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SONDERKONZERT Hotel „Stadt Bautzen", Bautzen Donnerstag, den 5. Februar 1981, 19.30 Uhr öresoner ohilhömnionii^ Dirigent: Arvid Jansons, Sowjetunion Solist: Rene Henriot, Berlin, Violine Wolfgang Amadeus Mozart 1756-1791 Konzert für Violine und Orchester A-Dur KV 219 Allegro aperto Adagio Rondo (Tempo di Menuetto — Allegro) PAUSE Gustav Mahler 1860-1911 Sinfonie Nr. 9 D-Dur Andante commodo Im Tempo eines gemächlichen Ländlers (Etwas täppisch und sehr derb) Rondo-Burleske (Allegro assai — Sehr trotzig) Adagio Der Dirigent ARVID JANSONS ist eine der namhaf testen Musikerpersönlichkeiten der UdSSR. Man rühmt an ihm besonders die Suggestivkraft seiner Zeichen gebung sowie gleichermaßen künstlerische wie päd agogische Erfahrungen, die ihn Höchstleistungen in der Arbeit mit den Orchestern erreichen lassen. In Liepaja (Lettland) geboren, zeigten sich ungewöhn liches Talent und Liebe zur Musik schon früh, er spielte Geige und sang im Kinderchor. Später als Geiger im Opern- und Sinfonieorchester von Riga verstärkte sich sein Wunsch, Dirigent zu werden. 1944 debütierte er erfolgreich mit Tschaikowskis Ballett „Schwanensee" (Riga) und erwarb sich bald ein umfangreiches Reper toire; auch mit Aufführungen sinfonischer Werke mach- ZUR EINFÜHRUNG frost zu dem liebenswürdigen, behäbigen The ma des Hauptteils einen wilden Wirbel stamp fender Tanzrhythmen. Die Sinfonie Nr. 9 D-Dur, 1909—1910 entstanden, ist Gustav Mahlers letztes vollendetes sinfonisches Werk. Es war ihm nicht mehr vergönnt, diese Sinfonie selbst zur Ur aufführung bringen zu können; erst nach sei nem Tode erklang sie unter der Leitung Bruno Walters erstmalig am 26. Juni 1912 in Wien. Das Gefühl banger Todesahnung, das in der Zeit der Entstehung quälend auf dem Kom ponisten lastete, warf seine Schatten auf dica ses Werk. Die seelische Grundstimmung de? wehmutsvollen Abschieds vom Leben und von der Welt, des Scheidenmüssens bestimmt in wesentlichen, ja entscheidenden Zügen den Charakter der 9. Sinfonie, die im Grunde be reits Mahlers „Zehnte" ist — hatte er doch auch das zuvor komponierte „Lied von der Er de", eigentlich eine großangelegte sinfonische Kantate, ausdrücklich als „Sinfonie" bezeich net und wollte es als solche gewertet wissen und hatte ihn wohl nur eine gewisse abergläu bische Angst vor der „Neunten" (überdieauch Beethoven und Bruckner nicht hinausgekom men waren) davor zurückgehalten, diese Lie dersinfonie direkt in den Kreis seiner großen sinfonischen Schöpfungen einzubeziehen. Stili stisch führt die 9. Sinfonie, mit rein orchestra len Mitteln gestaltet, in vielem die Linie der Mahlerschen Instrumental-Sinfonien Nr. 5 bis 7 fort; gleichzeitig aber macht sich eine starke Verinnerlichung des Ausdrucks, eine Vergeisti gung der Form bemerkbar, die bezeichnend für Mahlers Spätstil sind. Der äußere Aufwand ist geringer, die instrumentalen Mittel werden maßvoller, zurückhaltender eingesetzt als in früheren Werken, stellenweise wird eine fiifl Mahler geradezu erstaunliche, fast „kämme" sinfonische" Durchsichtigkeit erreicht. In stärk stem Maße wird die Polyphonie oberstes Prin zip, wobei es durch eine höchst eigenwillige und kühne, klangliche Härten keineswegs ver meidende lineare Stimmführung teilweise zu ganz neuartigen polytonalen, ja mitunter ato nalen Akkordbildungen und Zusammenklän gen kommt. Häufig ist auf die (durch die Vor wegnahme derartiger stilistischer Momente be dingte) große Bedeutung des Werkes für die Vertreter der „musikalischen Moderne" hinge wiesen worden, und es ist bezeichnend, daß Arnold Schönberg und Alban Berg Worte Wolfgang Amadeus Mozart schrieb im Jahre 1775 eine Gruppe von fünf Violin konzerten, von denen das letzte (A-Dur, KV 219) heute erklingt. Zu jener Zeit war der 19- jährige als Konzertmeister im Hoforchester des Salzburger Erzbischofs angestellt und schrieb daher diese Konzerte vermutlich für den eige nen Gebrauch, da man von ihm natürlich auch solistische Leistungen auf seinem Dienstinstru ment verlangte. Obwohl Mozart schon als Kind gut Geige spielte, wandte er sein Inter esse späterhin doch mehr und mehr dem Kla vier zu, für das er auch bezeichnenderweise bis zu seinem Lebensende immer bedeutendere Konzerte schuf, während uns an Violinkonzer ten nur diese frühen Werke vorliegen (zwei weitere Konzerte blieben in ihrer Echtheit um stritten). Die Violinkonzerte zeigen die Be kanntschaft des jungen Musikers mit den Schöpfungen italienischer Meister wie Bocche- rini, aber ebenso den Einfluß Johann Christian Bachs und der französischen Violinisten. Die beiden ersten Konzerte erscheinen in vielen Zügen noch als recht konventionelle Zeugnisse einer eleganten höfischen Kunstübung und sind heute weniger bekannt, in den drei letz ten jedoch (G-Dur, D-Dur, A-Dur) wird bereits inhaltlich wie formal eine wesentliche Vertie fung und Bereicherung spürbar. Bei weitge hendem Verzicht auf äußerliche Virtuosenkün ste wirken diese Werke besonders durch ihre jugendliche Unmittelbarkeit und Anmut, durch ihre innige, beseelte Melodik. Das ViolinkonzertA-DurKV 219 be ginnt mit einem fröhlichen Allegro. Nach dem einleitenden rauschenden Tutti wird zunächst ein halb rezitativischer Adagioteil des Solisten eingeschoben — eine ungewöhnliche formale Anlage, ein bereits ganz subjektiver Zug des jungen Komponisten. Den langsamen Mittel satz (Adagio) erfüllt verhaltene, schmerzliche Erregung. Ein von Mozart 1776 für den Geiger Brunetti nachkomponierter 2. Satz, ein Andan te, erreichte, obwohl es künstlerisch ebenfalls durchaus wertvoll ist, nicht die Einfachheit und den inneren Reichtum dieses Satzes. — Im Fi nale des Werkes (Tempo di Menuetto) verbin den sich auf eigenartige Weise Menuettform und Rondoform. Das eingeschaltete Scherzo in a-Moll zeigt deutliche Anklänge an die Volks musik der Balkanländer und bringt im Kon te er sich einen Namen. 1946 wurde er Sieger im All- unions-Wettbewerb der Dirigenten, 1952 berief ihn die Leningrader Philharmonie zum ständigen Dirigenten, und anläßlich des Musikfestivals „Prager Frühling" 1954 war ein aufsehenerregendes Konzert der Beginn einer internationalen Karriere. Arvid Jansons ist ein bedeu tender Pädagoge und vermittelt in seiner Meisterklasse für Dirigieren am Leningrader Konservatorium dem künstlerischen Nachwuchs seine wertvollen Erfahrungen. So ist auch sein Kurs beim Internationalen Musiksemi nar in Weimar äußerst gefragt. Für seine vielseitige musikalische Tätigkeit wurde er mit hohen staatlichen Auszeichnungen geehrt. Bei der Dresdner Philharmonie gastierte er erstmals im vergangenen Jahre.