikalen Nichteinmischungspolitik, wird durch den Schriftwechsel in ihren Anschauungen nicht erschüttert; sie meint, er lieserte nur den Beweis, daß eS thöncht wäre, das Gebiet auSzudehnen und damit den Umfang und die Größe der Unzufriedenheit zu erweitern und zu steigern. Rußlands Einfluß in Afghanistan hänge nur von der Furcht vor englischen Angriffen ab, und Englands Vormarsch über die indische Grenze hinaus sei die wirksamste Weise, Rußland in die Hände zu arbeiten. — Auch die „Daily News" können indem russischen Schriftwechsel keinen Grund zur Aufhebung des Be schlusses der jetzigen Regierung, Kandahar zu räumen, erblicken und finden, daß die Aktenstücke nur wenig zu der bereits vorhandenen Kenntniß der russischen Ju- triguen mit Schir Ali beitragen. Ein sorgfältiger Ver gleich der Daten der Briefe mit denen der Ereignisse in Europa zeige, daß diese die Ursache der Jntriguen waren; sie war ein Schachzug, welcher der Ueberfüh- rung indischer Truppen nach Eu'vpa folgte. Die Fest haltung Kandahars wäre nur eine Fortsetzung der Po litik Lytton's, die den Emir in die Arme Rußland» getrieben habe; der Versuch, diesen Schriftwechsel zu benutzen, um neue Furcht vor Rußland zu erwecken, sei zu deutlich, um das Publicum irre zu führen. Be hielte England Kandahar, so würde dies bei den Afghanen Verdacht erregen, der sie bestimmen würde, sich Rußland zuzunelgen. Der Besitz Kandahar» sei für praktische Zwecke nutzlos, außer daß es ein Schritt zu einem Vormarsch gegen Herat wäre Rußland würde, darauf gestützt, sich als Freund Afghanistans gernen und England als dessen Feind hinstellen. Wenn, >»»""" » - - Lomponist nicht erreicht zu haben, indem er sich in seiner poetisch erregten Hingabe an die Dichtung zu sehr von der musikalisch klaren und architektonisch fest verbundenen Form entfernte. Die Production dieser symphonischen Dichtung seiten der königl. Kapelle war eine vorzügliche. Herr KammermusikuS Bauer spielte eine „Wala- chische Weise für Flöte" (von Fr. Doppler), vollendet in Virtuosität, geschmackvollem Vortrag und Lieblichkeit de» Ton». Frau Schuch und Frl. Reuther und Nanitz erfreuten durch die reizenden Lachner'schen Terzette „Mondscheinnacht und Libellentanz" in gleich reizender Ausführung. Herr Stan. Barcewicz spielte ein Concert von VieuxtempS (mit Orchester), Romanze von F. RieS und Polonaise von Wieniawski. Seine bedeutenden Leistungen, die im Theater durch den Ein fluß der Localität natürlich in der Wirkung abge schwächt wurden, sind genugsam besprochen. Er besitzt im hohen Grade die Eigenschaften, welche dem Virtuosen Erfolg sichern, und er erübrigt ihm nur dieselben in edler Richtung mit künstlerischem Geist und feinem Geschmack zu möglichster Vollendung durchzubilden. Eine besonder» anziehende Bereicherung empfing da» Concert durch die humoristischen Vorträge der königl. preußischen Hofschauspielerin Frau Frieb- Blumauer: „Betrachtungen einer Denkerin über active und passive Wählbarkeit der Frauen in gesetz gebenden Versammlungen" von l)r. Lederer und „Reise lust und Lustreise" von Baron KleSheim. Die Voll endung der Künstlerin in ihrem Redeau-druck, so natürlich und wahr, in feinsten Nuancen de» Ton» und Accent» geistig treffend und frappant, und wie unmittelbar der Eingebung de» Augenblick» entsprin gend, fesselte und entzückte die Hörer, ganz besonders in der erstgenannten sehr ergötzlichen und witzigen „Betrachtung einer Denkerin". C. Banck. Zum 15. Februar. Heute, nach hundert Jahren, bewegt die Besten der Nation die Wiederkehr diese» denkwürdigen Tage», an dem ein nimmermüder, siegreicher Held de» Gedanken» von seinem Wirken für die deutsche GeisteScultur auf ewig schied. Seine physische Natur war gebrochen, sein überreiches Seelenleben hatte sich im Gebiete de» Schaffen» noch bei Weitem nicht auSgelebt. Die letz ten Tage, kaum trüber al» die letzten Jahre, traten verhältnißmäßig früh an den reformatorischen Dichter und kühnen Streiter heran. Es ist bezeichnend für Sinn und Gewohnheit der Menschen, daß die wahrhafte Kraft und Größe, die da Antwort giebt, ohne gefragt zu werden, die da herrscht und nicht dient und keinen versüßenden Honig bietet für die Bitternisse und den spröden Ernst ihrer Er- kenntniß, nur langsam und widerwillig von der Welt erkannt, viel gefürchtet, spät geehrt und später erst ge liebt wirb. Lie Zögerung steigert sich da am meisten, wo die vorwaltende Macht eine» solchen segenspenden- den Genius in der UrtheilSkrast besteht. DaS trifft bei Lessing wie bei keinem Andern zu. Und weil in ihm nicht das abstrakte Kriterium der reinen Vernunft, sondern damit organisch verbunden zugleich da» sittliche Pathos dr» Herzen» kritisch thätig war, mußte er tiefer verletzen, wo er erobern, wo er heilen wollte. Seine Polemik griff von dem objektiv wissenschaftlichen und ästhetischen Gebiet in da» ethische hinüber und traf mit der Sache zugleich das Subjekt, die traditionell oder echt und redlich überzeugten Vertreter derselben. DaS muß zu schmerzlichen, langdauernden Gährungen führen, um so mehr, da menschliches Irren auf beiden Seiten stets unabwendbar waltet. Dieser Sachlage war eS entsprechend, daß nach dem Tode Lessing'S weit über 70 Jahre dahin gingen, ehe e» dem spcciellen Einfluß literatur-geschichtlicher Be strebungen gelang, für den erhabenen Mann die warme Verehrung, die glühende Bewunderung einzelner er leuchteter Geister in eine allgemeine Würdigung von Seiten der Nation zu verwandeln. So wie sich Einzelne darum bemühten, das sehr bald vergessene und kaum auffindbare Grab Lessing'» auf dem Braunschweiger Kirchhof aufzusuchen und zu markiren (Campe u. Großmann 1788, und Karl Schiller 1831), so ward auch sein geistige» Andenken tu dem für ihn entsprechenden Maße nur langsam wieder erweckt. Endlich trug die heimische Anerkennung, nachdem die verfinsternden Leidenschaften sich beruhigt hatten, den Ruhm unsere» LandmanneS weit über die deutschen Grenzen hinaus und so wird er noch Jahrhunderte hindurch von einer Zeitepoche der andern überliefert werden. Obgleich gegenwärtig der trübe Wellenschlag eine» vorübergehenden ParleistreiteS der Auffassung de» Lessing'schen Geniu» hin und wieder die objektive Klar heit und Rube raubt, so ändern doch diese Wandlun gen im Großen und Ganzen nicht» an den literar- geschichtlichen und intellektuellen Erkenntnissen de» Culturgeiste». E» ist da» Loo» aller Hervorraaenden Geiste»produete und ihrer Schöpfer, von nachgebornrn
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