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WERKBESPRECHUNG Edward Eigar: Enigma-Variationen op. 36 Die „Enigma Variations“ (Rätsel-Variationen) hat Edward Eigar schon 1899 komponiert. Sie haben sich, aus dem 19. Jahrhundert stammend, bis heute frisch erhalten. Welche Rätsel Eigar in diesen Veränderungen eines Themas, das er „Enigma“ nennt, aufgibt, verrät die Widmung des Werkes, die frei übersetzt etwa „Gewidmet meinen hier abgebildeten Freunden“ lauten könnte. Dieses Opus 36 Elgars besteht aus vierzehn Veränderungen, von denen er drei mit musikalischen Titeln versehen hat, wie die zehnte mit Intermezzo, die dreizehnte mit Romanza, die vierzehnte mit Finale. Über sämtliche Variationen sind die Anfangsbuchstaben von Namen seiner Freunde geschrieben, manchmal auch ganze Namen wie Ysobel, Nimrod, Troyte oder Dorabella. Eine Variation ist nur mit drei Sternchen versehen, vielleicht um das Rätsel unlösbar zu machen oder ein Herzensgeheimnis zu verbergen. Eigar hat nun in jeder Variation einen Freund musikalisch dar gestellt und sein Temperament geschildert, sein Wesen nachgezeichnet, seine Persönlichkeit ausgedrückt. Jeder ist anders, und auch jedes musikalische Bild ist anders. Eigar aber entwirft diese grundverschiedenen Abbildungen seiner Freunde aus einem einzigen Material, dem Thema, womit er wahr scheinlich andeuten wollte, daß er alle seine Freunde durch das Fluidum seiner eignen Persönlichkeit hindurch sieht. Das ist ein hervorragender und bedeutender Kunstgriff, die Vielfalt durch die Veränderung des einen zu erzielen. Eigar schildert also, wie sich seine Freunde in ihm selbst wider spiegeln. Die Variationen sind deshalb ein programmatisches Werk, das bis heute interessant und lebendig geblieben ist. Wolfgang Amadeus Mozart: Rezitativ und Arie Die Arie mit dem vorangehenden Rezitativ, die auf italienischem Text („Non temer, amato bene“) komponiert wurde, schrieb Wolfgang Amadeus Mozart im Dezember 1786 für die Sängerin Storace in der Zeit zwischen der Entstehung der „Entführung aus dem Serail“ und dem „Schauspieldirektor“. Interessant ist ihre Geschichte. Sie ist eine Umarbeitung und war ursprüng lich eine Arie mit einem anderen Text und mit einem Violinsolo. So entstand ein Werk, in dem das Klavier solistische Aufgaben erhält, die Mozart selbst im konzertierenden Wettstreit mit der Sängerin ausführte. Die Arie ist in Rondoform geschrieben, wobei also ein melodischer Gedanke mehrmals auf taucht, jeweils von Zwischenspielen eingefaßt, die andere Stimmungsgehalte aufweisen. Es ist wunderbar, wie Mozart eine schon zu anderen Zwecken ge schriebene Musik dem neu unterlegten Text anpassen und dem Inhalt völlig ge rechtwerden konnte. DieseUmarbeitung kommt also einerNeuschöpfunggleich.