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Dresdner Journal : 19.05.1881
- Erscheinungsdatum
- 1881-05-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188105198
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18810519
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18810519
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1881
-
Monat
1881-05
- Tag 1881-05-19
-
Monat
1881-05
-
Jahr
1881
- Titel
- Dresdner Journal : 19.05.1881
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N e r » » » k « b » r r «Oaisl Lipeüitloii cts» Or«<1o«r 1oor»»ti, 1>rs«<1«o, Ko. SO. Amtlicher Theil. Er. MajeMt drr König haben Allergnädigst geruht, dem practischen Arzte vr. msck. Müller von Ber- neck, früher in Rossen, jetzt in Dresden, daS Ritter kreuz I. Elaste vom AlbrechtSorden zu verleihen. Nichtamtlicher Theil. Uetersicht. relegraphische Nachrichten. Zeitung-schau. (Norddeutsche Allgemeine Zeitung. Neue Zeit. Moskauer Deutsche Zeitung. GoloS.) laget-eschichte. (Dresden. Berlin. München. Stutt gart. Mainz. Wien. Prag. Buda-Pest. Paris. Marseille. Brüssel. Rom London. St. Petersburg. Warschau. Sofia. ) Zur orientalischen Frage. Statistik n«d Lolkswirthschaft. steuilletou. Lage-kalender. Zuserate. Erste Beilage. Deutscher Reichstag. (Sitzung vom 17. Mai.) Ernennungen, Versetzungen re. im östrutl. Dienste. Dresdner Nachrichten. Proviuzialvachrichten. (Leipzig. Chemnitz Franken berg. Pirna. Zittau.) vermischtes. Statistik und Volkswirtschaft. Lotteriegewiunliste vom 17. Mai. Znserate. Zweite Beilage, lelearaphische WitterungSberichte. Börsennachrichten. Telegraphische Nachrichten. Wien, Donnerstag, 17. Mai, Abend». (Tel. d. Boh.) Aus Brody wird gemeldet: Berdyczew steht in Flammen. Eiu Theil der Einwohner schaft hat die Flucht nach Brody angrtreteu. Die Bevölkeruug BerdyczrwS hat um Garnison nach- aesucht und sie endlich gegen ein Entgelt von 800 Rubel per Lag erhalten. AuS WoloczySka wird gemeldet: Gestern Abend überfielen 20V Bauern WoloczySka und zerstörten 3V Jndrnhäuser. 15 Ruhestörer wurden verhaftet, die übrigen entflohen. Paris, DievStag, 17. Mai, Abeud». (W. T. B ) Heute fand abermals eine Sitzung drr inter- oationaleu Münzconferenz Statt. Der Delegirte Howe (Amerika) setzte die Vortheile der Ausdehnung des BimetalliSmuS zur Erleichterung der internationalen Zahlungen auseinander. — Der Delegirte Brolik legte die Motive dar, welche in den Niederlanden dazu geführt Hütten, den BimetalliSmuS an Stelle drS Monometallismus zu setzen. — Der Delegirte für Britisch-Jndien, Mallet, sprach über die Nachthrile, welche in Indien durch die Herabsetzung de» Wetthe» de» Silber» verursacht worden seien, und erklärte sich bereit, jede Maßregel zur Hebung de» Sitberwerthe» zu unterstützen. — Der schwedische Delegirte Forssell vertheldigte die Goldwährung. — Die Delegirte» Evart», Duma» und Pirme» werden am nächsten Donnerstag dar Wort ergreifen, und wird alsdann wahrscheinlich die GeneraldiScussion ge schlossen »I. Feuilleton. Nedigirt von Ott» Bauet. Refldenztheater. Die Gesang-posse von Mann- städt und Weller: „So sind sie Alle-, in der Hr. Thoma» und Frau Betty Dammhofer au» Ham burg am 16. und 17. Mai al» Gäste austraten, wurde schon früher hier bei derselben Veranlassung durch leb haften Besuch freundlich ausgenommen. E» würde ihr dasselbe auch jetzt wieder begegnen, wäre sie noch eben so neu al» damals, denn die Unlust de» Theaterbe suches im schönen Monat Mai ist nur noch hier und da durch Novitäten zu besiegen. Dieselbe Erfahrung wiederholt sich immer von Neuem und e» ist natür lich wenig bequem und zugleich kostspielig, sie sich ein zugestehen. Abgesehen von diesen ungünstigen Verhältnissen fanden die Darstellungen der beiden Gäste, von denen Hr. Thoma» den Allerwelt»geschäft»träger Püpke und Frau Dammhofer die naiv verschrobene, den öster reichischen Bergen entstammte Grethe spielte, eine recht beifällige Ansprache. E» dars in Bezug auf die weib liche Leistung gesagt werden, daß dieselbe im Verlaufe der Zeit an gefälliger Natürlichkeit gewonnen hat und Frau Dammhofer durch ein emsige» Studium ersicht lich bemüht gewesen ist manche» Eckige und zu stark Aufaetraaene in ihrem Spiel geschmackvoll zu mildern. Hr. Thoma» zeigte sich abermals als ein routivir- ter Komiker und Lharaenspieler. Sinn für daS Lächer liche und Charakteristische werden bei ihm durch eine -restliche Bühnentechnik und lebhabte Mimik unterstützt. Rom, DievStag, 17. Mai, AbendS. (Torr.- Bur.) Der „Libertä" zufolge wird Sella morgen dem Könige die fertige Mtnisterliste unterbreiten. Der „Diritto" versichert, die Namen der neuer- nannten Minister würden morgen bekannt werden. Der „Diritto" dementirt unbedingt, daß die italienische Regierung von den Mächten den Zu sammentritt einer Conferenz infolge deS tunesisch- französischen Vertrag» verlangt habe, und demen- tirt folglich auch, daß Kürst BiSmarck diesen An ttag als unannehmbar erklärt habe. Konstantinopel, DienStag, 17.Mai, AbendS. (W. T. B.) Amtlichen Mittheilungen zufolge hat die über die Ermordung deS Sultan» Abdul Aziz geführte Untersuchung die Theilnahme Midhat Pascha» an dem Verbrechen herauSgrstellt. Midhat Pascha hat sich in da» französische Consulat in Smyrna geflüchtet, wo er nach deu Ermittelungen der Polizei sich auch jetzt noch befinden soll. Midhat Pascha ist seine» Posten» entsetzt worden; zu seinem Nachfolger ist Ali Pascha ernannt. Eine GerichtScommisfion begiebt sich mittelst Dampfer nach Smyrna, um Midhat Pascha einem Verhör zu unterziehen. Der Ministerpräsident Said Pascha hat dem Bey von Tunis telegraphisch angezeigt, daß dir Pforte gegen den mit Frankreich abgeschlossenen Vertrag Protest eingelegt habe und denselben als null und nichtig betrachte. Ueber die Verhandlungen zwischen den Bot schaftern und der Pforte bezüglich der griechischen Grenzfrage verlautet auf daS Bestimmteste, daß eine befriedigende Verständigung baldigst zu er- warteu sei. (Vgl. die Rubrik „Zur orientalischen Frage-.) DreSdm, 18. Mai. Die Judenexcesse in Rußland nehmen immer größere Dimensionen an. Während bisher der Schau platz der Judenverfolgungen sich auf das südliche Ruß land beschränkt hatte, kommt nun auch auS Warschau die Kunde von Ausschreitungen gegen dre dortige israelitische Bevölkerung. Wenn amtliche Depeschen von „fatalen Afiairen- sprechen, dann sind die Vor kommnisse meist solcher Natur, daß sie ihre» Um- fange» wegen sich nicht mehr vertuschen lassen. In den knappen Telegrammen der Regierungsblätter war bisher immer nur von „Prügeleien- und „Unord nungen- die Rede, trotzdem eS jedes Mal bekannt wurde, daß die Truppen eingeschntten waren und von der Waffe Gebrauch gemacht hatten, daß eS Ver wundete und Tobte gegeben hatte u. s. w. Die be sonderen Berichte St. Petersburger Blätter, die im Allge meinen der Censur wegen äußerst vorsichtig gefaßt sind, schildern aus mehr als einem halben Dutzend Städten da gegen förmliche Gefechte in den Straßen, Stürme auf die Häuser, Synagogen u. s. w. Unter diesen Umständen ge- winnt ein Artikel besonderes Interesse, welchen die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung- m ihrer heutigen Morgenausgabe dieser Bewegung widmet. Dieselbe schreibt: „Die Vorgänge in Kiew und anderen russischen Städten beweisen, daß die antisemitische Be wegung nicht eine Berliner Erfindung ist. Tue jü dische Race, wevn sie nicht in so geringen Proportio nen zur Bevölkerung, wie etwa in England vorhanden ist, wo sie erst seit Cromwell nach und nach wieder eingewandert ist, macht sich durch ihre Ueberhebung und daS ausgesprochene Streben nach einer Art von Weltherrschaft überall Feinde. Daß die Feindschaft sich in Rußland in so gewaltthätiger und, wenn allen Berichten Glauben zu schenken ist, zum Theil so bar- Die heimischen Mitglieder (die Herren Rüdinger, Schwarz, Wilhelmi, Worlitsch und Frau Bauer-Körnig) widmeten der Aufführung ihren Elfer. O. B. Unter den Tannen. Novelle von F. v. Stengel. (Fortsetzung zu Nr. 11».) „Ursula, ich glaube, Du kannst glücklich mit ihm werden, er verdient ein treues Weib, und Du könntest e- ihm sein,- sagte er; dabei zitterte seine Stimme und der Ton seiner Worte drang seltsam an ihr Ohr. „Wa- hast Du gegen den Rector?" „Nicht», Moritz. - „Soll ich sür ihn werben, Kind?- sagte er, dabei spielte ein Lächeln um seinen Mund, da» sie schmerz lich berührte. „Nein, nein, Du nicht! Du nicht, Moritz!- ries sie leidenschaftlich. Er wich zurück Ein eigenthümlicher Ausdruck, halb Befremdung, halb Ueberraschung, malte sich auf seinem Gesichte, aber die Befremdung hatte etwa- von Freude und die Ueberraschung war die eine» uner warteten Glücke». Einen Augenblick standen Beide schweigend; sie verlegen mit gesenkten Augen, er über wältigt von dem Eindrücke ihre» leidenschaftlichen Aus rufe». Er sprach zuerst wieder: „Ich nicht, Ursula; warum nicht ich — habe ich nicht da» erste Recht an Dir, zumal da» Recht, Dich glücklich zu machen?- „Glücklich?- wiederholte sie leise, mehr zu sich, al» zu ihm. „Ja, ich möchte Dich einer glücklichen Zukunft ent gegenführen, ehe ich von hier weggehe.- barischer Weise geäußert hat, erklärt sich zunächst aus der massenhaften Anhäufung von Juden in russischen und polnischen Städten und aus der unwirthschaftlichen Natur des gemeinen Russen, welche ihn dem Wucher und der Exploitirung besonder» auSsetzt. Der Fürst Gor tschakow gab auf dem Berliner Congreß eine lebhafte Schilderung dieser Verhältnisse, die er mit dem Aus spruch schloß, in einigen russischen Provinzen wären die Juden eine wahre Geißel der übrigen Bevölkerung. Einzelne Züge dieses Bildes sind aus den Schriften von Turgeniew allgemein bekannt. Wenn der russische Bauer kein Geld mehr hat, so vertrinkt er seine Stiefel, geht barfuß nach Hause, und der jüdische Schenkwirth ist immer bereit, ihm die Stiesel auSzu- ziehen. Die nächste Ursache deS gegenwärtigen Aus bruchs ist aber unserS Erachtens noch anderswo zu suchen. Den Nihilisten ist e» darum zu thun, die Massen in Bewegung zu bringen, und sie haben Kenntniß der menschlichen Natur und der Geschichte genug, um zu wissen, daß es dazu kein wirksameres Mittel giebt, al» unter dem Vorwande des Klassen-, Racen- und Religionshasses eine Gelegenheit zum Plündern zu geben. Unter der philosophirenden und der dramatlsirenden Geschichtschreibung der französischen Revolution, gegen welche zuerst Carlyle mehr aus historischem Jnstmct, als aus Kenntnrß der noch in den Archiven vergrabenen Thatsachen sich erhob, sind erst durch die Forschungen von Taine die wahren Gründe vollständig zum Vorschein gekommen, welche die Verbreitung deS JatobmerthumS über die Pro vinzen erklären." Auffallend ist in den Berichten auS Rußland die laue Haltung deS Militärs, über welche ein St. Pe tersburger Correspondent der „Nordd. Allg. Ztg.- sich also äußert: Die Judenhetzen im südlichen Rußland haben dadurch eine gewisse militärische Bedeutung, daß sie den geringen Respect des Pöbels vor der bewaff neten Macht darlegten. In Elisabethgrad war aller dings eine nur wenig zahlreiche Garnison zur Stelle, immerhin aber doch einige Hundert Mann, welche nicht» ausrichteten, dis Theile der 7. Cavalleriedlvision em- rückten. In der Festung Kiew steht aber eine Division Infanterie, und es ist erstaunlich, daß dort der Pöbel fast 24 Stunden Hausen und enormen Schaden anrlch- ten konnte. Pnvatcorrespondenzen erwähnen drei Stellen, an denen das Militär zurückwlch oder über den Haufen gerannt wurde. Die erste Instruction lautete, die Waffe nicht zu gebrauchen, sondern den Pöbel durch Anrücken in geschlossenen Gliedern zu zer streuen. Der Correspondent der „Neuen Zeit- spricht sich folgendermaßen über das Auftreten des Militärs in Kiew auS: „Die Truppen und die Polizei machten alle Anstrengungen, um den Unordnungen zu steuern. Diese Anstrengungen bestanden darin, daß sie ohne Anwendung von Gewalt durch Ermahnungen die Menge zur Einstellung der Unordnungen zu ver anlassen suchten. Den Truppen war befohlen, die Anwendung von Gewalt zu vermeiden, aber die Menge hörte nicht auf Ermahnungen, fuhr fort zu zerstören und zu plündern. WaS war da zu machen? Jeder Commandirende entschied diese wichtige Frage auf seine Weise: die Einen sahen zu, wie man plün derte; Andere warfen sich in die Menge, durchbrachen den Haufen, redeten zu, daß man sich zerstreuen solle; die Dritten, daS Vergebliche der Ermahnungen erken nend, und weil sie nicht passive Zuschauer bleiben wollten, warfen sich auf die Menge, bedrängten sie und, wenn daS nichts half, wandten Gewalt an. Dieser Letzteren waren allerdings sehr Wenige. In diesen Fällen, wenn nämlich Gewalt angewendet wurde und man Arretirungen vorzunehmen suchte, gerieth die Menge in Wuth und leistete den Truppen ernsten Widerstand. So wurde der Kosakenoberst KletjchanowSki durch einen Steinwurf außer Gefecht gesetzt. Nicht „Weg? Du gehst wieder weg von hier?- fragte sie, mehr um Etwas zu sagen, was das Gespräch ab lenken möchte, als aus einem andern Grunde. „Nun ja, das weißt Du doch, ich gehe im Herbst wieder nach Rom." „Um dort zu bleiben, immer?- sorschte sie, aber auf eine zerstreute, abwesende Weise. „Immer, dies ist ein Wort, das man auf Menschen Thun und Lasten nicht so ohne Weiteres anwenden kann, vorläufig denke ich jedoch noch für längere Zeit dahin zurückzukehren." Er geht nach Rom, auf lange, auf immer! Adele begleitet ihn al» seine Gattin! — „Und Adele?- — Unwillkürlich flüsterten ihre Lippen den Namen. Moritz vernahm ihn. Und wieder leuchtete e» aus in seinem Gesichte, aber Heller al» zuvor, ein Strahl der höchsten Freude war e», der Abglanz eine» seligen, kaum geahnten Glücke», und mit einem Ausdruck un endlicher Liede sah er auf da» Mädchen. Sie bemerkte die» nicht, sie Hötte nur, wie er jetzt sagte: „Der Heimath beste» und schönste» Kleinod nehme ich mit mir in das Land voll Sonnenschein, weißt Du die» nicht, Ursula?" Da nef Adele von unten: „Montz, wo bist Du denn?" Er machte eine ungeduldige Bewegung, antwortete jedoch nicht. „Weißt Du die» nicht, Ursula?- wiederholte er und nahm ihre Hand. Jetzt erhob sie die Augen wieder. „Wenn e» Dich glücklich macht, dann ist Alle» gut-, sagte sie endlich, aber große Lhränen hingen an ihren Wimpern und schmerzlich zuckte e» um ihren Mund. wenige Mannschaften wurden durch Steinwürfe und Stockschläge verwundet.- Die „Neue Zeitung-, welche diese Lorrespondenz abdruckt, begeht die Unbesonnen heit, in derselben Nummer einen frivolen Leitartikel über die traurigen Vorkommnisse zu publiciren. Der selbe beginnt mit dem Hamlet'schen Wort „Sein oder nicht sein-, in russischer Uebersetzung, aber nicht dlltj Ui nie bütj, wie e» heißen müßte, sondern ditj Ui niv ditj, wa» vielmehr heißt: „Hauen oder nicht hauen-. Weiterhin wird aus die Gefahren aufmerksam gemacht, wenn die so fruchtbare hebräische Bevölkerung über ganz Rußland tolerirt würde, bald würde man dann 100 Millionen haben! Die Gewährung der Gleichberechtigung an die Juden würde zu einer schlim meren Lage führen, al- die jetzige sich erweist. Da» wäre zu vergleichen mit einem Menschen, der, um sich vor dem Regen zu schützen, sich in» Wasser stürzte. Die „Neue Zeit- knüpft daran den Vorschlag, den Juden da» Leben so sauer zu machen, daß sie wohl vorziehen würden, Rußland freiwillig zu verlassen, und sagt: „Zur Ausführung dieses Gedanken» sind durchaus keine Gewaltmaßregeln erforderlich; man braucht die Juden weder zu mißhandeln, noch sie al» Sclaven zu verkaufen, überhaupt keine mittelalterlichen Maßregeln zu ergreifen, die ebenso verwerflich, wie nutzlos sind. ES würde genügen, wenn ein auf die Juden bezüg liches Gesetz ausgearbeitet würde, daS die Juden zu bewegen geeignet erscheint, ins Ausland auSzuwandern, um dort ihre commerziellen Fähigkeiten zu verwerthen. In dieser Hinsicht erscheint das leicht zu umgehende Verbot, Schenken zu besitzen und Rußland nach Be lieben zu durchreisen, noch ungenügend. Es wäre eine ganze Reihe von Gesetzen erforderlich, durch welche den Juden der Aufenthalt in Dörfern und der Betrieb solcher Handelsgeschäfte verboten wird, die direct oder indirect zum Ruin der ärmern Klassen der Bevölke rung führen. Selbstverständlich kann keine Rede sein von dem Recht, daß Juden Land kaufen oder pachten dürfen. Dabei wäre die jüdische Bevölkerung unter die Aufsicht einer besondern Klasse von Friedensver mittlern zu stellen, die Schulen der Juden wären überall im russischen Geiste zu organisiren, gemischte Ehen im erweiterten Umfange zu gestatten und die Bedingungen der allgemeinen Wehrpflicht in voller Strenge m Bezug auf die Juden anzuwenden. An die Spitze dieser Bestimmungen könnte eine Einrich tung gestellt werden, welche die Auswanderung der Juden auS Rußland erleichtert. Die armen Klasten der jüdischen Bevölkerung wären, im Falle sie auS- wandern wollen, zu unterstützen unter der Bedingung, daß die Ausgewanderten für immer daS Recht ver lieren, nach Rußland zurückzukehren. Dabei wären die Bedingungen, unter denen das Scheiden auS dem rus sischen Unterthanenverbande gestattet ist, in Bezug auf die Juden zu erleichtern und die Kosten heradzuletzen. Außerdem wäre allen im AuSlande ansässigen Juden ein für alle Mal der Aufenthalt in Rußland, die diplomatischen Beamten ausgenommen, strengsten- zu verbieten - — Auch der Et. Petersburger Lorrespon- dent der „Wiener Abendpost- behauptet, Personen, welche auS eigener Anschauung die Zustände »n Süd rußland kennen, versicherten, daß die einzige Hilfe ge gen die Ausbrüche neuer Judenverfolgungen darin be stehe, daß die Regierung den Juden dazu verhilft, auS- zuwandern, und ihnen etwa am Amur oder in anderen weniger bevölkerten Gegenden bedeutende und cultur- fähige Landstrecken kostenfrei überläßt. Ein Correspondent der Moskauer „Deutschen Zeitung- schließt einen seiner Briefe mit folgenden Worten: „Ohne Zweifel wird die jüdische Presse de» Auslandes nun furchtbaren Lärm schlagen; so möge ihr denn hier gleich gesagt sein, daß die Juden nach allgemeiner Ansicht lediglich selbst die Schuld tragen an dem allgemeinen Hasse, den sie sich durch ihre Ün- „Mich?- entgegnete er mit einem eigenthümlichen Lächeln, „ich halte daS Glück mit beiden Händen, ich lasse eS nimmer, und es wird gern bei mir weilen, Ursula." Sie verstand ihn nicht recht und schaute ihn fragend an. Da hob er ihr Köpfchen in die Höhe, wie er zu thun pflegte, als sie noch Kind war, und nach einem langen Blick in ihre lieben Augen beugte er sich über sie und berührte ihre Stirn mit seinen Lippen. „ Mein theure» Kind, auch Du sollst glücklich fein, weißt Du denn nicht, wie ich Dich liebe, Ursula?- fragte er leise, in einem Tone, besten Sinn sie verstand, wenn er ihr auch neu und fremd war. „Montz!" rief da Adele nochmal», „so komme doch, Alle» wartet auf Dich!" Lr ließ Ursula'» Hand sinken und gehorchte dem Rufe. — Sie blieb wie gebannt an der Stelle. Sie wagte die Augen nicht zu erheben, sein Kuß brannte auf ihrer Stirn, ihre Hand war kalt wie El». Ihre Seele jauchzte auf in maßlosem Jubel und doch weinte sie heiße Thränen. Und der Jubel währte kaum einen Moment, dann ward e» klar in ihr. Sie verhüllte ihr Gesicht, al» wolle sie die Schamröthe bedecken, die e» überzog, und trat in ihre Stube zurück, dort brach sie in bittere» Weinen au». Muß sie denn alle» Leid koste«, wird ihr denn nicht» erspart, muß sie e» kennen lernen in all seinen Bitterkeiten? Auch diese» noch noch von ihm, dem sie vertraut, deu sie zu den Wolken erhoben hat, von ihm, der um die Hand einer Andern warb, die er da» schönste
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