Suche löschen...
Dresdner Journal : 21.10.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-10-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188010213
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18801021
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18801021
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1880
-
Monat
1880-10
- Tag 1880-10-21
-
Monat
1880-10
-
Jahr
1880
- Titel
- Dresdner Journal : 21.10.1880
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
M24«. Donnerstag, den 21. October. I!E rk»Id de,deut»ok«o kteieü«» tritt?<xt- uod 8ten>p»!ru»ct>I»z kivia. l» ss»»»«» 6«»t»ed«» L»ted«t ^Uirliet»: . . l« »E>»rk ^Mrlied: 4 Kark SO ks. ^ummsrn: >8 ?k I»»«rLteupe<>l8«r kür dso k»um eioer ^e»,»lttzneri ?etitre,l« L0 ?t. Unter „Ktll8««o<tt" dis L«l« KO kl. k!r,ekeli>e»: Kulick mit ^u,ni»kms der Sono- und keiortLz» .rvend» Mr den sollenden 1'»^. Nres-M'Imnml. lutiernlenunnnlinie aionNi r H ^rundntetter, Uuinmw-n-ndr de« Urerdner dournuk; S»»durU - Isrit» Visa L»»»I - Nr«,I»a ^rnnllsurl ». ».! 2a««c»te»»» L kvAter,' r«rUn Vi,u-S»mbnrz rr»s-l.«Ip»lU-kr»oktort ». H NüoeL«»: /iur/ d/'»e>r. I«rlt»: §. /^»rniek, /»ir a/idrnr/«, 8r«m«u: /b. ,' Lr»il»o: §t«»tAen » üdrv»u; 6k«mntl» /->. kniAt; kreokturt ». ».: />, ^a^</r^»et>e u. d L,'. //errm«»,,»- »cke kuokkiiodliin^; SorUti: k- ^ld//er, N»iu»ov«r 6 Lc/lüKK/c -: k»rt, L«rlw-kr»nktnrt » H Slutt^ert: Dav-e « U^wdnr^i Z' /cieiid^en, Äciner. Verantwortliche Redacnon: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. llerLusxvder' 8öni»I. Lxpeditiou de» Dresdner dourv»!», Orexden, Xvin^enilrnE Ho. LU. Nichtamtlicher Theil. uedersich 1. Tele-rapbisckr Rackrickten. Zeitung-schau. (Norddeutsche Allgemeine Zeitung.) Tagesgeschichte. (Dresden. Berlin. München. Gotha. Buda Pest- Rom. London.) Zur orientalischen Krage. Ernennungen, Lersetzungen re. im öffrntl. Dienste. Dresdner Nachrichten. Provinzialnackrichten. (Chemnitz. Johanngeorgen stadt.) Vermischtes. Statistik und Volköwirthsckaft. Arnilleton. Taae-kalender. Inserate. Beilage. S örsennackrickten. 3 elegrapdische WitterungSberichte. Inserate. Ltlcgraphischc Nachrichteu. Berlin, Mittwoch, 20. Oktober, Mittags. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Ein Antrag Hamburgs auf Verhängung deS kleinen Belagerungszustandes über Hamburg ist beim BundeSrath heute noch nicht ringegangen. Buda-Pest, Dienstag, IS. Oktober, AbendS. tW. T. B.) Die ungarische Delegation wählte Ludwig TiSza (den Bruder deS Ministerpräsidenten) zum Präsidenten und den Cardinal Haynald zum Lirepräfidenteu. In seiner Ansprache betonte der Präsident dir Rothwrndigkeit drr Gewährung der erforderlichen Mittel zur Behauptung der Macht- stellung der Monarchie diS zur Grenze drr Mög lichkeit. (Ueber die Eröffnungssitzung der Relchs- rathSdelegation berichten wir unter „Tage»ge,chichte".) Paris, DienStag, 1S. Oktober, AbendS. (W. T. B.) Der Direktor deS Journals „Commune affrauchir", Felix Pyat, ist wegen Vertheidigung deS König-mordrt iu eontumuciuiu zu 2 Jahren GefängniH und 1000 KrcS. Geldstrafe verurtheilt worden; der Gerant des Journals Robert, wurde zu 6 Monaten Gefängniß und 1000 KrrS. Geld strafe verurtheilt. In der heutigen Sitzung deS GeneralratHS drS SeinedepartementS beantragten Laurffan und Guyot ein Votum, iu welchem gegen die von Gambetta in Cherbourg gehaltene Rede Protest eingelegt und die sofortige Zurückberufung der Flotte auS dem Orient verlangt wird. Der Prü fert deS SeinedepartementS erhob energischen Ein spruch hiergegen und beantragte den Uebergang zur Tagesordnung, welcher mit 31 gegen 20 Stim men angenommen wurde. Paris, Mittwoch, 20. Oktober. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Der Kriegsminister, General Karre, rich tete an den abgesetzten Commandeur deS XI. Armeekorps, General de Ciffey, eine Antwort auf dessen Schreiben, in welcher 2 Schreiben de Cis- sey'S, deren Authentirität dieser nicht bestreite, alS Grund seiner im DiSciplinarwege erfolgten Ent- Fcuillcton. Nedigirt von Otto Banck. K. Hoftheater. — Altstadt. — DienStag, den 19. October: Zum 1. Male: „Heinrich der Löwe* große Oper m 4 Acten. Text und Musik von Ed mund Kretschmer. Das Sujet — daS bekannte Zerwürfniß »wischen Heinrich dem Löwen und Friedrich Barbarossa und de« Ersteren Errettung vor dem Zorn des Kaiser- durch den Muth, die Treue und Klugheit seine- Weibe» Llementina — empfängt in seiner der Geschichte sich mit ganz freier Behandlung anschließenden Ausführung doch durch die historischen Thatsachen und Persönlich keiten eine feste und wirksame Unterlage. Die Com- position deS Texte- bot besondere Schwierigkeiten. Zur Bereicherung de- Stoffs genügte nicht manche- ange- fügte scenisch« Beiwerk; e- mußte, um den Abschluß drr einfachen Handlung, welcher am natürlichsten im dritten Act erfolgt wäre, zu retardiren und einen vier ten Act zu gewinnen, eine Nebeuactton erfunden wer den. Da» weibliche Eglantine-Specie- in der Person Irmgard'- half dazu, wa- allerdings manche Erinne rung drr Oprrnfreundr welkt. Aber man muß gern anerkennen, daß Kretschmer im dramatischen Aufbau und in der Sprache diesen ersten Versuch al- Text dichter sehr einflußvoll und glücklich au-geführt hat. Die Hauptideen de- Stoff» — Verherrlichung deut scher Vaterland-lieb« und Frauentreue, nebenbei auch de- deutschen Liede- und rinr« geeinten deutschen Kaiserreiche- mit Hinweisung auf Vie Gegenwart — fernung vom Commando des XI. Armeekorps be zeichnet werden, die von ihm verlangte Enquöte über seine Handlungen abgelrhnt und de Cissey wegen der Verfolgung der Urheber der ihm ge machten Beschuldigungen an die Gerichte verwie sen wird. Madrid, DienStag, 19. Oktober. (W. T B.) In der Provinz Galitien ist eine Eisenbahnbrücke, während an derselben gebaut wurde, zusammenge- brachen; 1 Bauingenieur und 5 Arbeiter wurden dabei getödtet, 6 andere Arbeiter verwundet. Dublin, DienStag, 19. Oktober, AbendS. (W. T.B.) DaS amtliche Blatt veröffentlicht eine obrigkeitliche Proklamation, durch welche die öf fentliche Sicherheit in der Grafschaft Kerry für gefährdet und eine Verstärkung der Polizei für erforderlich erklärt wird. Eine weitere obrigkeit liche Bekanntmachung setzt eine Belohnung von 1000 Pfd. Sterl, für diejenigen Personen auS, welche durch ihre Mittheilungen zur Festnahme drr Mörder deS kürzlich ermordeten Downey bei tragen können. St. Petersburg, Dienstag, 19. Oktober, AbendS. (W. T. B.) Die Geseksammlung ver öffentlicht einen allerhöchsten Befehl, betreffend die Competenz der vor Kurzem zur Revision drr in- nrrrn GouvrrnemrntS abgeordnrtrn 4 Senatorrn. Nach drmfelben erstrrckt sich die Competenz dieser Senatoren auf die Revision sämmtlicher Behörden ohne Ausnahme, wobei sie ermächtigt find, Beamte in Anklagezustand zu versetzen und rventuell ab- zusetzen. New-Aork, DienStag, 19. Oktober. (W. T. B.) Bei einem in Mentor abgehaltenen Empfange von etwa 500 Deutschen gab der republikanische Präsidentschaftskandidat JameS A. Garfield der Hoffnung Ausdruck, daß die nach Amerika kom menden deutschen Einwanderer das Land bald zu ihrer Heimath machen würden. Sodann beglück wünschte Garsield die Deutschen zu der Vollendung des Kölner DomS, der durch den Deutschen Kaiser dem Frieden geweiht sei. Dresden, 20. October. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung* bringt in ihrer heutigen Morgennummer unter der Ueberjchrist: „AuS der Verbrecherwelt* folgenden Artikel: In der Strafanstalt zu Cronthal ist am 6. d. M. ein schreckliche- Verbrechen verübt worden, das ein surchibareS Schlaglicht auf die Confequenzen unserer neueren Strafgesetzgebung und der fort und fort an gestrebten milderen Behandlung der Verbrecher an den Straforten wirft. Der wegen Raubes und wegen mehrerer Dieb stähle rm Rückfalle zu einer löchrigen Zuchthaus strafe verurtheilte Sträfling Fojuth, welcher sich wäh rend der 2 Jahre seiner bisherigen und auch während seiner früheren Strafhaft — er ist rückfällig — stets sehr schlecht geführt hat, war am gedachten Tage wegen Beschimpfung und Bedrohung eines WerksührerS im Rücksalle, sowie wegen anderer Vergehen gegen die Hausordnung zu einer Strafe von 30 Peitschenhieben verurtheilt worden, und sollte die Vollstreckung nach erfolgter ärztlicher Feststellung der ZüchtigungSfähig- kett des Verurtheilten erfolgen. Während der Mittagsstunde, als die Hälfte der Beamten zu Tische gegangen und demnach im Jsolir- gefängnisse auch nur Ein Aufsichtsbeamter, der Auf seher Schäffer, anwesend war, klopft der genannte Sträfling an die Zellenthür — er befand sich im sind mit sicherer Hand und zündendem Eindruck her- auSgehoben, und die Handlung entwickelt sich fcenisch bewegt und wechselnd mit stetigem Fortgang ohne fühlbaren Stillstand und ermüdende Längen. Und da die Situationen zugleich durchaus mit musikalischem Gefühl ersonnen und geformt sind, so gehen diese Vorzüge auch auf die Musik über. Der Componist wird gar wohl wissen, wie viel uns seine Musik an dramatisch tiesem und edlem Gehalt und reicher eigenthümlicher Erfindung schuldig bleibt, denn ein so strebsamer Künstler bildet sich sein Ideal und erkennt wohl den Raum, der seine Pro duction davon trennt; durch diese Erkenntniß zählt er zu den Berufenen. Aber Kretschmer giebt ehrlich und mit voller warmer Hingabe seiner Kraft, ohne Präten tion und Raffinement, was er vermag, und dies ver steht er mit künstlerifchem Geist und tüchtigem Können in bester Weife musikalisch fertig und wirksam im Ausdruck zu gestalten. Er besitzt für die dramatisch- musikalische Technik und für die Berechnung deS BühneneffectS ein hervorragendes und von ihm mit energischem Fleiß ausgebildetes Talent. In seiner Musik, seiner Melodik waltet ein populäres, gemüth- liche- und allgemein faßliches und anfprechendeS Ele ment. Die Neigung zum Realistischen führt bisweilen zum Banalen, aber E. Kretschmer versteht in seiner Musik mit erfassendem, überraschendem Eindruck auf die Hörer die dramatischen Steigerungen an rechter Stelle auszuführen, mit Kraft, Schwung, oft mit pathetischer Erhebung. Er verwendet mit außerordentlichem Ge schick die musikalischen Ausdrucksmittel, der Stimmung, dem Affect, der Situation entsprechend, voll Bewegung, klar und conci» in der Form, und mit besonders au»- UntersuchungSarrest — und bittet dringend, zur Ver richtung eine- Bedürfnisse- auStreten zu dürfen. Kaum ist die Thür geöffnet, als der Aufseher mit einem Breie au» dem Boden der Bettstelle einen furchtbaren Hieb über den Kopf erhält und durch einen zweiten Schlag zu Boden gestreckt wird, nachdem er noch so viel Zeit behalten, mit dem Säbel dem Angreifer eine leichte Wunde am Halse beizubriugen. Der Sträfling entriß darauf dem Beamten den Säbel und versetzte dem Bewußtlosen 9 schwere Wunden am Kopse: Ober- und Unterkiefer sind parallel mit dem Mund gespalten, sämmtliche Zähne verloren, die Oberlippe und ein Theil deS Oberkiefer» abgehauen, und außer dem ist der Schädel mehrfach zertrümmert. Bei dieser furchtbaren Schlächterarbeit wird er durch einen andern Gefangenen, einen Reiniger, welcher mit einem Genossen im Keller da- MittagSbrod verzehrt hat, mit dem Ruse überrascht: „Mensch, was machst Du da?' „„Du Hundeblut (polnischer Fluch), was willst Du hier?** entgegnet der Mörder und führt einen Hieb nach dem bezeichneten Gefangenen, der die sem das Kinn spaltet. Letzterer läuft schreiend nach dem Keller zurück und erhält im Fliehen noch unge fähr 10 Hiebe, wovon einer den Schädel fchwer ge troffen. Auch der zweite Reiniger erhielt einen, in dessen unblutigen Hieb, und Beide werden darauf von dem Mörder m einen Kellerraum unter Todesdrohun gen eingefperrt. Nachdem dies vollbracht, kehrt Fojuth zu seinem ersten Opfer zurück und will dasselbe in den Keller schleifen, um sich die Uniform anzulegen und um in dieser Verkleidung angeblich einen Befreiungsversuch für alle Jnfassen der Anstalt zu machen. Durch da- Fortschleifen kommt der Verstümmelte wieder zu sich und schreit von Neuem, wodurch ein im Hauptgebäude stehender Aufseher — das Hauptgebäude ist vom Jjolirthurm nur durch eine Thür getrennt — aufmerksam und, durch das Schlüsselloch blickend, Augen zeuge der zuletzt bezeichneten That wird. Dieser Be amte schlägt mit dem Schlüsselbunde gegen die Thür, wodurch der Mörder von seinem Opfer auf einen Augenblick abläßt, und eilt zur Herbeirusung der Wache. In diesem Momente hört der Director der Anstalt, welcher sich, dieselbe revidirend, mit dem Hausvater und zwei anderen Personen eine Treppe höher im Hauptgebäude befand, da» Schreien, folgt demselben uckö findet auf der Kellertreppe den noch immer schreien den, über und über mit Blut übergossenen, vollständig unkenntlichen Ausseher liegen, während der Mörder, wie ein Gepolter bewies, eben von demselben abgelassen und sich in den Keller geflüchtet hatte. Der Director blieb bei dem Verwundeten und schickte den ihn be gleitenden Hausvater nach der Wache; Ersterer hatte m diesem Augenblicke noch keine Kenntniß, daß der oben erwähnte Aufseher dieselbe bereit- herbeirief. Nach Ankunft der Soldaten forderte der Director, welcher in Cwil und unbewaffnet war, dieselben auf, in den allerdings sehr dunklen Keller, in welchem theilweise Tag und Nacht Licht brennen muß, einzu- dringen; da sie zögerten, ging der mit den Localitäten bekannte Director voran und befand sich gleich darauf dem den Säbel schwingenden Mörder auf drei Schritt Entfernung gegenüber; einige Augenblicke Verzögerung hätten wahrscheinlich daS Leben, mindestens die Ge sundheit auch dieses Beamten vernichtet; allein die Soldaten folgten ihm mit vorgehaltenem Bayonet auf dem Fuße, bei welchem Anblicke der Verbrecher angst voll schrie: „ich ergebe mich, ich ergebe mich!* Es ist die richtige Bestiennatur: blutdürstig und feig, frech und heuchlerisch. Als Fojuth behufs seiner Fesselung dicht neben seinem unglücklichen Opfer an der Erde lag, winfelte er um sein erbärmliche- Leben; nachdem aber die Be amten sich entfernt hatten und er, gefesselt, von zwei gezeichneter Beherrschung des Chorsatzes weiß er glän- zende Ensemble- und Massenwirkung zu entwickeln. Seine gewandte und sichere Handhabung der Jnstru- mentirung bietet sehr charakteristische und effectvolle Emzelnhetten, und die Declamation deS vorherrschend recitirenden Gesänge- ist vorzüglich. Der Componist verhehlt in seinem Werke nicht den großen Einfluß Wagner'S, der natürlich rst und gern zugestanden fei, aber er sollte ihn allerdings nicht bis zum Austausch seiner eigenen Gedanken gehen lassen. ES sei für jetzt darauf verzichtet, ausführlicher auf Einzelnheiten der Musik einzugehen. Am musikalisch inhaltreichsten möchte sich wohl der zweite Act Heraus stellen, am effectvollsten der dritte, in welchem auf die höchst originell erfundene, graziöse und fein instrumen- tirte Balletmusik hingewiesen sei; doch auch für den vierten Act vermag Kretfchmer, trotz einiger Unwahr scheinlichkeit der Handlung, unsre Theilnahme zu fesseln. Die Aufführung der Oper unter Direktion de- Hrn. Kapellmeisters Schuch, der mit ausgezeichneter Umsicht und Sorgfalt dafür thätig gewesen, war eine ganz vorzügliche hinsichtlich der Solisten, wie drS Chor» und de» Orchester». Neben der schönen mit wärmster Empfindung und echt weiblichem, edlem Wesen durchgesührten Darstellung der Gattin Heinrich'» durch Frl. Malten und der glänzenden Gesangsleistung deS Hrn. Riese in drr Titelrolle, trat zunächst Hr. Sommer al- Konrad von Wettin vortheilhast hervor, und loben-werth schlossen sich Frl. Nanitz (Irmgard), die Herren Decarli (Barbarossa), Degel« (Astoc), Gutzschbach(Lasttllan) und Götze an Die Jnscenirung (unter Regie Herrn Tetzlaff'-) ist sehr reich und ge schmackvoll, auch namentlich hinsichtlich de- Arrange- Soldaten bewacht wurde, kehrte die Frechheit zurück: er erzählte den Soldaten mit lachendem Munde seine That, sagte, daß wenn sie, die Soldaten, nicht gekom men wären, er den Beamten sich nicht ergeben hätte und dergleichen. Auf die Frage, wie er ein so furcht bare- Verbrechen habe begehen können, erwiderte er und zwar ebenfalls mit lachendem Munde: „Was kann man mir denn thun? 15 Jahre habe ich ja schon." Der eine Soldat, hierüber empört, senkte das Ba yonet und gebot ihm Schweigen, fall« er nicht durch bohrt sein wolle — ein Lachen war hierauf wiederum die Antwort. Kurze Zeit darauf sang er in der Arrestzelle ein lustiges Lied. Als vor 10 Jahren dem Reichstage des nord deutschen Bunde- das Strafgesetz zur Berathung vor lag, mißbrauchte die damalige liberale Mehrheit ihr Uebergewicht zur thunlichsten Einschränkung jeder staat lichen Autorität; es war ein Kampf gegen die StaatS- regierung und deren Organe; man wollte möglichst viel Freiheit für Alle, mit einziger Ausnahme der Be amten, erzwingen, ohne zu bedenken, daß Freiheit auf Kosten der Ordnung, der Sitte und de» Rechts mit positiver Nothwendigkeit in Zügellosigkeit und schließ lich Gesetzlosigkeit ausarten muß. Unter der Führung LaSker's stürmte Alles vor wärts zur Niederreißung derjenigen Schranken, welche zur Sicherheit des Ganzen wie des Einzelnen nickt entbehrt werden können, wenn das Leben in einem Staate, der von seinen Bewohnern große Opfer ver langen muß, erträglich sein soll. Wenn das Zerstörungswerk nicht noch weiter ge drungen, so verdanken wir dies lediglich dem wuchtigen Eintreten unsers Reichskanzlers. Die täglich hereinbrechende Fluth der Lasker'schen Amendements zur Strasgesetzvorlage hatte Alle ver wirrt: die vorliegende Materie war dem weitaus größ ten Theile der Abgeordneten entweder gänzlich oder fast unbekannt und deshalb war es so bequem, dem kleinen, anscheinend groi en Juristen, welcher von den Bedürfnissen unserer Zeit >m Allgemeinen und von dem denselben anzupassenden Strafrecht im Besonderen, mangels jeder praktischen Erfahrung, sehr geringe Kennt» niß besaß, nachzutreten. Nur mit Bangen konnte jeder, außen im praktischen Leben stehende vernünftige Mensch an die Folgen deS von dem kleinen Assessor inscenirten Hexensadbaths denken. Heute nach lO Jahren haben wir die Folgen jene- Thun- vor uns: die Strafen werden verlacht, denn sie haben aufgehört eine Drohung zu sein und dem ent sprechend die Abschreckung eingebüht; die Richter — die Herren Abgeordneten setzten gewiß nicht voraus, daß auch diese Beamten von ihrer Autorität einbüßen könnten — werden in öffentlicher Verhandlung aus das Empörendste verhöhnt und mit ihnen das ganze Ge richtsverfahren, so daß das letztere nur zu häufig zu einer traurigen Comödie wird; die ausführenden Be amten aber müssen Leben und Gesundheit einsetzen, wenn die allgemeine Ordnung nur einigermaßen auf recht erhalten werden soll. „Was können sie mir denn thun?" fragt die Verbrecherwelt mit lachendem Munde. Ob sich jene Abgeordneten, welche vor 10 Jahren Lasker so willig Heeressolge leisteten, wohl ihrer Verantwortlichkeu be wußt sind? Wir glauben kaum. Wurde doch selbst der Anführer bissig wie selten, als ihm der Herr Reichs kanzler sein Verfahren vorhielt. Jeder beeilt sich jetzt, die Verantwortung von sich abzuwälzen, und überläßt es, vielleicht mitunter mit hämischer Schadenfreude, der Staatsregierung, den Kampf mit dem riesenhaft wachsenden Verbrechen zu sühren, mentS des Ballets. Sehr schön gelungen war die neue Decoration Ancona von Hrn. Schlegel. Die Oper wurde, und zwar bis zu ihrem Schlüsse, mit außerordentlich lebhaftem, öfter stürmisch sich äußerndem Beifall ausgenommen, der Dichter-Componist nach dem dritten Act und zum Schluß zu wiederholten Malen hervorgerufen. C. Banck. Refibenztheater. ES verdient als ein Act der Humanität verzeichnet zu werden, daß die Direktion dieser Bühne die 50. Vorstellung der „Glocken von Corncville* zum Benefiz für die brodloS gewor denen österreichischen und deutschen Schauspieler in Buda-Pest bestimmt hat. Ein zahlreicher Theater besuch machte diesen schönen Wohlthätigkeitsact, der in Deutschland nicht vereinzelt bleibt, zu einem frucht bringenden. ES ist auch billig, daß Collegialität und Menschenliebe die grausame Barbarei wenigstens in etwa» wieder auSzugleichen suchen, welche der National haß, gekräftigt von der Unwissenheit und dem hohlen Dünkel einer zurückgebliebenen und aufgereizten Br- völkerung gegen ihre Nächsten, sowie gegen die eigene Cultur auSgeübt hat. Stadt- und Vorstadttheater, wie sie gegenwärtig um Brodgewinn geführt worden, haben allerdings keinen Anspruch darauf, in der ersten Reih« drr öffentlichen BildungSanstaiten zu stehen, wie da» einer künstlerisch und ethisch gut geführten Schaubühne zukommen würde. Jedenfalls wäre e» aber aus einem Terrain, auf welchem noch soviel wie in Pest zu civi- lisirrn ist, dem deutschen Theater nicht schwer gewor den, einige nützliche Bausteine helbeizuschaffen, und müßte die- auch wesentlich nur durch die Verbreitung der deutschen Sprache und der deutschen Literatur gr-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite