Volltext Seite (XML)
Im Anschlufs an diese einen mächtigen Schutz gegen Feuersgefahr bildende Einrichtung verfügt die Werft über eine vollkommen militärisch organisirte Feuerwehr, bestehend aus 1 Spritzenmeister und 70 Mann, von welchen stets 20 Mann auf Wache sind, und einer Hülfsfeuerwehr von 5 Werkführern und 150 gewandten Schiffszimmerleuten, Taklern u. s. w. Die Feuerwehr bedient 2 Dampf- und 1 Handspritze nebst dem zu gehörigen Geräthewagen. Aufserdem stehen ihr ein Spritzendampfer, 1 schwimmende Dampfspritze und eine feste Dampfspritze in den Schiffsbauwerkstätten zu Gebote. Elektrische Feuermelder, Alarmglocken und -Pfeifen in den Werkstätten vermitteln das schleunige Bekanntwerden eines ausgebrochenen Feuers, und kleinere Spritzen, stets gefüllte Wassertonnen mit Feuereimern, an passenden Orten aufgestellt, sollen dazu dienen, dasselbe womöglich noch im Keime zu ersticken. Die Beleuchtung des Werftterrains erfordert ohne Werkstätte, Lagerhäuser und Bureauräume allein über 500 Gasflammen, bei vollem Betriebe an Winterabenden brennen auf der Werft an 3000 Gasflammen. Hierzu gesellen sich 93 Bogen- und 14 Glühlicht lampen, theils zur beständigen Erleuchtung der Werkstätten, theils zur ausnahmsweisen Erleuchtung der Docks und Bassins, falls in denselben Nachts dringende Arbeiten aus geführt werden müssen. Den Strom liefern 10 Dynamos verschiedener Construction. Die Werft stellt jährlich durchschnittlich 25 bis 30 Schilfe aller Kategorieen und Gröfsen in Dienst, hält mit etwa 4 neuen Schiffen umfassende Probefahrten ab und internirt die aufser Dienst gestellten Schiffe und Fahrzeuge der Ostseestation mit ihrer gesammten maschinellen und sonstigen Einrichtung und Bewaffnung. Ueber den Umfang dieser Thätigkeit gewinnt man erst ein Bild, wenn man bedenkt, dafs die der Obhut der Kieler Werft anvertrauten Schiffe ein Gesammtdeplacement von mehr als 100000 t mit Maschinen von zusammen etwa 120000 ind. Pferdestärken besitzen. Daneben lieferte die Werft seit 1870 an Neubauten die schon genannten Schiffe mit zusammen 26000 t Deplacement. Seit 1878 sind in den früheren primitiven Maschinenbau- Werkstätten, welche nur die Erbauung kleinerer Maschinen gestatteten, 96 verschiedene Boots- und Hülfsmaschinen mit 3- bis 4000 ind. Pferdestärken, in der alten provisorischen Kesselschmiede seit 1874, sowie in der neuen seit 1883 im ganzen 141 Kessel mit 7300 qm Heizfläche erbaut. Das gesammte von der Werft seit ihrem Bestehen verbrauchte Walz material, etwa 30000 t, war deutschen Ursprungs, nur 1500 t vor Errichtung der Dillinger Panzer- platten-Walzwerke verbaute Eisenpanzerplatten mufsten aus England bezogen werden, woher auch in den letzten Jahren etwa 300 t für Kesselbauten verwendeter Stahl ent nommen wurde. 2. Die Germania - Werft, nach Südwesten hin unmittelbar an das Terrain der Kaiserlichen Werft stofsend, besitzt eine Grundfläche von 12,6 ha, von denen 5,7 dem Werftbetriebe dienen und 6,9 ha theils zur Arbeitercolonie gehören, theils anderweitig verpachtet sind. Die Baulichkeiten der Werft bedecken 9600 qm. Die gröfste der 8 Hellinge gestattet die Stapellegung von Schiffen bis zu 9000 t Deplacement. Das von der Werft bisher erbaute gröfste Schiff, unsere neueste Kreuzer- Corvette »Prinzefs Wilhelm«, hat 4400 t Deplacement. Zur Seite der Hellinge ist ein Holzhafcn und daneben ein feststehender 60-t-Krahn mit 8 m Ausladung aufgestellt. Die Schiffbauwerkstätten ziehen sich hallenartig vor den Hellingen entlang. Sie enthalten 5 Glühöfen für Bleche und Formeisen mit einer Spantbiegeplattform von 550 qm. Für die Bearbeitung von Stahlblechen ist eine Beizvorrichtung eingerichtet, bestehend aus 3 Bassins von 8 m Länge, 1,50 m und 60 cm Breite mit zugehörigem Krahn. In dem ersten Bassin kommen die Bleche in das Schwefelsäurebad, gehen dann in das zweite Bassin, welches zur Neutralisirung der den gereinigten Blechen noch an haftenden Säure Kalkwasser enthält, und gelangen endlich in das dritte mit warmem Wasser gefüllte Bassin, in dem sie abgespült werden. Die Eisenbearbeitungs-Werkstatt ist mit 39 Werkzeugmaschinen versehen, darunter 1 Kielplattenbiegemaschine, 9 Platten walzen und die üblichen Scheeren, Loch- Bohr-, Biege- und Hobelmaschinen. Die Schiffsschmiede, gleich am Eingänge der Werft belegen, verfügt über 15 grofse Schmiedefeuer, 3 Dampfhämmer, 1 grofse hydraulische Presse zum Ausstanzen von Mannlöchern oder Erleichterungslöchern in den Bodenwrangen und Längsspanten, den nöthigen Hebezeugen, Gebläsen u. s. w. Die Schlosserei, in der Nähe der Schmiede errichtet, ist mit 17 Hülfs maschinen, wie Drehbänke, Bohr- und Hobelmaschinen u. s. w. ausgestattet und enthält 67 Schraubstöcke.