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Dresdner Journal : 25.06.1881
- Erscheinungsdatum
- 1881-06-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188106257
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18810625
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18810625
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1881
-
Monat
1881-06
- Tag 1881-06-25
-
Monat
1881-06
-
Jahr
1881
- Titel
- Dresdner Journal : 25.06.1881
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^144 Sonnabend, den 25. Juni. 1881 Xdv»a«m<-utiii»relii: l« AR-KQ ^^,,,.^1, deüdeutscdsll dLdrlicb: . . 18 Deicke» tritt ?o«t- uod )4 jMirtietl: 4 il»r>r bv?k. j^teiu^Iru^cbl^ biuiu. Li»»etae kkuwmera: 10 kk. la»«r»teaprel»«r kür den ULum einer ^eepnltenen pvtitreilv 20 ks. Unter „Linzei»odt" die Leit«, bv kk. L»ed«l»e»r l'Lzliek mit XmvLkw« der 8onn- and t'eiertnz» ^Ovnds für den falzenden 1^8 DreMerZMuml. Verantwortliche Redaction: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. lo»er»ten»nu»kioe »u»^Lrt»r I^tpRlU: />> /trand«tetter, OoiumimiooLr d« Drvxiusr dournnt»; 8»L>diirx >«rlt» Visa l^ipriz >—«t- Lr—!»» rrnntkarl ». N : //«xuenote»»» L l^OAter, NerUn Vi«n-«»»d»rU- ?r»z-r»ip»iz kiALktLtt ». >. Nitoed«Li di«»d Afa««,' 8«rUniä'./furnlct, vr«m»n:/!: LcAfatt«: Lr«»I»a: /, LtunAen'i Itürenu; rr»nLfnrt ». ».: dakAt^-Mlie ttucbtl»ndtuoz; OdrUt»: <?. LfM«-,» S«u>ov«r!td LcAU«t«r, r«rti L«rUn -kr»nkknrr ». N.- »mrt^Urt: Da»Le L (7c., ««ndnrz: Lt«-d-«^, Fd ütein«'. ttvriiunzedorr Lünizl. Lrpeditian d«, Ureedner dournnl«, I>re»deu, 2vil>8vr»tri»»ix- Ko. 20. Nichtamtlicher Theil. Telezrnphische Nachrichten. Wie«, Douverstag, 23. Juni, Abends- (W. T. B.) Heute Nachmittag fand in Schönbrunn zu Ehren deS Kürsten von Serbien Galadtncr Statt, au »elchem Baron Haymerle, Graf Taaffe, der KriegSnünister Graf Bylandt, der serbische Grsaudte Christie und der österreichische Gesandte in Belgrad, Arhr. v. Herbert, Theil nahmen. Am Vormittag empfing Kürst Milan den Besuch deS BarouS Haymerle. Letzterer wird am näch sten Sonnabend zur Cur nach Neuenahr abreisen. (Vgl. die Rubrik „Zur orientalischen Frage*.) Prag, Areitag, 24. Juni. (Eorr.-Bur.) Die „Bohemia" veröffentlicht folgende, vom gestrigen Tage datirte Erklärung deS verfassungstreuen WahlcomitSS: Da sich viele verfassungstreue Wähler von ihrem Wahlrechte in die Prager Handels- und Gewerbe kammer enthalten dürften, weil sie fürchten, bei der bestehenden Prefsion, welche von nationaler Seite auf sie auSgeübt wird, in den tschechischen Blättern verunglimpft zu werden, fo erklären wir hiermit zur Danachachtung, daß persönlich erscheinende Wähler gegen Vorweisung ihrer Legitimationskarte ihre Stimmzettel nicht zu unterschreiben brauchen. Sie werfen diefelbe in die Urne; daher Niemand erfahren kann, wem sie ihre Stimme gegeben haben. Buda-Pest, Donnerstag, 23. Juni, AbevdS. (Corr. - Bur.) Ja SregSzard fand gestern um H11 Uhr AbeudS ein heftiges Erdbeben mit zwei rasch auf einauderfolgendeu Stößen und Geräusch Statt. (Vgl. die Rubrik „Vermischtes*.) Agram, Donnerstag, 23. Juni, AbendS. «Lorr.-Bur.) Der Landtag nahm den Antrag Kolnegovic auf Entsendung eines SiebenercomitüS zur Prüfung der Petitionen betreffs KiumrS an, nachdem Zivkovic im Ramen der Negierung dir Versicherung gegeben hatte, daß die Kiumaner Krage nur im Sinne deS Gesetzes, also mit Hin- zutdun Kroatiens gelöst werden wird, dir Ne gierung demnach gegen den Antrag keine Ein wendung erhebe. Ja daS Comit^ wurden die Candidateu der Compromißliste gewählt. Der Landtag heschloß, über den Beschlußantrag Starre- vir wegen Verlegung der ComitatScongregation nach Drlvice nach langer Debatte mit 40 gegen 24 Stimmen, zur Tagesordnung überzugehen. Paris, Donnerstag, 23. Juni, AbevdS. (W. T. B.) Ja der heutige« Sitzung deS Senats wurde der Nrpublikauer DeSchanrl an Stelle Littr^'S mit 130 Stimmen zum lebenslänglichen Senator erwählt. Lacherot erhielt 113 Stimmen. Die Deputirtenkammer lehnte den Antrag der äußersten Linke« auf Streichung deS CultuSbud- grtS ab. Der HandelSminister Tirard brachte einen Gesetzentwurf eiu, durch welchen die Negie rung ermächtigt wird, die Handelsverträge even tuell zu prolongireu. Rach Berichten auS Algier ist die öffentliche Meinung daselbst infolge der Vorgänge in der Provinz Oran sehr erregt; man begreift nicht, wie man Bou-Amema hat entkommen lassen kön nen. Die Journale verlangen eine Untersuchung. (Vgl. unsere Pariser Lorrespondenz unter „TageS- geschichte*.) Nom, Kreitag, 24. Juni. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Dem „Diritto" zufolge hat ein Austausch freundschaftlicher Mittheilungen zwischen der fran zösischen und italienischen Negierung stattgefunden, Feuilleton. Nedigirt von Otto Banck. Nrfidevzlheater. An dieser Bühne spielen seit einigen Tagen mehrere Gäste und bethätigen sich in jenen behaglich fesselnden, breit auSgesührten Drama- tisirungen plattdeutscher Stücke, die durch eine Bear beitung von Fritz Reuter'S Schriften für die nord deutsche Bühne gewonnen worden sind. Der Haupt gast, Hr. Schelper, ist in Dresden den zahlreichen Freunden dieser Literatur durch die sichere Überzeugung-- feste VolkSthümlichkeit und Treue feiner Leistungen durchaus wohlbekannt. Sein „Onkel Bräsig* wurde hier wiederholt auf da- Freundlichste ausgenommen und verdient in seiner humoristischen, gemüthvollen Eigenartigkeit stet» nur zur guten Saisonzeit aufge- führt zu werden. Gegenwärtig leiden alle Theater nnter dem Bann de- herrlichen Sommerwetter-, der da- Pnblicum selbstverständlich in den Hallen der freien Natur gefesselt hält und ihm solche Räume un sympathisch macht, die sich während de- ganzen Jahre» auch ohne die Gunst der Sommerwärme behaglich ge stalten lassen. Am 23. Juni wurde zum ersten Male „Hanne Nüte nn de lütte (kleine) Pudel* gegeben, eben falls dem ReutercykluS angehörig und von Fritz Har nack drastisch apprettirt. LS ist dies mit starken Mit tel« geschehe« und der Geist des Stückes, mehr ernst, criminell und gefühlvoll, als urwüchsig komisch und erheiternd, steht weit unter der gefälligeren Bühnen- compofition, welche sich um den alten Oekonomieinspec- bei welchem gegenseitig der feste Wille bekundet wurde, daS durch die gemeinsamen Interessen bei- der Länder erforderte gute Einvernehmen rasch herzustellen. In Palermo versuchten einige Hundert Stu denten vorgestern wiederholt vor dem französischen Cousulat zu demonstriren, zerstreuten sich aber, von den Truppen daran verhindert, ohne Auffor derung. Neapel, Donnerstag, 23. Juni, AbendS. (W. T. B.) Gegen 100 Studenten verlangten heute von dem Präfecten dir Freilassung von 34 gestern verhafteten Individuen. Der Präfect versprach, dem Verlangen nachzukommen, wenn den Verhaf teten nichts vorzuwerfen sei. Die Königin bestieg heute den Vesuv. Madrid, DonnrrStag, 23. Juni, AbendS. (W. T. B.) Das Derret deS Königs, durch welches die CorteS aufgelöst und die neuen Kammern zum 20. September einberufen werden, soll morgen publirirt werden. Madrid, Areitag, 24. Juni. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Der spanische Consul in Oran schätzt die Zahl der bei Saiida getödteten Spanier auf 100, die Zahl der daselbst verwundeten oder von den Araber« gefangen genommenen Spanier auf 400. St. Petersburg, Freitag, 24. Juni. (Tel. d. DreSdn. Journ.) D»e Fürstin von Montenegro ist «ebst Kindern und Gefolge gestern Nachmittag abgrreist. Der zum Gefolge gehörende Wojwode Plamenaz mußte, dem „GoloS" zufolge, in St. Petersburg zurückbleiben wegen einer Verwun dung, welche er infolge eines auf ihn von einem hier ansässigen Montenegriner mit Namen Dschu- raschkowitsch gemachten Angriffs erhalten hatte. Der genannte Dschuraschkowitsch erschien nämlich gestern bei Plamenaz und wollte ihm mit einem Säbelhieb den Kopf zerschlagen, verwundete ihn jedoch bloS an der Hand. Plamenaz zog hierauf seinen Nevolver und erschoß den Angreifer. Die Untersuchung ist eingeleitet. (Vgl. die „Tage-- gesuchte *.) Konstantinopel, DonnrrStag, 23. Juni, AbendS. <W. T. Der Minister deS Auswär tigen, Asfim Pascha, hat auf die Collectivnote und den in gleicher Angelegenheit unternommenen Collektivschritt der Botschafter erklärt, Derwisch Pascha werde mit dem ihm beigegebenrn Hidayet Pascha dir Operationen zur Abgrenzung und Ueber- gabe der an Griechenland abzutretenden Gebiets- theile mit noch anderen an Ort und Stelle befind lichen Offizieren überwachen. Die direkte Con vention mit Griechenland solle unverweilt unter zeichnet werden. AuS Arta werde erst das Kriegs- material fortgeschafft und Arta nach Eintreffen der europäischen Commisfion übergeben werden. Dresden, 24. Juni. Die Straßenkämpfe, deren Schauplatz in den letzten Tagen Marseille war, beweisen, daß, wenn auch daS osficielle Italien, dem Zwange der Verhält nisse sich fügend, seine Opposition gegen das Vorgehen Frankreichs in Tunis aufgegeben hat, im italienischen Volke eine starke Erbitterung gegen die Franzosen herrscht. Die letztere zeigt nicht nur daS Verhalten der höchsten Kreise der Aristokratie in Rom gegen die Mit glieder der dortigen französischen Botschaft, auch Gari baldi hat der tiefen Verstimmung über den tunesifchen Zwischenfall jüngst in einem Briefe populären Aus druck gegeben Die Vorgänge in Marseille, wo sich eine sehr starte, circa 50 000 Köpfe zählende italienische tor Bräsig gruppiren ließ. Der genannte Reuter spieler Hr. Schelper, überall in den Reuter'schen Ge stalten lebensvoll und kernig, gab darin in dieser treff lichen Weise auch den Schmied Snut. Ferner zeigten sich noch als wackere Gäste Frau Wollrabe (als Frau Snut) und Hr. Bock, der den Pastor mit in niger Feinheit darstellte. Auch Frl. Bendel und Frau Bauer-Körnig (Frau Sternfelder und Riken, der kraushaarige Pudelkopf) boten der Aufführung ihre Kräfte mit bestem Erfolg dar. O. B. > HerzevSfieg vnd Künstlerlohn. I Novelle nach dem Leben von Alexander Olinda. , (Fortsetzung.) l Indessen Egbert beschwor sie in den rührendsten l und zärtlichsten Ausdrücken, nicht auf ihrer Weigerung, - seine Gattin zu werden, zu bestehen — sie würde ihm c sonst sein ganze- LebenSglück, seinen ganzen Seelen- r frieden rauben, und der an feinem Herzen nagende r Kummer möchte ihn vielleicht vorzeitig in- Grab stür- - zen. Wie konnte da Therefe, die ihn ja auch fchwär- S merisch liebte, standhaft bleiben? Sie offenbarte ihm, - indem sie schluchzend an feine Brust sank, daß auch er ihr über Alles theuer sei und daß sie mit Freuden e ihre Existenz an die seine knüpfen würde, nur müsse - er über seine Gefühle, die möglicher Weife nur vor- - übergehender Natur, noch ernstlich mit sich zu Rathe - gehen. Und sei er wirklich davon überzeugt, daß feine t, Liebe zu ihr für alle Zeiten fest und beständig bleiben d werde, so dürfe sie ihm doch ohne die Einwilligung !- feiner Aeltern nie angehören. > Er antwortete, sein Vater werde sich schwer mit Colonie befindet, werden den Haß gegen Frankreich nur noch steigern und haben einen Schrei der Ent rüstung auf der ganzen Halbinsel hervorgerufen. Man hat es in Marseille nicht mit einer jener großartigen Massenprügeleien zu thun, wie sie in Seestädten ziemlich häufig zwischen Matrosen und Arbeitern verschiedener Nationalität das lärmende Sonntagsvergnügen ab- fchließen, sondern mit einem leidenschaftlich wilden Ausbruche der nationalen Gehässigkeit und deS politi schen Fanatismus Allerdings mag eS den französischen Arbeitermassen willkommen gewesen sein, den unbe quemen Concurrenten italienischen Stammes etwa- am Zeuge zu flicken. In Italien jedoch wird man derartige MilderungSgründe nicht gelten lassen und die öffentliche Meinung nicht kühlen Blutes prüfen. Zudem gehen die Straßenkämpfe in Marseille bereits aus den Rahmen einer localen Rauferei hinaus und sind in Pari- wie in Rom der Gegenstand parlamen tarischer Beschwerden und Besorgnisse geworden. Es zeigen sich sogar Spuren eines Umsichgreifens dieser blutigen Gewaltthaten in dem DoubSdepartementS und in Pari- selbst, wo die große Masse ungestüm die Ausweisung aller Italiener auS Frankreich sordert und wo es in den letzten Tagen wiederholt zu blu tigen Schlägereien zwischen französischen und italieni schen Arbeitern gekommen ist. In Marseille sind die letzten Abende, Dank der umfassendsten Sicherheits maßregeln ruhig verlausen. Als besonderes Euriosum verdient verzeichnet zu werden, daß die Syndikats - kammer der Arbeit, zur Beruhigung der Arbeiter aufgefordert, eine rein socialistische Proklamation erlassen hat. Bekanntlich ist auch im Marseiller Municipalrath daS rothe Element sehr stark vertreten. Es wäre ein natürlicher Rückschlag dieser internatio nalen Hetze, wenn auch an einzelnen Punkten jenseits der Alpen die dort weilenden Franzosen die Revanche der Italiener verspüren würden. In der That haben Dienstag AbendS in Neapel, Turin und Genua De monstrationen stattgesunden, um gegen die Vorfälle in Marseille zu protestiren. Die Truppen mußten ein schreiten, um weitere Ruhestörungen zu verhindern. LS bedarf deS energischen Einschreitens der französi schen wie der italienischen Behörden und der begüti genden Vermittelung der gemäßigten und besonnenen Elemente beider Nationen, damit diesen bedenklichen Zwischenfällen bei Zeiten ein Ende gemacht werde. Jedenfalls verrathen die Erklärungen, welche die Mini ster Mancini und DepretiS in der italienischen Depu tirtenkammer abgaben, das ernste Bestreben der Regie rung, gute Beziehungen mit Frankreich zu erhalten. Der „Polit. Corr.* wird denn auch aus Paris telegra- phirt, daß die Ausführungen, mit welchen der italienische Minister deS Aeußern die Anfragen einiger italienischer Deputirten in Betreff der Marseiller Vorgänge beant wortete, in französischen Regierungskrisen den besten Eindruck hervorgerufen haben und daß jene Vorgänge die Beziehungen zwischen den beiden genannten Ca- bineten, die m den letzten Tagen eher besser geworden seien, durchaus nicht getrübt hätten. Dagegen kann man sich dem Eindrücke nicht verschließen, daß die osficielle französische Auffassung der traurigen Ereig nisse in Marseille, wie sie sich in den Mittheilungen der „Agence HavaS* und in den Aeußerungen deS Ministers ConstanS in der Deputirtenkammer kund ge geben hat, von der Tendenz geleitet ist, die Schuld auf die Italiener abzuwälzen. Wie dem nun auch sein mag, mit den neulichen Worten Gambetta'-: „ES wird bei unS immer eine Milde und Heiterkeit der Sitten geben, um die andere Völker unS beneiden können*, stehen die blutigen Vor gänge von Marseille in einem traurigen Widerspruch. Die französischen Blätter gehen mit wenigen Aus nahmen einer eingehenden Erörterung der letzteren mit großer Sorgfalt aus dem Wege. UeberauS bitter ist dem Gedanken, eine arme LehrerStochter alS Braut sei nes Sohne» zu sehen, befreunden, sollte sie auch durch ihre Vorzüge deS Geiste» und Herzens sämmtliche Millionärinnen Wiens in den Schatten stellen — in dessen werde derselbe, wenn es da» Glück seines ein zigen Nachkommen und Erben gelte, hoffentlich nicht unerbittlich sein. Freilich werde e» ihm nur sehr all mählich gelingen, den Widerstand seiner Aeltern gegen eine nicht standesgemäße Partie zu erschüttern — noch ahnten sie kaum die Möglichkeit, daß ihr Sohn jemals ein nicht au» den Kreisen der höchsten Finanz stam mende» Mädchen heimführen könne, denn er habe ihnen bisher sein Verhältniß zu Therese auf da» Strengste verheimlicht, ja, um keine Entdeckung dr»felben herbeizuführen nie vor Anbruch der Dunkelheit den Weg nach ihrem Haufe angrtreten. Seit jenem Tage war da» Ei» zwifchen den bei- den Liebenden gebrochen — sie nannten sich mit ihrem Vornamen und dem traulichen Du Peinlich war es freilich für sie, daß sie die Empfindungen, die sie für einander hegten, vor den Augen der Welt streng ver bergen mußten. Gegen Weihnachten zog Tante Martha von Linz ganz zu ihrer Schwester, Theresen» Stiefmutter. Sie, eine zartere und weichere Natur, al- die Letztere, stand ihrer Richte, wenn diefelbe in manchen schwermuthS- vollen Momenten an der schließlichen Bereinigung mit ihrem Geliebten verzweifelte, mit tröstendem und er munterndem Zuspruch zur Seite. Sie meinte, e» sei besser, wenn Sonnenschein auf Regen folge, al- um gekehrt. — — Au» den Bettachtungen über da- Werden und Wachsen ihre- Liebesglück-, oder vielleicht ihres Liebes die Kritik deS „National* welcher schreibt: „Ein Schrei der Entrüstung geht von einem Ende Frank reichs zum andern wegen der schmählichen, einer gesit- teten Nation unwürdigen Auftritte, die sich in Mar seille zugetragen haben Diese Menschenjagd, welche 2 Stunden lang die Straßen einer großen Stadt in Blut tauchte, die abscheuliche Feigheit der Strolche und Schreihälse, die sich 200 Mann stark auf einen Un glücklichen wersen, in ihrer Wuth die Häuser stürmen und Alles zertrümmern, bald ein l2jährigeS Mädchen zertreten, bald einen italienischen Arbeiter, der ruhig mit seinem Brod unter dem Arm deS Wege» geht, mit Faustschlägen rnS Gesicht tractiren, aus» Geradewohl über Jeden hersallen, der ihnen italienischer Herkunft verdächtig ist, und blind dreinschlagen unter Straßen kehrer, Muschelhändler, Gemüsehöker, kurz, was ihnen unter die Hände kommt, das Alles ist unendlich schandbarer, als was die KhrumirS gethav haben. Die Namen der Opfer liegen unS jetzt vor. Nur 3 darunter sind Franzosen; die Anderen heißen: Menucci, Chiaffredo, Lecco, Anibrico, Amoretti, Joni, Almerig, Raimondo, Biapino, Äuerro, Corradi, Ma rino, Bario u. s. w. und sind Italiener. Die Wahr heit kommt jetzt auS allen Berichten der Marseiller Blätter an daS Licht. ES »st die Race der TrestaillonS, der Lervan und der Truphemy (so hießen die Rädels führer deS sogenannten „weißen Schreckens*, welcher in Frankreich im Beginn der Restauration herrschte), die noch ein Mal die Gelegenheit ergriffen haben, ihre blutgierigen Jnstincte zu befriedigen. Es ist Meringane, es »st der Frise, es ist der Taurea-de-la-Provence, die mit dem Messer in der Hand durch die Straßen ge laufen sind. Die Ahndung wird hoffentlich eme strenge sein; aber es muß laut ausgesprochen werden, daß Frankreich über diese wüsten und barbarischen Vor gänge entrüstet ist, daß eS sie mit aller Stärke seines Gewissens und seiner Freundschaft für Italien von sich weist. Die Banditen gehören keiner Partei und keiner Nation an, und die schlimmen Abenteuer, welche Fran zosen etwa in den Abruzzen begegnet sind, konnten Frankreich mit Italien ebenso wenig Überwerfen, als die Ereignisse von Marseille Italien mit Frankreich überwerfen können * — DaS „Journal deS DebatS* richtet lebhafte Angriffe gegen die Behörden von Mar seille, welche nicht »m Stande gewesen wären, einer Bange junger Taugenichtse, welche italienische Unter- thanen mißhandelten, rechtzeitig das Handwerk zu legen. — Der „Temps* führt die zwischen den französischen und italienischen Arbeitern bestehende Spannung auf wirthschastliche Ursachen zurück, d. h. die französischen Arbeiter sehen die Concurrenz der Italiener sehr un gern, und in diesem Punkte dürste der „TempS* aller dings das Richtige treffen. Unter den einflußreichen Organen der italieni schen Presse erthnlt der ministerielle „Popolo Ro mano* den in Frankreich ansässigen Italienern den Rath, sich zurückhaltend zu benehmen und nicht Vor fälle, wie sie in Marseille sich ereignet, zu provon- ciren, weil solche unangenehmen Eindruck hinterließen und die versöhnliche Haltung der italienischen Regie rung compromitirten. — Auch die „Jtalie* bespricht die Vorfälle in Marseille in sehr gemäßigtem Tone und erblickt in denselben Nichts, als einen Zufall, der nur von Denen auSgebeutet werden könne, welche vor eingenommen sind. Sie sagt zum Schluffe: „ES hat ganz gewiß ein Mlßverständmß stattgefunden, denn wir können keinen Augenblick zugeben, daß die Italie ner, welche die Gastfreundschaft Frankreichs genießen, daran gedacht Haden follten, die französische Fahne zu beschimpfen. ES läge darin eine so enorme Unschick lichkeit, daß wir sie für unmöglich halten. Und fo sind wir überzeugt, daß die zwischen den zwei Regie rungen auSgetauschten Erklärungen diesen Vorfall auf seine richtigen Verhältnisse zurücksühren werden, die tummerS, denen Therese mit geschlossenen Augen nach- hing, fuhr sie plötzlich empor: sie hatte Schritte auf der Treppe und ein Klopfen an der Thür vernom men. Sie kannte diese Schritte und dieses Klopfen; — er war eS, er, der Mann ihre» Herzen» I Rasch eilte sie zur Thür, schob den Riegel zurück und schlang ihren Arm um den Hal» Egbert'», indem sie ihn zu dem Tisch zog, an welchem die beiden 'Frauen saßen. Nachdem er dieselben begrüßt, wandte er sich, sein Schnupftuch an die Stirn pressend, an Therese mit den Worten: Endlich einmal ein Augenblick, wo ich, wie der Dichter sagt, Mensch sein kann! Im Ballsaal meine» Vater» brennen die Kronleuchter, die Musik spielt in elekttisirenden Rhythmen, da» Auge wird geblendet durch die reichen, strahlenden Toiletten der Damen, aber da» Herz, wenigsten» da» meine, bleibt kalt und leer. Befindet sich doch unter den Hunderten von Gästen kein einziger, der mich verstände, der in meinem Innern verwandte Seiten zu berühren vermöchte — unter all' dem FesteSjubel und dem schimmernden Prunk fühle ich mich vereinsamt. Nur in Deiner Nähe und im Gespräch mit Dir, meine holde Therese, weicht das Gefühl de» Unbefriedigtsein» und de» Mißmuth», da» mich heute Abend unablässig verfolgt hat. Und doch darf ich nur ein paar kurze Minuten dir in die Augen sehen, sonst würde man mich drüben bei dem nächsten Tanz, einer Lancierquadrille, vermissen. O warum kann ich nicht der Zeit Flügel ansetzen und es schon 2 oder 3 Uhr Nacht» sein Kissen — früher wird die langweilige Soirve wohl kaum ihr Ende erreichen!* Während dieser Aeußerungen hatte der junge Mann feine« Paletot von sich geworfen und präsentirte sich
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