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826 Nr. 12. „STAHL UND EISEN.“ December 1888. durch Strahlung und Wärmeübertragung auf die Umgebung eintretende Verluste sind um so geringer, je kleiner die den Feuerherd begrenzende Wandfläche ist. Hiernach ist nicht zu bezweifeln, dafs sich in einem Hochdruckofen äufserste Tem peraturen mit einem minimalen Aufwand von Brennstoff leicht und sicher erzielen lassen. Erwägt man, dafszurReductionoderDissociation von Metalloxyden,Carbonaten, Phosphaten,Boraten, Silicaten und ähnlichen Verbindungen in vielen Fällen eine weit höhere Temperatur erforderlich ist, als offene Ofenfeuerungen zu gewähren ver mögen, dafs einzelne metallurgische Processe, in dem schädliche Nebeneinwirkungen ausgeschlossen werden, durch eine Beschleunigung zu gröfserer Vollkommenheit gebracht werden können, dafs bei Herstellung von Legirungen schwer schmelz barer Metalle äufserste Temperaturen von ganz aufserordentlichem Werthe sind und die Er reichung eines dichten, blasenfreien Eisen- oder Stahlgusses .von möglichster Dünnflüssigkeit und rechtzeitiger Zersetzung des im Schmelzbade gelöst enthaltenen Eisenoxyduls abhängig ist, so mufs man einer höchste, bisher unbekannte Hitzegrade verbürgenden, noch dazu rauchlosen und ökonomischen Feuerung, welche der Hütten mann mit einem einzigen Handgriff reducirend oder oxydirend wirken lassen kann, einen Ein- flufs auf die metallurgische Industrie zuerkennen, dessen Tragweite nicht abzusehen ist. Den auf die künstliche Erzeugung von Edelsteinen gerich teten Bestrebungen* wird in der geschlossenen Feuerung gleichfalls ein wichtiges Hülfsmittel geboten, und eine äufserst billige Darstellung von Aluminiumeisen aus einem Ofeneinsatz von Thon erde, Eisen und Kohle mufs möglich erscheinen, wenn man bedenkt, dafs nach den bei Anwen dung des Knallgasgebläses — in offener Feue rung — gemachten Erfahrungen die Reduction * Von E. Fremy und A. Verneuil wurden kürzlich der Pariser Akademie Rubine überreicht, welche aus Thonerde mit Spuren von Kaliumdichromat — unter Einwirkung von Fluoriden — bei hoher Schmelz- Temperatur gewonnen wurden. Des Cloizeaux, der die kleinen Rubinkrystalle untersucht hat, glaubt, dafs die Bedingungen, unter denen sie gebildet wurden, iden tisch sind mit denen der mineralogischen Synthese. Man erwartet, dafs beim Arbeiten in gröfserem Mafs- stabe auch gröfsere Krystalle erhalten werden können. der Thonerde erst dann eintritt, wenn letzere flüssig geworden ist und zu verdampfen beginnt, die von der neuen Feuerungsmethode untrennbare Gompression aber ein Mittel ist, die der voll ständigen Reduction entgegenstehende Verflüch tigung zurückzuhalten. Das Verfahren erscheint um so werthvoller, als die gehoffte Verbesserung der elektrischen Oefen durch Herstellung eines, die vorzeitige Verdampfung verhindernden Druckes deshalb illusorisch ist, weil die Wärmeentwick lung des elektrischen Stromes nach Gailletet (London Electr. Review 1888 22,418) sich in dem Mafse verringert, in welchem der Luftdruck um den Draht herum zunimmt. — Dafs es bei der enormen Hitze der geschlos senen Feuerungen an einem Material fehlen wird, aus welchem sich ein unschmelzbares, die eiserne Ummantelung genügend schützendes Ofenfutter herstellen läfst, darf nach dem Bericht des General Morin über die Anfertigung der Normalmetermafse für die französischen Archive (»Comptes rendus« t. LXXV11I, p. 1502) nicht befürchtet zu werden. Die von demselben erwähnte, für den vorliegen den Fall bemerkenswerthe Schmelzung eines 250 Kilogramm schweren Zaines Platin-Iridium- Legirung wurde in einem dem Verfahren von H. Deville und Debray entsprechenden, mit sieben Doppelbrennern für Leuchtgas und Sauerstoff versehenen Ofen aus grobkörnigem Kalkstein aus geführt, welcher seinen Zweck nach jeder Rich tung hin vollständig erfüllte. Die unebene Be schaffenheit der Flächen des gewonnenen Gufs- Stückes liefs erkennen, dafs das Metall auf einige Millimeter Tiefe in die Steinfugen eingedrungen, jedoch in denselben sofort erstarrt war und zwar infolge der aufserordentlich geringen Wärme leitungsfähigkeit des Kalksteins, welche sich schon dadurch kund gab, dafs man auf die obere Seite des Tiegeldeckels bis zum Schlüsse des 65 bis 70 Minuten dauernden Schmelzprocesses die Hand halten konnte. — Uebrigens steht zu erwarten, dafs ein haltbares Ofenfutter sich auch aus den Steinfabricaten von Alexander Feldmann in Linden vor Hannover herslellen läfst, auf dessen Patent: „Herstellung feuerfester Massen und Gegenstände, bei denen das Flufs- oder Sinter mittel in Fluormagnesium besteht“, Bezug genom men werden kann. — e t.